Datenklau und Schmuddelsuchmaschine – Grenzen der Meinungsäußerung

25. November 2009
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Eigener Leitsatz:

Äußert jemand auf Internetplattformen gegenüber Usern oder Plattformbetreibern Werturteile bzw. unwahre Tatsachenbehauptungen, steht dem Betroffenen ein Unterlassungsanspruch bezüglich der Äußerungen zu. Wird beispielsweise von einem User unzutreffend behauptet, ein Plattformbetreiber führe eine „Schmuddel-Suchmaschine“ und begehe „Datenklau“, verletzen diese Äußerungen das Unternehmenspersönlichkeitsrecht des Suchmaschinenbetreibers. Um den Gehalt und die Qualität der Aussage zu ermittlen, ist nicht auf den herausgehobenen Textausschnitt sondern den Kontext abzustellen und danach zu fragen, welcher Sinn sich dem dafür maßgeblichen Durchschnittsleser aufdrängt.

Landgericht Berlin

Urteil vom 30.06.2009

Az.: 27 O 69/09

Tenor:

1. Die einstweilige Verfügung vom 27. Januar 2009 wird bestätigt.

2.der Antragsgegner hat die weiteren Kosten des Verfahrens zu tragen.

Tatbestand:

Die Parteien streiten um die Bestätigung einer einstweiligen Verfügung, mit der die Antragstellerin einen Unterlassungsanspruch gegen den Antragsgegner erwirkt hat.

Die Antragstellerin betreibt die Internet-Suchmaschine …. Diese ist speziell auf die Suche von Personen ausgerichtet und zeigt öffentliche, z.B. über ….de oder ….de sowie soziale Netzwerke und Foren im Internet (z.B. Xing, MySpace, Facebook) verfügbare Informationen und Suchergebnisse zu einem Namen an, indem sie diese durchsucht (sog. Meta-Suchmaschine). Für registrierte Nutzer ist es möglich, ein eigenes Profil, z.B. mit Informationen und Links aus dem Internet, anzulegen. Die Antragstellerin arbeitet u.a. mit dem Bundesministerium für Familie, Frauen und Jugend, dem Telekommunikationsunternehmen … und der von den öffentlich rechtlichen Rundfunkanstalten ARD und ZDF getragenen Initiative „…“ (www….) zusammen, einer Informationskampagne, mit der Eltern auf mit der Weitergabe persönlicher Daten im Internet verbundenen Risiken aufmerksam gemacht werden und konkrete Empfehlungen gegeben werden, wie Eltern ihre Kinder schützen können.

Der Antragsgegner bezeichnet sich selbst als „Suchmaschinenoptimierer“ und betreibt die Internetseite www…..de. auf der er zu verschiedenen Themen Foren unterhält. Dabei tritt der Antragsgegner unter dem Namen „S…-F…“ auf. Auf seiner Webseite fanden sich am 12.dezember 2008 unter der Rubrik „Forum“ unter der Überschrift „… – die Schmuddel-Suchmaschine?“ über mehrere Wochen die als Anlage in Kopie beigefügten Textpassagen:

Hinweis von openJur! Dieses Bild ist möglicherweise urheberrechtlich geschützt. Vor einer Nutzung die über die Wiedergabe der Entscheidung hinausgeht sind etwaige Nutzungsrechte einzuholen.

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Die dort wiedergegeben Links führen zu den aus den als Anlagen JS 4 und JS 5 ersichtlichen, als Screenshots zur Akte gereichten Webseiten. Hierbei handelt es sich zum einen um ein privates Nutzerprofil („….to“) und zum anderen um die Webseite www…..de.

Ferner fand sich ab 12.dezember 2008 über mehrere Wochen folgende als Anlage in Kopie beigefügte Textpassage mit der Überschrift“ … – Porno auf … – … , … !“ mit Verweis auf die dargestellten Abbildungen in Bezug auf den Geschäftsführer der Antragstellerin auf der Webseite des Antragsgegners:

[…]

[…]

[…]

[…]

Die Abbildungen hatten sich am 3.dezember 2008 tatsächlich auf dem Personenprofil des Geschäftsführers der Antragstellerin unter www…..de befunden.

Am 23 Dezember 2008 installierte der Antragsgegner auf der Internetplattform www…..de unter dem Profil „…“ zwei Links mit dem Schlagwörtern „…“ und „…“ sowie „…“ im Untertitel, für deren nähere Einzelheiten auf die Anlage JS 13 verwiesen wird. Ferner stellte er einen weiteren Link mit der Überschrift „… + …“ und den Schlagworten im Untertitel“…“, hinsichtlich dessen Einzelheiten auf die Anlage JS 14 verwiesen wird, auf der genannten Internetplattform ein. Links neben den bezeichneten Links finden sich verkleinerte Darstellungen der Internetseite des Antragsgegners auf www…..de. Am 25.dezember 2008 schrieb der Antragsgegner dort:

[…]

Sämtliche genannten Links auf www…..de führen zu Internetseiten, die den Namen von S… R… tragen, im Übrigen aber keinerlei Bezug zu den Schlagworten „…“ bzw. „datenklau“ aufweisen, wie sich aus den als Anlagen JS 17a und b sowie JS 18 a und b zu den Akten gereichten Screenshots ergibt. Die Links waren mehrere Wochen abrufbar. Die Internetplattform ….de stellt sog. „social bookmarks“ zur Verfilgung, indem sie es ermöglicht, Links zu importieren, mit Schlagwörtern zu versehen und diese öffentlich einsehbar und verfügbar für eine Vielzahl von Internetbenutzern zu speichern.

Eine parallele Schlagwortsuche von „…..“ und „…“ bei der Suchmaschine ….de ergab zu diesem Zeitpunkt folgenden Treffer an erster Stelle:

[…]

Die Antragstellerin hat den Antragsgegner mit Schreiben ihres Prozessbevollmächtigten vom 30.dezember 2009 zur Abgabe einer strafbewehrten Unterlassungserklärung aufgefordert, die der Antragsgegner mit Schreiben vom 5. Januar 2009 ablehnte.

Die Antragstellerin behauptet,
die Internetdamain www….de bzw.deren Inhaber seien ihr nicht bekannt. Das Personenprofil von … auf … sei am 3.dezember 2008 von einem Herrn … manipuliert worden, der die aus den Anlagen JS 9 und JS 10 ersichtlichen pornographischen Abbildungen dort hinterlegte. Sie sei auch in keinen „Datenklau“ verwickelt, da es gerade der Funktion einer Suchmaschine entspreche, das Auffinden fremder Inhalte zu erleichtern. Sie meint ferner, sie sei durch die genannten Links in ihrem Unternehmenspersönlichkeitsrecht verletzt, da diese diffamierend seien. Es werde hierdurch der Eindruck erweckt, sie betreibe eine speziell auf die Suche nach anstößigen Inhalten ausgerichtete Suchmaschine, die Abbildungen mit pornographischen Inhalten und Links mit den Schlagworten „…“ darstelle bzw. toleriere oder dies bei ihrem Geschäftsführer dulde. Für Internet-Nutzer sei auch nicht ersichtlich, dass die Links zum Teil fingiert sind oder zu keiner Internetseite mit derartigen Inhalten führen; vielmehr bestehe
auch die Möglichkeit, dass Nutzer den Eindruck bekommen, dass lediglich die Verknüpfung zu diesem Link fehlgeschlagen sei.

Die Antragstellerin hat am 27. Januar 2009 eine einstweilige Verfügung gegen den Antragsgegner erwirkt, mit der diesem untersagt wurde unter Bezugnahme auf die Antragstellerin das Folgende zu verbreiten;

1. zu behaupten,

a) die Antragstellerin sei eine „Schmuddel-Suchmaschine“, wie unter …. geschehen,

und / oder

b) die Antragstellerin unterhalte Links zu Kinderpornoseiten, wenn dies geschieht, wie unter … erfolgt,

und / oder

2. in Verbindung mit der Nennung der Bezeichnung „…“, insbesondere unter der Überschrift „Porno auf Y… …“, die nachfolgend wiedergegebenen Darstellungen zu verbreiten und/oder verbreiten zu lassen:

[…]

und/oder

[…]

und/oder

[…]

und/oder

3. die Begriffe „…“ und/oder „Datenklau“ in Verbindung mit den Namen der Antragstellerin als Schlagworte zu einem Link zu verbreiten, sofern dies geschieht, wie unter http://www…..de am 24-12-2008
geschehen.“

Hiergegen hat der Antragsgegner am 11. Mai 2009 Widerspruch erhoben.

Der Antragsgegner meint,
die eingestellten pornographischen Bilder auf dem persönlichen Internetprofil von Herrn … seien nur ein Beleg dafür, dass die Software der Antragstellerin nicht „sicher“ sei und – auch unautorisiert – Seiten über Menschen erstelle, die sich im Internet bewegen und deren Inhalte sie für die Erstellung ihrer eigenen Seiten ungefragt verwende. Dies dürfte er auch kritisch als „Datenklau“ bezeichnen.
Die Antragstellerin könne auch nicht sicher ausschließen, dass man durch ihr Suchprofil nicht auf Seiten mit kinderpornographischen Inhalten gelange, auch wenn sie Suchanfragen mit einigen in diesem Zusammenhang gebräuchlichen Begriffen manuell blocke oder durch Umleitung auf Portale unterdrücke. Einen hundertprozentigen Filter für solche Inhalte gebe es nicht; dies sei auch nicht möglich.
Die Suchmaschine … biete selbst eine Vielzahl von Ergebnissen zu den Schlagworten „… Verbot“ und „…“ an, so dass auch er diese gebrauchen dürfe.
Die kritische Bezeichnung als „Schmuddelsuchmaschine“ sei daher gerechtfertigt, da es sich um eine Angelegenheit handele, die auch von der Öffentlichkeit zunehmend mit Sorge wahrgenommen werde. Die Bezeichnung „Schmuddelsuchmaschine“ beziehe sich im Übrigen gar nicht auf die Antragstellerin selbst, sondern nur auf deren Produkt.

Der Antragsgegner beantragt,

die einstweilige Verfügung aufzuheben und den Antrag auf ihren Erlass zurückzuweisen.

Die Antragstellerin beantragt,

die einstweilige Verfügung zu bestätigen.

Sie verteidigt den geltend gemachten Anspruch und vertieft ihr bisheriges Vorbringen; insoweit wird auf den Schriftsatz vom 11. Juni 2009 Bezug genommen.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Parteivorbringens wird auf den Inhalt der Schriftsätze nebst Anlagen verwiesen.

Gründe:

I. Die einstweilige Verfügung vom 27. Januar 2009 war zu bestätigen, da sie zu Recht ergangen ist (§§ 936, 925 ZPO). Der Antragstellerin steht der geltend gemachte Unterlassungsanspruch aus §§ 823, 824 i.V.m. 1004 Abs. 1 S. 2 analog BGB, § 185 f. StGB, Art. 2 Abs. 1 GG wegen Einstellung der genannten Links durch den Antragsgegner auf den Internetseiten www.e….de und www.one….de zu, da es sich vorliegend um die Veröffentlichung unwahrer Tatsachenbehauptungen handelt, die die Antragstellerin in ihrem Unternehmenspersönlichkeitsrecht verletzen.

1. Ob eine Äußerung in unzulässiger Weise Rechte Dritter beeinträchtigt oder in den Schutzbereich von Art. 5 Abs. 1 GG fällt, hängt wesentlich davon ab, ob die Äußerung zunächst in ihrem Sinn zutreffend erfasst worden ist. Dabei ist nicht nur vom Wortlaut auszugehen oder von der Bedeutung, die das Lexikon der Aussage zumisst, sondern es ist die Gesamtheit der äußeren und inneren Umstände mit zu berücksichtigen, in deren Kontext die Äußerung gefallen ist (BVerfG NJW 1995, 3003, 3005: NJW 1994, 2943: Löffler, Presserecht, 4. Aufl., Rdn. 90 zu § 6 LPG). Dabei darf nicht isoliert auf die durch den Klageantrag herausgehobene Textpassage abgehoben werden (BVerfG NJW 1995, 3003, 3005: BGH NJW 1998, 3047, 3048). Vielmehr ist bei der
Ermittlung des Aussagegehalts auf den Gesamtbericht abzustellen (SGH a.a.O.: NJW 1992, 1312, 1313) und zu prüfen, welcher Sinn sich dem dafür maßgebenden Durchschnittsleser aufdrängt (BGH a.a.O.; Wenzel/Burkhardt, Das Recht der Wort- und Bildberichterstattung, 5. Aufl., Rdn. 4.4 und 4.5). Entscheidend ist weder die subjektive Absicht des Äußernden noch das, subjektive Verständnis des von der Äußerung Betroffenen, sondern das Verständnis, das ihr – unter Berücksichtigung des allgemeinen Sprachgebrauchs – ein unvoreingenommenes Durchschnittspublikum zumisst (BGH NJW 1998, 3047, 3048). Bei mehreren Möglichkeiten der Auslegung darf das Gericht – soweit es um die Verurteilung zum Schadensersatz, zum Widerruf oder zur Berichtigung geht, sich nicht für die zur Verurteilung führende Auslegung entscheiden, ohne die anderen, zulässigen überzeugend ausgeschlossen zu haben (BVerfG AfP 2005, 544 ff.; NJW 1994, 2943; BGH NJW 1992, 1312, 1313; Wenzel, a.a.O., Rdn. 4.2). Bei mehreren Deutungen des Inhalts einer Äußerung ist dann der rechtlichen Beurteilung diejenige zugrunde zu legen, die dem in Anspruch Genommenen günstiger ist und den Betroffenen weniger beeinträchtigt (BGH NJW 1998, 3047, 3048). Geht es allerdings um Unterlassungsansprüche, gilt dieser Grundsatz nicht:

Hier ist im Rahmen der rechtlichen Zuordnung von Meinungsfreiheit und Persönlichkeitsschutz zu berücksichtigen, dass der Äußernde die Möglichkeit hat, sich in der Zukunft eindeutig auszudrücken und damit zugleich klarzustellen, welcher Äußerungsinhalt der rechtlichen Prüfung einer Verletzung des Persönlichkeitsrechts zu Grunde zu legen ist. An diesen Inhalt werden, die für die Abwägung bei Persönlichkeitsbeeinträchtigungen durch Werturteile oder Tatsschenbehauptungen in der Rechtsprechung entwickelten Prüfkriterien und Abwägungsmaßstäbe angelegt. Handelt es sich bei der Äußerung um eine Tatsachenbehauptung, wird entscheidend, ob der Wahrheitsbeweis gelingt. Bei Werturteilen wird maßgebend, ob sie als Schmähung, Formalbeleidigung oder Verletzung der Menschenwürde anzusehen und deshalb zu unterlassen sind oder, wenn dies zu verneinen ist, ob sie im Rahmen einer Abwägung dem Persönlichkeitsschutz vorgehen (vgl. BVerfGE 90, 241, 248 f.; 93, 266, 293 f.).

Ist der Äußernde nicht bereit, der Aussage einen eindeutigen Inhalt zu geben, besteht kein verfassungsrechtliCh tragfähiger Grund, von einer Verurteilung zum Unterlassen nur deshalb abzusehen, weil die Äußerung mehrere Deutungsvarianten zulässt, darunter auch Solche, die zu keiner oder nur einer geringeren Persönlichkeitsverletzung führen.der Abwägung mit dem Persönlichkeitsrecht sind vielmehr alle nicht entfernt liegenden Deutungsvarianten zu Grunde zu legen, die dieses Recht beeinträchtigen.dem Äußernden steht es frei, sich in Zukunft eindeutig zu äußern und – wenn eine persönlichkeitsverletzende Deutungsvariante nicht dem von ihm beabsichtigten Sinn entspricht – klarzustellen, wie er seine Aussage versteht. Eine auf Unterlassung zielende Verurteilung kann der Äußernde vermeiden, wenn er eine ernsthafte und inhaltlich ausreichende Erklärung abgibt, die mehrdeutige Äußerung, der eine Aussage mit dem persönlichkeitsverletzenden Inhalt entnommen werden kann, nicht oder nur mit geeigneten Klarstellungen zu wiederholen (BVerfG AfP 2005, 544, 546).

Wesentlich für die Einstufung als Tatsachenbehauptung ist, ob die Aussage einer Überprüfung auf ihre Richtigkeit mit den Mitteln des Beweises zugänglich ist. Auch eine Äußerung, die auf Werturteilen beruht, kann sich als Tatsachenbehauptung erweisen, wenn und soweit bei dem Adressaten zugleich die Vorstellung von konkreten, in die Wertung eingekleideten Vorgängen hervorgerufen wird. Wo Tatsachenbehauptungen und Wertungen zusammenwirken, wird grundsätzlich der Text in seiner Gesamtheit von der Schutzwirkung des Art. 5 Abs. 1 Satz 1 GG erfasst. Sofern eine Äußerung, in der sich Tatsachen und Meinungen vermengen, in entscheidender Weise durch die Elemente der Stellungnahme, des Dafürhaltens oder Meinens geprägt ist, wird sie als Werturteil und Meinungsäußerung in vollem Umfang vom genannten Grundrecht geschützt. Im Fall einer derart engen Verknüpfung der Mitteilung von Tatsachen und ihrer Bewertung darf der Grundrechtsschutz der Meinungsfreiheit nicht dadurch verkürzt werden, dass ein tatsächliches Element aus dem Zusammenhang gerissen und isoliert betrachtet wird (BGH NJW 1996,1131,1133 m. w. Nachw.).

Bedeutung und Tragweite der Meinungsfreiheit sind ferner verkannt, wenn eine Äußerung unzutreffend als Tatsachenbehauptung, Formalbeleidigung oder Schmähkritik eingestuft ist mit der Folge, dass sie dann nicht im selben Maß am Schutz des Grundrechts teilnimmt wie Äußerungen, die als Werturteil ohne beleidigenden oder schmähenden CharaKter anzusehen sind (vgl. BVerfG NJW 1992, 1439. 1440 m. w. Nachw.).

Nach Maßgabe dieser Grundsätze ist hinsichtlich der angegriffenen Äußerungsbestandteile folgendes festzustellen:

Bei der Bezeichnung der Antragstellerin als „Schmuddel-Suchmaschine?“ handelt es sich nur auf den ersten Blick um ein Werturteil. Da die Bezeichnung aber in eine rhetorische Frage eingekleidet ist, die der Antragsgegner durch Einstellen der genannten Links sogleich selber beantwortet, nämlich bejaht, handelt es sich um eine Tatsachenbehauptung (Prinz/Peters, a.a.O., Rn, 15). Diese Behauptung konkretisiert der Antragsgegner im Folgenden noch durch weitere Tatsachenbehauptungen. So behauptet er auf seiner Webseite www…..de durch die Auflistung der aus der Anlage JS 3 ersichtlichen Links, deren Bezeichnung vermuten lässt, dass sie zu Internetseiten mit kinderpornographischen Inhalten führen, dass die Antragstellerin Webseiten mit derartigen Inhalten unterhält und/oder deren Verbreitung zumindest duldet.
Auch durch Weiterverbreitung von infolge Manipulation eines Dritten eingestellter pornographischer Bilder auf dem …-Personenprofil des Geschäftsführers der Antragstellerin auf www…..de behauptet der Antragsgegner zumindest schlüssig, Herr … selbst habe diese für die Antragstellerin dort eingestellt und verbreite diese damit.
Zudem erweckt der Antragsgegner durch Einstellen fingierter Links mit den Schlagwörtern „…“ und „datenklau“ auf der Webseite www…..de jeweils in Verbindung mit dem Namen der Antragstellerin und ihres Geschäftsführers auf dem Profil des Antragsgegners unter www…..de den nicht fernliegenden Eindruck, dass die Antragstellerin Links mit derartigen Inhalten verbreite. Durch das Einstellen eines Links, der den Geschäftsführer der Antragstellerin in Zusammenhang mit dem Stichwort „datenklau“ nennt, wird zudem der Eindruck erweckt, die Antragstellerin bediene sich unlauterer oder strafbarer Methoden beim Betrieb von ….de.

2. Der Schutz der Meinungsfreiheit für Tatsachenbehauplungen endet erst dort, wo sie zu der verfassungsrechtlich vorausgesetzten Meinungsbildung nichts beitragen können. Unter diesem Gesichtspunkt ist unrichtige Information kein schützenswertes Gut. Die erwiesen oder bewusst unwahre Tatsachenbehauplung wird nicht vom Schutz des Art. 5 Abs. 1 Satz 1 GG umfasst (BVerfG a.a.O.)

Grundsätzlich hat der Anspruchsteller eines Unterlassungsanspruches im Rechtsstreit die Unrichtigkeit der ihn betreffenden ehrverletzenden Äußerungen erforderlichenfalls zu beweisen. Im Äußerungsrecht ist dabei anerkannt, dass bei ehrrührigen Behauptungen den Äußernden unabhängig von der Beweislast eine erweiterte Darlegungslast trifft (BGH NJW 1974, 710). Diese erweiterte Darlegungslast wird zu einer echten Umkehr der Beweislast, wenn Streitgegenstand eine üble Nachrede ist. Nach der über § 823 Abs. 2 BGB in das Deliktsrecht transformierten Beweisregel des § 186 StGB trifft den Äußernden die Darlegungs- und Beweislast dafür, dass seine ehrbeeinträchtigenden Behauptungen wahr sind (BGH NJW 1996,1131,1133; NJW 1985, 1621, 1622), es sei denn, der Störer kann sich auf die Wahrnehmung eines berechtigten Informationsinteresses berufen. Liegt dieses vor und hat der Störer die dabei erforderliche Sorgfalt beachtet, ist in der Regel der Rechtfertigungsgrund des § 193 StGB gegeben. Dieser nimmt gegebenenfalls dem Störer das Risiko der Unwahrheit der Information ab. Dies hat zur Folge, dass die aus § 186 8tGB folgende Beweislastumkehr entfiele, so dass die Beweislast wie im Regelfall den Verletzten träfe (BGH NJW 1985, 1621, 1622).

Nach diesen Grundsätzen trifft hier die Beweislast den Antragsgegner.

a. Vorliegend ist durch den Antragsgegner weder dargetan noch ersichtlich ist [sic], dass die Antragstellerin Links zu kinderpornographischen Seiten unterhält. Die durch den Antragsteller aufgelisteten Links aus der Anlage JS 3 führen unstreitig zu keinen Internetseiten mit den, durch die Bezeichnung der Links nahegelegten, mutmaßlichen Inhalten. Dass die Antragstellerin nicht sicher ausschließen kann, dass man durch ihr Suchprofil nicht auch auf Seiten mit kinderpornographischen Inhalten gelangt, auch wenn sie Suchanfragen mit einigen in diesem Zusammenhang gebräuchlichen Begriffen manuell blockt oder durch Umleitung auf Portale unterdrückt, rechtfertigt nicht die vom Antragsgegner aufgestellte Behauptung, die Antragstellerin unterhalte Links mit derartigen Inhalten. Wenn der Antragsgegner selbst meint, dass es bislang keinen hundertprozentigen Filter für solche Inhalte gebe und dies auch (technisch) für nicht möglich hält, kann er die Antragstellerin insoweit nicht für diese allgemein für Internet-Suchmaschinen geltenden Sicherheitsdefizite isoliert an den Pranger stellen. Dem Kommentar des Antragsgegners zu der Auflistung dieser Links lässt sich auch nicht ansatzweise ein Hinweis darauf entnehmen, dass er mit der Auflistung lediglich kritisch auf diese Sicherheitslücken hinweisen wollte, wie er nun vorträgt

b. Dass der Antragsgegner hinsichtlich der Einstellung der pornographischen Abbildungen auf dem Personenprofil des Geschäftsführers der Antragstellerin selbst zum damaligen Zeitpunkt von einer Manipulation ausging – ob er daran beteiligt war, vermag die Kammer nicht zu beurteilen -, ergibt sich schon daraus, dass er hierzu unter www.e….de kommentiert: „Wir gehen jetzt mal davon aus, dass das da nicht hingehört? Kann es möglich sein, dass die … SOFTWARE leichte Defizite hat?“. Zwar ist es dem Antragsgegner unbenommen, sich kritisch zur Sicherheit von Internet-Suchmaschinen zu äußern und die zweifelsohne die Öffentlichkeit beruhrende Frage aufzuwerfen, wie man die Sicherheitsstandards weiter verbessern kann. Er durfte aber seine Vorwurfe nicht einfach dadurch im Internet verbreiten, dass er offensichtlich von Dritten im Personenprofil des Geschäftsführers der Antragstellerin manipulierte und abspeicherte Abbildungen mit pornographischen Inhalten weiterverbreitet, um zu belegen, dass das Filtersystem der Antragstellerin Schwächen aufweist.

c. Die Links mit den Schlagwörtern „…“ und „datenklau“ in Verbindung mit dem Namen der Antragstellerin hat der Antragsgegner unstreitig auf www…de eingestellt. Es ist ferner unstreitig, dass es sich dabei um fingierte Links handelt, die nicht zu Seiten mit den beschriebenen Inhalten führen. Dass die Antragstellerin tatsächlich auch Links zu den Schlagwörtern „…“ und „…“ anzeigt, mag zwar zutreffen. Allerdings kann der Antragsgegner nicht ernsthaft behaupten, dass es sich bei der isolierten Suche nach diesen zwei Begriffen um qualitativ dasselbe wie einen Link mit den Schlagwörtern „…“ handelt. Der Antragsgegner war ferner nicht berechtigt, durch einen fingierten Link zu behaupten, der Geschäftsführer der Antragstellerin bzw. diese selbst stehe in Verbindung mit „dateklau“. Denn nach Glaubhaftmachung der Antragstellerin entspricht es gerade dem Sinn und Zweck von Internet-Suchmaschinen, das Auffinden fremder, z.B. in anderen Suchmaschinen (z.B ….de, ….de) und/oder sozialen Netzwerken und Foren im Internet (z. B. Xing, MySpace, Facebook) verfügbaren Informationen in komprimierter Form zu ermöglichen.

Unter diesen Umständen kann der Antragsgegner der Antragstellerin weder den Vorwurf machen, sie unterhalte Links mit den genannten Inhalten, noch sie sei eine „Schmuddel-Suchmaschine“.

d. Der Antragsgegner kann sich auch nicht ernsthaft darauf berufen, dass er die genannten unwahren Tatsachenbehauptungen nur in Bezug auf das „Produkt“ der Antragstellerin aufgestellt habe, nicht aber über die Antragstellerin selbst. Die Antragstellerin ist Betreiberin der Domain www…de. Der Durchnittsleser differenziert insoweit nicht, ob die Antragstellerin als access-provider nur im Ausnahmefall einer Haftung für die durch ihren Suchmodus aus dem Internet gefilterten Informationen unterliegt. Bei ihm bleibt aufgrund der streitgegenständlichen Äußerungen der Eindruck haften, dass die Suchmaschine … speziell auf die Suche nach pornographischen und strafbaren Inhalten ausgerichtet ist. Dieser Eindruck bezieht sich letztlich aber nicht auf ein technisches Produkt, sondern auf das durch die Antragstellerin personifizierte vermeintliche Geschäftsmodell dahinter.

3. Die streitgegenständlichen Behauptungen bergen für die Antragstellerin die Gefahr einer Geschäftsschädigung, da ihr u.a. die Betreibung von Webseiten mit strafbarem Inhalten vorgeworfen wird.

4. Die Wiederholungsgefahr ist aufgrund der bereits erfolgten Rechtsverletzung zu vermuten und hätte nur durch Abgabe einer strafbewehrten Unterlassungserklärung ausgeräumt werden können (BGH NJW 1994,1281), an der es fehlt.

II. Die Kostenentscheidung folgt aus § 91 Abs. 1 ZPO.

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