Zur Angabe der Versandkosten in Werbeanzeigen bei Google Shopping

01. August 2014
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Urteil des LG Hamburg vom 13.06.2014, Az.: 315 O 150/14

Werbeanzeigen, die auf der Ergebnisliste einer Suchmaschine (hier: Google Shopping) angezeigt werden, müssen die Versandkosten als Preisbestandteil angeben. Werden die Versandkosten nur durch die sog. Mouseover-Funktion sichtbar, wenn der Internetnutzer mit der Maus über die Produktabbildung fährt, so genügt dies den Anforderungen der Preisangabenverordnung nicht und ist wettbewerbswidrig.

Landgericht Hamburg

Urteil vom 13.06.2014

Az.: 315 O 150/14

Tatbestand

Die Antragstellerin macht wettbewerbs rechtliche Unterlassungsansprüche gegen den Antragsgegner geltend.

Die Antragstellerin ist Inhaberin der Webseite und veräußert über diese unter anderem Sonnenschirme und Zubehör. Der Antragsgegner ist Inhaber der Seite und verkauft über diese ebenfalls Sonnenschirme und Zubehör.

Der Antragsgegner warb für diese Produkte wie nachfolgend eingeblendet:

[Abbildung]

Die Antragstellerin hielt diese Werbung für irreführend und forderte den Antragsgegner durch anwaltliches Schreiben vom 19.03.2014 erfolglos zur Abgabe einer Unterlassungsverpflichtungserklärung auf. Sodann erwirkte sie bei der erkennenden Kammer am 17.04.2014 den Erlass einer einstweiligen Verfügung, durch die dem Antragsgegner untersagt wurde,

im geschäftlichen Verkehr gegenüber Letztverbrauchern für den Abschluss eines Fernabsatzvertrages unter Angabe von Preisen für Sonnenschirme und das entsprechende Zubehör zu werben oder werben zu lassen, ohne die Versandkosten anzugeben, wenn dies wie folgt geschieht:

[Abbildung]

im geschäftlichen Verkehr zu Zwecken des Wettbewerbs gegenüber Letztverbrauchern bei der Bewerbung von Sonnenschirmen und dem entsprechenden Zubehör wie nachfolgend dargestellt zu werben, wenn die abgebildeten Produkte nicht vollständig zu dem angegebenen Angebotspreis erworben werden können:

[Abbildung]

Hiergegen richtet sich ursprünglich der Widerspruch des Antragsgegners. In der mündlichen Verhandlung hat der Antragsgegner den Widerspruch gegen Ziffer 2. zurückgenommen.

Die Antragstellerin trägt vor:

Die Werbung verstoße gegen die § 1 Abs. 2 Nr. 2 PAngV, da die Versandkosten nicht angegeben seien. Insoweit finde die Rechtsprechung des BGH zu Preisvergleichslisten Anwendung. Der Antragstellerin stehe damit ein Unterlassungsanspruch aus § 4 Nr. 11 UWG i.V.m. § 1 Abs. 2 Nr. 2 PAngV zu. Dass durch die sogenannte „Mouseover-Funktion“ die Versand kosten angezeigt würden, wenn der Nutzer mit der Maus über das Bild des Produkts fahre, schließe den Verstoß nicht aus. Zum Einen erschienen die Versandkosten beispielsweise nicht, wenn der Nutzer mit der Maus über den Markennamen des Produkts oder den Namen des Anbieters fahre. Zum anderen sei diese Mouseover-Funktion (Java Script) bei einem Großteil der Nutzer aus Sicherheitsgründen deaktiviert.

Die Antragstellerin beantragt,

die einstweilige Verfügung vom 17.04.2014 zu bestätigen.

Der Antragsgegner beantragt,

die einstweilige Verfügung vom 17.04.201.4 aufzuheben und den auf ihren Erlass gerichteten Antrag zurückzuweisen.

Der Antragsgegner trägt vor:

Es liege kein Verstoß gegen die Preisangabenverordnung vor. Es reiche aus, wenn die Versandkosten im Shop des Antragsgegners vor Bestellung genannt würden. Die Rechtsprechung des BGH sei nur auf Preissuchmaschinen, nicht jedoch auf die vorliegende Konstellation der allgemeinen Suche über die Suchmaschine Google anwendbar, da hier keine Sortierung der Anzeigen nach Preis erfolge. Die allgemeine Google-Suche blende als Ergebnis lediglich eine auf 8 Anzeigen begrenzte Werbeübersicht ohne Preisvergleich ein.

Außerdem gewährleiste die „Mouseover-Funktion“ eine hinreichende Möglichkeit zur Kenntnisnahme von den Versandkosten.

Ergänzend wird für den Tatbestand auf die wechselseitigen Schriftsätze nebst Anlage sowie das Protokoll der mündlichen Verhandlung vom 04.06.2014 verwiesen.

Entscheidungsgründe

Die einstweilige Verfügung ist auch unter Berücksichtigung des Widerspruchsvorbringens zu bestätigen.

In der in Ziffer 1.1. des Tenors der einstweiligen Verfügung ersichtlichen Werbung liegt ein Verstoß gegen § 4 Nr. 11 UWG i.V.m. § 1 Abs. 2 PAngV.

1. Die beanstandete Werbung ist als eine Werbung unter Angabe von Preisen zum Abschluss eines Fernabsatzvertrages anzusehen, weshalb der Antragsgegner gem. § 1 Abs. 2 Nr. 2 PAngV auch die Versandkosten in einer den Erfordernissen des § 1 Abs. 6 PAngV entsprechenden Weise anzugeben hatte. Der Umstand, dass § 1 Abs. 2 PAngV nach seinem Wortlaut allein für Angebote gilt, steht dem nicht entgegen, weil diese Bestimmung bei ihrer durch Art. 5 Abs. 2 der Richtlinie 2000/31/EG über den elektronischen Geschäftsverkehr im Binnenmarkt gebotenen richtlinienkonformen Auslegung auch die Werbung unter Angabe von Preisen erfasst (vgl. BGH GRUR 2010,251 – Versandkosten bei Froogle).

2. Das beanstandete Verhalten des Antragsgegners genügt den Anforderungen des § 1 Abs. 6 PAngV nicht, wonach die Angaben der allgemeinen Verkehrsauffassung und den Grundsätzen der Preiswahrheit und Preisklarheit entsprechen (Satz 1) und dem Angebot oder der Werbung zuzuordnen sowie leicht erkennbar und deutlich lesbar oder sonst gut wahrnehmbar sein müssen (Satz 2).

a) Die seitens des Antragsgegners zitierte Rechtsprechung dazu, dass der durchschnittliche Käufer im Versandhandel mit zusätzlich zum Endpreis anfallenden Liefer- und Versandkosten rechnet und es daher genügt, wenn die Informationen alsbald sowie leicht erkennbar und gut wahrnehmbar auf einer gesonderten Seite gegeben werden, die noch vor Einleitung des Bestellvorgangs notwendig aufgesucht werden muss, steht dem nicht entgegen. Der BGH führt in der oben genannten Entscheidung dazu Folgendes aus:

„Preisvergleichslisten sollen dem Verbraucher vor allem einen schnellen Überblick darüber verschaffen, was er für das fragliche Produkt letztlich zahlen muss. Hierzu erwartet der Verbraucher die Angabe des Endpreises sowie aller zusätzlichen Kosten, insbesondere der Versandkosten. Da die Versand kosten der verschiedenen Anbieter nicht unerheblich voneinander abweichen, ist der Verbraucher darauf angewiesen, dass in der Liste ein Preis genannt wird, der diese Kosten einschließt oder bei dem bereits darauf hingewiesen wird, in welcher Höhe zusätzliche Versandkosten anfallen. Umgekehrt rechnet der Verbraucher auch nicht damit, dass der in der Preisvergleichsliste angegebene Preis noch unvollständig und Näheres nur dadurch zu erfahren ist, dass die Internetseite des konkreten Anbieters aufgesucht wird.

Es entspricht auch der Lebenserfahrung, dass der Verbraucher, der sich mit Hilfe einer Preisvergleichsliste informiert, bereits dadurch eine gewisse Vorauswahl trifft, dass er sich mit einem Angebot näher befasst und die Internetseite des fraglichen Anbieters mit Hilfe des elektronischen Verweises (Link) aufsucht. Dabei wird er naturgemäß aus der Fülle der Angebote die preislich günstigsten Angebote bevorzugen. Wird der Verbraucher erst nach dieser Entscheidung darauf hingewiesen, dass bei dem fraglichen Produkt zusätzliche Versand kosten anfallen, ist die für den Kaufentschluss wichtige Vorauswahl bereits getroffen. Auch wenn sich ein Teil der Interessenten der Mühe unterziehen wird, nunmehr zu überprüfen, ob bei den Preisen der anderen Anbieter ebenfalls die Versandkosten noch nicht eingeschlossen waren, wird ein anderer Teil aufgrund des Hinweises auf die Versandkosten annehmen, dass offenbar auch bei den anderen Anbietern noch zusätzlich Versand kosten anfallen. Unabhängig davon bleibt der Anlockeffekt, der in jedem Fall damit verbunden ist, dass bei der Preisangabe in der Preisvergleichsliste ein Hinweis auf die noch zusätzlich zu zahlenden Versandkosten fehlt.“

Diese Grundsätze finden auch hier Anwendung, da es sich auch hier – entgegen der Auffassung der Antragsgegnerin – um einen Produkt- und auch Preisvergleich handelt. Es werden mehrere gleichartige Produkte unterschiedlicher Anbieter nebeneinander werbend unter Angabe der Preise angezeigt. Der Verbraucher befindet sich dabei in keiner anderen Situation als der in dem obigen Urteil des BGH dargestellten Konstellation. Auch hier wird sich der Verbraucher zunächst mit dem günstigsten Angebot (hier das des Antragsgegners) befassen und die anderen Angebot möglicherweise gar nicht mehr überprüfen. Jedenfalls der Anlockeffekt ist dadurch bereits verwirklicht.

b) Die Angabe der Versandkosten durch die Mouseover-Funktion wird den Anforderungen der PAngV nicht gerecht. Der sogenannte Mouseover-Effekt ist zur hinreichenden Aufklärung von vornherein unzureichend, weil der Mouseover-Link als solcher nur erkannt wird, wenn der Besucher der Webseite den Curser über den als Link ausgestatteten Bestandteil der Webseite bewegt. Dazu aber bietet die beanstandete Werbung keinen zwingenden Anlass. Es ist daher keineswegs sicher gestellt und hängt eher vom Zufall ab, ob die Besucher der Seite den Link überhaupt wahrnehmen (vgl. auch OLG Frankfurt, Urteil vom 23.02.2011, Az. 6 W 111/10, zitiert nach juris).

Hinzu tritt hier, dass der Mouseover-Effekt erst dann aktiviert wird, wenn der Nutzer mit der Maus über die Produktabbildung fährt, nicht aber, wenn er über die Produktbezeichnung, Preisangabe und den Anbieter fährt. Durch diese begrenzte Funktionsweise wird gerade nicht gewährleistet, dass die Versandkosten in jedem Fall wahrgenommen werden.

Schließlich hat die Antragstellerin unwidersprochen vorgetragen. dass viele Nutzer die Mouseover-Funktion deaktiviert haben, so dass auch vor diesem Hintergrund nicht sichergestellt ist, dass auf diese Weise die Versand kosten wahrgenommen werden.

3. Die Bestimmungen des § 1 Abs. 2 und 6 PAngV stellen Vorschriften dar, die i.S. des § 4 Nr. 11 UWG auch dazu bestimmt sind, im Interesse der Marktteilnehmer das Marktverhalten zu regeln (BGH a.a.O.). Die Verhaltensweise der Antragsgegnerin ist geeignet, den Wettbewerb LS. des § 3 UWG zum Nachteil der Mitbewerber und der Verbraucher mehr als nur unerheblich zu beeinträchtigen. Dazu führt der BGH in dem oben genannten Urteil aus:

„Zwar erfährt der Nutzer alsbald nach Weiterleitung auf die Internetseite der Beklagten, dass zu dem zunächst genannten Preis noch Versandkosten hinzuzurechnen sind. Dies ändert indessen nichts an der Spürbarkeit des Verstoßes.

Die Nichtberücksichtigung der Versandkosten führt dazu, dass das Angebot der Beklagten in der Günstigkeitshierarchie der verschiedenen Angebote weiter oben erscheint. Eine solche Verschiebung in der ausgeworfenen Rangliste wird häufig bereits dann eintreten, wenn der Anteil der Versand kosten an den Gesamtkosten im Einzelfall gering sein sollte. Der Nutzer der Preisvergleichsliste wird dadurch dazu verleitet, sich näher mit dem Angebot zu befassen.“

Diese Ausführungen lassen sich auf den hier vorliegenden Fall übertragen. Das Angebot des Antragsgegners erscheint als das Günstigste, so dass sich der Verbraucher eher mit ihm befassen wird.

II.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 91 ZPO.

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