BGH: Revisionsverfahren zum Umfang der Nachforschungspflicht bei Filesharing-Fällen
Der Anschlussinhaber war zum fraglichen Zeitpunkt, in dem der illegale Download des 3-D-Films stattfand, nachweislich bei der Arbeit und nicht zu Hause. Nur seine Ehefrau hatte im fraglichen Tatzeitpunkt die tatsächliche Zugriffsmöglichkeit auf den Internetanschluss, da das gemeinsame Kind zu jung war, um eine Urheberechtsverletzung begangen zu haben.
Das Amtsgericht Braunschweig hatte die auf Schadensersatz und Ersatz der Abmahnkosten gerichtete Klage mit Urteil vom 27.08.2014 (Az.: 117 C 1049/14) abgewiesen. Auch das Landgericht Braunschweig bestätigte in seinem Urteil vom 01.07.2015 (Az.: 9 S 433/14) die Rechtsauffassung des AG Braunschweig und wies die Klage ab. Das Landgericht stellte hierbei unter Bezugnahme auf das vom Bundesgerichtshof ergangene BearShare-Urteil (Az.: I ZR 169/12) fest, dass es grundsätzlich Sache des Rechteinhabers ist, darzulegen und nachzuweisen, dass der Anschlussinhaber Täter oder Teilnehmer der behaupteten Urheberrechtsverletzung ist. Die tatsächliche Vermutung dafür, dass der Anschlussinhaber für die Rechtsverletzung verantwortlich ist, greift nur, wenn es sich bei ihm um den alleinigen Nutzer des Anschlusses handelt. Eine Vermutung liegt jedenfalls dann nicht vor, wenn Familienangehörige oder unbefugte Dritte als Täter in Betracht kommen. Im Rahmen seiner sekundären Darlegungslast ist der Beklagte zwar zur Nachforschung verpflichtet, Mitbenutzungsmöglichkeiten des Internetanschlusses durch Dritte mitzuteilen, hat jedoch die Mitbenutzung nicht zu beweisen. Der Anschlussinhaber muss also nach Ansicht des LG Braunschweig weder den Täter ermitteln noch Computer auf eventuelle Filesharing-Software untersuchen. Ebenso muss der Anschlussinhaber nicht ermitteln, wer zum relevanten Tatzeitpunkt tatsächlich Zugang hatte oder bei einem Familienanschluss ein einzelnes Familienmitglied als Täter beschuldigen. Die sekundäre Darlegungslast verpflichtet den Beklagten nur im Rahmen des ihm Zumutbaren zur Nachforschung.
Aus den bisher veröffentlichten Entscheidungen des Bundesgerichtshofs ergibt sich nicht, wie weit diese Nachforschungspflicht reicht und wie substantiiert der Vortrag des Beklagten zur Mitbenutzungsmöglichkeit seines Internetanschlusses durch Dritte sein muss. Viele deutsche Gerichte müssen sich in ähnlichen Filesharing-Fällen mit derartigen Rechtsfragen befassen und entscheiden, wie eine tatsächliche Vermutung widerlegt werden kann bzw. unter welchen Voraussetzungen eine solche nicht eingreift oder wie weit die sekundäre Darlegungslast überhaupt reicht.
Über den vorliegenden Fall soll daher nun der Bundesgerichtshof in naher Zukunft in einem unter dem Aktenzeichen I ZR 154/15 anhängigen Revisionsverfahren entscheiden und Klarheit schaffen. Mit besonders großem Interesse wird erwartet, ob der Bundesgerichtshof diese wichtigen Rechtsfragen klärt, so dass eine einheitliche Entwicklung und Handhabung der Filesharing-Fälle künftig möglich sein wird.
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