Rundfunkgebührenpflicht trotz verpackter Rundfunkempfänger?

17. März 2009
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Amtlicher Leitsatz:

Rundfunkempfangsgeräte, die in einem Handelsunternehmen verpackt zum Verkauf angeboten werden, werden nicht im Sinne von § 1 Abs. 2 Satz 2 RGebStV zum Empfang bereitgehalten. Der Händler ist in Bezug auf diese Geräte nicht Rundfunkteilnehmer im Sinne von § 1 Abs. 2 Satz 1 RGebStV und demzufolge auch nicht nach § 2 Abs. 2 Satz 1 RGebStV verpflichtet, für diese Geräte Rundfunkgebühren zu entrichten.

Hamburgisches Oberverwaltungsgericht

Urteil vom 18.12.2008

Az.: 4 Bf 337/07

Tenor:

Die Berufung des Beklagten gegen das Urteil des Verwaltungsgerichts Hamburg vom 25. September 2007 wird zurückgewiesen.

Der Beklagte trägt die Kosten des Berufungsverfahrens.

Das Urteil ist wegen der Kosten vorläufig vollstreckbar. Der Beklagte kann die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe von 110% des aufgrund des Urteils vollstreckbaren Betrages abwenden, wenn nicht die Klägerin vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe von 110% des jeweils zu vollstreckenden Betrages leistet.

Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand:

Die Klägerin wendet sich gegen die Festsetzung von Rundfunkgebühren für den Zeitraum von November 2004 bis September 2005 für jeweils ein Duschradio in ihren 79 Filialen in Höhe von 4.717,88 Euro.

Die Klägerin betreibt eine Kette von Baumärkten, in denen sie auch Duschradios sowie Fernseh-Receiver originalverpackt verkauft. Im Oktober 2004 forderte die Gebühreneinzugszentrale (GEZ) die Klägerin auf, die sogenannte Händlergebühr zu entrichten. Die Klägerin lehnte dies ab. Daraufhin wiederholte die GEZ ihre Forderung und bat gleichzeitig um Mitteilung, seit wann und an welchen Standorten sie mit Radios und DVB-T-Receivern handele. Nachdem die Klägerin hierauf nicht reagierte, meldete die GEZ unter dem 31. Oktober 2005 jeweils ein Hörfunk- und ein Fernsehgerät in der Gestalt der Händlergebühr für sämtliche Betriebsstätten der Klägerin an. Diese Anmeldung sandte die Klägerin der GEZ zurück mit dem Hinweis, dass sie keine zusätzlichen Geräte gemeldet habe. Der Beklagte setzte daraufhin mit Bescheid vom 10. Mai 2006 gegenüber der Klägerin für insgesamt 79 Filialbetriebe für den Zeitraum von November 2004 bis September 2005 eine Rundfunkgebühr (Händlergebühr) in Höhe von insgesamt 14.451,47 Euro bezüglich der Duschradios und der DVB-T-Receiver fest. Er begründete das damit, dass die Klägerin in ihren Filialbetrieben Rundfunkempfangsgeräte zum Verkauf anbiete, für die eine Händlergebühr gemäß § 5 Abs. 4 des Rundfunkgebührenstaatsvertrags (RGebStV) zu entrichten sei.

Den dagegen erhobenen Widerspruch wies der Beklagte mit Widerspruchsbescheid vom 12. Dezember 2006 zurück. Die Klägerin halte in ihren Filialen Radios und SAT-Receiver zum Verkauf bereit, für die die Festsetzung einer Händlergebühr notwendig und gerechtfertigt sei. Der Widerspruchsbescheid wurde der Klägerin am 13. Dezember 2006 zugestellt.

Am Montag, dem 15. Januar 2007, hat die Klägerin dagegen Klage erhoben. Zur Begründung hat sie im Wesentlichen vorgetragen, dass sie zwar in ihren Filialen Duschradios sowie DVB-T-Receiver verkaufe, diese aber nur originalverpackt anbiete. Eine Inbetriebnahme bzw. Vorführung der Geräte finde weder vor Ort statt noch sei dies vorgesehen. Daher halte sie die Geräte ausschließlich zum Verkauf vor und nicht gemäß § 2 Abs. 1 Satz 1 RGebStV zum Empfang bereit. Ihr komme es darauf an, die Geräte preisgünstig anzubieten und sich vom Fachhandel abzugrenzen. Dort nehme die Beratung und Vorführung von Rundfunkempfängern inklusive des testweisen Empfangs von Radio- und Fernsehprogrammen einen hohen Stellenwert ein, der auch im Preis seinen Niederschlag finde. Das Konzept ihres Verkaufs gehe aber gerade dahin, die Geräte nicht vorzuführen, also in der Verkaufsstelle vor dem Verkauf nicht den Empfang von Rundfunksendungen zu ermöglichen, wenn auch nicht ausgeschlossen werden könne, dass Kunden im Einzelfall die Verpackung aufrissen und die Geräte anschließend ohne Verpackung im Regal zurückließen. In diesen Fällen seien die Mitarbeiter angewiesen, solche Geräte sofort wieder einzupacken und in das Regal zurückzustellen.

Die Klägerin hat beantragt,

die Bescheide vom 10. Mai und 12. Dezember 2006 aufzuheben.

Der Beklagte hat beantragt,

die Klage abzuweisen.

Die Klägerin sei Rundfunkteilnehmerin und habe daher Rundfunkgebühren zu entrichten.

Die Qualifizierung als Rundfunkteilnehmer habe an Hand von objektiven Kriterien zu erfolgen. Rundfunkteilnehmer sei, wer die rechtlich gesicherte tatsächliche Verfügungsgewalt über das Rundfunkgerät habe. Es komme nicht darauf an, ob eine Inbetriebnahme bzw. eine Vorführung der Rundfunkempfangsgeräte in den Geschäftsräumen der Klägerin tatsächlich stattfinde. Ein Rundfunkempfangsgerät werde nach § 1 Abs. 2 Satz 2 RGebStV zum Empfang bereitgehalten, wenn ohne besonderen zusätzlichen technischen Aufwand Rundfunkdarbietungen empfangen werden könnten. Aus dieser Vorschrift ergebe sich, dass die Rundfunkgebührenpflicht allein auf Grund der abstrakten technischen Möglichkeit des Rundfunkempfangs entstehe. Allein das Auspacken eines Gerätes aus der Originalverpackung und sein Anschluss an eine Steckdose oder das Einlegen von Batterien könne nicht als besonderer zusätzlicher technischer Aufwand angesehen werden.

Das Verwaltungsgericht Hamburg hat mit Urteil vom 25. September 2007 den Bescheid vom 10. Mai 2006 und den Widerspruchsbescheid vom 12. Dezember 2006 aufgehoben und die Berufung zugelassen, insoweit mit den angefochtenen Bescheiden eine Grundgebühr festgesetzt worden ist. Zur Begründung hat es im Wesentlichen ausgeführt: Soweit in den angefochtenen Bescheiden eine Fernsehgebühr festgesetzt werde, bestehe eine Rundfunkgebührpflicht bereits deshalb nicht, weil es sich bei den in Rede stehenden DVB-S- oder DVB-T-Receivern nicht um Rundfunkempfangsgeräte handele. Die in den Bescheiden festgesetzte Grundgebühr für die Duschradios sei rechtswidrig, weil diese Geräte nicht zum Empfang bereitgehalten würden. Ein Bereithalten „zum Empfang“ setze über das Vorhalten eines für den Empfang geeigneten Gerätes eine auf den Empfang bezogene Finalität in der Person des Rundfunkteilnehmers voraus. Das Abstellen auf die bloße Möglichkeit der Nutzung eines Rundfunkempfangsgerätes zum Empfang sei in den Fällen nicht gerechtfertigt, in denen die § 2 Abs. 2 Satz 2 RGebStV zugrunde liegende typisierende Annahme, ein vorhandenes Rundfunkgerät werde auch tatsächlich zum Empfang genutzt, regelmäßig wie auch im Falle der Klägerin nicht zutreffe. Nach ihrem Verkaufskonzept komme es ihr gerade darauf an, die Geräte preisgünstig ohne Beratung und Vorführung anzubieten. Prüf- und Vorführgeräte würden nicht vorgehalten. Dieses Konzept werde nicht dadurch in Frage gestellt, dass Mitarbeiter der GEZ ausgepackte Duschradios vorgefunden hätten. Denn hieraus ergebe sich nicht, dass die Mitarbeiter der Klägerin Geräte zu Beratungs-, Vorführ- oder Testzwecken ausgepackt hätten. Packten Kunden gelegentlich Geräte selbst aus, so wahre die Klägerin ihr Verkaufskonzept dadurch, dass sie ihre Mitarbeiter angewiesen habe, diese Geräte wieder einzupacken.

Das Urteil ist dem Beklagten am 10. Oktober 2007 zugestellt worden. Am 7. November 2007 hat der Beklagte Berufung eingelegt, soweit sie durch das Verwaltungsgericht zugelassen worden ist. Die Berufungsbegründung ist am 16. November 2007 eingegangen.

Der Beklagte trägt vor: Das Verwaltungsgericht habe zu Unrecht der Klage stattgegeben, soweit sich die Klägerin darauf berufe, dass die in den Filialen zum Verkauf angebotenen Duschradios nicht zum Empfang bereitgehalten würden. Das Urteil verkenne die grundlegende Bedeutung der Gebührenfinanzierung des öffentlich-rechtlichen Rundfunks und verlange entgegen dem Gesetzeswortlaut das Kriterium der Finalität als Voraussetzung einer Rundfunkteilnehmerschaft. Für die Frage, wer Rundfunkteilnehmer sei, seien zum einen objektive Kriterien maßgeblich und zum anderen sei entscheidend, wer die rechtlich gesicherte tatsächliche Verfügungsmacht über das Empfangsgerät besitze. Hinsichtlich der angebotenen Rundfunkempfangsgeräte habe die Klägerin ein uneingeschränktes Bestimmungsrecht über die Rundfunkempfangsgeräte. Grundsätzlich falle für jedes Rundfunkempfangsgerät eine Gebühr an, es sei denn, es handele sich um Prüf- oder Vorführgeräte eines Unternehmens im Sinne des § 5 Abs. 4 Satz 1 RGebStV und das Unternehmen bezahle bereits für ein Rundfunksempfangsgerät Gebühren. Die Eignung eines Geräts zum Rundfunkempfang sei lediglich auf Grund der technischen Gegebenheiten, unabhängig von der tatsächlichen Nutzung des Geräts und unabhängig von dem Willen des Nutzungsberechtigten zu beurteilen. Dem Einwand der Klägerin, die Gebührenpflicht für originalverpackte Geräte führe zu einer „Gerätebesitzabgabe“, könne nicht gefolgt werden. Die Gebührenpflicht knüpfe allein an den Teilnehmerstatus an, der dadurch begründet werde, dass ein Rundfunkgerät zum Empfang bereitgehalten werde. Es genüge die Möglichkeit des Empfangs ohne besonderen zusätzlichen technischen Aufwand. Allein das Auspacken des Geräts aus der Originalverpackung und ein Anschluss an eine Steckdose könne nicht als besonderer zusätzlicher technischer Aufwand angesehen werden. Die für das Entstehen der Rundfunkgebührenpflicht maßgebliche Empfangseignung sei erst dann zu verneinen, wenn der Rundfunkempfang technisch „auf Dauer“ unmöglich sei. Dieser Rechtsauffassung stehe auch nicht das Händlerprivileg in § 5 Abs. 4 Satz 1 RGebStV entgegen. Auch hier sei für die Rundfunkgebührenpflicht ausreichend, dass ein Rundfunkempfangsgerät sich so im Verfügungsbereich des Unternehmens befinde, dass der Rundfunk ohne besonderen zusätzlichen technischen Aufwand für Prüf- und Vorführzwecke nutzbar gemacht werden könne. Es komme nach dem klaren Wortlaut nicht darauf an, ob das Gerät originalverpackt und zum schnellen Verkauf bestimmt sei.

Der Beklagte beantragt,

das Urteil des Verwaltungsgerichts Hamburg vom 25. September 2007 zu ändern, soweit der Festsetzungsbescheid vom 10. Mai 2006 und der Widerspruchsbescheid vom 12. Dezember 2006 hinsichtlich der Festsetzung einer Grundgebühr für die Duschradios aufgehoben wurde, und die Klage insoweit abzuweisen.

Die Klägerin beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Die in Rede stehenden Duschradios seien zwar Rundfunkempfangsgeräte, würden jedoch nicht gemäß § 2 Abs. 2 Satz 1 RGebStV zum Empfang bereitgehalten. Der Beklagte übersehe, dass ein Gebührentatbestand nicht ausgelöst werde, wenn die Geräte originalverpackt ohne Prüfung und Vorführung veräußert würden, wie es in ihren Filialen der Fall sei. Die bloße Nutzungsmöglichkeit des Gerätes zum Rundfunkempfang reiche hierfür nicht aus. Entscheidend sei die teleologische Auslegung des Tatbestandsmerkmals „zum Empfang“. Dieser Begriff setze eine auf den Empfang bezogene Finalität in der Person des Rundfunkteilnehmers zwingend voraus. Der bloße Besitz von Rundfunkempfangsgeräten sei nicht gebührenpflichtig.

Hinsichtlich weiterer Einzelheiten wird ergänzend auf die Gerichtsakte und die Sachakten des Beklagten Bezug genommen, welche Gegenstand der mündlichen Verhandlung gewesen sind.

Entscheidungsgründe:

I.
Die zulässige Berufung bleibt in der Sache ohne Erfolg.

Das Verwaltungsgericht hat zu Recht den Bescheid des Beklagten vom 10. Mai 2006 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 12. Dezember 2006 aufgehoben, durch den für den Zeitraum von November 2004 bis September 2005 Rundfunkgebühren für jeweils ein Duschradio in den 79 Filialen der Klägerin festgesetzt worden sind. Der Bescheid ist rechtswidrig und verletzt die Klägerin in ihren Rechten (§ 113 Absatz 1 Satz 1 VwGO). Der Beklagte hat gegenüber der Klägerin keinen Anspruch auf die Entrichtung rückständiger Rundfunkgebühren aus dem fraglichen Zeitraum gemäß §§ 2 Abs. 2 Satz 1, 7 Abs. 5 des Rundfunkgebührenstaatsvertrages vom 31. August 1991 in der durch den Achten Rundfunkänderungsstaatsvertrag vom 8. bis 15. Oktober 2004 geänderten und durch Gesetz vom 1. März 2005 mit Gesetzeskraft veröffentlichten Fassung (HmbGVBl. 2005 S. 40, 44; im Folgenden: RGebStV).

Der angefochtene Festsetzungsbescheid ist rechtswidrig, da die Klägerin nicht gemäß § 2 Abs. 2 Satz 1 RGebStV verpflichtet ist, eine Grundgebühr für jeweils eines der in ihren Filialen originalverpackt zum Verkauf angebotenen Duschradios zu entrichten. Gemäß § 2 Abs. 2 Satz 1 RGebStV hat jeder Rundfunkteilnehmer vorbehaltlich der Regelungen der §§ 5 und 6 für jedes von ihm zum Empfang bereitgehaltene Rundfunkempfangsgerät eine Grundgebühr zu entrichten. Rundfunkteilnehmer ist gemäß § 1 Abs. 2 Satz 1 RGebStV, wer ein Rundfunkempfangsgerät zum Empfang bereithält. Diese Voraussetzungen erfüllt die Klägerin nicht. Sie hat dadurch, dass sie die Duschradios originalverpackt zum Verkauf angeboten hat, keine Rundfunkempfangsgeräte im Sinne der §§ 2 Abs. 2 Satz 1, 1 Abs. 2 Satz 1 RGebStV zum Empfang bereitgehalten.

Ein Rundfunkempfangsgerät wird nach § 1 Abs. 2 Satz 2 RGebStV zum Empfang bereitgehalten, wenn damit ohne besonderen zusätzlichen technischen Aufwand Rundfunkdarbietungen, unabhängig von Art, Umfang und Anzahl der empfangbaren Programme, unverschlüsselt oder verschlüsselt empfangen werden können. Rundfunkteilnehmer ist dementsprechend nach gefestigter Rechtsprechung, wer die rechtlich gesicherte tatsächliche Verfügungsmacht über das Rundfunkempfangsgerät besitzt und damit die Möglichkeit hat, das Gerät zu nutzen, d. h. insbesondere über seinen Einsatz und die Programmwahl tatsächlich verantwortlich zu bestimmen (vgl. OVG Hamburg Beschl. v. 14.9.2007, 4 So 124/07; VGH Mannheim, Urt. v. 8.5.2008, 2 S 700/07, DÖV 2008, 829, nur LS, juris; OVG Münster, Urt. v. 2.3.2007, 19 A 378/06, juris). Diese Voraussetzung liegt nicht vor, ohne dass es darauf ankommt, ob es der Klägerin ohne größere Schwierigkeiten objektiv möglich gewesen wäre, die zu verkaufenden Geräte in Betrieb zu nehmen. Rundfunkempfangsgeräte, die in einem Handelsunternehmen verpackt zum Verkauf angeboten werden, werden nicht im Sinne von § 1 Abs. 2 Satz 2 RGebStV zum Empfang bereitgehalten. Der Händler ist in Bezug auf diese Geräte nicht Rundfunkteilnehmer im Sinne von § 1 Abs. 2 Satz 1 RGebStV und demzufolge auch nicht nach § 2 Abs. 2 Satz 1 RGebStV verpflichtet, für diese Geräte Rundfunkgebühren zu entrichten (so im Ergebnis die einhellige obergerichtliche Rechtsprechung, vgl. OVG Koblenz, Urt. v. 4.11.2004, 12 A 11402/04, und v. 18.7.2005, 12 A 10203/05, jeweils juris; VGH Kassel, Beschl. v. 27.6.2006, 10 UE 43/06, juris; OVG Münster, Urt. v. 2.3.2007, a.a.O.; VGH Mannheim, Urt. v. 8.5.2008, a.a.O.; OVG Lüneburg, Beschl. v. 9.5.2008, 4 LA 611/07, juris). Das ergibt sich bereits aus dem Regelungskonzept des § 5 Abs. 4 RGebStV.

Gemäß § 5 Abs. 4 Satz 1 RGebStV sind Unternehmen, die sich gewerbsmäßig mit der Herstellung, dem Verkauf, dem Einbau oder der Reparatur von Rundfunkempfangsgeräten befassen, berechtigt, bei Zahlung der Rundfunkgebühr für ein Rundfunkempfangsgerät weitere Geräte für Prüf- und Vorführzwecke gebührenfrei zum Empfang bereitzuhalten. Diese Regelung knüpft nach ihrem Wortlaut daran an, dass die genannten Unternehmen Rundfunkempfangsgeräte tatsächlich zum Empfang nutzen, nämlich zu Prüf- und Vorführzwecken. Derartige Geräte werden unzweifelhaft im Sinne von § 1 Abs. 2 RGebStV zum Empfang bereitgehalten. Ohne die Regelung in § 5 Abs. 4 Satz 1 RGebStV müssten für alle diese Geräte Rundfunkgebühren entrichtet werden. Denn § 2 Abs. 2 Satz 1 RGebStV verpflichtet den Rundfunkteilnehmer, für jedes von ihm zum Empfang bereitgehaltene Gerät Gebühren zu entrichten; das allgemeine Privileg für Zweitgeräte knüpft gemäß § 5 Abs. 1 RGebStV an die Wohnung sowie an die häusliche Gemeinschaft natürlicher Personen an und ist auf Geräte, die im Handel zum Verkauf vorgesehen sind, nicht anwendbar. § 5 Abs. 4 RGebStV begründet ein entsprechendes Privileg für Unternehmen, die typischerweise im Besitz von Rundfunkempfangsgeräten sind und diese Geräte nutzen (müssen). Diese Regelung setzt das Verständnis voraus, dass für die in einem Handelsunternehmen vorgehaltenen und zum Verkauf bestimmten Geräte, die nicht zu Prüf- und Vorführzwecken zum Empfang bereit gehalten werden, keine Gebühren anfallen. Denn es wäre widersinnig, gerade an die konkrete Nutzung zu Prüf- und Vorführzwecken anzuknüpfen und die gebührenfreie Nutzung weiterer Geräte ausdrücklich zu diesem Zweck zuzulassen, wenn ohnehin für alle zum Verkauf vorgesehenen Geräte auch dann Gebühren anfielen, wenn sie nicht zu Vorführzwecken genutzt werden. Hätten die den Staatsvertrag schließenden Vertragspartner und der Gesetzgeber die Vorstellung gehabt, dass für jedes im Handel vorhandene Gerät – unabhängig von seiner tatsächlichen Nutzung zu Prüf- oder Vorführzwecken – Gebühren anfallen, dann hätte es vielmehr nahe gelegen, die gewünschte Entlastung der Unternehmen dadurch zu bewirken, dass die Gebührenpflicht pauschal auf jeweils ein Gerät beschränkt wird und alle weiteren gebührenfrei gestellt werden. Dass die vertragsschließenden Landesregierungen sowie der hamburgische Gesetzgeber von dem hier zugrunde gelegten Verständnis des Begriffs des „zum Empfang Bereithaltens“ und des hierdurch begründeten Teilnehmerverhältnisses ausgegangen sind, ist überdies auch deshalb naheliegend, weil ansonsten die Rundfunkgebühren letztlich keinen Bezug mehr zu dem durch sie erlangten Vorteil eines Rundfunkempfangs hätten und eine reine Besitzabgabe darstellten, die angesichts der häufig großen Zahl zum Verkauf angebotener Rundfunkempfangsgeräte zudem unverhältnismäßig hoch sein könnte.

Entgegen der Auffassung des Beklagten kann die Regelung des § 5 Abs. 4 RGebStV in Fällen wie dem vorliegenden, in denen bei den in § 5 Abs. 4 RGebStV genannten Unternehmen keine Geräte zu Prüf- und Vorführzwecken zum Empfang bereitgehalten werden, auch nicht zumindest entsprechend angewendet werden. Dieser Auffassung liegt die Vorstellung zugrunde, dass die Vertragspartner und der Gesetzgeber davon ausgegangen seien, dass in den genannten Unternehmen typischerweise Geräte zu Prüf- und Vorführzwecken zum Empfang bereitgehalten würden, sodass diese Unternehmen auch typischerweise gebührenpflichtig seien. An Fälle, dass im Handel keine Vorführgeräte zum Empfang bereitgehalten würden, habe man nicht gedacht. Die für derartige atypische Fälle bestehende Gesetzeslücke sei durch eine analoge Anwendung des § 5 Abs. 4 RGebStV zu schließen. Eine derartige Gesetzeslücke besteht tatsächlich nicht. Es kann schon nicht angenommen werden, dass den Vertragspartnern und dem Gesetzgeber bei der Einigung über den Staatsvertrag und seiner Veröffentlichung in Gesetzesform im Jahre 1991 der Fall unbekannt war, dass im Einzelhandel Geräte auch zum Verkauf angeboten werden, ohne sie vorzuführen. Tatsächlich gab es zu diesem Zeitpunkt bereits Handelsunternehmen, insbesondere Großhändler sowie Discounter, die die Geräte originalverpackt zum Verkauf anboten. Jedenfalls kennen die Vertragspartner sowie der Gesetzgeber die seither ergangene Rechtsprechung der Oberverwaltungsgerichte, die sich bisher mit dieser Frage zu beschäftigen hatten und die einhellig entschieden haben, dass originalverpackt ohne Prüfung und Vorführung zum Verkauf angebotene Rundfunkempfangsgeräte nicht der Rundfunkgebührenpflicht unterliegen (OVG Koblenz, Urt. v. 4.11.2004, a.a.O., und v. 18.7.2005, a.a.O.; VGH Kassel, Beschl. v. 27.6.2006, a.a.O.; OVG Münster, Urt. v. 2.3.2007, a.a.O.; VGH Mannheim, Urt. v. 8.5.2008, a.a.O.; OVG Lüneburg, Beschl. v. 9.5.2008, a.a.O.). Dennoch sind auch mit der neuesten Fassung des Gesetzes aufgrund des Elften Rundfunkänderungsstaatsvertrages vom 12. Juni 2008 (HmbGVBl. 2008 S. 398 f.) insoweit keine Änderungen vorgenommen worden. Daraus kann nur der Schluss gezogen werden, dass diese Auslegung der Auffassung und dem Willen der Vertragspartner und des Gesetzgebers entspricht und daher aus deren Sicht kein Bedarf für eine Änderung besteht. Ob es – wie es der Beklagte für wünschenswert hält – überhaupt zulässig wäre, auch für solche Geräte, die verpackt zum Verkauf angeboten werden, Rundfunkgebühren zu erheben, bedarf hiernach keiner Entscheidung.

Unerheblich ist nach alledem der Vortrag des Beklagten, dass GEZ-Mitarbeiter in einem Markt der Klägerin ein ausgepacktes Duschradio vorgefunden hätten. Der Beklagte macht selbst nicht geltend, dass die Geräte entgegen dem Vortrag der Klägerin Prüf- und Vorführzwecken dienen sollten. Unerheblich ist es im Übrigen auch, dass der Beklagte unter Berufung auf die Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts (Urt. v. 22.2.1994, BVerfGE 90, 60,91; so auch Kammerbeschl. v. 6.9.1999, NJW 2000, 649) geltend macht, dass die Gebührenpflicht allein an den Teilnehmerstatus anknüpfe, der durch das Bereithalten eines Empfangsgerätes begründet werde. Zwar hat das Bundesverfassungsgericht ausgeführt, dass es gerechtfertigt sei, die Gebührenpflicht ohne Rücksicht auf die Nutzungsgewohnheiten der Empfänger allein an den Teilnehmerstatus zu knüpfen. Es hat insoweit aber nicht definiert, wer als Teilnehmer im rundfunkgebührenrechtlichen Sinne zu gelten hat und unter welchen Voraussetzungen von einem Bereithalten eines Rundfunkempfangsgerätes zum Empfang in diesem Sinne auszugehen ist. An diesem Teilnehmerverhältnis fehlt es aus den oben angeführten Gründen jedoch gerade.

II.
Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 2 VwGO. Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit beruht auf den § 167 VwGO i.V.m. §§ 708 Nr. 11, 711 ZPO.

Die Revision ist nicht zuzulassen, weil keiner der Zulassungsgründe nach § 132 Abs. 2 VwGO vorliegt.

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