„Chiemgauer Ruhewald“ nicht eintragungsfähig

19. Oktober 2009
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Eigener Leitsatz:

Die angemeldete Marke ist eine die beanspruchende Dienstleitung beschreibende Angabe und als solche gemäß § 8 II Nr. 2 MarkenG nicht eintragungsfähig. Das Wort "Ruhewald" ist die gebräuchliche Bezeichnung für eine Bestattungsform unter Bäumen oder in einem Waldgelände. Das Wort "Chiemgauer" stellt hier eine auf den Ruhewald bezogene Ortsangabe dar. Schließlich fehlt es auch an der Unterscheidungskraft, da die Verkehrsanschauung die Bezeichnung "Chiemgauer Ruhewald" lediglich als einen beschreibenden Begriff betrachtet.

Bundespatentgericht

Beschluss vom 30.04.2009

Az.: 30 W (pat) 61/08

Tenor:

Die Beschwerde wird zurückgewiesen.

Gründe:

Zur Eintragung in das Markenregister angemeldet ist die Bezeichnung

Chiemgauer Ruhewald.

Laut Angabe in der Anmeldung war sie bestimmt „für die Klasse 45“.
Die Markenstelle für Klasse 45 des Deutschen Patent- und Markenamts hat im
Beanstandungsbescheid auf Mängel der Anmeldung hingewiesen; die beanspruchten
Dienstleistungen seien konkret zu bezeichnen; sie hat „Urnenbestattungen“
vorgeschlagen. Ferner ist auf Schutzhindernisse nach § 8 Abs. 2 Nr. 1 und 2
MarkenG hingewiesen worden; „Ruhewald“ sei die bekannte Bezeichnung für einen
Friedhof; die Marke weise damit beschreibend auf einen im Chiemgau gelegenen
Ruhewald hin. Eine Stellungnahme des Anmelders zum Beanstandungsbescheid
ging nicht ein. Die Zurückweisung der Anmeldung erfolgte durch Beschluss
des Patentamts unter Bezugnahme auf den Beanstandungsbescheid. Die Erinnerung
des Anmelders ist erfolglos geblieben. Zur Begründung dieser Entscheidung
ist mit näheren Ausführungen darauf Bezug genommen, dass die Anmeldung ein
beschreibenden Hinweis auf Art und Erbringungsort der beanspruchten Dienstleistung „Urnenbestattungen“ sei.
Der Anmelder hat Beschwerde eingelegt. Er meint mit näheren Ausführungen,
dass die Anmeldung nicht die Verletzungsvarianten des § 15 MarkenG erfülle und
deshalb einzutragen sei. Die Marke sei auch unterscheidungskräftig, weil sie darlege, dass sich die Beisetzungsstelle einer Urne im Chiemgau in einem Wald befinde. Vergleichbare Marken seien eingetragen worden. Auch bestehe kein Freihaltebedürfnis, da eventuelle Mitbewerber nicht über Lage und Infrastruktur verfügten, die für die Anlage eines Ruhewaldes unabdingbar seien.

Auf Hinweis des Gerichts zu den Voraussetzungen des Schutzes von Marken, die
Schutzhindernissen des § 8 Abs. 2 Nr. 1 und 2 MarkenG sowie zur Bedeutung von
Voreintragungen hat der Anmelder hinsichtlich von ihm für vergleichbar erachteter
Voreintragungen insbesondere auf den Grundsatz der Gleichbehandlung verwiesen.
Ferner meint er, dass ein Freihaltebedürfnis schon deshalb entfalle, weil
Dritte, die einen Ruhewald im Chiemgau errichten würden, durch die Registrierung
der angemeldeten Bezeichnung aus Gründen des Gleichheitsgebots nicht gehindert
seien, diese Bezeichnung zu verwenden.
Der Anmelder beantragt sinngemäß, die Beschlüsse der Markenstelle für Klasse 45 des Deutschen Patent- und Markenamts vom 11. Oktober 2007 und vom
6. Juni 2008 aufzuheben und die angemeldete Marke einzutragen.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts wird auf den Inhalt der Akten
Bezug genommen.

Die zulässige Beschwerde des Anmelders ist in der Sache ohne Erfolg. Die angemeldete Wortmarke ist nach § 8 Abs. 2 Nr. 1 und 2 MarkenG von der Eintragung
ausgeschlossen. Die Markenstelle hat die Anmeldung daher zu Recht zurückgewiesen
(§ 37 Abs. 1 MarkenG). Allerdings muss eine Anmeldung nach § 32 Abs. 2 Nr. 3 und Abs. 3 MarkenG ein Verzeichnis der Waren oder Dienstleistungen, für die die Eintragung beantragt wird, enthalten sowie weiteren Anmeldungserfordernissen entsprechen. Das nach § 32 Abs. 2 Nr. 3 MarkenG erforderliche Verzeichnis muss die Waren und Dienstleistungen auch so hinreichend klar bestimmen, dass der Schutzumfang der Marke auch im Registerverfahren schnell, umfassend und unmissverständlich feststellbar ist (Ströbele/Hacker MarkenG 8. Aufl. § 32 Rdn. 84). Zu Gunsten des Anmelders geht der Senat mit der Markenstelle indessen davon aus, dass der Anmelder auf den Hinweis der Markenstelle mit den Ausführungen in seinem Schriftsatz vom 6. November 2007 eine Konkretisierung der in der Klasseneinteilung der Klasse 45 enthaltenen Dienstleistungsbegriffe auf „Urnenbestattungen“ vorgenommen hat; die beanspruchten Dienstleistungen sind damit hinreichend bestimmt und ermöglichen die Feststellung des Schutzumfangs. Der Anmeldung standen damit keine zur Zurückweisung führenden formellen Mängel mehr entgegen.

Die Prüfung auf absolute Schutzhindernisse ist möglich.
Nach § 8 Abs. 2 Nr. 2 MarkenG dürfen Marken nicht eingetragen werden, die ausschließlich
aus Angaben bestehen, die im Verkehr u. a. zur Bezeichnung der Art,
der Beschaffenheit, der Bestimmung, der geografischen Herkunft, der Zeit der
Herstellung der Waren oder der Erbringung der Dienstleistungen oder zur Bezeichnung
sonstiger Merkmale der Waren oder Dienstleistungen dienen können.
Nach der Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs verfolgt die mit Art. 3
Abs. 1 Buchstabe c) der Richtlinie Nr. 89/104/EWG (= Markenrichtlinie) übereinstimmende Regelung des § 8 Abs. 2 Nr. 2 MarkenG das im Allgemeininteresse
liegende Ziel, dass sämtliche Zeichen oder Angaben, die Merkmale der beanspruchten Waren oder Dienstleistungen beschreiben, von allen frei verwendet
werden können. Sie erlaubt es daher nicht, dass solche Zeichen oder Angaben
aufgrund ihrer Eintragung nur einem Unternehmen vorbehalten werden. Entscheidendes Kriterium für den Ausschluss ist allein die Eignung einer Bezeichnung zur beschreibenden Verwendung (vgl. EuGH GRUR 1999, 723, 725 Nr. 25, 30 – Chiemsee; GRUR 2004, 146, 147 Nr. 31 f. – DOUBLEMINT; GRUR 2004, 674,
676 Nr. 54 – 58 – Postkantoor; GRUR 2004, 680, 681 Nr. 35 – 38 – BIOMILD; BGH
GRUR 2008, 900, 901 Nr. 12 – SPA II).
Die Eignung zur beschreibenden Verwendung kann sich aus dem unmittelbaren Sinngehalt einer Bezeichnung ergeben oder aus ihrer tatsächlichen beschreibenden Verwendung im Verkehr (vgl. Ströbele/Hacker a. a. O. § 8 Rdn. 199). Die angemeldete Marke ist eine die beanspruchten Dienstleistungen in diesem Sinn beschreibende Angabe.

Die Markenstelle hat zutreffend ausgeführt, dass der Markenbestandteil „Ruhewald“
die gebräuchliche Bezeichnung für eine Bestattungsform unter Bäumen in
einem Waldgelände ist. Dies ergibt sich aus den dem Anmelder mit dem Beanstandungsbescheid der Markenstelle sowie den vom Senat übermittelten Internet- Fundstellen. Dies stellt der Anmelder auch gar nicht in Abrede. Er verweist selbst darauf, dass es bei dieser Bezeichnung um Urnenbestattungen in einem Wald geht. Der Chiemgau ist der Name einer Landschaft in Oberbayern; er umfasst die Gebiete des Landkreises Traunstein und des Landkreises Rosenheim; in der Form eines Adjektivs „Chiemgauer“ ist dieser Markenbestandteil eine Ortsangabe. Hieraus ergibt sich, dass die Kombination Chiemgauer Ruhewald auf einen im Chiemgau gelegenen Ruhewald verweist. Die angemeldete Bezeichnung stellt
somit in Bezug auf die beanspruchten Dienstleistungen lediglich einen Hinweis auf
deren Art und Ort der Erbringung dar, nämlich dass die Urnenbestattungen auf
einen im Chiemgau gelegenen Begräbnisplatz unter Bäumen bezogen sind. Auch
dies stellt der Anmelder nicht in Abrede.
Soweit der Anmelder darauf verweist, dass andere Unternehmen, die diese Bezeichnung verwenden könnten, weder von der Lage noch von der Infrastruktur her
als Mitbewerber in Betracht kämen – was angesichts des üblichen Betriebs durch
örtliche Gemeinden schon nicht zweifelsfrei ist -, ist dies für die Entscheidung unerheblich.
Faktische Monopolstellungen sind nicht zu berücksichtigen. Das Schutzhindernis entfiele daher selbst dann nicht, wenn keine ernsthaften Mitbewerber zu erwarten wären (vgl. EuGH a. a. O. Nr. 54 ff. – Postkantoor).
Soweit der Anmelder seinen Hinweis darauf, dass eine Verwendung des Ausdrucks
„Chiemgauer Ruhewald“ im Zusammenhang mit Urnenbeisetzungen in einem im Chiemgau gelegenen Ruhewald für etwaige Mitanbieter auch bei einer Eintragung der angemeldeten Marke weiterhin möglich bleibe, als Berufung auf § 23 Nr. 2 MarkenG verstanden wissen will, ist anzumerken, dass höchstrichterlich abschließend geklärt ist, dass die Freistellungen des § 23 MarkenG keine Auswirkung auf die Beurteilung der absoluten Schutzfähigkeit einer Marke haben (EuGH GRUR 1999, 723, 725 f. Nr. 25, 28 – Chiemsee; GRUR 2003, 604, 607 f. Nr. 57 – 59 – Libertel; GRUR 2004, 946, 947 Nr. 32, 33 – Nichols).

Unbehelflich ist auch der Hinweis des Anmelders auf § 15 MarkenG; im vorliegenden
Verfahren geht es nicht um Markenverletzung, sondern um die Prüfung des
Antrags des Anmelders auf Erteilung von Markenschutz.
Darüber hinaus fehlt der angemeldeten Bezeichnung auch die Unterscheidungskraft.
Unterscheidungskraft im Sinne von § 8 Abs. 2 Nr. 1 MarkenG fehlt nach ständiger Rechtsprechung vor allem solchen Marken, denen die angesprochenen Verkehrskreise für die fraglichen Waren bzw. Dienstleistungen lediglich einen im Vordergrund stehenden beschreibenden Begriffsinhalt zuordnen (vgl. EuGH a. a. O. S. 674 – Postkantoor; Ströbele/Hacker a. a. O. § 8 Rdn. 53). Das ist wie oben ausgeführt der Fall.
Voreintragungen, wie vom Anmelder angeführt, begründen kein Recht auf Markeneintragung.
Zur Vermeidung von Wiederholungen wird auf die Ausführungen der Markenstelle Bezug genommen. Auch unter dem vom Anmelder angeführten Gleichbehandlungsgrundsatz sind Eintragungshindernisse nicht deshalb unberücksichtigt zu lassen, weil ein der angemeldeten Bezeichnung vergleichbares
Zeichen bereits eingetragen worden ist (vgl. EuGH MarkenR 2009, 201, 203 Nr. 19 – Schwabenpost/Volks.Handy).

Die Eintragung einer Kollektivmarke oder einer geografischen Herkunftsangabe,
die anderen Eintragungsvoraussetzungen unterliegen, ist nicht beantragt.
Dr. Vogel von Falckenstein Winter Paetzold
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