Sind Domains pfändbar?

22. September 2004
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Beschluss des LG Mönchengladbach vom 22.09.2004, Az.: 5 T 445/04
Beschluss des LG München vom 12.02.2001, Az.: 20 T 19368/00

Internet-Domains sind laut Beschluss des LG Mönchengladbach vom 22.09.2004 als schuldrechtliche Ansprüche des Inhabers des Domainnamens gegenüber der DENIC pfändbar. Gegenstand der Pfändung ist ein „anderes Vermögensrecht“ im Sinne des § 857 ZPO. Die schuldrechtlichen Ansprüche, die dem Inhaber gegenüber der DENIC zustehen, sind übertragbar. Dies wird auch in § 6 Abs. 2 Satz 1 der DENIC-Registrierungsbedingungen ausdrücklich klargestellt:

(2) DENIC registriert die Domain für einen vom Domaininhaber benannten Dritten, wenn der Domaininhaber den Domainvertrag kündigt und der Dritte einen Domainauftrag erteilt.

Das Amtsgericht Hagen hatte gem. § 844 Abs. 1 ZPO die Verwertung der Internetdomains über ein Internet-Auktionshaus angeordnet. Das LG Mönchengladbach bestätigte, dass sich die Versteigerung über ein Internet-Auktionshaus im Grundsatz als wirtschaftlich sinnvolle Verwertungsmöglichkeit herausgebildet habe.

Den Einwand des Schuldners, dass die Versteigerung gemäß § 803 Abs. 2 ZPO zu unterbleiben habe, da die Versteigerung wirtschaftlich nicht erfolgsversprechend und mit erheblichen Kosten verbunden ist, sah das Gericht als unbeachtlich an. Nach § 803 Abs. 2 ZPO hat eine Pfändung zu unterbleiben, wenn sich von der Verwertung der zu pfändenden Gegenstände ein Überschuß über die Kosten der Zwangsvollstreckung nicht erwarten lässt. Hierzu führte die Kammer auf, dass diese nicht zu beurteilen vermag, ob eine Verwertung über die Internet-Auktions-Plattform von Sedo aussichtslos ist und deshalb ein die Kosten übersteigendes Auktionsergebnis nicht zu erwarten ist. Allerdings birge jede Versteigerung das Risko in sich, dass nicht das gewünschte Ergebnis erzielt wird.

Auch der Einwand des Schuldners, dass er die Domains für seine Bewerbungen nutze und die Domain daher als Arbeitsmittel i.S.v. § 811 Nr. 5 ZPO unpfändbar sei, verwarf das Gericht. Ein Pfändungsschutz setze voraus, dass die Domain zur Fortsetzung der Erwerbstätigkeit des Schuldners „erforderlich“ ist. Das sei allerdings nur der Fall, wenn sich die Domain im Rechtsverkehr bereits durchgesetzt hat und nicht (mehr) ohne weiteres gegen eine andere ausgetauscht werden kann. Der Schuldner könne sich mit nur geringem finanziellen und tatsächlichen Aufwand eine neue Domain für die zukünftige Tätigkeit als Web-Designer beschaffen.

Anmerkung:

Der Beschluss des LG Mönchengladbach steht im Gegensatz zur Rechtsprechung der Münchner Gerichte. Dort hatte das LG München mit Beschluss vom 12.02.2001, Az. 20 T 19368/00, entschieden, dass Domains nicht pfändbar sind. Angesichts der Ausgestaltung des Vergabesystems bei der Vergabe und Registrierung von Domains durch die DENIC nehme diese keine dem Marken- oder Patentverfahren vergleichbare Prüfung vor. Eine Internet-Domain stelle daher kein sonstiges Vermögensrecht i.S.d. § 857 ZPO dar. Die Übertragbarkeit führe nicht dazu, dass Domains als pfändbar anzusehen seien. Begründet wurde dies damit, dass Domains neben der Adressfunktion auch eine geschützte Namens- und Kennzeichnungsfunktion innewohne.

Auch hierzu hat das LG Mönchengladbach im Beschluss Stellung genommen und festgestellt, dass eine Domain jedenfalls dann gepfändet werden könne, wenn der Domaininhaber nicht Namensträger ist. Allenfalls könnten bei der Pfändung einer Domain Unterlassungsansprüche Dritter wegen Namensrechten gem.  § 12 BGB erwachsen. Diese würden sich jedoch nicht gegen den alten Inhaber, sondern nach Verwertung gegen den neuen Inhaber der Domain richten. Der Vollstreckungsschuldner könne daher aus einer solchen Argumantation keine Rechte herleiten.

Der Beschluss des LG München war in der Vergangenheit auf starke Kritik von Seiten der Literatur gestoßen. Der Beschluss des LG Mönchengladbach ist daher zu begrüßen, da dieses eine Pfändung von Domains als zulässig ansieht.

Die Entscheidung des LG Mönchengladbach hat die Praxisrelevanz der Pfändung von Domains erkannt. Pauschal hatte das LG München auf Kennzeichenrechte- und Namensrechte von Domains abgestellt und daraus eine Pfändbarkeit von Domains unter Hinweis auf das Vergabe- und Registrierungsverfahren der DENIC verneint. Hierbei hatte das Gericht nicht berücksichtigt, dass heute gerade Gattungsbegriffe bei Domainnamen sehr beliebt sind und für diese ein Sekundär-Markt zum Kauf Ankauf von Domains existiert. Aber auch Domainnamen mit Namens- oder Kennzeichenrechten werden auf Internet-Plattformen wie sedo.de zum Kauf angeboten. Die Praxis hat hier die Lösung vorgegeben. Wenn Domains verkauft werden können, dann muss es sich bei Domains um vermögenswerte Rechte gem. § 857 ZPO handeln. Auch die Registrierungs- und Vergabebedingungen der DENIC sprechen nicht gegen eine Pfändung, gerade weil die DENIC bei der Registrierung nicht prüft, wer deren Vertragspartner ist oder ob Rechte Dritter entgegenstehen. Ebenso greift das Argument des LG München nicht, Domains seien deshalb nicht pfändbar, da anders als bei Marken- und Patenten die Pfändbarkeit nicht gesetzlich ausdrücklich geregelt sei. Lässt der Gesetzgeber die Pfändung von absoluten Rechte wie Marken und Patenten zu, so muss dies erst recht für immaterielle Rechte gelten wie Domains, die nur Einzelne von der Verwendung dieses Namens als Domainadresse unter dieser Top-Level-Domain ausschließen.

Über die Entscheidung des LG Mönchengladbach hinaus stellt sich die Frage, ob auch Domains gepfändet werden können, die den Namen des Inhabers enthalten oder geschützte Kennzeichenrechte. Richtig ist, dass ein unberechtigter Dritter bei Registrierung solcher Domains die Rechte des Schuldners verletzen würde. Andererseits bedeutet dies nicht, dass der jetzige Inhaber der Einzige ist, der diese Domain berechtigt nutzen könnte. Familiennamen-Domains können von jedermann registriert werden, der Träger des Familiennamens ist. Selbst Domains aus Vornamen- und Zunamen haben in der Regel mehrere denkbare Namensberechtigte. Das Gleiche gilt für Kennzeichenrechte, die nur für bestimmte Waren- und Dienstleistungsklassen gelten, so dass es mehrere Kennzeichenrechtsinhaber einer identischen Marke geben kann. Auch diese könnten die Domains jeweils berechtigt führen. Diese Fälle werden nach der Rechtsprechung nach dem Prinzip „first come, first serve“ gelöst. Derjenige Berechtigte der die Domain zuerst registriert hat, wird Inhaber der Domain. Die anderen Berechtigten können keine Rechte hieran geltend machen. Eine Ausnahme hat der Bundesgerichtshof lediglich in der Entscheidung shell.de vom 22.11.2001 (Az. I ZR 138/99) bei überragender Bekanntheit des Namensrechtsinhabers zugelassen. Obwohl der BGH im Fall shell.de die überragende Bekannhtheit des Klägers festgestellt hatte, wurde ein Übertragsungsanspruch auf den Kläger abgelehnt und nur ein Anspruch auf Löschung der Domain zugestanden. Der BGH hat damit dem Umstand Rechnung getragen, dass es weitere Berechtigte geben könnte, die im Verhältnis zum Namensrechtsinhaber berechtigt sein könnten die Domain vorrangig zu registrieren. Aus diesen Gründen kann man allenfalls bei Domains überragend bekannter Namensrechtsinhaber oder Kennzeichenrechten erwägen eine Pfändung wegen entgegenstehender Namens- und Kennzeichenrechte zu versagen. Dies betrifft jedoch nicht die Masse der Domains, sondern nur wenige Domainnamen.

Auch das Veräußerungsverbot nach § 23 HGB, wonach der Firmenname eines Unternehmens nicht ohne das dazzugehörige Unternehmen veräußert werden darf, steht einer Pfändung nicht entgegen. Denn die Domain selbst ist nicht die Firma des Unternehmens, sonder enthält nur Teile von ihr. Somit steht § 23 HGB auch der Pfändung einer Firmendomain nicht im Wege.

Im Einzelfall kann jedoch der Pfändung einer Domain Pfändungsschutz gem. § 811 Abs. 1 Nr. 5 ZPO entgegenstehen, wenn die Domain zur Fortsetzung seiner Erwerbstätigkeit erforderlich ist. Dies ist jedenfalls dann nicht der Fall, wenn der Schuldner mehrere Domains hat oder auf eine andere Domain ausweichen kann. Gegebenenfalls kann sich der Schuldner auch auf die Härteklausel des § 765a ZPO berufen, wenn das Ausweichen auf eine andere Domain unmöglich oder unzumutbar ist. Dies dürfte jedoch nur in wenigen Ausnahmefällen zutreffen, z.B. wenn die Domain eines reinen Online-Shops gepfändet wird, der im Verkehr ausschließlich unter dieser Domain bekannt ist.

Anwaltskanzlei Hild & Kollegen, Rechtsanwalt Hagen Hild

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