Zur Vermutung der Täterschaft bei Filesharing im Mehrpersonenhaushalt

03. September 2014
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Urteil des AG Bochum vom 30.07.2014, Az.: 67 C 164/14

Die tatsächliche Vermutung einer Täterschaft des Anschlussinhabers bei Rechtsverletzungen durch Filesharing wird widerlegt, wenn der Internetanschluss zum Zeitpunkt der Rechtsverletzung auch von anderen erwachsenen Personen im Haushalt uneingeschränkt genutzt werden konnte.

Trägt der Anschlussinhaber einen Lebenssachverhalt vor, der die Möglichkeit offen lässt, dass er nicht selbst Handlungsstörer ist, so genügt er seiner sekundären Darlegungslast.

Amtsgericht Bochum

Urteil vom 30.07.2014

Az.: 67 C 164/14

In dem Rechtsstreit (…)

hat das Amtsgericht Bochum

auf die mündliche Verhandlung vom 30.07.2014 durch den Richter am Amtsgericht […] für Recht erkannt:

Die Klage wird abgewiesen.

Die Kosten des Rechtsstreits werden der Klägerin auferlegt.

Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.

Die Klägerin darf die Vollstreckung durch die Beklagtenseite gegen Sicherheitsleistung i.H.v. 120 % des aufgrund des Urteils zu vollstreckenden Betrages abwenden, wenn nicht diese vor der Vollstreckung Sicherheit in gleicher Höhe leistet.

Der Streitwert wird gem. §§ 3-5 ZPO auf 1.051, 80 Euro festgesetzt.

Tatbestand

Die Klägerin verlangt von dem Beklagten Schadensersatz anlässlich einer von ihr behaupteten Urheberrechtsverletzung im Rahmen eines unerlaubten Filesharings.

Hierzu behauptet die Klägerin, der Beklagte habe den Film „Babysitter Wanted” am 08.10.2009 zum Download angeboten.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachvortrags der Klägerin zur Rechteinhaberschaft, IP Ermittlung und Höhe des lizenzanalogen Schadens sowie Streitwert für die Abmahnung wird auf den Inhalt der Klagebegründungsschrift vom 28.01.2014 nebst Anlagen ( BI. 10 ff. d.A.) verwiesen.

Die Klägerin beantragt,

den Beklagten zu verurteilen, an sie einen angemessenen Schadensersatz, dessen Höhe in das Ermessen des Gerichts gestellt wird, der jedoch nicht weniger als 400, 00 EUR betragen soll, nebst Zinsen i.H.v. 5 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz ab Rechtshängigkeit sowie weitere 651, 80 EUR nebst Zinsen i.H.v. 5 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz ab Rechtshängigkeit zu zahlen,

der Beklagte beantragt,

die Klage abzuweisen.

Er erhebt die Einrede der Verjährung und vertritt hierzu die Ansicht, Ansprüche der Klägerin seien bereits Ende 2012 verjährt gewesen. Im Übrigen sei die IP Ermittlung auch nicht zutreffend erfolgt. Im Jahre 2009 hätten im Übrigen drei weitere Erwachsene im Haushalt des Beklagten gelebt, die ebenfalls Zugang zum Internetanschluss des Beklagten gehabt hätten.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachvortrags des Beklagten wird auf den Inhalt der Klageerwiderung vom 04.05.2014 (BI. 68 ff. d.A.) und Schriftsatz vom 22.07.2014 verwiesen.

Entscheidungsgründe

Die Klage ist unbegründet.

Die Klägerin hat aus keinem rechtlichen Gesichtspunkt Schadensersatzansprüche gegen den Beklagten. Ein solcher Schadensersatzanspruch folgt hier insbesondere nicht aus § 97 UrhG i.V.m. §§ 823 ff. BGB.

Die insoweit darlegungs- u. beweisbelastete Klägerin hat schon nicht hinreichend bewiesen, dass der Beklagte Handlungs- oder Zustandsstörer war.

Nach der ständigen Rechtsprechung des angerufenen Gerichts genügte der Beklagte nämlich mit seinem Sachvortrag der sekundären Darlegungslast, wonach ein Lebenssachverhalt vorliegt, der die Möglichkeit offen lässt, dass der Beklagte nicht selbst Handlungsstörer ist. Hierzu trägt der Beklagte nämlich im Grunde unbestritten vor, am 08.10.2009 hätten drei weitere erwachsene Personen im Mehrpersonenhaushalt des Beklagten gewohnt und das Internet über ein WLAN uneingeschränkt nutzen können.

Entgegen der im Schriftsatz der Klägerin vom 23.05.2014 geäußerten Rechtsansicht war der Beklagte gerade im Hinblick auf den Zeitabstand auch keineswegs darlegungsverpflichtet, welchen Router er zu jener Zeit benutzte.

Die Klägerin behauptet auch nicht, der WLAN-Anschluss des Beklagten sei ungeschützt gewesen. Naheliegend ist hier die Tatsache, dass die drei Erwachsenen möglicherweise auch mit Bekannten und Freunden tatsächlich Zugriff auf den geschützten Internetanschluss des Beklagten hatten, wenn dieser über die entsprechende Sicherung verfügte. Eine derartige Sicherung muss allerdings der Anschlussinhaber erst dann darlegen, wenn andererseits die Möglichkeit besteht, dass unbefugt Dritte Zugang zum Internet hatten. Vorliegend stellt sich das Problem mangels Sachvortrag der Klägerin allerdings nicht. Auf die weiteren Einwendungen des Beklagten kommt es nicht mehr an.

Insbesondere kommt es auch nicht auf den Sachvortrag des Beklagten im Schriftsatz vom 22.07.2014 an, so dass der Klägerin auch nicht noch einmal Gelegenheit zu geben war, hierzu Stellung zu nehmen.

Die Nebenentscheidungen folgen aus §§ 91 I, 708 Ziff. 11, 711 ZPO.

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