RezeptBonus

04. November 2013
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Amtlicher Leitsatz:

Ein Verstoß gegen die Bestimmungen des § 78 Abs. 2 Satz 2 und 3, Abs. 3 Satz 1 AMG, § 1 Abs. 1 und 4, § 3 AMPreisV ist geeignet, die Interessen von Mitbewerbern und sonstigen Marktteilnehmern spürbar zu beeinträchtigen, wenn der Wert der für den Bezug eines Arzneimittels gewährten Werbegabe einen Euro übersteigt (Ergänzung zu BGH, Urteile vom 9. September 2010 I ZR 193/07, GRUR 2010, 1136 = WRP 2010, 1482 – UNSER DANKESCHÖN FÜR SIE und I ZR 98/08, GRUR 2010, 1133 = WRP 2010, 1471 Bonuspunkte).

Bundesgerichtshof

Urteil vom 08.05.2013

Az.: I ZR 98/12

 

Der I. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat auf die mündliche Verhandlung vom 8. Mai 2013 durch den Vorsitzenden Richter … und die Richter …

für Recht erkannt:

Die Revision gegen das Urteil des 9. Zivilsenats des Oberlandesgerichts Naumburg vom 3. Mai 2012 wird mit der Maßgabe auf Kosten der Beklagten zurückgewiesen, dass der Beklagten für jeden Fall der Zuwiderhandlung gegen die Verpflichtung in Nr. 1 des Urteils der 3. Zivilkammer – Kammer für Handelssachen – des Landgerichts Dessau-Roßlau vom 12. August 2011 ein Ordnungsgeld bis zu 250.000 €, ersatzweise Ordnungshaft bis zu sechs Monaten und im Wiederholungsfall bis zu zwei Jahren angedroht wird.

Von Rechts wegen

Tatbestand:

Die Beklagte betreibt eine Internetapotheke. In ihrem Internetauftritt wirbt sie für diese unter der Überschrift

(Abbildung)

mit folgenden Angaben:

Jetzt lohnt es sich für Sie besonders, Ihre Rezepte bei m. einzulösen. Ab sofort erhalten Sie 1.50 Euro als Kundenbonus für jedes verschreibungspflichtige Medikament auf Ihrem Rezept.
Bei Kassenrezepten wird dieser Betrag direkt mit Ihrer Zuzahlung oder mit dem Kaufpreis von bestellten rezeptfreien Produkten (außer Bücher) verrechnet oder Ihrem Kundenkonto für Bestellungen rezeptfreier Produkte (außer Bücher) gutgeschrieben. Eine Barauszahlung erfolgt nicht.
Bei Privatrezepten wird der Kundenbonus in Höhe von 1.50 Euro Ihrem Kundenkonto für Bestellungen gutgeschrieben und bei der Bestellung nicht verordneter Produkte (außer Bücher) verrechnet. Eine Barauszahlung erfolgt nicht.

Die Klägerin, die Zentrale zur Bekämpfung unlauteren Wettbewerbs, sieht hierin ein wegen Verletzung der Vorschriften über die Preisbindung für verschreibungspflichtige Arzneimittel und Verstoßes gegen das heilmittelwerberechtliche Verbot von Werbegaben unzulässiges Verhalten im Wettbewerb.

Die Klägerin hat beantragt,

die Beklagte zu verurteilen, es zu unterlassen, im geschäftlichen Verkehr bei Einlösung von Rezepten den Erhalt eines Bonus von 1,50 € pro rezeptpflichtigem Medikament anzukündigen und/oder diesen Bonus ankündigungsgemäß zu verrechnen oder dem Kundenkonto gutzuschreiben.

Darüber hinaus hat die Klägerin Zahlung von 208,65 € nebst Zinsen für die Abmahnung der Beklagten verlangt.

Das Landgericht hat die Beklagte antragsgemäß verurteilt. Das Berufungsgericht hat die Berufung der Beklagten mit der Maßgabe zurückgewiesen, dass das Unterlassungsgebot sich statt auf rezeptpflichtige auf verschreibungs-2 pflichtige Medikamente bezieht (OLG Naumburg, WRP 2012, 840). Mit ihrer vom Berufungsgericht zugelassenen Revision, deren Zurückweisung die Klägerin beantragt, verfolgt die Beklagte ihren Antrag auf Klageabweisung weiter.

Entscheidungsgründe:

I.
Das Berufungsgericht hat das beanstandete Verhalten der Beklagten in Übereinstimmung mit dem Landgericht als mit den Bestimmungen der § 78 Abs. 2 Satz 2 und 3, Abs. 3 Satz 1 AMG, § 3 AMPreisV unvereinbar und damit auch wettbewerbswidrig angesehen. Zur Begründung hat es ausgeführt:

Die auf der Grundlage des § 78 AMG ergangenen Regelungen der Arzneimittelpreisverordnung begegneten keinen verfassungsrechtlichen Bedenken. Ein Verstoß gegen das dort bestimmte Rabattverbot liege auch dann vor, wenn eine zunächst erfolgte Zahlung in welcher Form auch immer wieder zurückgezahlt werde. Bei dem "Rezeptbonus" von 1,50 € für jedes verschreibungspflichtige Medikament handele es sich auch nicht mehr um eine geringwertige Kleinigkeit im Sinne von § 7 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 Fall 2 HWG. Maßstab dafür, ob eine geringwertige Kleinigkeit vorliege, sei nicht der Wert des Medikaments, sondern, da die meisten Personen, die Rezepte einlösten, nicht den Verkaufspreis zu zahlen hätten, der Betrag von maximal 10 €, den sie selbst aufbringen müssten. Ein damit gegebener Rabatt in Höhe von 15% sei durchaus geeignet, das Marktverhalten des Verbrauchers unsachlich zu beeinflussen. Zudem werde ein nicht unbeträchtlicher Teil der Medikamente an Personen abgegeben, die von der Zuzahlungspflicht befreit seien, gleichwohl aber bei der Beklagten einen Bonus von 1,50 € pro Medikament erhielten. Die mit einer Medikamentenbestellung im Internet verbundenen Nachteile rechtfertigten keine andere Beurteilung. Die Versandkostenpauschale werde in den wenigsten Fällen zum Tragen kommen.

Der landgerichtliche Unterlassungsausspruch sei allerdings im Hinblick darauf zu korrigieren, dass die Beklagte den Kundenbonus in Höhe von 1,50 € nicht für jedes rezeptpflichtige Medikament, sondern für verschreibungspflichtige Medikamente angekündigt habe.

II.
Diese Beurteilung hält der revisionsrechtlichen Nachprüfung stand.

1. Die Revision nimmt die Beurteilung des Berufungsgerichts hin, die im Streitfall relevanten Bestimmungen der Arzneimittelpreisverordnung begegneten keinen verfassungsrechtlichen Bedenken, weil sie ihre Grundlage in der in § 78 AMG enthaltenen Verordnungsermächtigung hätten. Die dort vorgesehene und auf der Grundlage des § 78 Abs. 1 AMG in der Arzneimittelpreisverordnung näher geregelte Preisregulierung ist, da sie der Versorgungssicherheit dient, in verfassungsrechtlicher Hinsicht als wirtschaftliches Gegengewicht zum Apothekenmonopol des § 43 Abs. 1 AMG grundsätzlich gerechtfertigt (vgl. Kloesel/Cyran, Arzneimittelrecht, 122. Lief. 2012, § 78 AMG Anm. 3; Hofmann in Kügel/Müller/Hofmann, AMG, 2012, § 78 Rn. 28 mwN). Entgegen dem Vortrag der Beklagten in den Vorinstanzen spricht auch nichts dafür, dass die dem Bundesminister für Wirtschaft und Technologie in § 78 Abs. 1 AMG erteilte Verordnungsermächtigung oder die auf dieser Grundlage erlassene Arzneimittelpreisverordnung nicht den in dieser Hinsicht bestehenden verfassungsrechtlichen Anforderungen entspricht. Das Bundesverfassungsgericht hat sich mit diesen Regelungen wiederholt befasst, ohne insoweit Anlass für Bedenken zu sehen (vgl. BVerfG, Kammerbeschluss vom 20. Dezember 1990 – 1 BvR 1418/90 und 1 BvR 1442/90, PharmR 1991, 121; Beschluss vom 22. Mai 1996 – 1 BvR 744/88, 1 BvR 60/89 und 1 BvR 1519/91, BVerfGE 94, 372 = GRUR 8 1996, 899 = WRP 1996, 1087; Kammerbeschluss vom 19. September 2002 – 1 BvR 1385/01, NJW 2002, 3693).

Die Anwendung des deutschen Arzneimittelpreisrechts steht auch mit dem Unionsrecht in Einklang (GmS-OGB, Beschluss vom 22. August 2012 – GmS-OGB 1/10, BGHZ 194, 354 Rn. 34 ff.).

2. Ohne Erfolg wendet sich die Revision gegen die Beurteilung des Berufungsgerichts, ein Verstoß gegen die Arzneimittelpreisverordnung liege auch dann vor, wenn eine zunächst erfolgte Zahlung in welcher Form auch immer wieder zurückgezahlt werde, weil jeglicher Rabatt den einheitlichen Abgabepreis für verschreibungspflichtige Arzneimittel unterlaufe und insbesondere die Anrechnung auf eine Zuzahlung einen von dieser Verordnung nicht gedeckten Preisvorteil darstelle.

a) Die Sichtweise des Berufungsgerichts steht mit der Rechtsprechung des erkennenden Senats in Einklang, wonach ein Verstoß gegen die arzneimittelrechtliche Preisbindung nicht nur dann vorliegt, wenn der Apotheker ein preisgebundenes Arzneimittel zu einem anderen als dem nach der Arzneimittelpreisverordnung zu berechnenden Preis abgibt, sondern auch dann, wenn für das preisgebundene Arzneimittel zwar der korrekte Preis angesetzt wird, dem Kunden aber gekoppelt mit dem Erwerb des Arzneimittels Vorteile gewährt werden, die den Erwerb für ihn wirtschaftlich günstiger erscheinen lassen (BGH, Urteil vom 9. September 2010 – I ZR 193/07, GRUR 2010, 1136 Rn. 17 = WRP 2010, 1482 – UNSER DANKESCHÖN FÜR SIE, mwN). Insbesondere ein über einen bestimmten Geldbetrag lautender Gutschein stellt grundsätzlich einen entsprechenden Vorteil dar; denn mit ihm können von der Pflicht zur Zuzahlung befreite Kassenpatienten sowie Privatversicherte tatsächlich Geld "verdienen" und Kassenpatienten immerhin einen Teil der Zuzahlung sparen, indem sie mit 11 den Gutscheinen Waren des täglichen Bedarfs in der Apotheke erwerben (BGH, GRUR 2010, 1136 Rn. 18 und 20 – UNSER DANKESCHÖN FÜR SIE). Abweichendes kann allenfalls dann gelten, wenn der Einlösung des Gutscheins wesentliche Hindernisse entgegenstehen oder die Vorteile nicht allein für den Erwerb des preisgebundenen Arzneimittels, sondern auch aus anderem Anlass gewährt werden, etwa weil der Kunde beim Erwerb Unannehmlichkeiten in Kauf nehmen muss (BGH, GRUR 2010, 1136 Rn. 18 – UNSER DANKESCHÖN FÜR SIE). Auf der Grundlage der vom Berufungsgericht getroffenen und von der Revision nicht mit Verfahrensrügen angegriffenen Feststellungen kann allerdings nicht davon ausgegangen werden, dass ein solcher Ausnahmefall hier vorliegt.

b) Die Revision rügt vergeblich, bei dieser Argumentation werde übersehen, dass (jedenfalls) der Privatpatient durch den Gutschein das preisgebundene Arzneimittel nicht günstiger erhalte, weil er den Gutschein allein dann einlösen könne, wenn er nicht verschreibungspflichtige Produkte erwerbe, und ihm daher lediglich ein zukünftiger Kauf von nicht verschreibungspflichtigen Produkten günstiger erscheine. Sie lässt unberücksichtigt, dass Verbraucher viele der in Apotheken angebotenen frei verkäuflichen Produkte im Alltag ohnehin gebrauchen können, so dass der Einlösung eines bestimmten Geldbetrags auch keine wesentlichen Hindernisse entgegenstehen. Die von der Revision zur Begründung ihrer gegenteiligen Auffassung vorgenommene Unterscheidung zwischen Erst- und Zweitgeschäft spaltet das einheitliche Geschäft des Einkaufs eines verschreibungspflichtigen Arzneimittels gegen Gewährung des Gutscheins demgegenüber künstlich auf (BGH, GRUR 2010, 1136 Rn. 19 – UNSER DANKESCHÖN FÜR SIE, mwN). Bei den – zahlenmäßig weit überwiegenden – Kassenpatienten, die die von ihnen nach den einschlägigen sozialversicherungsrechtlichen Bestimmungen zu leistenden Zuzahlungen beim Bonussystem der Beklagten unmittelbar reduzieren können, spielt die nach der Ansicht der 14 Revision gebotene Unterscheidung zwischen einem Erstgeschäft und einem Zweitgeschäft ohnedies keine Rolle.

c) Aus den vorgenannten Gründen überzeugt auch das von der Revision vorgebrachte Argument nicht, die in § 78 AMG und in der Arzneimittelpreisverordnung enthaltenen Bestimmungen regelten den Preiswettbewerb unter Apothekern nur hinsichtlich verschreibungspflichtiger und apothekenpflichtiger, zu Lasten der gesetzlichen Krankenversicherung abgegebener Arzneimittel, nicht dagegen auch hinsichtlich anderer Produkte und Zuzahlungen. Für die beiden Kategorien von Arzneimitteln ist – worauf die Revisionserwiderung mit Recht hinweist – nach § 78 Abs. 2 Satz 2 AMG ein einheitlicher Apothekenpreis zu gewährleisten. Hieran fehlt es, wenn ein Apotheker ein preisgebundenes Arzneimittel zu einem anderen als dem nach der Arzneimittelpreisverordnung zu berechnenden Preis abgibt, sondern auch dann, wenn zwar der korrekte Preis angesetzt wird, dem Kunden aber gekoppelt mit dem Erwerb des Arzneimittels Vorteile gewährt werden, die den Erwerb für ihn wirtschaftlich günstiger erscheinen lassen (vgl. BGH, GRUR 2010, 1136 Rn. 17 – UNSER DANKE-SCHÖN FÜR SIE). Die vom erkennenden Senat vorgenommene Auslegung der einschlägigen Bestimmungen überschreitet danach nicht deren Wortsinn.

d) Entgegen der Ansicht der Revision rechtfertigt auch die Gesetzesgeschichte keine abweichende Beurteilung. Die Bestimmung des § 37 AMG 1961, der der am 2. September 1976 in Kraft getretene § 78 AMG teilweise entspricht, enthielt zwar eine Verordnungsermächtigung, aufgrund deren aber keine Verordnung erlassen worden ist. Damit galt bis zum Inkrafttreten der auf der Grundlage des § 78 Abs. 1 AMG erlassenen, am 1. Januar 1978 in Kraft getretenen und im Jahr 1980 durch die Arzneimittelpreisverordnung abgelösten Preisspannenverordnung die zuletzt im Jahr 1968 geänderte Deutsche Arzneitaxe vom 1. Januar 1936 (vgl. zur Regelungsgeschichte Kloesel/Cyran aaO 15 § 78 AMG Anm. 2; Hofmann in Kügel/Müller/Hofmann aaO § 78 Rn. 3). Die Bestimmung des § 78 Abs. 2 Satz 2 AMG über die Verpflichtung zur Gewährleistung eines einheitlichen Apothekenabgabepreises für vom Verkehr außerhalb der Apotheken ausgeschlossene Arzneimittel wurde durch Art. 1 Nr. 44 des Vierten Gesetzes zur Änderung des Arzneimittelgesetzes vom 11. April 1990 mit Wirkung vom 20. April 1990 angefügt (BGBl. I S. 717, 724) und mit dem gemäß Art. 23 Nr. 5 des Gesetzes zur Modernisierung der gesetzlichen Krankenversicherung vom 14. November 2003 (BGBl. I S. 2190, 2254) weiterhin angefügten § 78 Abs. 2 Satz 3 AMG auf verschreibungspflichtige Arzneimittel und nicht verschreibungspflichtige Arzneimittel beschränkt, soweit diese zu Lasten der gesetzlichen Krankenversicherung abgegeben werden. Eine inhaltliche Abstimmung dieser Regelung mit der am 25. Juli 2001 außer Kraft getretenen Zugabeverordnung und der zum selben Zeitpunkt erfolgten Änderung des § 7 HWG, die notwendig war, weil diese Vorschrift bis dahin auf die Regelung in der Zugabeverordnung Bezug genommen hatte, ist danach zu keinem Zeitpunkt erfolgt. Damit kann – anders als die Revision meint – nicht davon ausgegangen werden, dass sich Werbebeschränkungen hinsichtlich des Apothekenabgabepreises allein aus § 7 HWG ergeben können.

e) Die Bestimmung des § 78 Abs. 2 Satz 2 AMG verbietet es dem Apotheker nicht nur, dem in dieser Vorschrift geregelten Gebot der Einheitlichkeit widersprechende Preise zu verlangen, sondern auch, mit solchen Preisen zu werben; denn auch eine Werbung mit Preisen, die dem genannten Gebot nicht entsprechen, gefährdet und beeinträchtigt die Einheitlichkeit des Apothekenabgabepreises.

3. Ebenfalls vergeblich wendet sich die Revision gegen die Beurteilung des Berufungsgerichts, dass es sich bei dem von der Beklagten angekündigten 17 und gewährten "RezeptBonus" im Wert von 1,50 € nicht um eine geringwertige Kleinigkeit im Sinne von § 7 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 Fall 2 HWG handelt.

a) Nach dem Sinn und Zweck dieser Regelung fallen unter den Begriff der geringwertigen Kleinigkeit allein Gegenstände von so geringem Wert, dass eine relevante unsachliche Beeinflussung der Werbeadressaten als ausgeschlossen erscheint. Als geringwertige Kleinigkeiten sind daher nur kleinere Zugaben anzusehen, die sich als Ausdruck allgemeiner Kundenfreundlichkeit darstellen (BGH, GRUR 2010, 1136 Rn. 25 – UNSER DANKESCHÖN FÜR SIE, mwN). Unter Berücksichtigung dessen, dass bei einer Publikumswerbung im Hinblick auf die leichtere Beeinflussbarkeit der Werbeadressaten von einer eher niedrigeren Wertgrenze auszugehen ist, überschreitet daher eine Werbegabe im Wert von 5 € ebenso die Wertgrenze (vgl. BGH aaO mwN) wie eine Werbegabe im Wert von 2,50 € (vgl. BGH, Beschluss vom 9. September 2010 – I ZR 72/08, GRUR 2010, 1130 Rn. 2 und 6 f. – Sparen Sie beim Medikamenteneinkauf!), nicht dagegen eine Werbegabe im Wert von 1 € (BGH, Urteil vom 9. September 2010 – I ZR 98/08, GRUR 2010, 1133 Rn. 22 = WRP 2010, 1471 – Bonuspunkte, mwN).

b) Die nach der bisherigen Senatsrechtsprechung noch offene Frage, ob die insoweit maßgebliche Wertgrenze bereits bei 1 € (so Mand, NJW 2010, 3681, 3685; Meeser, PharmR 2011, 113, 116) oder erst bei einem etwas höheren Betrag verläuft, ist mit dem Berufungsgericht im erstgenannten Sinn zu beantworten. Die vom Berufungsgericht in diesem Zusammenhang angestellten Erwägungen tragen dem Umstand Rechnung, dass bei fehlendem Preiswettbewerb auch kleinere Zuwendungen leicht ins Bewusstsein des Verbrauchers treten und diesen dadurch zu nutzenmaximierenden Marktreaktionen veranlassen können (Mand, NJW 2010, 3681, 3685). Entgegen dem Vortrag der Revision trifft es auch nicht zu, dass ein in einer Apotheke einzulösender Gutschein 19 über 1,50 € aus der maßgeblichen Sicht des Verbrauchers kaum etwas wert ist; denn nach der Lebenserfahrung haben die Apotheken im Bereich ihres Randsortiments den Preiswettbewerb mit anderen Wettbewerbern durchaus aufgenommen. Ein Wertgutschein über 1,50 € lässt sich auch nicht wie die Revision weiter geltend macht – mit einer kostenlos überlassenen Apothekenzeitung vergleichen, die der Kunde meist gerne mitnimmt, für die er aber ebenso meist kein Geld bezahlen würde. Soweit die Revision des Weiteren darauf hinweist, dass der Kunde zur Einlösung des Gutscheins ein Zweitgeschäft tätigen und dabei Waren im Wert von über 50 € beziehen müsste, um nicht die anderenfalls fälligen Versandkosten in Höhe von 4,95 € bezahlen zu müssen, lässt sie unberücksichtigt, dass die Versandkostenpauschale der Beklagten nach den unangegriffenen Feststellungen des Berufungsgerichts in den wenigsten Fällen zum Tragen kommen wird. Überdies kommt den vorstehend wiedergegebenen Erwägungen der Revision in den – zahlenmäßig überwiegenden – Fällen keine Relevanz zu, in denen die Kunden der Beklagten als gesetzlich krankenversicherte Personen, die von der Zuzahlungspflicht nicht befreit sind, die Rezeptboni bereits dadurch einlösen können, dass sie diese mit den von ihnen zu leistenden Zuzahlungen verrechnen.

III.

Die Revision der Beklagten hat nach alledem keinen Erfolg und ist daher zurückzuweisen. Zur Klarstellung ist allerdings eine Präzisierung der Ordnungsmittelandrohung geboten, die in ihrer bisherigen Fassung nicht den Bestimmtheitsanforderungen genügt, weil sie das Ausmaß des angedrohten hoheitlichen Zwangs nicht ohne weiteres (unmittelbar) erkennen lässt (vgl. BGH, Urteil vom 6. Juli 1995 – I ZR 58/93, GRUR 1995, 744, 749 = WRP 1995, 923 – Feuer, Eis & Dynamit I, insoweit nicht in BGHZ 130, 205; Beschluss vom 23. Oktober 2003 – I ZB 45/02, BGHZ 156, 335, 340 – Euro-Einführungsrabatt; Teplitzky, Wettbewerbsrechtliche Ansprüche und Verfahren, 10. Aufl., Kap. 57 Rn. 25, jeweils mwN). 21 Die Kostenentscheidung beruht auf § 97 Abs. 1 ZPO.

Vorinstanzen:

LG Dessau-Roßlau, Entscheidung vom 12.08.2011 – 3 O 15/11 –
OLG Naumburg, Entscheidung vom 03.05.2012 – 9 U 192/11 – 22

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