Ein Teilnehmerkonto pro Haushaltsgemeinschaft genügt

30. März 2011
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Eigener Leitsatz:

Da Partner einer eheähnlichen Lebensgemeinschaft oder einer Wohngemeinschaft gemeinsam Rundfunkempfangsgeräte bereithalten können, genügt hinsichtlich der gemeinsam genutzten Geräte eine Anmeldung durch einen der Partner oder ein Mitglied. Dabei wird angenommen, dass derjenige, der als Teil der Generalunkosten des Haushalts die Rundfunkgebühren für die in der Haushaltsgemeinschaft bereit gehaltenen Empfangsgeräte trägt, der Haushaltsvorstand ist. Lediglich dieses Teilnehmerkonto ist weiterzuführen. Weitere bestehende Konten müssen selbständig abgemedelt werden.

Oberverwaltungsgericht Berlin-Brandenburg

Urteil vom 17.12.2010

Az.: OVG 11 M 69.08

Tenor:
Die Beschwerde der Klägerin gegen den Beschluss des Verwaltungsgerichts Cottbus vom 15. Oktober 2008 wird zurückgewiesen.

Die Klägerin trägt die Kosten des Beschwerdeverfahrens. Außergerichtliche Kosten werden nicht erstattet.

Entscheidungsgründe:
Die Beschwerde der Klägerin gegen die erstinstanzliche Versagung von Prozesskostenhilfe hat keinen Erfolg. Die Annahme des Verwaltungsgerichts, dass ihre Klage auf Rundfunkgebührenbefreiung für die Zeit vom 1. Mai 2008 bis 31. Oktober 2008 keine hinreichende Aussicht auf Erfolg im Sinne des § 166 der Verwaltungsgerichtsordnung – VwGO – in Verbindung mit § 114 der Zivilprozessordnung – ZPO – biete, ist nicht zu beanstanden.

Das Beschwerdevorbringen vermag die Ausführungen des Verwaltungsgerichts nicht als fehlerhaft zu erweisen. Das Verwaltungsgericht hat keinesfalls übersehen, dass eine Gebührenbefreiung gem. § 6 Abs. 1 Satz 2 RGebStV auch innerhalb der Haushaltsgemeinschaft zu gewähren sein kann, sondern unter Hinweis auf die dafür jeweils maßgeblichen Voraussetzungen vielmehr ausdrücklich festgestellt, dass die Klägerin weder gem. § 6 Abs. 1 Nr. 3 RGebStV berechtigt sei noch das Vorliegen der weiteren, sich aus § 6 Abs. 1 Satz 2 Nr. 2 oder 3 ergebenden Voraussetzungen nachgewiesen habe.

Die Voraussetzungen für eine Befreiung der Klägerin gem. § 6 Abs. 1 Nr. 3 RGebStV werden durch die vorgelegten ALG II-Bescheide der ARGE OSL vom 30. April und 22. Juli 2008 nicht belegt, da die Klägerin in diesen Bescheiden zwar als Mitglied der Bedarfsgemeinschaft aufgeführt ist, wegen ihres – auch nach ihrem eigenen Vortrag – dem Grunde nach bestehenden Anspruchs auf Ausbildungsförderung nach dem Bundesausbildungsförderungsgesetz gem. § 7 Abs. 5 SGB II selbst aber gerade keinen Anspruch auf Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts hat.

Soweit die Klägerin meint, ihr sei deshalb Rundfunkgebührenbefreiung zu gewähren, weil Herr G., mit dem sie in einer Haushaltsgemeinschaft zusammenlebe, der „Haushaltsvorstand“ sei und aufgrund des Bezuges von ALG II zu dem in Satz 1 aufgeführten Personenkreis gehöre, verkennt sie zum einen, dass mit dem Begriff „Haushaltsvorstand“ im Sozialrecht grundsätzlich derjenige gemeint ist, „der die Generalunkosten des Haushalts trägt“ (vgl. nur BVerwG, Beschluss v. 30. Dezember 1965 – V B 152.65 -, FEVS 14, 241 ff., Leitsatz bei juris; dem folgend BSG, Urteil v. 16. Oktober 2007 – B 8/9b SO 2/06 R -, zit. nach juris, Rn 16). Mangels abweichender Definition im Rundfunkgebührenstaatsvertrag ist danach davon auszugehen, dass „Haushaltsvorstand“ im Sinne des § 6 Abs. 1 Satz 2 Nr. 1 RGebStV derjenige ist, der – als Teil der Generalunkosten des Haushalts – die Rundfunkgebühren für die in einer Haushaltsgemeinschaft bereitgehaltenen Empfangsgeräte trägt. Dies ist regelmäßig der angemeldete Rundfunkteilnehmer selbst und im konkreten Fall die als Rundfunkteilnehmerin mit eigenen Geräten angemeldete Klägerin. Darauf, an welches Mitglied einer Bedarfsgemeinschaft der ALG II-Bescheid adressiert ist, kommt es in diesem Zusammenhang nicht an, denn diese sind nicht etwa an einen anhand der tatsächlichen Umstände bestimmten „Haushaltsvorstand“ adressiert, sondern die ARGE OSL sieht ausweislich der vorgelegten Bescheide jeweils denjenigen, der die Leistungen beantragt hat, als Vertreter der Bedarfsgemeinschaft an (z.B. S. 2 des Bescheides v. 30. April 2008).

Im konkreten Fall kann auch dahinstehen, ob das Vorliegen der Befreiungsvoraussetzungen des § 6 Abs. 1 Satz 1 Nr. 3 RGebStV bei einem Partner einer nichtehelichen Lebensgemeinschaft einen Anspruch des anderen auf Befreiung entsprechend § 6 Abs. 1 Satz 2 Nr. 2 RGebStV für gemeinsam bereit gehaltene Rundfunkempfangsgeräte begründen könnte (ablehnend BayVGH, Beschluss v. 10. März 2008 – 7 ZB 07.790 -, zit. nach juris Rn 7 f.). Denn nach dem Sach- und Streitstand des Beschwerdeverfahrens kann schon nicht davon ausgegangen werden, dass es sich bei den von der Klägerin angemeldeten und ihre Gebührenpflicht begründenden Rundfunkempfangsgeräten im maßgeblichen Zeitraum um von ihr und Herrn G. – der nach den unbestrittenen Angaben des Beklagten in dieser Zeit selbst als Rundfunkteilnehmer gemeldet war – innerhalb einer Haushaltsgemeinschaft gemeinschaftlich bereitgehaltene Geräte gehandelt hat. Zwar erkennt der Beklagte an, dass Partner einer eheähnlichen Lebensgemeinschaft – ebenso wie Ehepaare – oder auch Wohngemeinschaften gemeinsam Rundfunkempfangsgeräte i.S.d. § 1 Abs. 2 RGebStV bereithalten können und lässt in einem solchen Fall für die gemeinsam genutzten Geräte eine Anmeldung durch einen der Partner oder ein Mitglied der Wohngemeinschaft genügen (vgl. www.gez.de/gebuehren/gebuehrenlexikon/index_ger.html, dort Nr. 24, 33). Eine solche Änderung hätte, sofern sie zugleich das Ende der Gebührenpflicht eines der beiden bis dahin jeweils für sich als Rundfunkteilnehmer gemeldeten Partner begründet hätte, dem Beklagten aber gem. § 3 Abs. 1 und § 4 Abs. 2 RGebStV rechtzeitig angezeigt werden müssen. Dies ist hier vor Ablauf des Oktober 2008 – des letzten vom verfahrensgegenständlichen Befreiungsantrag erfassten Monats – nicht geschehen. Sowohl die Klägerin als auch Herr G. haben ihre individuellen Teilnehmerkonten beim Beklagten unverändert fortgeführt und keines von beiden etwa unter Hinweis auf ein gemeinsames Bereithalten der Empfangsgeräte in einer Haushaltsgemeinschaft abgemeldet. Selbst mit der Beschwerdebegründung vom 29. Oktober 2008, mit der die Klägerin erstmals auf die aus einer tatsächlich nicht näher beschriebenen „Haushaltsgemeinschaft“ mit Herrn G. abgeleitete Anwendbarkeit des § 6 Abs. 1 Satz 2 RGebStV abgestellt hat, wird ein entsprechender Sachverhalt nicht substantiiert und nachprüfbar dargelegt (insbes. zur Relevanz etwaiger weiterer, nicht gemeinsam genutzter Geräte in einem eigenen Zimmer oder einem Kfz vgl. einerseits OVG Nordrhein-Westfalen, Urteil v. 2. März 2010 – 8 A 2217/09 -, zit. nach juris Rn 42; andererseits VGH Baden-Württemberg, Urteil v. 21. August 2008 – 2 S 1519/08 -, zit. nach juris, Rn 21 f.; nachfolgend BVerwG, Urteil v. 29. April 2009 – 6 C 28.08 -, zit. nach juris Rn 19). Selbst wenn Herr G. auf der Grundlage des vorgelegten ALG II-Bescheides vom 30. April 2008 einen Befreiungsanspruch hätte geltend machen können, könnte dies dem mit Blick auf ihre eigene Rundfunkgebührenpflicht gestellten Befreiungsantrag der Klägerin danach nicht zum Erfolg verhelfen.

Auch die Annahme des Verwaltungsgerichts, dass die Klägerin keinen Anspruch auf Befreiung gem. § 6 Abs. 1 Satz 1 Nr. 5 oder Abs. 3 RGebStV habe, ist nicht zu beanstanden. Der mit der Klage vorgelegte Bescheid vom 29. Oktober 2007, mit dem der Klägerin für die Zeit vom Dezember 2006 bis November 2007 ein monatlicher Zuschuss von 81 EUR bewilligt wurde, war zum Beginn des verfahrensgegenständlichen Befreiungszeitraums im April 2008 bereits abgelaufen und mit der Beschwerde hat die Klägerin selbst vorgetragen, dass sie trotz der grundsätzlichen Förderfähigkeit ihrer Ausbildung im Rahmen der Ausbildungsförderung wegen der von ihren Eltern gezahlten Unterhaltsleistungen keine BAföG-Zahlungen erhalte. Danach sind indes weder die Befreiungsvoraussetzungen des § 6 Abs. 1 Satz 1 Nr. 5 RGebStV erfüllt noch liegt ein Härtefall im Sinne von § 6 Abs. 3 RGebStV vor (vgl. OVG Niedersachsen, Beschluss v. 12. Mai 2009 – 4 LB 188/08 -, NVwZ-RR 2009, 847, hier zit. nach juris Rn 24, 28 f.; OVG Sachsen-Anhalt, Beschluss v. 20. Oktober 2009 – 3 L 417/08 -, zit. nach juris, Rn 5 ff., Beschluss des Senats v. 26. Oktober 2010 – 11 N 43.08 -, n.v.; BayVGH, Beschluss v. 10. Mai 2010 – 7 ZB 09.2950 -, zit. nach juris). Auch Art. 3 Abs. 1 GG verlangt nicht etwa, BAföG-Empfängern solche Personen gleichzustellen, die Unterhaltsleistungen in gleicher Höhe erhalten. Es ist grundsätzlich Sache des Gesetzgebers, diejenigen Sachverhalte auszuwählen, an die er dieselbe Rechtsfolge knüpft, falls seine Auswahl sachgerecht ist. Dabei ist er – insbesondere in Bereichen der Massenverwaltung – grundsätzlich auch befugt, zu generalisieren, zu typisieren und zu pauschalieren. Die Beschränkung der Rundfunkgebührenbefreiung auf diejenigen Studierenden, die bescheidgebunden, aufgrund einer behördlichen Bedarfsfeststellung, Leistungen nach dem Bundesausbildungsförderungsgesetz erhalten, ist danach rechtlich unbedenklich (vgl. Beschluss des Senats v. 26. Oktober 2010 – 11 N 43.08 -, n.v.; OVG Niedersachsen, Beschluss v. 12. Mai 2009 – 4 LB 188/08 -, NVwZ-RR 2009, 847, hier zit. nach juris Rn 29.; OVG Sachsen-Anhalt, Beschluss v. 20. Oktober 2009 – 3 L 417/08 -, zit. nach juris Rn 7, BayVGH, Urteil v. 10. Mai 2010 – 7 ZB 09.2950 -, zit. nach juris Rn 13 ff.; jeweils m.w.N.).

Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 2 VwGO, § 127 Abs. 4 ZPO. Einer Streitwertfestsetzung bedarf es wegen der gesetzlich bestimmten Festgebühr nicht.

Dieser Beschluss ist unanfechtbar (§ 152 Abs. 1 VwGO).

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