„HELD DER ARBEIT“ verletzt kein Markenrecht

12. August 2011
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Eigener Leitsatz:

Ein T-Shirt Aufdruck „HELD DER ARBEIT“ stellt keine markenmäßige Benutzung dar, sondern wird beschreibend verwendet. Entweder geht der der Verbraucher von einer humorvollen Aussage über den Träger des T-Shirts aus oder er erkennt einen Ehrentitel der DDR. Beide fassen den Aufdruck nicht als Herkunftshinweis auf.

Kammergericht Berlin

Beschluss vom 07.06.2011

Az.: 5 W 127/11

Tenor:
1. Die sofortige Beschwerde der Antragstellerin gegen den Beschluss der Zivilkammer 15 des Landgerichts Berlin vom 21. April 2011 – 15 O 168/11 – wird zurückgewiesen.

2. Die Antragstellerin hat die Kosten des Beschwerdeverfahrens zu tragen.

3. Der Wert des Beschwerdeverfahrens beträgt 50.000 €.

Entscheidungsgründe:
I.

Die gemäß § 567 Abs. 1 Nr. 2, § 569 ZPO zulässige sofortige Beschwerde der Antragstellerin ist nicht begründet, §§ 935, 940 ZPO.

Der geltend gemachte Unterlassungsanspruch aus § 14 Abs. 5, Abs. 2 Nr. 2 MarkenG wegen einer Verletzung der Markenrechte an der (u.a. für T-Shirts eingetragenen) Wort-/Bildmarke "MONDOS ARTS HELD [Symbol eines Händedrucks] DER ARBEIT 20ml Wodka 42%vol" steht der Antragstellerin gegen den Antragsgegner wegen der von diesem angebotenen T-Shirts mit dem Aufdruck (quer über die gesamte obere Vorderseite) "HELD [Symbol eines Händedrucks] DER ARBEIT" nicht zu (demzufolge auch nicht der Auskunftsanspruch aus § 19 Abs. 1, Abs. 3, Abs. 7 MarkenG).

1.

Der Antragsgegner hat die Zeichenbestandteile " HELD [Symbol eines Händedrucks] DER ARBEIT " der für die Antragstellerin ausschließlich lizenzierten Wort-/Bildmarke nicht markenmäßig benutzt.

a)

Die Feststellung einer Markenbenutzung im Sinne einer Verletzungshandlung nach § 14 Abs. 2 MarkenG setzt voraus, dass die Verwendung der angegriffenen Bezeichnung oder Gestaltungsform markenmäßig erfolgt, also im Rahmen des Produktabsatzes jedenfalls auch der Unterscheidung der Ware eines Unternehmens von denen anderer dient (BGH, GRUR 2005, 414, juris Rn. 18 – Russisches Schaumgebäck, m.w.N.). Die Ausübung des Markenrechts ist auf Fälle beschränkt, in denen die Benutzung des Zeichens durch einen Dritten die Funktionen der Marke und insbesondere ihre Hauptfunktion, die Herkunft der Waren gegenüber den Verbrauchern zu gewährleisten, beeinträchtigen kann. Ist dies nicht der Fall, kann der Inhaber einer Marke die Benutzung einer identischen oder ähnlichen verwechslungsfähigen Bezeichnung nicht verbieten (BGH, GRUR 2005, 419, juris Rn. 43 – Räucherkate, m.w.N.). Die Frage einer markenmäßigen Benutzung einer Bezeichnung bestimmt sich nach der Auffassung des Verkehrs, und zwar eines durchschnittlich informierten, verständigen und aufmerksamen Durchschnittsverbrauchers (BGH, a.a.O., Räucherkate, juris Rn. 44, m.w.N.).

Wird etwa auf Schals der auch als Marke geschützte Name eines bekannten Fußballvereins in großen Buchstaben abgebildet, lässt die Benutzung dieses Zeichens angesichts der Aufmachung des Namens auf den Waren den Eindruck aufkommen, dass eine Verbindung im geschäftlichen Verkehr zwischen den betroffenen Waren und dem Markeninhaber besteht (EuGH, GRUR 2003, 55, TZ. 56 – Arsenal). In einem solchen Fall werden die Zeichen im Zusammenhang mit Verkäufen an Verbraucher und offenkundig nicht nur zu rein beschreibenden Zwecken benutzt (EuGH, a.a.O., Arsenal, TZ. 55), mithin also markenmäßig verwendet (EuGH, a.a.O., Arsenal, TZ. 60). Eine Benutzung "für Waren" liegt auch dann vor, wenn ein Dritter eine Gesellschaftsbezeichnung, einen Handelsnamen oder ein Firmenzeichen auf den Waren anbringt, die er vertreibt (EuGH, GRUR 2007, 971, TZ. 22 – Celine).

Die Abbildung von Namen, Wappen und/oder Siegel einer Universität auf T-Shirts erfolgt nicht namensmäßig oder markenmäßig, wenn sie ausschließlich zu dem Zweck verwendet wird, damit bestimmte eigene Warenkategorien zu schaffen, deren Wertschätzung (und Verkaufserfolg) darauf beruht, dass sie den Träger der Kleidungsstücke in irgendeine Beziehung zur Universität setzen oder dass sie dem Erwerber infolge des Aufdrucks einfach besonders attraktiv oder originell verziert erscheinen (BGH, GRUR 1993, 151, juris Rn. 28 – Universitätsemblem). Dies gilt ebenso für Zeichen, die jedenfalls ihrem Ursprung nach gerade keine originäre markenrechtliche, also produkt- bzw. herstellerbezogene Herkunftshinweisfunktion hatten, sondern dem Verkehr als Symbole von Staaten oder staatlichen Institutionen bekannt waren und erst durch deren Untergang und der damit einhergehenden Überwindung der Schutzhindernisse gemäß § 8 Abs. 2 Nrn. 4, 5, 6, 8, 9 MarkenG überhaupt in Deutschland markenrechtlich schutzfähig geworden sind (BGH, GRUR 2010, 838, TZ. 20 – DDR-Logo; GRUR-RR 2010, 359, TZ. 20 – CCCP; OLG Hamburg, GRUR-RR 2009, 22, juris Rn. 71- CCCP mit dem Symbol Hammer und Sichel). Anderes kommt dann in Betracht, wenn das Zeichen dort an der Ware angebracht wird, wo üblicherweise eine Marke zu finden ist (BGH, GRUR 2001, 240, juris Rn. 21 – Swiss Army).

Die Antwort auf die Frage, ob der Verkehr ein auf der Vorderseite eines Bekleidungsstücks angebrachtes Motiv als produktbezogenen Hinweis auf die Herkunft oder als bloßes dekoratives Element auffasst, kann nach der Art und der Platzierung des Motivs variieren. Denn anders als bei eingenähten Etiketten auf der Innenseite von Bekleidungsstücken geht der Verkehr bei Wörtern und Symbolen, die auf der Vorderseite von Bekleidungsstücken angebracht sind, nicht generell davon aus, es handele sich um einen Herkunftshinweis. Ob dies der Fall ist, bedarf vielmehr einer Beurteilung im jeweiligen Einzelfall. Der Verkehr wird Bezeichnungen, die ihm als Produkthinweis für Bekleidungsstücke bekannt sind, ebenfalls als Herkunftshinweis auffassen, auch wenn sie auf der Außenseite der Kleidung angebracht sind. Zeichen, die dem Verkehr, wenn auch in anderem Zusammenhang bekannt sind, wird er häufig ebenso als Kennzeichen ansehen. Entsprechendes gilt für Fantasiebezeichnungen oder Bildzeichen, wie sie vielfach von Unternehmen zur Kennzeichnung von Bekleidungsstücken außen auf der Kleidung verwandt werden. Dem Verkehr bekannte Abkürzungen und Symbole ehemaliger staatlicher Organisationen werden auf der Vorderseite von Bekleidungsstücken nicht als Herkunftshinweis verstanden (BGH, GRUR 2010, 838, TZ. 20 – DDR-Logo; GRUR-RR 2010, 359, TZ. 20 – CCCP). Selbst wenn Teile des angesprochenen Publikums etwa die Bedeutung der Buchstabenfolge "CCCP" nicht erkennen, haben sie keine Veranlassung, in der angegriffenen Bezeichnung in Kombination mit dem Hammer-und-Sichel-Symbol mehr als ein dekoratives Element zu sehen (BGH, GRUR 2010, 359, TZ. 20 – CCCP).

b)

Vorliegend hat der Antragsgegner auf dem streitgegenständlichen T-Shirt den Aufdruck zu rein beschreibenden Zwecken benutzt.

Dies gilt zum einen zwanglos für die Teile des angesprochenen Verkehrs, denen die Wortfolge "HELD DER ARBEIT" als Ehrentitel der DDR und das Symbol "Hände" als Bestandteil des SED-Emblems aus eigener Erinnerung oder Kenntnis der Geschichte der DDR bekannt sind.

Ob es – im Hinblick auf den langjährigen Zeitraum seit dem Ende der DDR – heute erhebliche Teile der angesprochenen Durchschnittsverbraucher gibt, die im Hinblick auf ihr Lebensalter und ungeachtet der geschichtlichen Befassung in den Schulen und in den Medien weder den Titel noch das Symbol auch nur annähernd mit der Geschichte der DDR in Zusammenhang bringen, kann vorliegend dahingestellt bleiben. Auch diejenigen der angesprochenen Durchschnittsverbraucher, die diesen konkreten historischen Hintergrund nicht kennen, werden der vorliegenden Wortfolge "HELD DER ARBEIT" eine humorvolle Aussage – im Sinne einer Auszeichnung – über den Träger der T-Shirts entnehmen. Der symbolische Händedruck – wie er bei Auszeichnungen üblich ist – unterstreicht diese Wahrnehmung.

Dann hat auch dieser Teil des angesprochenen Verkehrs keine Veranlassung, in der angegriffenen Wortfolge in Kombination mit dem Symbol "Hände" mehr als ein dekoratives Element zu sehen.

Im vorliegenden Fall geht es auch nicht um eine dem Verkehr als originäres Kennzeichen bekannte Marke oder Firma. Zudem spricht die Abbildung über die gesamte Brustbreite eher für rein "dekorative" Zwecke im Sinne einer Meinungsäußerung des Trägers des T-Shirts, der sich nach außen hin (sympathisierend oder persiflierend) in eine Beziehung zu den Symbolen der ehemaligen DDR oder einem allgemeinen Titel "Held der Arbeit" setzen will (vgl. BGH, a.a.O., Universitätsemblem; BPatG, GRUR 1998, 148, juris Rn. 33 – St. Moritz; OLG Hamburg, a.a.O.,CCCP mit dem Symbol Hammer und Sichel, juris Rn. 90). Zwar wird heutzutage die Marke eines Bekleidungsartikels nicht ganz selten auch derart großflächig abgebildet (nach dem Motto "kaufe teurer und zeige es jedem"), so dass der Verbraucher mit einer solchen Verwendung vertraut ist (OLG Hamburg, MarkenR 2005, 332, juris Rn. 32 – Seid bereit JP; GRUR-RR 2005, 258, juris Rn. 22 – Ahoj-Brause; BPatG, Beschluss vom 1.8.2006 – 27 W pat 231/05, juris Rn. 16, Seid bereit JP). Insoweit kann aber noch nicht von einer Üblichkeit ausgegangen werden, wie es bei der Angabe der Marke auf dem Ziffernblatt einer Armbanduhr (für Uhren – vgl. BGH, a.a.O., Swiss Army) oder auf der linken Brustseite (für Hemden und T-Shirts) der Fall ist (vgl. auch OLG Hamburg, a.a.O., CCCP mit dem Symbol Hammer und Sichel, juris Rn. 90). Die dekorative Funktion wird bei der Abbildung auf dem T-Shirt des Antragsgegners unterstrichen durch die schmückende, auf den Wortinhalt Bezug nehmende Darstellung des Symbols "Hände" (auch wenn ein markenrechtlicher Gebrauch nicht notwendig daran scheitern muss, dass eine Kennzeichnung zugleich dekorative Funktionen erfüllt; vgl. OLG Hamburg, a.a.O., Ahoj-Brause, juris Rn. 22; a.a.O., Seid bereit JP, juris Rn. 33; zustimmend BPatG, Beschluss vom 1.8.2006 – 27 W pat 231/05, juris Rn. 16).

2.

Darüber hinaus fehlt es vorliegend – einen markenmäßigen Gebrauch unterstellt – auch an einer hinreichenden Verwechslungsgefahr.

Zwar besteht hinsichtlich der T-Shirts eine Produktidentität. Die originäre Kennzeichnungskraft der streitgegenständlichen Marke liegt aber deutlich unter dem Durchschnitt, und zwar schon wegen der als Motto bzw. Auszeichnung herausgestellten erkennbaren Wortfolge "HELD DER ARBEIT". Die Markenähnlichkeit ist eher gering. Der Text der Marke der Antragstellerin beginnt mit den für sich genommen individuellen Worten "MONDOS ARTS", auch wenn diese Worte kleiner geschriebenen sind als die Wortfolge "HELD DER ARBEIT". Auf den T-Shirts des Antragsgegners fehlt die Einleitung "MONDOS ARTS". Die Marke der Antragstellerin tritt – anders als der Aufdruck des Antragsgegners – dem Betrachter als Etikett einer Schnapsflasche entgegen (insbesondere wegen der Rahmung und der Schlusszeile "20ml Wodka 42%vol" – beides fehlt im Aufdruck des Antragsgegners). Damit hält der Aufdruck des Antragsgegners insgesamt schon einen gerade noch hinreichenden Abstand von der streitgegenständlichen Marke der Antragstellerin.

II.

Die Nebenentscheidungen zu den Kosten des Beschwerdeverfahrens und zur Wertfestsetzung beruhen auf § 97 Abs. 1, § 3 ZPO.

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