Unterscheidungskraft von angemeldeten Marken

15. Oktober 2009
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Eigener Leitsatz:

Wer eine Marke anmelden will, muss dabei einige Vorschriften beachten. So darf eine Marke keine zu enge Ähnlichkeit zu einer Marke eines anderen Produktes aufweisen. Dabei kommt es für die Beurteilung der Markenähnlichkeit auf den Gesamteindruck der Vergleichsmarken an. Das Maß der Ähnlichkeit der verglichenen Zeichen wird durch Betrachtung von Klang, Schriftbild und dem Bedeutungsgehalt ermittelt.

Bundespatentgericht

Beschluss vom 29.09.2009

Az.: 25 W (pat) 68/08

In der Beschwerdesache

betreffend die Marke 304 66 740

hat der 25. Senat (Marken-Beschwerdesenat) des Bundespatentgerichts auf die
mündliche Verhandlung vom 3. September 2009 unter Mitwirkung der Richterin
Bayer als Vorsitzende, des Richters Merzbach und des Richters k.A. Metternich

beschlossen:

Auf die Beschwerde der Inhaberin der angegriffenen Marke wird
der Beschluss der Markenstelle für Klasse 5 des Deutschen Patent-
und Markenamts vom 11. Juli 2008 aufgehoben, soweit darin
die Löschung der Marke 304 66 740 für die Waren

„Zahnfüllmittel und Abdruckmassen für zahnärztliche
Zwecke; Mittel zur Vertilgung von schädlichen Tieren;
Fungizide, Herbizide“

angeordnet worden ist.

Auch in Bezug auf diese Waren wird der Widerspruch aus der
Marke 748 698 zurückgewiesen.

Die weitergehende Beschwerde wird zurückgewiesen.

Gründe

I .

Die Wortmarke

Cefasan

ist am 6. Juni 2005 u. a. für die Waren

„Seifen; ätherische Öle, Mittel zur Körper- und Schönheitspflege,
Haarwässer; Zahnputzmittel; pharmazeutische und veterinärmedizinische
Erzeugnisse sowie Präparate für die Gesundheitspflege;
diätetische Erzeugnisse für medizinische Zwecke, Babykost;
Pflaster, Verbandmaterial; Zahnfüllmittel und Abdruckmassen für
zahnärztliche Zwecke; Desinfektionsmittel; Mittel zur Vertilgung
von schädlichen Tieren; Fungizide, Herbizide“

in das Markenregister unter der Nummer 304 73 038 eingetragen worden.

Widerspruch erhoben hat die Inhaberin der älteren, seit dem 12. Mai 1961 unter
der Nummer 748 698 für die Waren

„Pharmazeutische Präparate“

eingetragenen Wort-/Bildmarke

(…)

Die Inhaberin der angegriffenen Marke hat mit Schriftsatz vom 10. August 2006
die Benutzung der Widerspruchsmarke bestritten. Die Widersprechende hat mit
Schriftsatz vom 5. Oktober 2006 Unterlagen zur Glaubhaftmachung einer rechtserhaltenden Benutzung in Form von Verpackungen, Beipackzetteln, sowie einer eidesstattlichen Versicherung vorgelegt.

Die Markenstelle für Klasse 5 des Deutschen Patent- und Markenamts hat mit Beschluss vom 11. Juli 2008 eine Verwechslungsgefahr zwischen beiden Marken
teilweise, nämlich in Bezug auf die obengenannten Waren bejaht und die angegriffene Marke insoweit gelöscht.

Die Widersprechende habe eine rechtserhaltende Benutzung der Widerspruchsmarke für die eingetragenen Waren „Pharmazeutische Präparate“ als Dach- bzw. Firmenmarke in einer den Anforderungen des § 26 Abs. 3 MarkenG genügenden Form glaubhaft gemacht.

Zwischen den danach bei der Widerspruchsmarke zu berücksichtigenden Waren
und den gelöschten Waren der angegriffenen Marke bestehe ein solcher Grad an Warenidentität bzw. -ähnlichkeit, dass unter Berücksichtigung einer durchschnittlichen Kennzeichnungskraft der Widerspruchsmarke der Abstand zwischen beiden Vergleichszeichen zu gering sei, um Verwechslungen auszuschließen.

Ihrem allein maßgeblichen Gesamteindruck nach ließen „Cefasan" und das in
klanglicher Hinsicht im Vordergrund stehende Wortelement der Widerspruchsmarke „CHEPHASAAR“ keine hinreichenden Differenzierungen zu. So seien Silbenzahl, Silbengliederung und Vokalfolgen, „E-A-A(A)“, im Wesentlichen identisch. Klanglich identisch seien weiterhin die Mittelsilben, „FA“ / „PHA“. Auch die Wortenden, „SAN“ / „SAAR“ kämen sich aufgrund der identischen Anlaute und Vokale recht nahe. Angesichts dieser deutlichen Gemeinsamkeiten könnten die Abweichungen in den Wortanfängen, „Cefa-“ (gesprochen „Tsefa“) und „Chepfa“ (gesprochen „Schefa“), nicht für eine ausreichende Differenzierung sorgen.

Hiergegen richtet sich die Beschwerde der Inhaberin der angegriffenen Marke mitdem (sinngemäßen) Antrag,

den Beschluss der Markenstelle für Klasse 5 des Deutschen Patent-
und Markenamts vom 11. Juli 2008 aufzuheben, soweit darin
die Löschung der Marke 304 66 740 angeordnet worden ist und
den Widerspruch auch insoweit zurückzuweisen.

Die beiden wie „Tse-fa-san“ und “Sche-fa-saar“ artikulierten Markenwörter wiesen aufgrund ihrer unterschiedlichen Wortlänge, den klanglich unterschiedlichen Wortanfängen „Tse“ bzw. „Sche“ als auch den abweichenden Wortenden „san“ bzw. „saar“ einen hinreichenden Abstand auf, um Verwechslungen zu vermeiden. Dabei ist auch zu beachten, dass es sich bei der Marke „CHEPHASAAR“ letztlich nicht um eine beim Erwerb eines Produkts im Vordergrund stehende Produktmarke handele, diese vielmehr von der Widersprechenden als Dach- bzw. Firmenmarke genutzt werde. Ferner werde der Bestandteil „Cefa“ als Serienmarke umfangreichbenutzt und trage aufgrund seines Begriffsinhalts ebenfalls zur Unterscheidung bei.

Die Widersprechende beantragt,

die Beschwerde zurückzuweisen.

Ausgehend von einer teilweise vorliegenden Identität und ansonsten hochgradigen Ähnlichkeit der sich gegenüberstehenden Waren sowie unter Berücksichtigung einer zumindest durchschnittlichen Kennzeichnungskraft der Widerspruchsmarke genüge die angegriffene Marke nicht den an den Markenabstand zu stellenden Anforderungen. Begriffliche Unterschiede seien nicht vorhanden. Soweit die Inhaberin der angegriffenen Marke sich dabei auf eine Markenserie mit dem Bestandteil „Cefa“ berufe, sei nichts zu deren Benutzung vorgetragen; die Registerlage allein sei aber insoweit unbeachtlich. Zudem bestünde auch eine erhebliche Ähnlichkeit im Schriftbild beider Marken.

Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf den angefochtenen Beschluss und
Schriftsätze der Beteiligten Bezug genommen.

II.

Die Beschwerde ist zulässig, hat in der Sache jedoch nur insoweit Erfolg, soweit
sie sich gegen die angeordnete Löschung der angegriffenen Marke für die Waren „Zahnfüllmittel und Abdruckmassen für zahnärztliche Zwecke; Mittel zur Vertilgung von schädlichen Tieren; Fungizide, Herbizide“ richtet. Denn hinsichtlich dieser Waren besteht zwischen beiden nicht die Gefahr von Verwechslungen im Sinne von § 9 Absatz 1 Nr. 2 Markengesetz, so dass der Beschluss der Markenstelle insoweit aufzuheben ist. Im Übrigen ist die Beschwerde hingegen unbegründet, da auch nach Auffassung des Senats hinsichtlich der weiteren gelöschten Waren „Seifen; ätherische Öle, Mittel zur Körper- und Schönheitspflege, Haarwässer; Zahnputzmittel; pharmazeutische und veterinärmedizinische Erzeugnisse sowie Präparate für die Gesundheitspflege; diätetische Erzeugnisse für medizinische
Zwecke, Babykost; Pflaster, Verbandmaterial“ der angegriffenen Marke die Gefahr von Verwechslungen im Sinne von § 9 Abs. 1 Nr. 2 MarkenG besteht.

Die Widersprechende hat auf die zulässige Nichtbenutzungseinrede durch die
vorgelegten Unterlagen in Form von Verpackungen, Beipackzetteln, sowie einer
eidesstattlichen Versicherung vom 5. Oktober 2006 eine rechtserhaltende Benutzung der Widerspruchsmarke in einer den Anforderungen des § 26 Abs. 3 MarkenG genügenden Form als Dach- bzw. Firmenmarke jedenfalls in Zusammenhang mit den von ihr vertriebenen pharmazeutischen (Schmerzmittel-)Präparaten „AHP 200“ sowie „Chephapyrin N“ für beide relevanten Zeiträume nach § 43 Abs. 1 Satz 1 und 2 MarkenG glaubhaft gemacht, was auch seitens der Inhaberin der angegriffenen Marke mit Schriftsatz vom 4. Dezember 2006 anerkannt worden ist. Da Unterlagen zu weiteren Produkten, bei denen die Widerspruchsmarke in einer den Anforderungen des § 26 Abs. 1, Abs. 3 genügenden Form rechtserhaltend
als Dach- bzw. Firmenmarke benutzt worden ist, nicht eingereicht wurden
und auch die eidesstattliche Versicherung vom 5. Oktober 2006 sich lediglich auf
diese beiden vorgenannten Präparate bezieht, ist auf Seiten der Widerspruchsmarke auch nur von diesen beiden Produkten auszugehen. Zugunsten der Widersprechenden ist aber im Rahmen der Integrationsfrage aufgrund der „erweiterten Minimallösung“ von einer rechtserhaltenden Benutzung der Widerspruchsmarke für „Analgetika/Antirheumatika“ entsprechend der Hauptgruppe 5 der „Roten Liste" allgemein und mangels entgegenstehender Festschreibung im Warenverzeichnis ohne Beschränkung auf eine Rezeptpflicht und bestimmte Darreichungsformen
auszugehen (vgl. BPatGE, 41, 267, 270 – Taxanil/Taxilan; BPatG, GRUR 2001,
513 – CEFABRAUSE/CEFASEL; BPatG, MarkenR 2004, 361, 362 CYNARETTEN/
Circanetten).

Ausgehend davon können sich beide Marken danach teilweise auf identischen
Waren begegnen, da die auf Seiten der Widerspruchsmarke zu berücksichtigenden „Analgetika/Antirheumatika“ entsprechend der Hauptgruppe 5 von dem weiten Warenoberbegriff „pharmazeutische und  terinärmedizinische Erzeugnisse“ der angegriffenen Marke mitumfasst werden.

In Bezug auf die weiteren Waren der angegriffenen Marke kommt hingegen lediglich eine Ähnlichkeit zu den Waren der Widerspruchsmarke in Betracht. Insoweit kommt es entscheidend darauf an, ob die beiderseitigen Waren in Berücksichtigung aller erheblichen Faktoren, die ihr Verhältnis zueinander kennzeichnen – insbesondere ihrer Beschaffenheit, ihrer regelmäßigen betrieblichen Herkunft, ihrer regelmäßigen Vertriebs- oder Erbringungsart, ihrem Verwendungszweck und ihrer Nutzung, ihrer wirtschaftlichen Bedeutung, ihrer Eigenart als miteinander konkurrierende oder einander ergänzende Produkte – so enge Berührungspunkte aufweisen, dass die beteiligten Verkehrskreise der Meinung sein könnten, sie stammten aus denselben oder wirtschaftlich verbundenen Unternehmen, sofern sie mit identischen Marken gekennzeichnet sind (vgl. EuGH GRUR 1998, 922, 923 (Nr. 23) – Canon; BGH GRUR 2001, 507, 508 – EVIAN/REVIAN; Ströbele/Hacker MarkenG m. w. N.).

Ausgehend davon besteht zu den Waren „Präparate für die Gesundheitspflege“
der angegriffenen Marke eine enge Ähnlichkeit, da diese ebenfalls der Schmerzbehandlung dienen können. Zu den weiterhin von der angegriffenen Marke beanspruchten Waren „diätetische Erzeugnisse für medizinische Zwecke“ besteht eine zumindest mittlere Ähnlichkeit. Diese Erzeugnisse können im Rahmen einer Behandlung von schmerzhaften oder rheumatischen Erkrankungen als ergänzende Waren zu den Waren der Widerspruchsmarke verwendet werden. Neben diesen Überschneidungen bei der Zweckbestimmung bestehen ferner Berührungspunkte bei den Vertriebsstätten, den Abgabeformen und Aufmachungen der Produkte sowie ihrer stofflichen Beschaffenheit. Wenngleich solche Waren zwar nicht direkt für die Behandlung von Krankheiten in einem engen funktionalen Sinne bestimmt sind, so dienen sie jedoch ebenso wie Arzneimittel und pharmazeutische Erzeugnisse
einem gesundheitlichen Zweck. Zwar wirkt sich dabei auf den Warenähnlichkeitsgrad aus, dass der Verkehr im Hinblick auf den Ernährungszweck dieser Waren (vgl. § 1 Abs. 1 DiätVO) nicht davon ausgeht, dass in diesen Produkten Analgetika bzw. entsprechende Wirkstoffe enthalten sind; in Anbetracht der genannten Berührungspunkte und Überschneidungen vor allem in Bezug auf ihre gesundheitliche Zweckbestimmung kann jedoch auch nicht von einer Warenferne ausgegangen werden. Auch in Bezug auf „Babykost“ verbieten diese ebenso wie bei den diätetischen Erzeugnissen gegebenen Berührungspunkte in Bezug auf gesundheitliche Zweckbestimmung, den Vertriebsstätten, den Abgabeformen und Aufmachungen der Produkte die Feststellung einer Warenferne zwischen diesen Produkten.

Die auf Seiten der Widerspruchsmarke zu berücksichtigenden Waren können sich auch mit den Waren „Pflaster, Verbandmaterial“ der angegriffenen Marke insoweit ergänzen, als sie ihrer Beschaffenheit nach ein Eindringen von Wirkstoffen über die Haut in den Körper bewirken können. Außerdem besteht eine Entwicklung zu Pflastern und Verbandmaterial mit darauf bzw. darin angebrachten Wirkstoffen, so dass sich die beiden Produktgruppen Arzneimittel einerseits und „Pflaster“ und „Verbandstoffe“ andererseits immer mehr verzahnen. Daher kann der Verkehr bei (vermeintlich) identischer Kennzeichnung leicht annehmen, dass die Produkte aus dem gleichen Betrieb stammen, so dass auch insoweit eine jedenfalls mittlere Ähnlichkeit ohne Tendenz zur Warenferne besteht.

Auch mit den gelöschten Waren der Klasse 3 „Seifen; ätherische Öle, Mittel zur
Körper- und Schönheitspflege, Haarwässer; Zahnputzmittel“ bestehen insoweit
Überschneidungen, als bei diesen auch eine Verwendung unter medizinischen
Gesichtspunkten in Zusammenhang mit schmerzhaften Beschwerden und Zuständen in Betracht kommen kann – wenngleich die Schmerzbehandlung bei diesen Waren nicht im Vordergrund steht – und ferner Berührungspunkte hinsichtlich Vertriebsorten und Vertriebswegen bestehen, so dass auch insoweit jedenfalls keine Warenferne angenommen werden kann. Dies gilt auch in Bezug auf die weiterhin von der angegriffenen Marke beanspruchten „Desinfektionsmittel“, da diese in Zusammenhang mit (äußerlich anzuwendenden) Schmerzmittel zur Anwendung kommen können. Überschneidungen unter dem Gesichtspunkt sich ergänzender Waren bestehen auch insoweit, als z. B. in Form von Salben aufzutragende schmerzlindernde Mittel selbst desinfizierende Stoffe enthalten können.

Hingegen unterscheiden sich die auf Seiten der Widerspruchsmarke zu berücksichtigenden Analgetika/Antirheumatika von den weiterhin gelöschten Waren „Zahnfüllmittel und Abdruckmassen für zahnärztliche Zwecke; Mittel zur Vertilgung von schädlichen Tieren; Fungizide, Herbizide“ der angegriffenen nach Herstellung, Beschaffenheit sowie Bestimmungs- und Verwendungszweck in aller Regel so deutlich, dass für den Verkehr eine gemeinsame betriebliche Herkunft nicht mehr nahe liegt, so dass insoweit, wenn nicht von einer Warenunähnlichkeit, so doch jedenfalls von einer Warenferne auszugehen ist.

Weiterhin geht der Senat bei seiner Entscheidung mangels entgegenstehender
Anhaltspunkte von einer durchschnittlichen Kennzeichnungskraft der Widerspruchsmarke aus.

Den sich daraus an einen zur Vermeidung einer markenrechtlich relevanten Verwechslungsgefahr ergebenden Anforderungen an den Markenabstand genügt die angegriffene Marke insoweit nicht, als sich beide Marken auf jedenfalls nicht entfernt ähnlichen Waren begegnen können. Dies betrifft vorliegend die von der angegriffenen Marke beanspruchten Waren „Seifen; ätherische Öle, Mittel zur Körper- und Schönheitspflege, Haarwässer; Zahnputzmittel; pharmazeutische und veterinärmedizinische Erzeugnisse sowie Präparate für die Gesundheitspflege; diätetische Erzeugnisse für medizinische Zwecke, Babykost; Pflaster, Verbandmaterial; Desinfektionsmittel“.

Maßgebend für die Beurteilung der Markenähnlichkeit ist der Gesamteindruck der Vergleichsmarken, wobei von dem allgemeinen Erfahrungssatz auszugehen ist, dass der Verkehr eine Marke so aufnimmt, wie sie ihm entgegentritt, ohne sie einer analysierenden Betrachtungsweise zu unterwerfen (vgl. Ströbele/Hacker, Markengesetz, 9. Aufl., § 9 Rdnr. 170). Der Grad der Ähnlichkeit der sich gegenüberstehendenZeichen ist dabei im Klang, im (Schrift-)Bild und im Bedeutungs-(Sinn-)Gehalt zu ermitteln. Für die Annahme einer verwechslungsgefahr reicht dabei regelmäßig bereits die hinreichende Übereinstimmung in einer Hinsicht aus (BGHZ 139, 340, 347 – Lions; BGH MarkenR 2008, 393, 395 Tz. 21 – HEITEC). Da eine Beschränkung auf rezeptpflichtige Arzneimittel auf Seiten der Widerspruchsmarke nicht gegeben ist, sind neben dem Fachverkehr ferner auch Endverbraucher als maßgebliche Verkehrskreise uneingeschränkt zu berücksichtigen, wobei nach dem Verbraucherleitbild des EuGH auf den normal informierten und angemessen aufmerksamen und verständigen Durchschnittsverbraucher abzustellen
ist (EuGH GRUR 2004, 943 – SAT.2), dessen Aufmerksamkeit je nach
Art der betreffenden Waren oder Dienstleistungen unterschiedlich hoch sein kann (EuGH MarkenR 2006, 567 – Picasso), der jedoch allem, was mit der Gesundheit zu tun hat, aufmerksamer begegnet als bei vielen anderen Produkten des täglichen Lebens (vgl. BGH GRUR 1995, 50 – INDOREKTAL/INDOHEXAL). Die fehlende Beschränkung der Widerspruchsmarke auf ein rezeptpflichtiges Präparat führt ferner dazu, dass für die Beurteilung der Verwechslungsgefahr auch der Markenvergleich in klanglicher Hinsicht unvermindert entscheidungsrelevant bleibt.

Davon ausgehend sind beide Marken jedenfalls im klanglichen Gesamteindruck so stark angenähert, dass eine hinreichend sichere Unterscheidung der Widerspruchsmarke in Zusammenhang mit nicht entfernt ähnlichen Waren der angegriffenen Marke nicht gewährleistet ist. Insoweit ist auf Seiten der Widerspruchsmarke auf den Wortbestandteil „CHEPHASAAR“ abzustellen, da bei Beurteilung des Gesamteindrucks einer Wort-/Bildmarke im Klangeindruck – anders als beim schriftbildlichen Vergleich beider Marken – regelmäßig von dem Erfahrungssatz auszugehen ist, dass der Wortbestandteil den Gesamteindruck prägt, weil er die einfachste Möglichkeit bietet, die Marke zu benennen (st. Rspr., vgl. BGH, GRUR 2004, 345, 347 – URLAUB DIREKT; GRUR 2008, 405, 407 Tz. 25 – SIERRA ANTIGUO).

Zutreffend hat die Markenstelle festgestellt, dass zum übereinstimmenden Gesamteindruck der Markenwörter „Cefasan“ und „CHEPHASAAR“ wesentlich die
identische Silbenzahl, der übereinstimmende Betonungs- bzw. Sprechrhythmus
sowie die (klanglich) identische Vokalfolge – die Verdoppelung des Vokals „A“ in
der Schlusssilbe führt zu keiner abweichenden Aussprache gegenüber dem entsprechenden Vokal in der Endsilbe der angegriffenen Marke – beitragen. Hinzu kommt, dass die Lautfolge „PH“ bei der Widerspruchsmarke ebenfalls als „F“ ausgesprochen wird, so dass auch insoweit eine klangliche Übereinstimmung mit der angegriffenen Marke besteht. Berücksichtigt man weiterhin, dass die jeweiligen Endsilben aufgrund des übereinstimmenden konsonantischen Anlauts „S“ sowie der klanglichen Identität der Vokale „a“ bzw. „AA“ ein weitgehend identisches Klangbild besitzen und lediglich geringfügig im Schlusslaut „n“ bzw. „R“ abweichen, wirkt der Unterschied im Anlaut beider Marken dem weitgehenden Gleichklang beider Marken nicht hinreichend entgegen, selbst wenn man mit der Inhaberin der angegriffenen Marke davon ausgeht, dass die Widerspruchsmarke wie „Sche-fa-saar“ und die angegriffene Marke wie „Tse-fa-san“ ausgesprochen werden. Näher liegender erscheint jedoch insoweit nach Auffassung des Senats eine Artikulation der Widerspruchsmarke mit der ersten Silbe als Zischlaut i. S. von „Tsche-fa-saar“, was dann auch zu einer weiteren Annäherung an das Klangbild der angegriffenen Marke führt. Begriffliche Anklänge sind bei der Frage einer unmittelbaren Verwechslungsgefahr nicht relevant, da diese gerade im Falle eines angesichts der fast vollständigen Übereinstimmung beider Zeichen ohne weiteres möglichen Verhörens bei mündlicher Wiedergabe bzw. Übermittlung gerade nicht erfasst bzw. bemerkt werden. Unerheblich ist in diesem Zusammenhang, ob und in welchem Umfang der Verkehr an „cefa“ als Bestandteil als Serienmarke gewöhnt ist bzw. ob die Widerspruchsmarke ausschließlich als Dach- und Firmenmarke genutzt wird, da diese Gesichtspunkte eine unmittelbare klangliche Verwechslungsgefahr nicht verhindern können.

Da insoweit bereits die klangliche Verwechslungsgefahr zu bejahen war, kann dahinstehen, ob insoweit eine Verwechslungsgefahr auch in schriftbildlicher Hinsicht besteht.

In Bezug auf die weiterhin von der Markenstelle gelöschten Waren „Zahnfüllmittel und Abdruckmassen für zahnärztliche Zwecke; Mittel zur Vertilgung von schädlichen Tieren; Fungizide, Herbizide“ genügen hingegen die insgesamt eher geringen Unterschiede im Klangbild beider Marken, um in Anbetracht der Warenferne zu den auf Seiten der Widerspruchsmarke zu berücksichtigenden „Analgetika/Antirheumatika“ der Hauptgruppe 5 der Roten Liste eine Verwechslungsgefahr in klanglicher Hinsicht zu verneinen: Da auch wegen der Ausgestaltung der Widerspruchsmarke als Wort-/Bildmarke eine schriftbildliche Verwechslungsgefahr von vornherein ausscheidet, hat die Beschwerde insoweit Erfolg.

Zu einer Kostenauferlegung aus Billigkeitsgründen bot der Streitfall keinen Anlass (§ 71 Abs. 1 MarkenG).

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