Empfehlungs-E-Mail

31. Oktober 2013
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Amtlicher Leitsatz:

Schafft ein Unternehmen auf seiner Website die Möglichkeit für Nutzer, Dritten unverlangt eine sogenannte Empfehlungs-E-Mail zu schicken, die auf den Internetauftritt des Unternehmens hinweist, ist dies nicht anders zu beurteilen als eine unverlangt versandte Werbe-E-Mail des Unternehmens selbst. Richtet sich die ohne Einwilligung des Adressaten versandte Empfehlungs-E-Mail an einen Rechtsanwalt, stellt dies einen rechtswidrigen Eingriff in den eingerichteten und ausgeübten Gewerbebetrieb dar.

Bundesgerichtshof

Urteil vom 12.09.2013

Az.: I ZR 208/12

 

Der I. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat im schriftlichen Verfahren, in dem bis zum 1. August 2013 Schriftsätze eingereicht werden konnten für Recht erkannt:

Auf die Revision des Klägers wird das Urteil der 11. Zivilkammer des Landgerichts Köln vom 23. Oktober 2012 unter Zurückweisung des weitergehenden Rechtsmittels im Kostenpunkt und insoweit aufgehoben, als hinsichtlich des Unterlassungsantrags zum Nachteil des Klägers erkannt worden ist.

Im Umfang der Aufhebung wird das Urteil des Amtsgerichts Köln vom 14. Februar 2012 auf die Berufung des Klägers abgeändert:

Die Beklagte wird verurteilt, es zu unterlassen, mit dem Kläger zur Aufnahme eines erstmaligen Kontakts per E-Mail Kontakt aufzunehmen, ohne dass seine ausdrückliche Einwilligung vorliegt.

Der Beklagten wird für jeden Fall der Zuwiderhandlung gegen die Unterlassungsverpflichtung ein Ordnungsgeld bis zur Höhe von 250.000 € und für den Fall, dass dieses nicht beigetrieben werden kann, Ordnungshaft oder Ordnungshaft bis zu sechs Monaten angedroht, wobei die Ordnungshaft an den Geschäftsführern der Beklagten zu vollziehen ist.

Die Kosten des Rechtsstreits werden der Beklagten auferlegt.

Von Rechts wegen

Tatbestand:

Der Kläger, ein Rechtsanwalt, nimmt die auf dem Gebiet der Außenwerbung tätige Beklagte hauptsächlich auf Unterlassung in Anspruch.

Auf der Internetseite der Beklagten befindet sich eine sogenannte Weiterempfehlungsfunktion. Gibt ein Dritter seine eigene E-Mail-Adresse und eine weitere E-Mail-Adresse ein, wird von der Internetseite der Beklagten an die weitere von dem Dritten benannte EMail-Adresse eine automatisch generierte EMail versandt, die auf den Internetauftritt der Beklagten hinweist. Bei dem Empfänger der E-Mail geht der Hinweis auf die Internetseite der Beklagten als von dieser versandt ein. Weiteren Inhalt hat eine Empfehlungs-E-Mail nicht.

Der Kläger erhielt ab dem 26. Dezember 2010 ohne seine Zustimmung mehrere Empfehlungs-E-Mails. Nach einer Abmahnung und einer weiteren Beschwerde des Klägers erklärte sich die Beklagte bereit, dessen konkrete E-Mail-Adresse für den Erhalt der Empfehlungs-E-Mails zu sperren. In der Folgezeit erhielt der Kläger gleichwohl noch E-Mails, die auf den Internetauftritt der Beklagten hinwiesen. Darüber hinaus erhielt er acht weitere E-Mails von der Beklagten, die als „Test-E-Mails“ bezeichnet waren.

Der Kläger wendet sich – soweit für die Revision noch von Bedeutung – gegen die Zusendung von E-Mails ohne sein Einverständnis. Er hat beantragt, es der Beklagten unter Androhung der gesetzlichen Ordnungsmittel zu verbieten,

mit ihm zur Aufnahme eines erstmaligen Kontakts per E-Mail Kontakt aufzunehmen, ohne dass seine ausdrückliche Einwilligung vorliegt.

Darüber hinaus hat er die Beklagte auf Zahlung von Abmahnkosten und Verzinsung des von ihm verauslagten Gerichtskostenvorschusses in Anspruch genommen.

Die Beklagte ist dem Begehren des Klägers entgegengetreten und hat insbesondere geltend gemacht, die an den Kläger versandten EMails hätten keine Werbung enthalten. Sie, die Beklagte, sei nicht als Störerin anzusehen, weil der E-Mail-Versand durch Dritte veranlasst werde. Der Kläger habe die streitgegenständlichen Kontaktierungen hinzunehmen, da er ein E-Mail-Postfach unterhalte. Ohne eine ihr nicht zumutbare Aufgabe ihrer Empfehlungsfunktion könne ein Versand von EMails an ihr noch unbekannte E-Mail-Adressen des Klägers nicht verhindert werden.

Das Amtsgericht hat die Klage abgewiesen. Die dagegen gerichtete Berufung des Klägers ist erfolglos geblieben. Mit seiner vom Berufungsgericht zugelassenen Revision, deren Zurückweisung die Beklagte beantragt, verfolgt der Kläger sein noch anhängiges Klagebegehren weiter.

Entscheidungsgründe:

I. Das Berufungsgericht hat einen Unterlassungsanspruch des Klägers wegen eines Eingriffs in den eingerichteten und ausgeübten Gewerbebetrieb gemäß § 823 Abs. 1, § 1004 Abs. 1 BGB verneint. Dazu hat es ausgeführt:

Der Unterlassungsanspruch könne nicht auf die im Dezember 2010 und Januar 2011 eingegangenen EMails gestützt werden, weil die Beklagte die Funktion der EMail-Weitersendung im Februar 2011 umgestellt habe. Danach sei durch den Kläger bis zum Erhalt weiterer EMails im September 2011 keine Reaktion erfolgt, so dass die EMails bis Januar 2011 als „verbraucht“ anzusehen seien. Wegen der ab September 2011 versandten Empfehlungs-EMails bestehe ebenfalls kein Unterlassungsanspruch. Die Beklagte richte ihre Emp-fehlungsfunktion an einen engen potentiellen Nutzerkreis, der aus Dritten bestehe, die weitere Personen auf den Netzauftritt der Beklagten aufmerksam machen wollten. Die Weiterempfehlungsfunktion der Beklagten werde lediglich 200 Mal pro Jahr genutzt. Die Weiterempfehlung könne (nach entsprechender Änderung der Funktion) nicht von automatischen Programmen genutzt werden und die Beklagte unterbinde nunmehr den Versand an EMail-Adressen, die sie zuvor in eine „Schwarze Liste“ aufgenommen habe.

Das Vorhalten der Empfehlungsfunktion könne daher auch nicht als wettbewerbswidriges Verhalten angesehen werden. Die Beklagte beabsichtige nicht und nehme auch nicht billigend in Kauf, dass es durch missbräuchliches Verhalten Dritter zu einer Verbreitung der Empfehlungs-E-Mails komme.

Die Beklagte habe alles jenseits der Abschaffung der Funktion Mögliche getan, um Beeinträchtigungen Dritter zu vermeiden, zumal sie keine Anreize zur Nutzung der Funktion geschaffen habe.

Die Beklagte könne schließlich auch nicht als Störerin im Hinblick auf das unverlangte Zusenden der Empfehlungs-E-Mails angesehen werden.

II. Die Angriffe der Revision haben Erfolg, soweit sie sich gegen die Abweisung des Unterlassungsbegehrens richten. Sie führen in diesem Umfang zur Aufhebung des Berufungsurteils und zur Verurteilung der Beklagten nach dem Unterlassungsantrag. Entgegen der Auffassung des Berufungsgerichts steht dem Kläger der geltend gemachte Unterlassungsanspruch aus § 823 Abs. 1, § 1004 Abs. 1 Satz 2 BGB wegen eines rechtswidrigen Eingriffs in seinen eingerichteten und ausgeübten Gewerbebetrieb zu. Die darüber hinaus erhobenen Ansprüche auf Zahlung von Abmahnkosten und Verzinsung des verauslagten Prozesskostenvorschusses sind dagegen unbegründet.

1. Der Unterlassungsantrag ist in der gebotenen Auslegung hinreichend bestimmt im Sinne von § 253 Abs. 2 Nr. 2 ZPO. Das Berufungsgericht hat den Unterlassungsantrag zwar nicht näher ausgelegt. Das ist jedoch unschädlich. Bei einem Klageantrag handelt es sich um eine Prozesserklärung, die das Revisionsgericht selbständig auslegen kann (BGH, Urteil vom 29. Juni 2000 – I ZR 128/98, GRUR 2001, 80 = WRP 2000, 1394 – ad-hoc-Meldung; Urteil vom 3. April 2008 – I ZR 49/05, GRUR 2008, 1002 Rn. 16 = WRP 2008, 1434 – Schuhpark; Urteil vom 22. Juli 2010 – I ZR 139/08, GRUR 2011, 152 Rn. 23 bis 25 = WRP 2011, 223 – Kinderhochstühle im Internet).

Mit dem Unterlassungsantrag erstrebt der Kläger ein generelles Kontaktaufnahmeverbot per EMail für die Beklagte. Ein derart weitgehender Anspruch besteht nicht. Der Kläger kann der Beklagten nur eine Kontakt-aufnahme per E-Mail verbieten lassen, soweit diese einen rechtswidrigen Eingriff in seinen eingerichteten und ausgeübten Gewerbebetrieb darstellt. Der allgemein gefasste Unterlassungsantrag enthält als Minus aber auch die konkrete Verletzungsform. Aus dem Vorbringen des Klägers in der Klageschrift, das zur Auslegung des Verbotsantrags heranzuziehen ist (vgl. BGH, Urteil vom 4. Oktober 2007 – I ZR 143/04, GRUR 2008, 84 Rn. 19 = WRP 2008, 98 – Versandkosten; BGH, GRUR 2008, 1002 Rn. 17 – Schuhpark), ergibt sich mit der gebotenen Deutlichkeit, dass der Kläger der Beklagten nur verbieten lassen will, an ihn ohne seine ausdrückliche Einwilligung Empfehlungs-EMails zu versenden.

2. Dem Kläger steht gegen die Beklagte aus § 823 Abs. 1, § 1004 Abs. 1 Satz 2 BGB ein Anspruch auf Unterlassung der Zusendung von EMails mit werblichem Inhalt zu. Das Zusenden der Empfehlungs-E-Mails durch die Beklagte stellt einen rechtswidrigen Eingriff in den eingerichteten und ausgeübten Gewerbebetrieb des Klägers dar, weil unverlangt zugesandte E-Mail-Werbung betriebsbezogen erfolgt und den Betriebsablauf im Unternehmen des Empfängers beeinträchtigt. Das Versenden von EMails mit unerbetener Werbung, die der Empfänger jeweils einzeln sichten muss und bei denen ein Widerspruch erforderlich ist, um eine weitere Zusendung zu unterbinden, führt zu einer nicht unerheblichen Belästigung (vgl. BGH, Beschluss vom 20. Mai 2009 – I ZR 218/07, GRUR 2009, 980 Rn. 10 ff. = WRP 2009, 1246 – E-Mail-Werbung II).

a) Bei der Zusendung der Empfehlungs-E-Mails an den Kläger handelt es sich um unverlangt zugesandte Werbung.

aa) Der Begriff der Werbung umfasst nach dem allgemeinen Sprachgebrauch alle Maßnahmen eines Unternehmens, die auf die Förderung des Ab-satzes seiner Produkte oder Dienstleistungen gerichtet sind. Damit ist außer der unmittelbar produktbezogenen Werbung auch die mittelbare Absatzförderung – beispielsweise in Form der Imagewerbung oder des Sponsoring – erfasst. Werbung ist deshalb in Übereinstimmung mit Art. 2 Buchst. a der Richtlinie 2006/113/EG über irreführende und vergleichende Werbung jede Äußerung bei der Ausübung eines Handels, Gewerbes, Handwerks oder freien Berufs mit dem Ziel, den Absatz von Waren oder die Erbringung von Dienstleistungen zu fördern (BGH, GRUR 2009, 980 Rn. 13 – E-Mail-Werbung II).

bb) Mit diesem weiten Verständnis des Begriffs der Werbung wird nicht die gebotene Unterscheidung zwischen geschäftlichen Handlungen und Werbung verwischt (aA Haug, K&R 2010, 767, 769). Der Begriff der geschäftlichen Handlung ist – ebenso wie der in der Richtlinie 2005/29/EG enthaltene Begriff der Geschäftspraktiken – insofern weiter als der Begriff der Werbung, als er auch Verhaltensweisen im Zusammenhang mit dem Abschluss oder der Durch-führung von Verträgen oder dem Verkauf und die Lieferung eines Produkts erfasst (vgl. § 2 Abs. 1 Nr. 1 UWG). Die vom Gesetz getroffene Unterscheidung zwischen „geschäftlicher Handlung“ und „Werbung“ steht daher nicht der Annahme entgegen, dass es sich auch bei einer mittelbaren Absatzförderung um Werbung handelt.

cc) Entgegen der Ansicht der Beklagten kommt es für die Einordnung als Werbung nicht darauf an, dass das Versenden der Empfehlungs-E-Mails letztlich auf dem Willen eines Dritten beruht (aA OLG Nürnberg, GRURRR 2006, 26). Entscheidend ist vielmehr allein das Ziel, das die Beklagte mit dem Zurverfügungstellen der Empfehlungsfunktion erreichen will. Da eine solche Funktion erfahrungsgemäß den Zweck hat, Dritte auf die Beklagte und die von ihr angebotenen Leistungen aufmerksam zu machen, enthalten die auf diese Weise versandten Empfehlungs-E-Mails Werbung.

b) Der Eingriff in den eingerichteten und ausgeübten Gewerbebetrieb des Klägers ist auch rechtswidrig. Die insoweit erforderliche Abwägung der widerstreitenden Interessen der Parteien geht zu Lasten der Beklagten aus. Nach § 7 Abs. 2 Nr. 3 UWG stellt – von dem hier nicht bedeutsamen Ausnahmetatbe-stand des § 7 Abs. 3 UWG abgesehen – jede Werbung unter Verwendung elektronischer Post ohne vorherige ausdrückliche Einwilligung des Empfängers eine unzumutbare Belästigung dar. Diese gesetzgeberische Wertung ist bei der Be-urteilung der Generalklauseln des Bürgerlichen Gesetzbuchs ebenfalls heranzuziehen, um Wertungswidersprüche zu vermeiden (vgl. Köhler in Köhler/Bornkamm, UWG, 31. Aufl., § 7 Rn. 14; Koch in Ullmann, jurisPK-UWG, 3. Aufl., § 7 Rn. 153). Wegen des unzumutbar belästigenden Charakters derartiger Werbung gegenüber dem Empfänger ist die Übersendung einer Werbe-E-Mail ohne vorherige ausdrückliche Einwilligung grundsätzlich rechtswidrig (vgl. BGH, GRUR 2009, 980 Rn. 14 – E-Mail-Werbung II).

Eine andere Beurteilung ergibt sich im Streitfall nicht aus dem Umstand, dass die Werbung nur an Personen versandt wird, die ein Dritter durch Eingabe von deren E-Mail-Adresse ausgewählt hat. Unlauter ist eine Wettbewerbshandlung, die einen rechtswidrigen Eingriff in den eingerichteten und ausgeübten Gewerbebetrieb darstellt, wenn dadurch Marktteilnehmer in unzumutbarer Weise belästigt werden (§ 7 Abs. 1 UWG). Ein solcher Belästigungsgrad ist regelmäßig anzunehmen, wenn die Gefahr besteht, dass der Werbende zu Mitteln greift, die auch berufsmäßigen Werbern verboten sind (vgl. BGH, Urteil vom 6. Juli 2006 – I ZR 145/03, GRUR 2006, 949 Rn. 20 = WRP 2006, 1370 – Kunden werben Kunden). Dies ist hier anzunehmen. Entscheidend ist, dass der Empfänger in diese Art Werbung nicht eingewilligt hat und sich praktisch nicht zur Wehr setzen kann (Köhler in Köhler/Bornkamm aaO § 7 Rn. 201).

Entgegen der Ansicht der Beklagten ist die Belästigung des Klägers durch unverlangt zugesandte EMails auch nicht unerheblich im Sinne des § 3 UWG, was zum Ausschluss der Rechtswidrigkeit des Eingriffs in den eingerichteten und ausgeübten Gewerbebetrieb führen könnte. Durch die Bestimmung in § 7 Abs. 2 UWG, der zufolge die in dieser Vorschrift aufgeführten Beispielsfälle „stets“ eine unzumutbare Belästigung darstellen, wird klargestellt, dass die Bagatellklausel des § 3 UWG nicht mehr anwendbar ist (vgl. BGH, Urteil vom 11. März 2010 – I ZR 27/08, GRUR 2010, 939 Rn. 18 = WRP 2010, 1249 – Telefonwerbung nach Unternehmenswechsel; Urteil vom 5. Oktober 2010 – I ZR 46/09, GRUR 2011, 433 Rn. 23 = WRP 2011, 576 – Verbotsantrag bei Te-lefonwerbung). Darüber hinaus ist zu berücksichtigen, dass mit der häufigen Übermittlung von Werbe-E-Mails ohne vorherige Einwilligung des Empfängers durch verschiedene Absender immer dann zu rechnen ist, wenn die Übermittlung einzelner EMails zulässig ist (vgl. BGH, GRUR 2009, 980 Rn. 12 – E-Mail-Werbung II).

c) Die Beklagte haftet für die Zusendung der Empfehlungs-E-Mails als Täterin. Dabei ist es ohne Bedeutung, dass der Versand der Empfehlungs-E-Mails letztlich auf die Eingabe der E-Mail-Adresse des Klägers durch einen Dritten zurückgeht (vgl. BGH, GRUR 2006, 949 Rn. 20 – Kunden werben Kunden). Maßgeblich ist, dass der Versand der Empfehlungs-EMails auf die gerade zu diesem Zweck zur Verfügung gestellte Weiterempfehlungsfunktion der Beklagten zurückgeht und die Beklagte beim Empfänger einer Empfehlungs-E-Mail als Absenderin erscheint. Sinn und Zweck der Weiterleitungsfunktion der Beklagten bestehen auch gerade darin, dass Dritten (unter Mitwirkung unbekannter weiterer Personen) ein Hinweis auf den Internetauftritt der Beklagten übermittelt wird. Dieser Beurteilung steht nicht entgegen, dass die Beklagte den Missbrauch der Empfehlungsfunktion nicht in Kauf nimmt. Es ist offensichtlich, dass die Weiterleitungsfunktion gerade dazu benutzt wird, an Dritte Empfehlungs-E-Mails zu versenden, ohne dass Gewissheit darüber besteht, ob sie sich damit einverstanden erklärt haben.

d) Nach den Feststellungen des Berufungsgerichts sind die Empfehlungs-E-Mails an den Kläger ohne dessen Einverständnis übermittelt worden. Eine Gegenrüge des Inhalts, dass das Berufungsgericht einen entsprechenden Vortrag der insoweit darlegungs- und beweisbelasteten Beklagten (vgl. Ohly in Piper/Ohly/Sosnitza, UWG, 5. Aufl., § 7 Rn. 52) übergangen hätte, hat die Revisionserwiderung nicht erhoben.

e) Die für den Unterlassungsanspruch erforderliche Wiederholungsgefahr wird durch das festgestellte rechtsverletzende Verhalten der Beklagten indiziert. Dies entspricht für den wettebewerbsrechtlichen Unterlassungsanspruch ständiger Rechtsprechung (vgl. nur BGH, Urteil vom 26. Oktober 2000 – I ZR 180/98, GRUR 2001, 453, 455 = WRP 2001, 400 – TCM-Zentrum; Urteil vom 2. Oktober 2012 – I ZR 82/11, GRUR 2013, 638 Rn. 58 = WRP 2013, 785 – Völkl, mwN), gilt aber auch, wenn sich der geltend gemachte Unterlassungsan-spruch – wie im Streitfall – aus dem allgemeinen Deliktsrecht ergibt (vgl. BGH, Urteil vom 8. Februar 1994 – VI ZR 286/93, GRUR 1994, 394, 395 = WRP 1994, 306 – Bilanzanalyse; Urteil vom 27. Januar 1998 – VI ZR 72/97, NJW 1998, 1391, 1392 – Klartext, jeweils zur Verletzung des allgemeinen Persönlichkeitsrechts; Urteil vom 30. Oktober 1998 – V ZR 64/98, BGHZ 140, 1, 10, zur Verletzung des Eigentums; Soehring in Soehring/Hoehne, Presserecht, 5. Aufl., § 30 Rn. 8a; Ricker/Weberling, Handbuch des Presserechts, 6. Aufl., Kap. 44 Rn. 5; MünchKomm.BGB/Baldus, 6. Aufl., § 1004 Rn. 292).

Soweit das Berufungsgericht angenommen hat, in Bezug auf die im Dezember 2010 und Januar 2011 versandten EMails bestehe keine Wiederholungsgefahr, so dass auf die Ausgestaltung der Empfehlungsfunktion zum Zeitpunkt der ersten an den Kläger übermittelten Empfehlungs-E-Mails nicht abgestellt werden könne, kann dem nicht beigetreten werden. Durch die Aufgabe des rechtsverletzenden Verhaltens entfällt die Wiederholungsgefahr grundsätzlich nicht. Die aus einem früheren rechtswidrigen Handeln erfahrungsgemäß abgeleitete ernsthafte Besorgnis, dass der Verletzer auch weiterhin in gleicher Weise handeln wird, endet daher im Allgemeinen nicht aufgrund der Aufgabe der Betätigung, in deren Rahmen die Verletzung erfolgt ist (BGH, GRUR 2013, 638 Rn. 58 – Völkl, mwN). Die Wiederholungsgefahr hätte auch im Streitfall nur durch die Abgabe einer strafbewehrten Unterlassungserklärung ausgeräumt werden können, weil die begangene rechtswidrige Handlung nicht mehr rück-gängig gemacht werden kann, so dass die Beklagte nur durch eine strafbewehrte Unterlassungserklärung überzeugend hätte dartun können, dass sie die entsprechende Handlung nicht wiederholen wird (vgl. zum Wettbewerbsrecht BGH,Urteil vom 19. März 1998 – I ZR 264/95, GRUR 1998, 1045, 1046 = WRP 1998, 739 – Brennwertkessel; Bornkamm in Köhler/Bornkamm aaO § 8 Rn. 1.34; Teplitzky, Wettbewerbsrechtliche Ansprüche und Verfahren, 10. Aufl., Kap. 10 Rn. 21 mwN; vgl. zum deliktsrechtlichen Unterlassungsanspruch BGH, GRUR 1994, 394, 395 – Bilanzanalyse; Ricker/Weberling aaO Kap. 44 Rn. 6, 11; Soehring in Soehring/Hoehne aaO § 30 Rn. 11).

3. Einen Anspruch des Klägers auf Erstattung von Abmahnkosten hat das Berufungsgericht dagegen mit Recht verneint.

a) Ebenso wie im Wettbewerbsrecht hat der Verletzte, der seinen Unterlassungsanspruch auf § 823 Abs. 1, § 1004 Abs. 1 Satz 2 BGB stützt, grundsätzlich einen Anspruch auf Erstattung der Abmahnkosten, wenn die Abmahnung begründet war (vgl. BGH, Urteil vom 26. Mai 2009 – VI ZR 174/08, GRURRR 2010, 269 Rn. 20 – Rosenkrieg; Urteil vom 19. Oktober 2010 – VI ZR 237/09, GRUR 2011, 268 Rn. 11 mwN). Lässt sich der Verletzte bei der Abmahnung anwaltlich vertreten, so hat der Verletzer die gesetzlichen Gebühren des Rechtsanwalts nach dem Rechtsanwaltsvergütungsgesetz zu tragen, wenn die Beauftragung eines Rechtsanwalts zur Wahrnehmung der Rechte erforderlich und zweckmäßig war (vgl. BGH, GRUR 2011, 268 Rn. 11; Soehring in Soehring/Hoehne aaO § 30 Rn. 22).

b) Aufwendungen für eine Abmahnung sind unter dem Gesichtspunkt des Schadensersatzes von dem Verletzer aber nur dann zu ersetzen, wenn die konkrete anwaltliche Tätigkeit aus der maßgeblichen Sicht des Geschädigten mit Rücksicht auf seine spezielle Situation zur zweckentsprechenden Rechts-verfolgung notwendig war (BGH, GRURRR 2010, 269 Rn. 20; vgl. zum Wettbewerbsrecht BGH, Urteil vom 6. Mai 2004 – I ZR 2/03, GRUR 2004, 789 = WRP 2004, 908 – Selbstbeauftragung, mwN).

Die Beauftragung eines Rechtsanwalts zur Abmahnung eines Verstoßes gegen einen deliktsrechtlichen Tatbestand ist dann nicht notwendig, wenn der Abmahnende selbst über eine hinreichende eigene Sachkunde zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung eines unschwer zu erkennenden Verstoßes verfügt (vgl. BGH, GRUR 2004, 789, 790 – Selbstbeauftragung). Ein Rechtsanwalt muss im Fall der eigenen Betroffenheit seine Sachkunde bei der Abmahnung eines deliktischen Handelns unter dem Gesichtspunkt der Schadensvermeidung (§ 254 Abs. 1 BGB) einsetzen. Die Hinzuziehung eines weiteren Rechtsanwalts ist bei typischen, unschwer zu verfolgenden Rechtsverletzungen nicht notwendig. Es besteht dann kein Anspruch auf Erstattung der dafür anfallenden Kosten. Entsprechendes gilt für den Fall einer Selbstbeauftragung (vgl. BGH, GRUR 2004, 789, 790 – Selbstbeauftragung).

4. Ohne Erfolg wendet sich die Revision auch gegen die Abweisung des Anspruchs auf Verzinsung des verauslagten Prozesskostenvorschusses. Es kann offenbleiben, ob neben dem Zinsanspruch gemäß § 104 Abs. 1 Satz 2 ZPO ein weitergehender materiellrechtlicher Anspruch auf Verzinsung der verauslagten Gerichtskosten für die Zeit von deren Einzahlung bis zum Eingang des Kostenfestsetzungsantrags aus § 286 BGB besteht. Im vorliegenden Fall fehlt es jedenfalls an einer schlüssigen Begründung für einen solchen Anspruch.

III. Danach ist das angefochtene Urteil auf die Revision des Klägers aufzuheben, soweit das Berufungsgericht hinsichtlich des Unterlassungsantrags zum Nachteil des Klägers erkannt hat. Im Umfang der Aufhebung ist das erstinstanzliche Urteil auf die Berufung des Klägers abzuändern und die Beklagte nach dem Unterlassungsantrag zu verurteilen. Im Übrigen ist die Revision zurückzuweisen.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 92 Abs. 2 Nr. 1 ZPO.

Vorinstanzen:

AG Köln, Entscheidung vom 14.02.2012 – 138 C 576/11 –
LG Köln, Entscheidung vom 23.10.2012 – 11 S 122/12 –

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