Böhmermann gegen Merkel: Verwaltungsgericht Berlin weist Klage zurück

08. Mai 2019
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103 StGB: Majestätsbeleidigung Pressemitteilung Nr. 11/2019 zum Urteil des VG Berlin vom 16.04.2019, Az.: VG 6 K 13.19

Im Zuge des an den türkischen Ministerpräsidenten gerichteten „Schmähgedichts“ eines bekannten deutschen TV-Moderators, teilte der Sprecher der Bundeskanzlerin öffentlich mit, diese habe mit ihrem türkischen Kollegen übereingestimmt, dass es sich um einen „bewusst verletzenden Text“ handle. Dagegen ging der TV-Moderator gerichtlich vor und unterlag. Mangels Wiederholungsgefahr sei die Klage schon unzulässig, so das VG Berlin. Die öffentliche Erklärung sei zudem nicht rechtswidrig gewesen, sondern ein vertretbares und allein auf den Text des Gedichts bezogenes Werturteil. Keine Bedeutung für die Bewertung der Äußerung hatte, ob das Gedicht selbst erlaubte Satire sei.

Verwaltungsgericht Berlin

Pressemitteilung Nr. 11/2019 zum Urteil vom 16.04.2019

Az.: VG 6 K 13.19

 

Der Satiriker und TV-Moderator Jan Böhmermann kann von der Bundesrepublik Deutschland keine Unterlassung im Zusammenhang mit Äußerungen der Bundeskanzlerin in einem Telefongespräch mit dem früheren türkischen Ministerpräsidenten zum sogenannten „Schmähgedicht“ verlangen. Der Sprecher der Bundesregierung durfte im April 2016 mitteilen, die Bundeskanzlerin und der Ministerpräsident hätten darin übereingestimmt, dass es sich dabei um einen „bewusst verletzenden Text“ handele. Dies hat das Verwaltungsgericht Berlin entschieden.

Der Kläger sieht sich durch die Äußerung der Bundeskanzlerin bzw. die Mitteilung des Sprechers der Bundesregierung bei der Regierungspressekonferenz in seinen Grundrechten verletzt. Vorgerichtlich forderte er die Bundeskanzlerin vergeblich zu einer schriftlichen Unterlassungserklärung auf. Im Mai 2018 verklagte er die Bundesrepublik Deutschland auf Unterlassung; hilfsweise begehrte er die gerichtliche Feststellung, dass die öffentliche Erklärung vom April 2016 rechtswidrig ist.

Die 6. Kammer des Verwaltungsgerichts Berlin wies die Klage ab. Das Unterlassungsbegehren sei unzulässig, weil eine Wiederholung der beanstandeten Erklärung nicht zu erwarten sei. Die Bundeskanzlerin habe sich bereits im April 2016 von ihrer Äußerung distanziert; zudem habe die Beklagte im Gerichtsverfahren eine Wiederholung ausgeschlossen. Die öffentliche Erklärung sei auch nicht rechtswidrig gewesen. Die Bundeskanzlerin könne sich auf ihre Kompetenz zur Staatsleitung stützten. Die verfassungsrechtlichen Anforderungen an staatliche Kommunikation seien gewahrt, das Sachlichkeitsgebot sei nicht verletzt. Die Äußerung stelle keine strafrechtliche Vorverurteilung dar, sondern sei ein vertretbares und allein auf den Text des Gedichts bezogenes Werturteil. Zudem habe die Erklärung ausdrücklich den hohen Wert betont, den die Bundesregierung der Presse- und Meinungsfreiheit beimesse. Daher sei es für die Beurteilung der Äußerung ohne Bedeutung, ob das Gedicht im Kontext betrachtet erlaubte Satire sei. Die öffentliche Erklärung wahre den Grundsatz der Verhältnismäßigkeit. Sie sei durch das Informationsinteresse der Bevölkerung an den deutsch-türkischen Beziehungen und das Ziel transparenten Regierungshandelns gerechtfertigt. Demgegenüber gingen mit der Erklärung keine unangemessenen Nachteile für den Kläger einher.

Gegen die Entscheidung kann der Antrag auf Zulassung der Berufung beim Oberverwaltungsgericht Berlin-Brandenburg gestellt werden.

Urteil der 6. Kammer vom 16. April 2019 (VG 6 K 13.19)

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