ABG-Vorschriften als Marktverhaltensregeln

08. Oktober 2008
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Eigener Leitsatz:

Die gesetzlichen Vorschriften über AGB gelten nicht als Marktverhaltensregeln. Zwar bezwecken sie den Schtz von Verbrauchern als Marktteilnehmer, jedoch ist der wettbewerbsrechtliche Schutz des Verbrauchers nicht mit dem allgemeinen zivilrechtlichen Verbraucherschutz gleichzusetzen.

Oberlandesgericht Köln

Urteil vom 30.03.2007

Az.: 6 U 249/06

Urteil

Tenor:  

Die Berufung der Antragstellerin gegen das am 14.11.2006 verkündete Urteil des Landgerichts Köln – 33 O 272/06 – wird zurückgewiesen.

Die Kosten des Berufungsverfahrens hat die Antragstellerin zu tragen.

Gründe
 
I.

Die Antragstellerin ist Mitbewerberin der Antragsgegner auf dem Gebiet des Handels mit Kosmetikartikeln; sie will ihnen (soweit im Berufungsrechtszug noch von Interesse) die Bezugnahme auf einige in ihrem Internet-Auftritt mitgeteilte Allgemeine Geschäftsbedingungen (AGB) – eine Schriftform-, eine Selbstbelieferungs- und eine Nachbesserungs-Klausel – untersagen lassen, weil diese wegen Verstoßes gegen gesetzliche Vorschriften (§§ 305 ff. BGB) unwirksam seien. Mit dem angefochtenen Urteil hat das Landgericht den Antrag (insoweit) zurückgewiesen. Dagegen richtet sich die Berufung der Antragstellerin, die ihr Unterlassungsbegehren weiterverfolgt.

II.

Die zulässige Berufung bleibt in der Sache ohne Erfolg.

Wer AGB verwendet, die nach §§ 307-309 BGB unwirksam sind, kann nach § 1 UKlaG von den gemäß § 3 UKlaG anspruchsberechtigten Stellen auf Unterlassung in Anspruch genommen werden; zu diesen gehört die Antragstellerin nicht. Als Mitbewerberin könnte ihr daher allenfalls ein lauterkeitsrechtlicher Unterlassungsanspruch aus §§ 3 ff., 8 Abs. 1, Abs. 3 Nr. 1 UWG zustehen, wenn mit der – vom Senat geteilten – überwiegenden Auffassung in Rechtsprechung und Schrifttum (KG, MD 2005, 383 = MMR 2005, 466 = MDR 2005, 677; OLG Jena, GRUR-RR 2006, 283; Hefermehl / Köhler / Bornkamm, Wettbewerbsrecht, 25. Aufl., § 4 UWG, Rn. 11.17; 11.156; § 1 UKlaG, Rn. 14; Palandt / Bassenge, BGB, 66. Aufl., § 3 UKlaG, Rn. 1; Grigoleit, NJW 2002, 1151 [1155]; Kamlah, WRP 2006, 33 [37]; Ullmann / Ullmann, jurisPK-UWG 2006 [Stand 17.01.2007], § 3, Rn. 42; Dembowski, juris-PR-WettbR 2/2007 Anm. 2) angenommen wird, dass die Bestimmungen des Unterlassungsklagengesetzes gegenüber dem UWG keine vorrangige Sonderregelung bilden (anders: Ullmann, GRUR 2003, 817 [823, Fn. 59]; Ullmann / Link, jurisPK-UWG 2006 [Stand 28.07.2006], § 4 Nr. 11, Rn. 147). Einen (drohenden) Wettbewerbsverstoß der Antragsgegner durch Bezugnahme auf ihre angegriffenen AGB hat das Landgericht jedoch zu Recht verneint.

1. Einen Verstoß der Antragsgegner gegen gesetzliche Marktverhaltensregeln gemäß § 4 Nr. 11 UWG vermag der Senat – ebenso wie das Landgericht – nicht festzustellen.

a) Bei den Bestimmungen der §§ 305 ff. BGB, deren Verletzung die Antragstellerin rügt, handelt es sich – wie vom Landgericht zutreffend erkannt – in der Regel nicht um Vorschriften, die dazu bestimmt sind, im Interesse der Marktteilnehmer das Marktverhalten zu regeln. Der in jüngerer Zeit insbesondere vom Kammergericht (Beschluss vom 04.02.2005 – 5 W 13/05, KGR 2005, 284 = MD 2005, 383 = MMR 2005, 466 = MDR 2005, 677) und von Köhler (Hefermehl / Köhler / Bornkamm, a.a.O., § 4 UWG, Rn. 11.17; 11.156; § 1 UKlaG, Rn. 14) vertretenen Gegenansicht ist nicht zu folgen; soweit diese Ansicht auch dem unveröffentlichten Beschluss des Senats vom 19.07.2006 – 6 W 89/06 – ohne eigene Begründung zu Grunde gelegt worden war, wird hieran für Fälle der vorliegenden Art nicht festgehalten, wie der Senat schon in anderer Sache zum Ausdruck gebracht hat (Beschluss vom 12.02.2007 – 6 W 152/06).

aa) Unabhängig vom fehlenden Vorrang des Unterlassungsklagengesetzes sprechen schon systematische Gesichtspunkte gegen eine richterliche AGB-Inhaltskontrolle im Wettbewerbsprozess (nach den Erfahrungen des Senats scheint die damit mögliche Verlagerung der AGB-Kontrolle aus dem herkömmlichen Individual- oder Verbandsprozess in ein vom Mitbewerber angestrengtes Verfahren erst in jüngerer Zeit in Betracht gezogen zu werden). Das Verbandsklagerecht aus § 1 UKlaG wäre nämlich funktionslos, wenn die gemäß § 3 Abs. 1 UKlaG anspruchsberechtigten Stellen auf der Grundlage ihrer inhaltlich korrespondierenden Klagebefugnis aus § 8 Abs. 3 Nr. 2 – 4 UWG immer auch aus § 4 Nr. 11 UWG gegen die Verwendung unwirksamer AGB vorgehen könnten.

bb) Die Auffassung, bei den gesetzlichen Vorschriften zur Gestaltung von Schuldverhältnissen durch AGB handele es sich generell um Marktverhaltensregeln, erscheint aber vor allem auch sachlich nicht gerechtfertigt.

(1) Sie wird – auch von der Berufung – daraus abgeleitet, dass jene Vorschriften den Schutz der Verbraucher bezweckten und diese zu den Marktteilnehmern gemäß § 2 Abs. 1 Nr. 2 UWG gehörten. Wie schon das Landgericht richtig ausgeführt hat, greift diese Schlussfolgerung zu kurz.

Zwar gehört der Verbraucherschutzgedanke neben dem (entstehungsgeschichtlich vorrangigen) Schutz der Vertragsgestaltungsfreiheit zu den anerkannten Zielen des AGB-Rechts (vgl. nur Palandt / Heinrichs, a.a.O., Überbl v § 305, Rn. 9). Mit dem allgemeinen zivilrechtlichen Verbraucherschutz ist der wettbewerbsrechtliche Schutz des Verbrauchers indes nicht gleichzusetzen. Durch dessen Erwähnung in der Schutzzwecktrias des § 1 UWG n.F. wollte der Gesetzgeber die Stellung unterstreichen, die dem Verbraucher im Rahmen des Lauterkeitsrechts zukommt; der Zweck des Gesetzes liegt aber darin, das Marktverhalten der Unternehmen im Interesse der Marktteilnehmer – und zwar gleichermaßen und gleichrangig im Interesse der Angebotsfreiheit der Wettbewerber und der Entscheidungsfreiheit der Verbraucher – zu regeln und zugleich das Interesse der Allgemeinheit an einem funktionsfähigen Wettbewerb zu schützen; der Schutz sonstiger Allgemeininteressen ist nicht Aufgabe des UWG (Amtliche Begründung, Teil A Nr. IV 3 und Teil B, zu § 1, Bundestags-Drucksache 15/1487 S. 12 ff. [13; 15 f.]). Gerade um das Ziel umfassender Wettbewerbsfreiheit nicht zu verfehlen, bedarf es bei der Anwendung des Gesetzes einer Ausklammerung wettbewerbsfremder Verbraucherschutzziele (Eppe, WRP 2005, 808 [810 f.]).

Ist somit nicht jede verbraucherschützende zivilrechtliche Norm zugleich dazu bestimmt, das Marktverhalten zu regeln (wie hier: OLG Hamburg, Beschluss vom 13.11.2006 – 5 W 162/06 – OLGR 2007, 149), reicht es für den Tatbestand des § 4 Nr. 11 UWG nicht aus, dass die Norm ausdrücklich oder erkennbar den Verbraucher schützt; vielmehr kommt es auf seinen Schutz als am Markt agierende Person an (Harte-Bavendamm / Henning-Bodewig / von Jagow, UWG, § 4, Rn. 43). Nur dann kommt ihr eine auf die Lauterkeit des Wettbewerbs bezogene Schutzfunktion zugunsten der Marktteilnehmer zu, wie sie der Rechtsbruchstatbestand voraussetzt (Amtliche Begründung, Teil B, zu § 4 Nr. 11, a.a.O. [S. 19]; BGH, GRUR 2005, 520 [521] – Optimale Interessenvertretung; vgl. zu § 1 UWG a.F.: Ullmann, GRUR 2003, 817 [821]; BGH, GRUR 2004, 247 [249] – Krankenkassenzulassung m.w.N.).

(2) Den Vorschriften des bürgerlichen Rechts zur Nichteinbeziehung oder Unwirksamkeit bestimmter AGB-Klauseln fehlt in der Regel ein solcher Marktbezug.

(a) Ein Schutz der Mitbewerber oder des Verbrauchers in seiner Eigenschaft als Marktteilnehmer durch Normen des allgemeinen Zivilrechts findet auch sonst nur ausnahmsweise statt.

Für den Marktbezug einer gesetzlichen Vorschrift genügt es nicht, dass sie auf ein konkretes Schuldverhältnis bezogene Interessen anderer Marktteilnehmer schützt. So ist etwa die Verfolgung von Verstößen gegen den gesetzlichen Schutz geistigen Eigentums sowie von Marken und Unternehmenskennzeichen dem Rechtsinhaber vorbehalten, während Mitbewerber – sofern nicht besondere, außerhalb des Schutztatbestandes liegende Umstände hinzutreten – nicht einmal die planmäßige und beständig wiederholte Verletzung fremder Ausschließlichkeitsrechte mit dem Argument angreifen können, der Verletzer verschaffe sich durch seinen Rechtsbruch einen Wettbewerbsvorsprung (BGH, GRUR 1999, 325 – Elektronische Pressearchive). Nicht ein bewusstes und planmäßiges Handeln zum eigenen Vorteil eröffnet den Weg zum wettbewerbsrechtlich begründeten Verbot, sondern allein der Wettbewerbsbezug der verletzten Norm selbst (Ullmann, GRUR 2003, 817 [821]).

In diesem Sinne schützen auch die Vertragsvorschriften des bürgerlichen Rechts grundsätzlich nur die individuellen Interessen der Vertragspartner (BGHZ 123, 330 = GRUR 1994, 126 – Folgeverträge I). Selbst die Missbilligung sittenwidrigen Handelns in §§ 138, 817, 826 BGB wirkt mangels besonderer Umstände nur zwischen den jeweils Beteiligten (inter partes) und hat damit eine grundlegend andere Funktion als die Regeln des Lauterkeitsrechts – dies unabhängig davon, dass ein mit grundlegenden Wertungen der Rechts- und Sittenordnung unvereinbares Verhalten, wenn es zu Zwecken des Wettbewerbs erfolgt, meist auch unlauter im Sinne von § 3 UWG sein wird (vgl. Piper / Ohly, UWG, 4. Aufl., Rn. 59 m.w.N.).

Nicht auf den Schutz des Verbrauchers als eines Nachfragers von Waren oder Dienstleistungen im Sinne von § 2 Abs. 1 Nr. 2 UWG beziehen sich insbesondere diejenigen Vorschriften, die das Verhalten bei der Abwicklung von Verträgen regeln. Namentlich die Nicht- oder Schlechterfüllung vertraglicher Pflichten hat in aller Regel keine unmittelbaren Auswirkungen auf den Wettbewerb; eine – unlautere – Wettbewerbshandlung hat die Rechtsprechung daher in diesem Bereich bisher nur dann angenommen, wenn der Rechtsverletzer seinen Vorteil dadurch sucht, dass er eine Irreführung seiner Kunden zum Mittel seines Wettbewerbs macht (so zu § 3 UWG a.F: BGH, GRUR 1987, 180 = WRP 1987, 379 – Ausschank unter Eichstrich II; BGH, GRUR 2002, 1093 = WRP 2003, 975 – Kontostandsauskunft, m.w.N.,).

(b) An dem erforderlichen Markt- und Wettbewerbsbezug der Norm fehlt es auch bei den gesetzlichen Vorschriften zur Gestaltung rechtsgeschäftlicher Schuldverhältnisse durch AGB (§§ 305-310 BGB), die sich in der Regel nur auf die Abwicklung konkret abgeschlossener Verträge beziehen und auf die jeweiligen Vertragspartner auswirken. Aus dem Umstand, dass AGB für eine Vielzahl von Verträgen vorformuliert, vom Verwender bei Vertragsabschluss gestellt und nicht individuell ausgehandelt werden (§ 305 Abs. 1 S. 1 und 3 BGB), folgt nichts anderes.

(aa) Unmittelbare Auswirkungen auf die Nachfrageentscheidung des Kunden hat die Bezugnahme auf einseitig den Verwender begünstigende Formularklauseln, die nur die spätere Vertragsabwicklung betreffen, ersichtlich nicht, weil der Verbraucher sich damit bei Anbahnung des Vertrages typischerweise nicht näher befasst. Wäre es anders, bedürfte er des besonderen zivilrechtlichen Verbraucherschutzes durch §§ 305 ff. BGB gerade nicht.

(bb) Daneben mag zwar grundsätzlich in Betracht kommen, dass sich der Verwender mit der Bezugnahme auf unwirksame AGB bei Vertragsabschluss eine die künftige Vertragsabwicklung beeinflussende Vorzugsstellung verschafft, weil Kunden möglicherweise später von der Geltendmachung ihrer Rechte abgehalten werden.

Soweit – hieran anknüpfend – jedoch vorgeschlagen wird, diejenigen Vorschriften des bürgerlichen Rechts, die Verbraucher vor einer Übervorteilung durch Verwender unwirksamer AGB bewahren wollen, als Marktverhaltensregeln anzusehen, auch wenn sie nur auf die spätere Vertragsabwicklung abzielen, weil mit ihnen verhindert werden soll, dass der Verwender eine damit verbundene planmäßige Kundentäuschung zum Mittel seines Wettbewerbs macht (Dembowski, juris-PR-WettbR 2/2007 Anm. 2, unter Bezugnahme auf OLG Frankfurt / Main, Urteil vom 01.12.2005 – 6 U 116/05), vermag der Senat dem nicht beizutreten. Wie bereits – oben zu (a) – ausgeführt, reicht die Verschaffung eines Wettbewerbsvorsprungs gegenüber Mitbewerbern durch planmäßige Rechtsverletzungen für sich genommen nicht aus, um eine Wettbewerbsbezogenheit der verletzten Norm zu begründen. Allein daraus, dass der Klauselverwender möglicherweise zu einem späteren Zeitpunkt Vorteile aus einer Fehlvorstellung des Verbrauchers zieht, die mit der gesetzlich angeordneten Unwirksamkeit der zur Zeit des Vertragsabschlusses planmäßig verwendeten AGB zusammenhängt, folgt ebenfalls keine wettbewerbsbezogene Schutzfunktion der betreffenden Gesetzesbestimmungen. Wer mit der Verwendung von AGB planmäßig eine vom dispositiven Gesetzesrecht abweichende, den Vertragspartner entgegen Treu und Glauben unangemessen benachteiligende Verteilung der vertraglichen Rechte und Pflichten durchzusetzen versucht, beeinträchtigt damit zwar objektiv fremde Interessen; jedoch handelt es sich hierbei um – dem Wettbewerbsverhalten nachgelagerte – Interessen seiner jeweiligen Vertragspartner innerhalb des konkreten Schuldverhältnisses, nicht um eine Beeinträchtigung ihres Konsum- und Nachfrageverhaltens als Verbraucher am Markt. Dasselbe gilt auch für überraschende und mehrdeutige Klauseln, deren Einbeziehung oder Auslegung wesentlich vom sonstigen Vertragsinhalt und den Besonderheiten des konkreten Schuldverhältnisses abhängt.

Eine andere Wertung kann auch der Entscheidung des Bundesgerichtshofs vom 25.06.1992 (WRP 1992, 706 = NJW 1993, 3037 = GRUR 1993, 834 – Haftungsbeschränkung bei Anwälten) nicht entnommen werden, wo – in einem Verbandsprozess und ohne Bezugnahme auf Bestimmungen des damaligen AGB-Gesetzes oder den richterrechtlich entwickelten Rechtsbruchstatbestand – ein Verstoß gegen die Generalklausel des § 1 UWG a.F. für möglich gehalten worden ist, weil ein rechtlich unzutreffender Aufdruck auf dem Briefkopf einer Anwaltssozietät („mit beschränkter Gesellschafterhaftung“ bzw. „mit beschränkter Haftung“) dazu geeignet gewesen sei, im späteren Regressfall eine unklare Situation entstehen zu lassen und die beklagten Anwälte in die Lage zu versetzen, sich auf die Beschränkung ihrer Haftung berufen zu können, weshalb die tatrichterliche Feststellung, dass dies zu Fehlvorstellungen der Mandanten führen könne, unbeanstandet blieb. Für die Annahme, die bürgerlichrechtlichen Vorschriften über die Nichteinbeziehung oder Unwirksamkeit von AGB seien generell Marktverhaltensregeln im Sinne von § 4 Nr. 11 UWG, lässt sich aus dieser – ganz auf den entschiedenen Einzelfall bezogenen – Begründung nichts gewinnen.

b) Der Senat schließt nicht aus, dass Bestimmungen der §§ 305 ff. BGB ausnahmsweise auch dazu bestimmt sein können, im Interesse der Marktteilnehmer das Marktverhalten zu regeln. Dies mag insbesondere in Bezug auf solche Klauselverbote in Betracht kommen, die eine Nähe zu gesetzlichen Informationspflichten (vgl. dazu Hefermehl / Köhler / Bornkamm, a.a.O., § 4 UWG, Rn. 11.156 ff.) aufweisen. Außer an fehlerhafte formularmäßige Belehrungen etwa über Widerrufsrechte (vgl. zu § 1 UWG a.F. und §§ 312 Abs. 1, Abs. 2, 355 Abs. 2 S. 2 BGB: BGH, WRP 2003, 266 = GRUR 2003, 252 – Widerrufsbelehrung IV) ist hier insbesondere an unangemessene Formularklauseln zu denken, die eine Einwilligung des Verbrauchers mit telefonischer Werbung im Sinne von § 7 Abs. 2 Nr. 2 UWG begründen sollen und sich damit unmittelbar auf ein Wettbewerbsverhalten des Verwenders oder seiner Beauftragten beziehen (vgl. zu § 1 UWG a.F.: BGH, WRP 2000, 722 = GRUR 2000, 818 = NJW 2000, 2677 – Telefonwerbung VI).

c) Um solche Klauseln – und darauf anwendbare gesetzliche Vorschriften – handelt es sich bei den streitgegenständlichen AGB der Antragsgegner jedoch nicht. Diese sind vielmehr dazu bestimmt, ohne konkreten Bezug zum Marktverhalten der angesprochenen Verbraucher oder zum Wettbewerbsverhalten des Unternehmens nur die wechselseitigen Rechte und Pflichten bei der künftigen Abwicklung der abzuschließenden Verträge zu gestalten.

aa) Die Schriftformklausel (§ 1 S. 3 der AGB, Bl. 29 d.A.), deren Unzulässigkeit gemäß §§ 305b, 305c und 307 BGB die Antragstellerin rügt, betrifft zwar die Form gewisser vertraglicher Vereinbarungen und damit auf den ersten Blick nicht nur die Vertragsabwicklung. Ein Verstoß gegen eine das Marktverhalten regelnde Vorschrift steht hier gleichwohl nicht in Rede. Denn von der Klausel betroffen ist nicht das außervertragliche Wettbewerbsverhalten der Beteiligten am Markt, sondern die Wirksamkeit formloser Nebenabreden, auf die sich der Kunde im Zuge der Abwicklung gerade des konkret abgeschlossenen Vertrages möglicherweise berufen will; die Gültigkeit einer Klausel, mit der ihm der Verwender diese Möglichkeit nehmen will, ist eine die individuellen Interessen des jeweiligen Verbrauchers berührende und keine wettbewerbsrechtlich zu klärende Fragestellung.

bb) Soweit die Antragstellerin meint, die Fassung von Selbstlieferungsvorbehalt (§ 4 Abs. 1 S. 1 der AGB, Bl. 31 d.A.) und Nacherfüllungsklausel (§ 8 Abs. 2 der AGB, Bl. 32 f. d.A.) verstoße gegen §§ 308 Nr. 8 und 309 Nr. 8 b bb BGB, handelt es sich ebenfalls nicht um Regelungen des Marktverhaltens der Antragsgegner, sondern um die Unwirksamkeit bestimmter im Nichterfüllungs- oder Gewährleistungsfall eingreifender Formularbestimmungen. Die mittelbaren Rückwirkungen auf das Marktverhalten der Antragsgegner, die die Antragstellerin behauptet (insbesondere eine angebliche Reduzierung von Vorhaltekosten durch Verwendung unwirksamer AGB), haben in diesem Zusammenhang als lediglich reflexhafter Wettbewerbsvorteil außer Betracht zu bleiben.

2. Soweit die Antragstellerin im zweiten Rechtszug ergänzend geltend macht, mit der Verwendung unwirksamer AGB werde im Regelfall auch die Leichtgläubigkeit der juristisch nicht vorgebildeten und geschäftlich unerfahrenen Verbraucher ausgenutzt (§ 4 Nr. 2 UWG) sowie der Tatbestand der irreführenden Werbung verwirklicht (§ 5 Abs. 2 UWG), kann dies ihrer Berufung ebenfalls nicht zu Erfolg verhelfen.

a) In besonders gelagerten Einzelfällen mag die Verwendung unwirksamer AGB, die auf eine Übervorteilung der mit dem Marktauftritt des Klauselverwenders angesprochenen Verbraucher angelegt sind, unter dem Gesichtspunkt der Ausnutzung besonderer Umstände auch von Konkurrenten des Klauselverwenders im Rahmen eines Wettbewerbsprozesses beanstandet werden können. Soweit sich Köhler an der von der Berufung angeführten Kommentarstelle (Hefermehl / Köhler / Bornkamm, a.a.O., § 4 UWG, Rn. 2.21 ff.) einerseits auf höchstrichterlich entschiedene Fälle fehlerhafter Belehrungen, in denen auch der Senat – vgl. oben zu 1 b) – eine Anwendung des Rechtsbruchtatbestandes für möglich hält, und andererseits auf die bereits – oben zu 1 a) bb) (2) (b) (bb) – erörterte Entscheidung des Bundesgerichtshofs vom 25.06.1992 (Haftungsbeschränkung bei Anwälten) bezieht, liegen die dort bejahten Besonderheiten hier jedoch nicht vor. Das pauschale Berufungsvorbringen allein, dass ein Unternehmen und speziell die Antragsgegner die – unterstellte – Unwirksamkeit und Gesetzwidrigkeit bestimmter AGB ohne weiteres erkennen könnten, genügt weder im Regelfall noch im Streitfall für die Annahme, die Bezugnahme auf diese AGB in ihrem Internetauftritt sei darauf angelegt, die geschäftliche Unerfahrenheit von Kindern oder Jugendlichen oder die Leichtgläubigkeit von Verbrauchern auszunutzen.

b) Warum die Veröffentlichung unwirksamer AGB gegen § 5 Abs. 2 UWG verstoßen soll, begründet die Berufung nicht näher. Bornkamm, dessen Kommtierung an den von der Antragstellerin angeführten Stellen (Hefermehl/ Köhler / Bornkamm, a.a.O., § 5 UWG, Rn. 2.59 und 7.142) andere Fallge-staltungen – einerseits fehlende Warnhinweise in der Werbung und andererseits kleingedruckte Vertragserklärungen auf Gutscheinen, mit denen angeblich Werbegeschenke angefordert werden können – behandelt, betont sogar ausdrücklich (a.a.O., Rn. 7.143), dass die Verwendung Allgemeiner Geschäftsbedingungen gegenüber Verbrauchern unter dem Gesichtspunkt der Irreführung grundsätzlich unbedenklich sei. Besonderheiten, die im Streitfall ausnahmsweise für eine Weckung wettbewerbsrelevanter Fehlvorstellungen bei den angesprochenen Verbraucherkreisen durch die in Bezug genommenen AGB – oder durch das Verschweigen ihrer angeblichen Unwirksamkeit – sprechen könnten, sind weder dargelegt noch erkennbar.

3. Ob die Verwendung der streitgegenständlichen AGB im Falle ihrer Bewertung als unlautere Wettbewerbshandlung überhaupt geeignet wäre, den Wettbewerb zum Nachteil der anderen Marktteilnehmer – insbesondere der Antragstellerin als Mitbewerberin – mehr als nur unerheblich zu beeinträchtigen (§ 3 UWG), kann nach alledem dahinstehen.

III.

Die Kostenentscheidung folgt aus § 97 Abs. 1 ZPO.

Das Urteil ist gemäß § 542 Abs. 2 ZPO mit seiner Verkündung rechtskräftig.

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