„EuroShop“

30. Dezember 2011
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Eigener Leitsatz:

Das Wort-/Bildzeichen "EuroShop" ist nicht eintragbar. Da Euro auf Europa betreffende Waren verweist und Shop der englische Begriff für Geschäft ist, hat der Wortbestandteil des Zeichens eine lediglich beschreibende Wirkung. Visuell wird das Zeichen in weißer Schrift auf rotem Untergrund dargestellt. Dies gehört jedoch zu den werbeüblichen Gestaltungsmitteln und reicht ebenfalls nicht für eine Schutzfähigkeit aus.

Bundespatentgericht

Beschluss vom 14.12.2011

Az.: 29 W (pat) 3/11

 

 

Gr ü n d e

I.

Das farbige Wort-/Bildzeichen (rot, weiß)

(Abbildung 1)

ist am 18. September 2008 zur Eintragung als Marke in das beim Deutschen Patent- und Markenamt (DPMA) geführte Register für nachfolgende Waren und
Dienstleistungen angemeldet worden:

Klasse 16: Papier, Pappe (Karton) und Waren aus diesen Materialien,
soweit in Klasse 16 enthalten; Druckereierzeugnisse;
Buchbindeartikel; Photographien;
Schreibwaren; Klebstoffe für Papier- und Schreibwaren;

Klasse 21: Geräte und Behälter für Haushalt und Küche (nicht
aus Edelmetall oder plattiert); Kämme und Schwämme;
Bürsten (mit Ausnahme von Pinseln), Putzzeug;
Glaswaren, Porzellan und Steingut, soweit in Klasse
21 enthalten;

Klasse 35: Groß- und Einzelhandelsdienstleistungen betreffend
Drogerie-, Kosmetik- und Haushaltswaren, Brennund
Treibstoffe, Waren des Gesundheitssektors,
Werkzeuge und Metallwaren, Bau-, Heimwerker- und
Gartenartikel, Hobby- und Bastelbedarf, Elektro- und
Elektronikwaren, Ton- und Datenträger, Fahrzeuge
und Fahrzeugzubehör, Uhren und Schmuckwaren,
Musikinstrumente, Druckereierzeugnisse, Papierund
Schreibwaren, Büroartikel, Täschner- und Sattlerwaren,
Einrichtungs- und Dekorationswaren, Bekleidungsartikel,
Schuhe und Textilwaren, Spielwaren,
Sportwaren, Lebensmittel und Getränke, Tabakwaren
und sonstige Genussmittel.

Mit Beschlüssen vom 25. Mai 2009 und 12. Oktober 2010, von denen letzterer im Erinnerungsverfahren ergangen ist, hat die Markenstelle für Klasse 16 die Anmeldung gemäß §§ 37 Abs. 1, 8 Abs. 2 Nr. 1 MarkenG wegen fehlender Unterscheidungskraft zurückgewiesen. Zur Begründung hat sie ausgeführt, die aus den beiden Elementen "Euro" und "Shop" bestehende Wortzusammensetzung werde von den angesprochenen Verkehrskreisen nur als Sachhinweis auf eine Vertriebsstätte in Europa, für Europa, für europäische Waren oder europaweite Dienstleistungen verstanden. Der Verkehr sei an vergleichbare Sachangaben wie Asiashop, Asienshop, Afrikashop, Afroshop, Amerikashop, Italienshop, Frankreichshop, Chinashop, Polenshop und Russenshop gewöhnt. Auch die grafische Gestaltung könne nicht zur Schutzfähigkeit führen, weil sie sich im Rahmen des Werbeüblichen bewege. Sie bestehe aus einem roten Rechteck mit weißer Schrift in einer gewöhnlichen Schriftart und sei daher einfach gehalten und überaus unauffällig. Zudem sei der Verkehr an die Verwendung der Farbkombination weiß/rot gewöhnt. In Bezug auf die beanspruchten Waren und Dienstleistungen liege daher nur ein beschreibender Hinweis auf die Art der Vertriebsstätte vor.

Hiergegen richtet sich die Beschwerde der Anmelderin, mit der sie sinngemäß beantragt,

die Beschlüsse der Markenstelle 16 des DPMA vom 25. Mai 2009
und 12. Oktober 2010 aufzuheben.

Sie vertritt die Ansicht, die Bezeichnungen "Asiashop, Asienshop, Afrikashop, Afroshop und Amerikashop" würden nur deswegen als Sachhinweis verstanden, weil es sich um Produkte eher ungewöhnlicher Herkunft handele, die von anderen Geschäften nicht in der Sortimentstiefe geführt würden, welche ein darauf spezialisiertes Geschäft anbieten könne. Demgegenüber gebe die Bezeichnung "Euro-Shop" als ein Shop mit Waren aus Europa keinen Hinweis auf eine bestimmte zu erwartende Produktauswahl. Die verwendete Schriftart "Extra Fette" sei zudem kein üblicher Schriftfont, weil sie in üblichen Fontbibliotheken (Adobe, Linotype, Fontshop) nicht erhältlich sei. Die mit dem ersten gerichtlichen Hinweis übersandten Internetbelege des Senats zeigten durchgehend eine marken- oder firmenmäßige Benutzung der Bezeichnung "Euroshop" (Bl. 43 – 49 GA) sowie eine marken- oder firmenmäßige Verwendung weißer Schrift auf rotem Grund (Bl. 50 – 54 GA). Ersteres gelte auch für einen Teil der mit der Ladung zum ersten Termin übersandten Belege des Senats (Anlagen 1 bis 20, Bl. 98 – 121 GA). Vor dem Hintergrund des vom Senat eingeholten Gutachtens werde das Wort "EuroShop" von den betroffenen allgemeinen Verkehrskreisen als Unternehmenshinweis und nicht als Sachangabe verstanden. Es sei auch nicht davon auszugehen, dass sich
der Begriff "Euroshop" in Zukunft zu einer Sachangabe entwickeln werde, weil er sich aufgrund der intensiven Benutzung und der Expansion ihrer Geschäftslokale als ein Herkunftshinweis etabliert habe. Eine Verkehrsdurchsetzung werde allerdings nicht geltend gemacht. Im Übrigen seien die Anforderungen an die grafische Ausgestaltung reduziert, wenn die Schutzfähigkeit des Wortelements aufgrund einer Prognoseentscheidung verneint werde. Insoweit regt sie daher die Zulassung der Rechtsbeschwerde an.

Das Gericht hat Beweis erhoben gemäß Beweisbeschluss vom 18. Mai 2011
(Bl. 138 GA) durch Einholung eines Sachverständigengutachtens. Wegen des Ergebnisses der Beweisaufnahme wird auf das Gutachten der Gesellschaft für deutsche Sprache vom 19. September 2011 (Bl. 153, 155 – 160 GA) Bezug genommen.

Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf den Akteninhalt verwiesen.

II.

Der Eintragung des angemeldeten Wort-/Bildzeichens

(Abbildung 2)

als Marke gemäß §§ 33 Abs. 2, 41 MarkenG stehen hinsichtlich der beanspruchten Waren und Dienstleistungen die absoluten Schutzhindernisse der Freihaltebedürftigkeit gemäß § 8 Abs. 2 Nr. 2 MarkenG und der fehlenden Unterscheidungskraft nach § 8 Abs. 2 Nr. 1 MarkenG entgegen.

Das DPMA hat in seinen Beschlüssen die Eintragung des angemeldeten Wort-
/Bildzeichens im Ergebnis zu Recht versagt, weil dessen Wortbestandteil sich dazu eignet, Merkmale der angemeldeten Waren und Dienstleistungen zu beschreiben, und die grafische Ausgestaltung keine Schutzfähigkeit begründen kann.

1. Gemäß § 8 Abs. 2 Nr. 2 MarkenG sind solche Marken nicht schutzfähig, die
ausschließlich aus Zeichen oder Angaben bestehen, die im Verkehr zur Bezeichnung der Art, der Beschaffenheit, der Bestimmung oder sonstiger Merkmale der angemeldeten Waren oder Dienstleistungen dienen können. Mit
diesem Schutzhindernis wird das im Allgemeininteresse liegende Ziel verfolgt,
dass alle Zeichen oder Angaben, die Merkmale der angemeldeten Waren
oder Dienstleistungen beschreiben, von allen Unternehmen frei verwendet
werden können und nicht aufgrund ihrer Eintragung als Marke einem Un-
ternehmen vorbehalten werden (vgl. EuGH GRUR 1999, 723, 725 Rdnr. 25 –
Chiemsee; GRUR 2004, 680, 681 Rdnr. 35, 36 – BIOMILD). Als beschreibend
im Sinne dieser Vorschrift können dabei auch sprachliche Neuschöpfungen
angesehen werden, die aus mehreren Bestandteilen zusammengesetzt sind,
wenn für die Neuschöpfung selbst in ihrer Gesamtheit ein beschreibender
Charakter feststellbar ist (EuGH a. a. O. Rdnr. 37 – BIOMILD). Ferner erfordert das Schutzhindernis des § 8 Abs. 2 Nr. 2 MarkenG nicht, dass die fraglichen Zeichen oder Angaben bereits tatsächlich zu beschreibenden Zwecken
für Waren oder Dienstleistungen der angemeldeten Art verwendet werden,
vielmehr genügt, dass sie zu diesen Zwecken verwendet werden können
(EuGH GRUR 2004, 146, 147 Rdnr. 32 – DOUBLEMINT; a. a. O. Rdnr. 38 –
BIOMILD). Dies ist bei einem Wortzeichen dann der Fall, wenn es – in üblicher
Sprachform und für die beteiligten Verkehrskreise verständlich – ein
Merkmal der in Rede stehenden Waren oder Dienstleistungen bezeichnet
(EuGH a. a. O. Rdnr. 32 – DOUBLEMINT; a. a. O. Rdnr. 38, 39 – BIOMILD).
Diese Voraussetzungen liegen hier vor.

a) Der Wortbestandteil des Anmeldezeichens setzt sich aus den Elementen
"Euro" und "Shop" zusammen. "Euro" ist als Präfix eine im Deutschen
und Englischen geläufige Abkürzung für "Europa betreffend, in
Europa befindlich, gültig" (Duden – Das Fremdwörterbuch, 9. Aufl. 2007
[CD-ROM]; Duden-Oxford – Großwörterbuch Englisch, 3. Aufl. 2005
[CD-ROM]) oder als Substantiv in beiden Sprachen die Bezeichnung für
die Währungseinheit der Europäischen Währungsunion (Duden – Das
Fremdwörterbuch, a. a. O.; Duden-Oxford – Großwörterbuch Englisch,
a. a. O.). Das dem englischen Grundwortschatz entstammende Wort
"Shop", das mit "Laden, Geschäft" übersetzt wird (Duden-Oxford –
Großwörterbuch Englisch, a. a. O.), ist in diesem Sinne bereits in den
deutschen Wortschatz eingegangen (Duden – Deutsches Universalwörterbuch,
6. Aufl. 2006 [CD-ROM]). Die Wortkombination "EuroShop"
lässt sich zwar lexikalisch nicht nachweisen (http://dict.leo.org). Vor
dem Hintergrund der vom Senat durchgeführten Internetrecherche kann
aber vernünftigerweise nicht ausgeschlossen werden, dass die angesprochenen inländischen Verkehrskreise die Wortkombination nur als
Hinweis auf einen Betrieb verstehen, der Produkte im untersten Europreissegment, also etwa zwischen 0 und 10 €, anbietet.

b) Zwar haben die Gutachter Dr. K… und R…
… in ihrem Gutachten vom
19. September 2011 die an sie gerichtete Beweisfrage, ob sich der Begriff
"Euroshop" in der deutschen Sprache bei der allgemeinen Bevölkerung
(einschließlich der Kinder) als Sachangabe/Synonym für eine
bestimmte Gruppe von Einzelhändlern, nämlich Billigstdiscounter, bei
denen Waren nach Preisklassen differenziert eingeteilt werden und
pauschal so erhältlich sind (0,– € bis 10,– €), bereits eingebürgert habe,
verneint. Dieser Ausdruck sei bisher in keinem gängigen Wörterbuch
bzw. keiner aktuellen Enzyklopädie verzeichnet, was bedeute, dass sich
dieses Wort noch nicht vollständig etabliert habe. Die weiterführende
Frage, ob bei vernünftiger Betrachtung der bisherigen Entwicklung eine
Prognose möglich sei, dass sich in den nächsten Jahren der Gebrauch
des Begriffs "Euroshop" mit der Bedeutung "Billigstdiscounter" in der
Sprachgemeinschaft durchsetzen wird, haben sie nicht beantworten
können. Sprache sei lebendig und befinde sich in ständigem Wandel,
bei dem viele Faktoren eine Rolle spielten, die nicht alle fassbar bzw.
nachvollziehbar und keinesfalls kontrollier- bzw. lenkbar seien. Es sei
daher nicht vorherzusehen, wie sich die Sprache entwickeln werde und
ob der Ausdruck "Euroshop" in Zukunft mit einer eindeutigen, unmissverständlichen Bedeutung versehen werde und in welcher Weise dieser
sich im öffentlichen Bewusstsein verankern werde.

c) Dem Senat liegen aufgrund seiner Internetrecherche jedoch zahlreiche
Anhaltspunkte für eine solche mögliche Entwicklung vor. Bei einer Gesamtzahl
von 20 Belegen wird das Wort "Euroshop" sechzehnmal entweder
unter Voranstellung verschiedener niedriger Eurobeträge (nachfolgend
unterstrichen) oder in Alleinstellung ohne Euroangabe (nachfolgend
im Fettdruck) zur Bezeichnung eines Billig(st)discounters und damit bereits als Sachangabe verwendet:

– "Catania, Piazza Cavour, sizilianischer 1-Euro-Shop”
(www.flickr.com, Anlage 2, Bl. 99 GA);

– "Das 1-Euro-Shop Phänomen Seit einiger Zeit kann man beobachten
und dass sicher nicht nur in D…, dass immer mehr 1-
Euro-Shops eröffnen. … Kaufe ich also beispielsweise im Euro-
Geschäft ein paar Zahnstocher für 1,00 EUR finde ich das natürlich
billig, aber im Konsum hätte ich sie vielleicht für 0,75 EUR
bekommen, aber das stört niemanden, man bekommt das Gefühl
vermittelt ein Schnäppchen gemacht zu haben. …"
(12. März 2008, www.dresden01.de, Anlage 4, Bl. 101 GA);

– "Sparzwang: Schnäppchenjagd im Ein-Euro-Shop … Ein-Euro-
Shops boomen …" (Presseartikel unter www.stern.de vom
10. November 2008, Anlage 5, Bl. 102 f. GA);

– "Wie ist die Garantieleistung auf Elektrogeräte (z. B. eine Lichterkette),
die in 1-Euro-Shops gekauft wurden? Hat man das
Recht auf Geldrückgabe sofern das Elektrogerät nicht funktioniert?
…" (COSMiQ-Forum, Anlage 6, Bl. 104 GA);

– "Geld verdienen mit dem 2 Euro Shop – Wollen Sie auch schon
lange ein eigenes Internet Geschäft? …" (www.thai-thomas.com,
Anlage 7, Bl.105 GA);

– "EuroDiscount der Kleinpreismarkt – 1 Euro Shop – Trend Shop –
Sonderpostenmarkt … Kategorien » 1 Euro Shop" (Anlage 8,
Bl. 106 GA);

– "Würzburg: Ein-Euro-Shop sorgt für Wallung – Passt Billigladen in
die Dornstraße als Toplage – Kritik am Hauseigentümer … Statt
Buchladen 1-Euro-Shop in der Dornstraße … Diese Ansiedlung
des Ein-Euro-Shops schädigt nicht nur den Standort Innenstadt,
sondern auch die Qualität einer Haupteinkaufsstraße … Die
Ansiedlung eines Ein-Euro-Shops gelte … als Hinweis für ein
Downgrading … Auch … Kreisvorsitzender des Einzelhandelsverbandes
ist nicht glücklich über den Ein-Euro-Shop in der Dornstraße".
(Presseartikel in der Main Post online vom 10. Juli 2009,
Anlage 9, Bl. 107 GA);

– "T-Mobile Shop = 1 Euro Shop? Seit geraumer Zeit fallen im
Online- aber auch Hotline Angebot von T-Mobile reihenweise die
neusten höher- und hochwertigen Handy´s aus. Mittlerweile gibt
es bis auf ganz wenige Ausnahmen … nur noch Brot und Butter
Wegschmeiß Handy´s für 1 Euro …" (areamobile-Forum, Anlage
10, Bl. 108 GA);

– "Gibt´s 1 Euro Shop auch im Netz? An jeder Ecke gibt es
mittlerweile 1 Euro Shops. Findet man so was eigentlich auch im
Internet? … Einen integrierten ´1 Euro Shop` gibt es beispielsweise
auf schnäppchenwelten.de, wo es neben 1-Euro Artikeln
zwar auch andere Angebote gibt, aber die Auswahl im Be-
reich ´1 Euro` dennoch sehr groß ist …" (Antwort vom
3. September 2010 im PAPERBALL-Forum, Anlage 11, Bl. 109
GA);

– "1-Euro-Shop – Endlich können Sie die beliebten 1-Euro-Artikel
auch online kaufen! Wählen Sie einfach die gewünschte Kategorie
und greifen Sie zu, solange der Vorrat reicht! 50ct/1 €/1,50 €/2 €/3
€/5 €/ 7 €/ 10 €" (www.schnäppchenwelten.de, Anlage 12,
Bl. 110 GA);

– "10-EUROSHOP Neckermann … 10 Euro bei Neckermann: über
100 Artikel in dieser Kategorie sind unter 10 Euro! …" (BLOGARCHIV
2007, Anlage 13, Bl. 111 GA);

– "0-Euro Shop – Nur kostenlos ist gut genug!" (Anlage 14,
Bl. 112 GA);

– "AquaHobby Fischfutterhandel – Der 1,– EURO Shop – Hier
finden Sie Futterproben, Fischfutter Kleingebinde, Restposten,
Neue Produkte zum Probierpreis * Alles für 1 Euro *" (Anlage 16,
Bl. 114 GA);

– "Boom der Billig-Discounter – Auf Schatzsuche im Ein-Euro-Reich
– Nach Aldi, Lidl und Co. erlebt in Deutschland eine weitere Kategorie
von Billig-Discountern einen Boom: Ein-Euro-Shops bieten
vom Abwaschlappen bis zum Zahnstocher allerhand Krimskrams
zum Kleinstpreis an … Die junge Mutter … genießt den kurzen
Einkauf … bei ´Mäc-Geiz` … Fast immer wenn sie Einkaufen gehe,
statte sie auch dem Geschäft einen Besuch ab. ´Ich kann mich
guten Gewissens als Euro-Shop-Gängerin outen`, sagt die 25-
Jährige. … erleben nun die drei großen ´Non-Food`-Ketten Tedi,
EuroShop und Mäc-Geiz einen Boom. … Tatsächlich gebe es
einige Artikel, die selbst ihren geringen Preis nicht wert seien, sagt
Euro-Shopperin Bostelmann. …" (Presseartikel in Spiegel online
vom 14. Februar 2009, Anlage 17, Bl. 115 ff. GA);

– "Ein-Euro-Shop unter freiem Himmel – Handy´s, Toilettendeckel,
saure Gurken: Auf dem Flohmarkt gibt es kaum etwas, das es
nicht gibt. Nur richtig alter Trödel zum Stöbern ist Mangelware …"
(Presseartikel unter www.derwesten.de vom 10. Februar 2008,
Anlage 18, Bl. 118 GA);

– "Vorsicht ´Schnäppchen` – Ein-Euro-Shop teurer als Drogerie-
Markt – Ob Schwammtücher für die Spüle, die Tube Zahnpasta
oder die Flasche Cola – hier gibt es alles für einen Euro. Neben
Discountern boomen derzeit vor allem Ein-Euro-Shops. …"
(Presseartikel unter www.bergedorfer-zeitung.de vom
27. Februar 2009, Anlage 19, Bl. 119 GA).

Das Ergebnis der vorgenannten Internetrecherche belegt, dass sich am
Markt zahlreiche 0-Euro-, Ein-Euro, 2-Euro- bis zu 10-Euro-Läden, stationär
und im Internet, etabliert haben und dass der Begriff "Euroshop"
als Oberbegriff für einen Kleinpreismarkt bzw. Billig(st)discounter fungiert.
Ferner finden sich auch einige Belegstellen für eine Benutzung
des Begriffs ohne den Zusatz eines bestimmten Eurobetrages, wie z. B.
"Euro-Geschäft", "Euro-Shop-Gängerin" und "Euro-Shopperin". Aus diesem
bisher gewonnenen Gesamteindruck lässt sich zumindest ein starkes
Indiz für eine zukünftige Sprachentwicklung dahingehend entnehmen,
dass "Euroshop" als Oberbegriff für eine semantische Untergruppenbildung
von Billigdiscountern verstanden werden kann. Auch in wirtschaftlicher
Hinsicht belegen die Fundstellen einen starken Zuwachs
solcher kleinpreisiger Schnäppchenmärkte. Aufgrund all dieser Um-
stände kann bei der im Rahmen des § 8 Abs. 2 Nr. 2 MarkenG vorzunehmenden
realitätsbezogenen Prognose vernünftigerweise nicht
ausgeschlossen werden, dass sich "Euroshop" in der deutschen Sprache
zu einem Sachbegriff entwickeln und damit als Synonym für Billig(
st)laden/Billig(st)discounter verstanden wird.

d) In Bezug auf die in den Klassen 16 und 21 beanspruchten Waren gibt
die Bezeichnung "EuroShop" nur deren Vertriebsart, Bestimmungszweck
oder Preisgünstigkeit an. Denn es kann nicht ausgeschlossen
werden, dass künftig ein erheblicher Teil der angesprochenen inländischen
Verkehrskreise die Kennzeichnung der so bezeichneten Waren
dahingehend verstehen wird, dass es sich um für Billig(st)läden hergestellte,
für den Verkauf in solchen Geschäften bestimmte und/oder im
Niedrigpreissegment angesiedelte Waren handelt. Papierwaren, "Druckereierzeugnisse, Buchbindeartikel; Photographien; Schreibwaren;
Klebstoffe für Papier- und Schreibwaren" der Klasse 16 sowie die in
Klasse 21 angemeldeten "Geräte und Behälter für Haushalt und Küche
(nicht aus Edelmetall oder plattiert); Kämme und Schwämme; Bürsten
(mit Ausnahme von Pinseln), Putzzeug; Glaswaren, Porzellan und
Steingut, soweit in Klasse 21 enthalten" können für Billigdiscounter produziert und in solchen Verkaufsstätten zu Preisen von unter 1,– € bis zu
10,– € angeboten werden.

e) Hinsichtlich der in Klasse 35 angemeldeten Groß- und Einzelhandelsdienstleistungen mit den Waren "Drogerie-, Kosmetik- und Haushaltswaren, Brenn- und Treibstoffe, Waren des Gesundheitssektors, Werkzeuge und Metallwaren, Bau-, Heimwerker- und Gartenartikel, Hobbyund
Bastelbedarf, Elektro- und Elektronikwaren, Ton- und Datenträger,
Fahrzeuge und Fahrzeugzubehör, Uhren und Schmuckwaren, Musikinstrumente,
Druckereierzeugnisse, Papier- und Schreibwaren, Büroartikel,
Täschner- und Sattlerwaren, Einrichtungs- und Dekorationswaren,
Bekleidungsartikel, Schuhe und Textilwaren, Spielwaren, Sportwaren,
Lebensmittel und Getränke, Tabakwaren und sonstige Genussmittel"
weist das Anmeldezeichen ebenfalls auf deren Bestimmungszweck
und/oder Erbringungsort hin, nämlich dass sie für einen und/oder in einem
Billig(st)discounter erbracht werden.

2. Das angemeldete Zeichen

(Abbildung 3)

erhält auch nicht durch die grafische Ausgestaltung die Funktion eines Unterscheidungsmittels im Sinne des § 8 Abs. 2 Nr. 1 MarkenG.

Grundsätzlich kann einer Wortelemente enthaltenden Bildmarke, unbeschadet
der Freihaltebedürftigkeit oder fehlenden Unterscheidungskraft dieser
Wortelemente, als Gesamtheit Unterscheidungskraft zugesprochen werden,
wenn die grafischen Elemente ihrerseits charakteristische Merkmale aufweisen,
in denen der Verkehr einen Herkunftshinweis sieht (BGH GRUR 1991,
136, 137 – NEW MAN; GRUR 2001, 1153 – anti Kalk; EuGH GRUR 2006,
229, 233 Rdnr. 73, 74 – BioID). Dabei vermögen allerdings einfache grafische
Gestaltungen oder Verzierungen des Schriftbilds, an die sich der Verkehr etwa
durch häufige werbemäßige Verwendung gewöhnt hat, eine fehlende Unterscheidungskraft der Wörter ebenso wenig aufzuwiegen, wie derartige einfache grafische Gestaltungselemente auch für sich wegen fehlender Unterscheidungskraft nicht als Marke eingetragen werden können. Es bedarf vielmehr eines auffallenden Hervortretens der grafischen Elemente, um sich
dem Verkehr als Herkunftshinweis einzuprägen (BGH a. a. O. 1153, 1154 –
anti Kalk; GRUR 2008, 710, 711 Rdnr. 20 – VISAGE). Dies ist vorliegend
aber nicht der Fall.

Abgesehen davon, dass der beschreibende Wortbestandteil "EuroShop" im
Vordergrund des Gesamtzeichens steht, kann die einfache bildliche Ausge-
staltung aufgrund ihrer Werbe- und Branchenüblichkeit nicht als Herkunftshinweis dienen.

Das verfahrensgegenständliche Zeichen zeigt zwei zusammengeschriebene
Wortelemente in weißer Farbe auf rotem Untergrund, wobei das zweite Element
"Shop" mit einem Großbuchstaben beginnt. Die Buchstaben der beiden
Wortelemente sind gleichmäßig in einem roten Rechteck angeordnet.

Die Hinterlegung von in weißer Schreibschrift ("Extra Fette") wiedergegebenen
Wortelementen mit einer roten Hintergrundfarbe und die Binnengroßschreibung
verbessern zwar als einfache bildliche Hintergrund- und Hervorhebungsmuster
die visuelle Wahrnehmung der Wortbestandteile, treten aber
aufgrund ihrer Werbeüblichkeit gegenüber den Wortelementen im Gesamteindruck des angemeldeten Zeichens zurück und bleiben nicht prägnant als betriebskennzeichnend in Erinnerung (vgl. auch BGH a. a. O. – anti Kalk;
BPatG MarkenR 2010, 145 – Linuxwerkstatt).

Wie eine Internetrecherche des Senats ergeben hat, gehören gleichmäßig
angeordnete weiße Buchstaben auf rotem Untergrund für Vertriebsstätten mit
vergleichbaren Waren zu werbeüblichen Gestaltungsmitteln, an die der Verbraucher gewöhnt ist (Lebensmittel-Discounter "Norma", http://de.wikipedia.- org/w/in-dex.php?title=Norma_(Handelskette)&printable=yes, Bl. 50 GA; Textileinzelhändler "NKD", http://de.wikipedia.org/w/index.php?title=NKD&printable=
 es, Bl. 51 GA; Textil-Discounter "KiK", http://de.wikipedia.org/w/index.
php?title=KiK&printable=yes, Bl. 52 GA; Möbelhandelsunternehmen
"Höffner", www.hoeffner.de, Bl. 54 GA; Lebensmitteleinzelhändler "REWE",
www.rewe.de, Bl. 53 GA). Dies hat auch schon die Anmelderin festgestellt
(Seite 3 letzter Absatz der Beschwerdebegründung, Bl. 21 GA) und weitere
Belege dafür überreicht (Fotos der Außenbeschilderung mit weißer Schrift
vor rotem Hintergrund der Firmen: WISSMACH, CASTRO, Bl. 129 GA; Sparkasse,
Lunch BOX, FILIZ Restaurant Döner Kebaphaus, Bl. 130 GA; Regina
Pelze, Bl. 131 GA; LEGO, JOB AG, PALM FASHION, Bl. 132 GA; Ni HAO –
Asiatische Spezialitäten, vodafone, The North FACE, Bl. 133 GA; ESPRIT,
McDonald´s, Bl. 134 GA).

Die Binnengroßschreibung gehört ebenfalls zu häufig verwendeten, werbeüblichen Stilmitteln.

Auch der Umstand, dass die verwendete Schreibschrift "Extra Fette" in üblichen
Fontbibliotheken (Adobe, Linotype, Fontshop) nicht erhältlich ist, reicht
nicht aus, der grafischen Ausgestaltung ein herkunftshinweisendes Merkmal
zu verleihen, weil sie über kein charakteristisches Merkmal verfügt, das sie
aus dem Formenschatz geläufiger Handschriften hervorhebt. Eine nahezu
identische Schreibschrift wurde zudem bei der Belegstelle "0-Euro Shop"
(Anlage 14, Bl. 112 GA) verwendet.

Ein Anlass, die Rechtsbeschwerde zuzulassen, besteht nicht. Die von der
Beschwerdeführerin aufgeworfene Frage, ob die Anforderungen an die grafische
Ausgestaltung der Wort-/Bildmarke geringer anzusetzen seien, wenn
die Schutzfähigkeit des Wortelements aufgrund einer Prognoseentscheidung
verneint werde, ist nach Ansicht des Senats keine Rechts-, sondern eine Tatsachenfrage und damit der Rechtsbeschwerde nicht zugänglich.

Der nicht nachgelassene Schriftsatz der Beschwerdeführerin vom
14. November 2011 gibt keine Veranlassung zur Wiedereröffnung der mündlichen Verhandlung.

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