Auslegung des Regelungsgehalts eines Unterlassungsvertrags

26. Januar 2022
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Richterhammer auf Tastatur Hinweisbeschluss des OLG Nürnberg vom 16.06.2021 Az.: 3 U 458/21

Das OLG Nürnberg hat in seinem Beschluss darauf hingewiesen, dass bei der Auslegung eines mit einer Vertragsstrafe bewehrten Unterlassungsvertrags neben dem Wortlaut auch die Art und Weise des Zustandekommens des Unterlassungsvertrags unter Berücksichtigung des Abmahnschreibens und der Korrespondenz der Parteien zu berücksichtigen sind. Zudem sind bei gesundheitsbezogener Werbung besonders strenge Anforderungen an die Richtigkeit, Eindeutigkeit und Klarheit der Werbeaussage zu stellen.

Oberlandesgericht Nürnberg

Hinweisbeschluss vom 16.06.2021

Az.: 3 U 458/21

 

Tenor

Der Senat beabsichtigt, die Berufung gegen das Urteil des Landgerichts Ansbach vom 19.01.2021, Az. 5 HK O 138/20, gemäß § 522 Abs. 2 ZPO zurückzuweisen, weil er einstimmig der Auffassung ist, dass die Berufung offensichtlich keine Aussicht auf Erfolg hat, der Rechtssache auch keine grundsätzliche Bedeutung zukommt, weder die Fortbildung des Rechts noch die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung des Berufungsgerichts erfordert und die Durchführung einer mündlichen Verhandlung über die Berufung nicht geboten ist.

Entscheidungsgründe

A.

Der Beklagte war vom Kläger wegen nach §§ 3 HWG, 4 MPG beanstandeten Werbeaussagen im Internet (Anlage K 3) mit Schreiben vom 04.09.2019 abgemahnt (Anlage K 4) worden. Mit Datum 10.09.2019 gab der Beklagte eine strafbewehrte Unterlassungserklärung ab (Anlage K 5), welche der Kläger mit Schreiben vom 16.09.2019 annahm (Anlage K 6).

Nunmehr streitgegenständlich sind erneut unter der Domain „http://c[…].de“ unstreitig getroffene Werbeaussagen des Beklagten für eine sogenannte „Cryosane Kältetherapie“ (Anlage K 7). Mit Schreiben vom 17.12.2019 machte der Kläger gegenüber dem Beklagten seine Rechte auf Unterlassung und Zahlung der durch die Zuwiderhandlung verwirkten Vertragsstrafe geltend (Anlage K 8). Auch nach der Abmahnung (Screenshot der Domain www.cryosane.de vom 28.01.2020, Anlage K 10) und nach Klageerhebung führte der Beklagte seine Internetwerbung unverändert fort (Screenshots der Domain www.c[…].de vom 22.05.2020, Anlage K 21, und vom 15.07.2020, Anlage K 22).

Am 19.01.2021 erließ das Landgericht Ansbach das nachfolgende Endurteil:
1. Der Beklagte wird verurteilt, es bei Meidung eines für jeden Fall der Zuwiderhandlung zu verhängenden Ordnungsgeldes bis zu 250.000,00 €, ersatzweise Ordnungshaft, oder einer Ordnungshaft bis zu sechs Monaten, zu unterlassen, im geschäftlichen Verkehr für eine „Cryosane-Kältetherapie“ wie folgt zu werben:
a) „[Bei der Kryotherapie] wird Kälte mit dem Ziel eingesetzt, gesundheitliche Beschwerden zu behandeln, Schmerzen zu stillen, Muskeln zu regenerieren, den Fettabbau anzuregen, die Haut zu verschönern und das Wohlbefinden zu steigern.“, b) „Bei mehreren unserer Patienten war das Ergebnis der Anwendung von Ganzkörper Kältetherapie für uns und die Patienten beeindruckend. Wir beobachteten bereits nach ca. einer halben Minute Aufenthalt in der Cryosauna bei bis zu -140°C eine Schmerzreduktion sowie eine Zunahme der Beweglichkeit und des Wohlbefindens.“, c) „Rheumatische Erkrankungen lindern
Bei Rheuma und ähnlichen Erkrankungen ist das Ziel die kurzzeitige Schmerzreduktion bis hin zur Linderung.“
und/oder
„Bandscheiben-Rückenbeschwerden, Fibromyalgie etc.
Die Kältebehandlung wird in allerlei Fachrichtungen der Schmerztherapie verwendet, hierzu zählen auch Rückenleiden – der Volkskrankheit Nr. 1. Ziel ist es, Beschwerden welche durch Arthrose, Arthritis und Morbus Sudeck hervorgerufen werden, zu verbessern.“
und/oder
„Multiple Sklerose
Cryosauna-Einsätze können bei Multiples Sklerose positive Effekte auslösen:
– Steigerung der Beweglichkeit
– Erhöhung des Wohlbefindens
– Linderung der Schmerzen“ und/oder
„Tinnitus
Durch die verbesserte Durchblutung des Innenohrs kann auch Ihr Tinnitus verbessert werden“
und/oder
„Stärkung des Immunsystems
Durch die Ganzkörper-Kältebehandlung soll das Immunsystem gestärkt werden.“
und/oder
„Schlafstörungen
Der regelmäßige Cryosauna-Einsatz kann zu einem ruhigeren und tieferen Schlaf führen.“
und/oder
„Weitere mögliche positive Effekte der Cryosauna
– Verbesserung des Hautbildes
– Linderung chronischer Beschwerden
– Erleichterung bei der Gewichtsabnahme
– Seelischer Ausgleich
– Geistige Fitness
– Entspannung“.
d) „Die Cryosauna kann positive Wirkeffekte, die für den Leistungssportler und den ambitionierten Freizeitsportler relevant sind, hervorrufen.
Sie kann vor und nach dem Training und Wettkampf die Regeneration steigern. Zudem hat die Kältetherapie auch das Ziel nach einem Einsatz ohne Nebenwirkungen schnell wieder fit zu werden.“
und/oder
„Steigerung der Leistungsfähigkeit durch Eiskammer
In den 3 Minuten der Kryotherapie können positive Effekte für Ihre Leistungsbereitschaft erzielt werden.“
und/oder
„Ihre Muskeln können sich extrem mit Sauerstoff anreichern“ und/oder
„Entzündungsstoffe werden abtransportiert“ und/oder
„Die aerobe und anaerobe Leistungsfähigkeit kann zunehmen.
Sie erhalten einen enormen Energieschub und damit eine Leistungssteigerung.
Sie verbessern Ihr Wohlbefinden und lassen Ihre Konkurrenz im wahrsten Sinne des Wortes alt aussehen.“
und/oder
„Schnellere Regeneration durch Kryobehandlung
Nur wer die Kunst des Regenerierens beherrscht, kann im Training Stärke zeigen.
Mit der Kryobehandlung kann eine schnellere Regeneration ermöglicht werden.“
und/oder
„Behandlung von Verletzungen mit Kältebehandlung
Durch den gezielten Einsatz der Kryotherapie kann die Ausfallzeit nach Verletzungen reduziert werden.“
und/oder
„Wiederherstellung nach Muskelfaserrissen, Verstauchungen und sogar nach Operationen.
Geschwächtes, erschöpftes Gewebe wird in der Wiederherstellung sehr stark positiv beeinflusst“
und/oder
„Bodyshaping mit Kryobehandlung
Bei der Kryobehandlung können bis zu 700 kcal in 3 Minuten verbrannt werden.“
und/oder
„Im Kraftsport und Fitness wird die Kältekammer auch als Unterstützung der Definitionsphase herbeigezogen. Die Kältetherapie ist nichts anderes, als ein guter Trainingsreiz, der in sehr kurzer Zeit auf den Körper wirken soll“, e) „Wellness & Beauty
Ob Cellulitebehandlung, generelle Verschönerung des Hautbildes, Verbrennung von 700 Kalorien pro Anwendung, Ausschüttung von Glückshormonen und Steigerung der Lebensfreude – in Sachen Beauty gibt es viele Anwendungsgebiete.“
und/oder
„Cellulite Reduktion
Regelmäßige Kryosauna Gänge können durch Ankurbelung des Fettstoffwechsels bei der Reduktion der unliebsamen Dellen helfen“ und/oder
„Gewichtsabnahme durch Kryobehandlung
Bei der Kryobehandlung können bis zu 700 kcal in 3 Minuten verbrannt werden.“
und/oder
„Bodyshaping mit Ganzkörper-Kryotherapie
Die Ganzkörper-Kryotherapie kann dafür sorgen das Bindegewebe zu festigen sodass sich schlaffe Anteile zurückziehen“.
2. Der Beklagte wird verurteilt, an den Kläger 22.000,00 € nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 08.01.2020 zu zahlen.
3. Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.

Zur Begründung führte das Landgericht u.a. aus, dass unstreitig sei, dass sich nach Abgabe der Unterlassungserklärung die austenorierten Werbeaussagen auf der Internetseite des Beklagten befunden hätten. Vor diesem Hintergrund habe der Beklagte gegen den Unterwerfungsvertrag verstoßen.

Gegen dieses Urteil wendet sich der Beklagte in seiner Berufung. Er beantragt, unter Abänderung des Endurteils des Landgerichts Ansbach vom 19.01.2021 die Klage abzuweisen. Zur Begründung führt er u.a. aus, dass das Landgericht Ansbach verkannt habe, dass nicht nur Änderungen der Formulierungen im Vergleich zum Unterwerfungsvertrag stattgefunden hätten, sondern dass auch der Sinngehalt der Aussagen maßgeblich verändert worden sei. Darüber hinaus sei der Zahlungsanspruch in Höhe von 22.000 € vollkommen überzogen.

Der Kläger beantragt die Zurückweisung der Berufung des Beklagten. Darüber hinaus beantragt er im Rahmen der Anschlussberufung, dem Beklagten auch folgende Werbeaussage zu verbieten:
„Durch unsere Erfahrungen sind wir davon überzeugt, dass eine kurzzeitige Einwirkung extremer Kälte dazu eingesetzt werden kann, um Schmerzen zu lindern, entzündliche Prozesse einzudämmen, verkrampfte Muskulatur zu lockern und das Immunsystem zu stärken“.
B.

Das angefochtene Urteil hält den Berufungsangriffen stand. Der Beklagte hat weder neue berücksichtigungsfähige Tatsachen vorgetragen (§ 529 Abs. 2 Nr. 2 ZPO) noch konkrete Anhaltspunkte aufgezeigt, die Zweifel an der Richtigkeit und Vollständigkeit der entscheidungserheblichen Tatsachenfeststellungen des Landgerichts begründen würden (§ 529 Abs. 1 Nr. 1 ZPO). Es ist daher von dem im angefochtenen Urteil zugrunde gelegten Sachverhalt auszugehen. Dieser rechtfertigt weder eine andere Entscheidung noch ist eine Rechtsverletzung vorgetragen, auf der die erstinstanzliche Entscheidung beruhen würde (§ 513 Abs. 1 ZPO).
I.

Zwischen den Parteien ist durch das Schreiben des Beklagten vom 10.09.2019, mit welchem dieser eine – im Vergleich zur Abmahnung leicht abgeänderte – strafbewehrte Unterlassungserklärung abgab, und der Annahmeerklärung durch den Kläger vom 16.09.2019 ein Unterwerfungsvertrag zustande gekommen (vgl. BGH, GRUR 2006, 878, Rn. 13 ff. – Vertragsstrafevereinbarung).

Bei Verstößen gegen die darin vereinbarte Unterlassungspflicht kann der Gläubiger der Unterwerfung neben der Forderung der Vertragsstrafe i.S.v. § 339 BGB (vgl. dazu BGH, GRUR 2014, 909, Rn. 11 – Ordnungsmittelandrohung nach Prozessvergleich) den Verletzer auf Unterlassung in Anspruch nehmen (BGH, GRUR 1995, 678, juris-Rn. 22 – Kurze Verjährungsfrist). Die Geltendmachung des vertraglichen Unterlassungsanspruchs setzt dabei keine Erstbegehungs- oder Wiederholungsgefahr – und damit keine Wettbewerbswidrigkeit – voraus (BGH, GRUR 1999, 522, juris-Rn. 41 – Datenbankabgleich).
II.

Der geltend gemachte Unterlassungsanspruch im vom Erstgericht austenorierten Umfang ergibt sich – wie dessen Auslegung zeigt – aus dem Unterwerfungsvertrag vom 16.09.2019.

1. Die Reichweite der Unterlassungsverpflichtung einer Unterwerfungsvereinbarung ist durch Auslegung nach den allgemeinen für die Vertragsauslegung geltenden Grundsätzen (§§ 133, 157 BGB) zu ermitteln. Maßgebend ist demnach der wirkliche Wille der Vertragsparteien, bei dessen Ermittlung neben dem Erklärungswortlaut die beiderseits bekannten Umstände wie insbesondere die Art und Weise des Zustandekommens der Vereinbarung, deren Zweck, die Wettbewerbsbeziehung zwischen den Vertragsparteien sowie deren Interessenlage heranzuziehen sind (BGH, GRUR 2015, 258, Rn. 57 – CT-Paradies). Es ist eine nach beiden Seiten interessengerechte Auslegung der Vereinbarung (BGH, NJW 2009, 1882, Rn. 32 – Kinderwärmekissen) unter Berücksichtigung der nachfolgenden Kriterien vorzunehmen:

Maßgeblich ist für die Auslegung in erster Linie der gewählte Wortlaut der Vertragserklärungen und der diesem zu entnehmende objektive Parteiwille (BGH, a.a.O., Rn. 32 – Kinderwärmekissen). Dabei geht ein vom objektiven Erklärungsinhalt einer Formulierung übereinstimmend abweichendes Verständnis der Vertragsparteien dem objektiven Erklärungsinhalt vor (BGH, a.a.O. Rn. 58, 59 – CT-Paradies).

Neben dem Wortlaut sind für die Auslegung die beiderseits bekannten Umstände, der Zweck der Vereinbarung und die wettbewerbsrechtlich relevanten Beziehungen zwischen den Vertragspartnern und ihre Interessenlage maßgeblich (BGH, GRUR 2001, 758, juris-Rn. 15 – Trainingsvertrag). Zu diesen Umständen gehört auch die Art und Weise des Zustandekommens des Unterlassungsvertrags unter Berücksichtigung des Abmahnschreibens und der Korrespondenz der Parteien (Büscher, in Fezer/Büscher/Obergfell, UWG, 3. Aufl. 2016, § 8 Rn. 176).

Ein entscheidender Gesichtspunkt ist schließlich die Tatsache, dass mit der Unterwerfungserklärung, die Grundlage des Unterlassungsvertrags ist, regelmäßig bezweckt wird, die durch eine Verletzungshandlung eingetretene Vermutung der Wiederholungsgefahr auszuräumen, damit der Unterlassungsanspruch des Gläubigers in Wegfall gerät. Daher ist eine Unterlassungsverpflichtungserklärung im Allgemeinen dahin auszulegen, dass sie sich – über den Wortlaut der Erklärung hinaus – auch auf im Kern gleichartige Verletzungsformen beziehen soll, die gleichfalls das Charakteristische der verletzenden Handlung aufweisen (BGH, NJW-RR 2003, 1278, juris-Rn. 21 – Olympiasiegerin; BGH, GRUR 2009, 418, Rn. 18 – Fußpilz; BGH, a.a.O. Rn. 58 – CT-Paradies). Allerdings kann die Auslegung des Unterlassungsvertrages auch ergeben, dass dieser bewusst eng auf die bezeichnete konkrete Verletzungsform bezogen ist (BGH, NJW 1997, 3087, juris-Rn. 24 – Sekundenschnell).

Bei gesundheitsbezogener Werbung ist in diesem Zusammenhang zu berücksichtigen, dass bei dieser besonders strenge Anforderungen an die Richtigkeit, Eindeutigkeit und Klarheit der Werbeaussage zu stellen sind, da mit irreführenden gesundheitsbezogenen Angaben erhebliche Gefahren für das hohe Schutzgut des Einzelnen sowie der Bevölkerung verbunden sein können (BGH, GRUR 2013, 649, Rn. 15 – Basisinsulin mit Gewichtsvorteil). Diese strengen Anforderungen für eine Werbung, die der angebotenen Ware oder Dienstleistung gesundheitliche Wirkungen beilegt, wirken sich auch bei der Auslegung des Unterwerfungsvertrags mit Werbebehauptungen für eine „Cryosane-Kältetherapie“ zur Behandlung und Linderung gesundheitlicher Beschwerden aus.

2. Im Streitfall ist der zwischen den Parteien zustande gekommene Unterlassungsvertrag auf ein Verbot der konkreten Verletzungsform, d.h. auf ein Verbot der in der Unterlassungserklärung unter den Ziffern 1.1. bis 1.8.4. wiedergegebenen Aussagen gerichtet, und zwar im werblichen Umfeld der Internetwerbung unter der Domain „http://c[…].de“ (Anlage K 3). Dies ergibt sich aus dem Abmahnschreiben der Klagepartei, welches zur Auslegung heranzuziehen ist. Zwar sind die in der Unterlassungserklärung genannten Aussagen unter den Ziffern 1.1. bis 1.8.4. nicht mit der Angabe „und/oder“ verknüpft. Dem Abmahnschreiben des Klägers und der diesem beigefügten vorformulierten Unterlassungserklärung, die der Beklagte im Hinblick auf den Verbotsumfang vollständig übernahm, war allerdings zu entnehmen, dass der Kläger jede einzelne der betreffenden Aussagen als wettbewerbswidrig beanstandet hat. Da sich aus der nachfolgenden Korrespondenz nicht ergibt, dass sich der Beklagte nur zur Unterlassung der Verwendung aller Aussagen auf einer Internetseite verpflichten wollte, ist die von ihm abgegebene Unterlassungserklärung dahin zu interpretieren, dass diese nicht auf ein einheitliches kumulatives Verbot aller Angaben, sondern jeweils auf ein isoliertes Verbot der einzelnen Aussagen gerichtet ist.

Darüber hinaus ist der Unterlassungsvertrag unter Beachtung der oben wiedergegebenen Rechtsgrundsätze dahin auszulegen, dass er auch im Kern gleichartige Verletzungsformen erfassen soll, d.h. Internetwerbungen, in denen sich das Charakteristische der zu unterlassenden Werbung wiederfindet. Der Umstand, dass sich der Unterlassungsvertrag vom 16.09.2019 seinem Wortlaut nach nur auf konkrete Werbeaussagen bezieht, bedeutet nicht, dass sich die vertragliche Unterlassungspflicht auf diese beschränkt. Denn wie bereits ausgeführt besteht der Zweck des Unterlassungsvertrages darin, nach einer Verletzungshandlung die Vermutung der Wiederholungsgefahr durch eine vertragsstrafenbewehrte Unterlassungsverpflichtung auszuräumen und damit die Einleitung eines gerichtlichen Verfahrens entbehrlich zu machen. Und die Vermutung der Wiederholungsgefahr gilt nicht allein für die genau identische Verletzungsform, sondern umfasst auch alle im Kern gleichartigen Verletzungsformen. Eine einschränkende Auslegung ist auch nicht aufgrund der Abmahnkorrespondenz veranlasst.

3. Unter Berücksichtigung dieses rechtlichen Maßstabs ist die Auslegung des Landgerichts, wonach der Beklagte mit den streitgegenständlichen Werbeaussagen – die er unstreitig auf seiner Homepage getroffen hatte – gegen seine Verpflichtungen aus dem Unterlassungsvertrag vom 16.09.2019 verstoßen habe, nicht zu beanstanden.

a) Der Unterlassungsvertrag enthält die Verpflichtung, die folgende Angabe zu unterlassen:
„Bei der Kyrotherapie (…) wird Kälte eingesetzt, um gesundheitliche Beschwerden zu behandeln, Schmerzen zu stillen, Muskeln zu regenerieren, den Fettabbau anzuregen, die Haut zu verschönern.“

Die neue Werbung des Beklagten unter www.c[…].de lautet u.a. wie folgt:
„Bei der Kyrotherapie […] handelt es sich um eine spezielle Therapieform. Dabei wird Kälte mit dem Ziel eingesetzt, gesundheitliche Beschwerden zu behandeln, Schmerzen zu stillen, Muskeln zu regenerieren, den Fettabbau anzuregen, die Haut zu verschönern und das Wohlbefinden zu steigern. […]“
Die neue Werbung ist als kerngleich mit der Werbung anzusehen, zu deren Unterlassung sich der Beklagte verpflichtet hat. Denn das Charakteristische der ursprünglichen Werbung bestand in der Behauptung, dass Kälte zur Behandlung gesundheitlicher Beschwerden etc. eingesetzt werden könne. Dies kommt auch in der neuen Werbung zum Ausdruck.
b) Der Beklagte hat sich in dem Unterlassungsvertrag verpflichtet, die folgende Angabe zu unterlassen:
„Dabei ist die Wirkung der Ganzkörperkältetherapie beeindruckend, denn es kommt bereits nach ca. einer halben Minute Aufenthalt in der Cryosauna bei bis zu -140°C zu einer Zunahme der Beweglichkeit […]“

Der Beklagte wirbt nunmehr unter www.c[…].de wie folgt:
„Bei mehreren unserer Patienten war das Ergebnis der Anwendung von Ganzkörperkältetherapie für uns und die Patienten beeindruckend. Wir beobachteten bereits nach ca. einer halben Minute Aufenthalt in der Cryosauna bei bis zu -140°C eine Schmerzreduktion sowie eine Zunahme der Beweglichkeit und des Wohlbefindens.“

Das Landgericht ging zutreffend von einem Verstoß aus. Die Einschränkung, dass das Ergebnis „bei mehreren unserer Patienten“ „für uns und die Patienten“ beeindruckend gewesen sei, entspricht der zu unterlassenden Aussage: „Dabei ist die Wirkung der Ganzkörperkältetherapie beeindruckend“. Durch die Umformulierung wird entgegen der Rechtsauffassung des Beklagten nicht auf einen konkreten Einzelerfahrungsbericht Bezug genommen, sondern es wird in allgemeiner Form eine beeindruckende Wirkung geschildert.

c) Der Unterwerfungsvertrag enthält weiter die Verpflichtung, folgende Werbeaussagen zu unterlassen:
„Rheumatische Erkrankung lindern
Bei Rheuma und ähnlichen Erkrankungen ist der positive Effekt der Kältetherapie auf den Körper enorm. Es findet eine sofortige Schmerzreduktion, bis hin zu Linderung statt.“
„Bandscheiben-Rückenbeschwerden, Fibromyalgie etc. behandeln
„Arthrose“
„Arthritis“
„Morbus Sudeck und viele weitere Gelenkserkrankungen werden durch eine Behandlung dieser Art verbessert“,
„Multiple Sklerose verbessern
Cryosauna-Einsätze zeigen auch bei Multiple Sklerose viele positive Effekte:
– Steigerung der Beweglichkeit
– Linderung der Schmerzen“
„Durch die verbesserte Durchblutung des Innenohrs kann auch Ihr Tinnitus verbessert werden“
„Stärkung des Immunsystems durch Ganzkörper-Kältetherapie
Durch die Ganzkörper-Kältetherapie wird das Immunsystem gestärkt und grippale Infekte werden weniger“
„Schlafstörungen mindern durch Kältetherapie
Durch den regelmäßigen Cryosauna Einsatz kommt es zu einem ruhigeren und tieferen Schlaf“
„Weitere positive Effekte der Cryosauna
Linderung chronischer Beschwerden
Stabilisierung des Herz-Kreislauf-Systems
Seelischer Ausgleich
Geistige Fitness“

Der Beklagte wirbt nunmehr mit folgenden Aussagen:
„RHEUMATISCH ERKRANKUNGEN LINDERN
Bei Rheuma und ähnlichen Erkrankungen ist das Ziel die kurzzeitige Schmerzreduktion bis hin zur Linderung.“
„BANDSCHEIBEN-RÜCKENBESCHWERDEN, FIBROMYALGIE ETC.
Die Kältebehandlung wird in allerlei Fachrichtungen der Schmerztherapie verwendet, hierzu zählen auch Rückenleiden – der Volkskrankheit Nr. 1. Ziel ist es, Beschwerden welche durch Arthrose, Arthritis und Morbus Sudeck hervorgerufen werden, zu verbessern.“
„MULTIPLE SKLEROSE
Cryosauna-Einsätze können bei Multiples Sklerose positive Effekte auslösen:
– Steigerung der Beweglichkeit
– Erhöhung des Wohlbefindens
– Linderung der Schmerzen“
„TINNITUS
Durch die verbesserte Durchblutung des Innenohrs kann auch Ihr Tinnitus verbessert werden“
„STÄRKUNG DES IMMUNSYSTEMS
Durch die Ganzkörper-Kältebehandlung soll das Immunsystem gestärkt werden.“
„SCHLAFSTÖRUNGEN
Der regelmäßige Cryosauna-Einsatz kann zu einem ruhigeren und tieferen Schlaf führen.“
„WEITERE MÖGLICHE POSITIVE EFFEKTE DER CRYOSAUNA – Verbesserung des Hautbildes
– Linderung chronischer Beschwerden
– Erleichterung bei der Gewichtsabnahme
– Seelischer Ausgleich
– Geistige Fitness
– Entspannung“

Diese Werbeaussagen auf der Website des Beklagten sind kerngleich mit den in der Unterlassungserklärung enthaltenen Aussagen. Soweit die Aussagen nunmehr dahingehend formuliert sind, dass die genannten Wirkungen eintreten „können“ oder „sollen“, handelt es lediglich um eine derart geringe Relativierung der Werbebehauptungen, dass deren Kerngehalt gegenüber der zu unterlassenden Aussagen nicht abgeändert ist. Denn nach dem insoweit maßgeblichen Verständnis der angesprochenen Verkehrskreise handelt es sich weiterhin um Heils- bzw. Wirksamkeitsversprechungen. In diesem Zusammenhang ist zu berücksichtigen, dass auch nach den insoweit maßgeblichen gesetzlichen Vorschriften die Eignung, bei den angesprochenen Verkehrskreisen eine unrichtige Vorstellung über die wesentlichen Eigenschaften eines Mittels hervorzurufen, somit die Gefahr einer Täuschung ausreichend ist.

d) Der Unterwerfungsvertrag enthält die Verpflichtung, folgende Werbeaussagen zu unterlassen:
„Die Cryosauna […] steigert vor und nach dem Training und Wettkampf signifikant die Regeneration, verkürzt Ausfallzeiten und erhöht die Leistung.“
„Steigerung der Leistungsfähigkeit durch Eiskammer
In den 3 Minuten der Kryotherapie erzielen Sie viele positive Effekte für Ihre Leistungsbereitschaft“
„Ihre Muskeln reichern sich extrem mit Sauerstoff an“
„Entzündungsstoffe werden umgehend abtransportiert“
„Die aerobe und anaerobe Leistungsfähigkeit nimmt zu. Sie erhalten einen enormen Energieschub und damit eine Leistungssteigerung.“
„Schnellere Regeneration durch Kryobehandlung
Mit der Kryobehandlung regenerieren Sie sich bis zu 50% schneller. Zudem lösen Sie Verspannungen durch die Veränderung des Muskeltonus und reduzieren den Muskelkater“
„Behandlung von Verletzungen mit Kryotherapie
Durch den gezielten Einsatz der Kryotherapie wird die Ausfallzeit nach Verletzungen drastisch reduziert“
„Wiederherstellung nach Muskelfaserrissen, Verstauchungen und sogar nach Operationen
Geschwächtes, erschöpftes Gewebe wird in der Wiederherstellung sehr stark positiv beeinflusst“
„Bodyshaping mit Kryobehandlung
Bei der Kryobehandlung werden bis zu 700 kcal in 3 Minuten verbrannt“
„Im Kampfsport und Fitness wird die Kältekammer auch als Unterstützung der Definitionsphase herbeigezogen. Die Kältetherapie ist nichts anderes, als ein guter Trainingsreiz, der in sehr kurzer Zeit auf den Körper wirkt“.

Nunmehr wirbt der Beklagte unter www.c[…].de wie folgt:
„Die Cryosauna kann positive Wirkeffekte, die für den Leistungssportler und den ambitionierten Freizeitsportler relevant sind, hervorrufen. Sie kann vor und nach dem Training und Wettkampf die Regeneration steigern. Zudem hat die Kältetherapie auch das Ziel nach einem Einsatz ohne Nebenwirkungen schnell wieder fit zu werden.“
„STEIGERUNG DER LEISTUNGSFÄHIGKEIT DURCH EISKAMMER
In den Minuten der Kryotherpaie können positive Effekte für Ihre Leistungsbereitschaft erzielt werden.“
„Ihre Muskeln können sich extrem mit Sauerstoff anreichern“
„Entzündungsstoffe werden abtransportiert“
„Die aerobe und anaerobe Leistungsfähigkeit kann zunehmen.
Sie erhalten einen enormen Energieschub und damit eine Leistungssteigerung. Sie verbessern Ihr Wohlbefinden und lassen Ihre Konkurrenz, im wahrsten Sinne des Wortes alt aussehen.“
„SCHNELLERE REGENERATION DURCH KRYOBEHANDLUNG
Nur wer die Kunst des Regenerierens beherrscht, kann im Training Stärke zeigen. Mit der Kryobehandlung kann eine schnellere Regeneration ermöglicht werden.“
„BEHANDLUNG VON VERLETZUNGEN MIT KRYOTHERAPIE
Durch den gezielten Einsatz der Kryotherapie kann die Ausfallzeit nach Verletzungen reduziert werden.“
„Wiederherstellung nach Muskelfaserrissen, Verstauchungen und sogar nach Operationen.
Geschwächtes, erschöpftes Gewebe wird in der Wiederherstellung sehr stark positiv beeinflusst“
„BODYSHAPING MIT KRYOBEHANDLUNG
Bei der Kryobehandlung können bis zu 700 kcal in 3 Minuten verbrannt werden.“
„Im Kraftsport und Fitness wird die Kältekammer auch als Unterstützung der Definitionsphase herbeigezogen. Die Kältetherapie ist nichts anderes, als ein guter Trainingsreiz der in sehr kurzer Zeit auf den Körper wirken soll“

Auch insoweit entsprechen die Werbeaussagen auf der Website des Beklagten den in der Unterlassungserklärung enthaltenen Aussagen, so dass diese durch den Beklagten zu unterlassen sind. Auf die obigen Ausführungen unter Ziffer B.II.3.c) wird Bezug genommen.

e) Der Unterlassungsvertrag enthält schließlich die Verpflichtung, folgende Werbeaussagen zu unterlassen:
„Einsatzbereich WELLNESS & BEAUTY
Ob Cellulite Behandlung, generelle Verschönerung des Hautbildes, Verbrennung von 700 Kalorien pro Anwendung, Ausschüttung von Glückshormonen und Steigerung der Lebensfreude – in Sachen Beauty sind der Ganzkörper-Kryotherapie keine Grenzen gesetzt“
„Cellulite Reduktion
Regelmäßige Cryosauna Gänge helfen durch Ankurbelung des Fettstoffwechsels bei der Reduktion der unliebsamen Dellen“
„Gewichtsabnahme durch Kryobehandlung
Abnehmen mit Kälte. Bei der Kryobehandlung werden bis zu 700 kcal in 3 Minuten verbrannt. Das ist so viel wie 1 Stunde Schwimmen“
„Die Ganzkörper-Kryotherapie hilft das Bindegewebe zu festigen und sorgt dafür, dass sich schlaffe Anteile zurückziehen.“

Nunmehr wirbt der Beklagte unter www.c[…].de wie folgt:
„WELLNESS & BEAUTY
Ob Cellulitebehandlung, generelle Verschönerung des Hautbildes, Verbrennung von 700 Kalorien pro Anwendung, Ausschüttung von Glückshormonen und Steigerung der Lebensfreude – in Sachen Beauty gibt es viele Anwendungsgebiete.“
„CELLULITE REDUKTION
Regelmäßige Kryosauna Gänge können durch Ankurbelung des Fettstoffwechsels bei der Reduktion der unliebsamen Dellen helfen“
„GEWICHTSABNAHME DURCH KRYOBEHANDLUNG
Bei der Kryobehandlung können bis zu 700 kcal in 3 Minuten verbrannt werden.“
„BODYSHAPING MIT GANZKÖRPER-KRYOTHERAPIE
Die Ganzkörper-Kryotherapie kann dafür sorgen das Bindegewebe zu festigen sodass sich schlaffe Anteile zurückziehen.“

Auch insoweit entsprechen die Werbeaussagen auf der Website des Beklagten den in der Unterlassungserklärung enthaltenen Aussagen, so dass diese durch den Beklagten zu unterlassen sind. Auf die obigen Ausführungen unter Ziffer B.II.3.c) wird Bezug genommen.

4. Der vom Beklagten eingeblendete „Haftungsausschluss“ steht dem geltend gemachten Unterlassungsanspruch nicht entgegen.

a) Der Beklagte trägt – vom Kläger bestritten – vor, eine als „Haftungsausschluss“ bezeichnete Internetseite (als sogenanntes „Pop-Up“) mit folgendem Inhalt der streitgegenständlichen Werbung vorzuschalten:
Wir weisen Sie darauf hin, dass es sich bei allen von uns dargestellten Methoden der Kältetherapie um Verfahren aus der Erfahrungsmedizin handelt.
Wir sind von der Wirksamkeit aufgrund persönlicher Anwendungserfahrung überzeugt. Wir weisen sie jedoch hiermit ausdrücklich darauf hin, dass uns bislang keine empirischen wissenschaftlich fundierte Studien bekannt sind, welche eine Wirksamkeit bei einem der hier vorgestellten oder anderen Anwendungsfällen bestätigt hätten. Insbesondere sind uns keine Studien über die Methoden der Kältetherapie bekannt, welche nach allgemein anerkannten wissenschaftlich fundierten Standards (sog. Doppelblindstudie) durchgeführt worden wären.
Die Anwendung erfolgt daher ausschließlich aufgrund unserer subjektiven Erfahrung.
Genauso gut kann die Kältetherapie bei einer Anwendung bei Ihnen nicht zu den dargestellten Folgen führen.
Ferner weisen wir darauf hin, dass uns auch zu der Grundannahme der Methoden der Kältetherapie, nämlich dass diese sich auf Körper, Geist oder Seele auswirken können, ebenfalls keine wissenschaftlichen Studien vorliegen. Insbesondere sind uns auch hier keine Studien bekannt, die nach anerkannten wissenschaftlichen Standards (sog. Doppelblindstudie) durchgeführt worden wären und diese Grundannahme verifizierten oder falsifizierten. […]“

b) Dieser „Haftungsausschluss“, bei dem der Senat zugunsten des Beklagten unterstellt, dass er als Pop-Up-Fenster vor die Werbung geschaltet war, kann im Bereich der gesundheitsbezogenen Werbung auch bei der Geltendmachung eines vertraglichen Unterlassungsanspruchs die Haftung nicht ausschließen.

aa) Bei einem gesetzlichen Unterlassungsanspruch nach §§ 3 Abs., 3a UWG, § 3 S. 1 und 2 Nr. 1 HWG gilt im Interesse des Gesundheitsschutzes der Bevölkerung für Angaben mit fachlichen Aussagen auf dem Gebiet der gesundheitsbezogenen Werbung generell, dass die Werbung nur zulässig ist, wenn sie gesicherter wissenschaftlicher Erkenntnis entspricht (sog. „Strengeprinzip“). Diese Voraussetzung ist nicht gegeben, wenn dem Werbenden jegliche wissenschaftlich gesicherten Erkenntnisse fehlen, die die werbliche Behauptung stützen können. Darüber hinaus kann es irreführend sein, wenn eine Werbeaussage auf Studien gestützt wird, die diese Aussage nicht tragen (BGH, GRUR 2021, 513, Rn. 17 – Sinupret). Studienergebnisse, die in der Werbung oder im Prozess als Beleg einer gesundheitsbezogenen Aussage angeführt werden, sind grundsätzlich nur dann hinreichend aussagekräftig, wenn sie nach den anerkannten Regeln und Grundsätzen wissenschaftlicher Forschung durchgeführt und ausgewertet wurden. Dies erfordert nach dem sog. „wissenschaftlichen Goldstandard“ im Regelfall, dass eine randomisierte, placebokontrollierte Doppelblindstudie mit einer adäquaten statistischen Auswertung vorliegt, die durch Veröffentlichung in den Diskussionsprozess der Fachwelt einbezogen worden ist (BGH, a.a.O., Rn. 20 – Sinupret). Dabei muss der vom Werbenden in Anspruch genommene Stand der Wissenschaft bereits im Zeitpunkt der Werbung dokumentiert sein. Nicht ausreichend ist es hingegen, wenn der Werbende sich erst im Laufe des Prozesses auf die Einholung eines Sachverständigengutachtens beruft. Ein erst nachträglich eingeholtes Gutachten könnte nämlich den Vorwurf nicht entkräften, mit einer im Zeitpunkt der Werbung nicht belegten Aussage geworben zu haben (BGH, a.a.O., Rn. 34 – Sinupret).

Darüber hinaus ist darauf hinzuweisen, dass der Werbende eine Irreführung des Verkehrs durch einen aufklärenden Hinweis nur dann verhindern kann, wenn dieser für den Durchschnittsverbraucher klar und unmissverständlich ist (Helm/Sonntag/Burger, in Gloy/Loschelder/Danckwerts, Wettbewerbsrecht, 5. Aufl. 2019, § 59 Rn. 96). Voraussetzung ist, dass der Hinweis am Blickfang teilhat und dadurch eine Zuordnung zu den Werbeangaben gewahrt bleibt. Dies ist dann anzunehmen, wenn davon auszugehen ist, dass der situationsadäquat aufmerksame Verbraucher die aufklärenden Hinweise wahrnimmt (BGH, GRUR 2007, 981, Rn. 23 – 150% Zinsbonus).

bb) Vor diesem Hintergrund würde im Streitfall der „Haftungsausschluss“ des Beklagten der Geltendmachung eines gesetzlichen Unterlassungsanspruchs nicht entgegenstehen.

Zum einen ist eine Werbung mit gesundheitsbezogenen Angaben nur zulässig, wenn sie gesicherter wissenschaftlicher Erkenntnis entspricht und der vom Werbenden in Anspruch genommene Stand der Wissenschaft bereits im Zeitpunkt der Werbung dokumentiert ist. Ein Disclaimer, der die gesundheitsbezogenen Werbeaussagen dadurch zu relativieren versucht, dass diese – entgegen der Vorgaben des „Strengeprinzips“ – nicht gesicherter wissenschaftlicher Erkenntnis entsprechen, reicht nicht aus, um einen Gesetzesverstoß auszuräumen, zumal ein gewisser Widerspruch besteht, wenn einerseits der Verbraucher auf fehlende Studien hingewiesen wird, und gleichzeitig konkrete Heilaussagen zur Bewerbung der Kältetherapie verwendet werden.

Zum anderen fehlt eine Zuordnung des Disclaimers zu den Werbeangaben. Sobald der Benutzer der Website des Beklagten diesen als Pop-Up-Fenster vor die Werbung geschalteten „Haftungsausschluss“ schließt, sind ihm gegenüber die wettbewerbswidrigen Aussagen ohne weitere Einschränkung zugänglich. Die Ausführungen im Haftungsausschluss nehmen somit an der konkreten Werbung nicht mehr teil, wenn der Verbraucher die streitbefangenen Wirkungsauslobungen zu Kenntnis nimmt.

cc) Etwas anders kann auch nicht bei einem Unterlassungsanspruch, der auf einen Unterwerfungsvertrag gestützt ist, gelten. Denn vor dem Hintergrund, dass mit der Unterwerfungserklärung, die Grundlage des Unterlassungsvertrags ist, regelmäßig bezweckt wird, die durch eine Verletzungshandlung eingetretene Vermutung der Wiederholungsgefahr auszuräumen, damit der gesetzliche Unterlassungsanspruch des Gläubigers in Wegfall gerät, ist der Unterwerfungsvertrag dahingehend auszulegen, dass ein offensichtlich dem Gesetz nicht genügender „Haftungsausschluss“ auch einem vertraglichen Unterlassungsanspruch nicht entgegensteht.

5. Bei vertraglich übernommenen Unterlassungspflichten lassen auch unverschuldete Zuwiderhandlungen einen Unterlassungsanspruch entstehen (BGH, GRUR 1960, 307 (309) – Bierbezugsvertrag).
III.

Der Kläger hat nach § 339 S. 2 BGB Anspruch auf eine Vertragsstrafe in Höhe von 22.000,00 €.

1. Der Beklagte hat nach Maßgabe der obigen Ausführungen unter Ziffer II. schuldhaft gegen das Vertragsstrafeversprechen verstoßen. Wenn wie im Streitfall eine Zuwiderhandlung vorliegt, wird das erforderliche Verschulden des Schuldners vermutet (vgl. BGH, GRUR 2017, 823, Rn. 33 – Luftentfeuchter). Diese Vermutung ist nicht widerlegt. Der Beklagte hat, auch im Rahmen einer Parallelwertung in der Laiensphäre, gegen die im Verkehr erforderliche Sorgfalt verstoßen. Bei Anwendung der gebotenen Sorgfalt hätte er erkennen können und müssen, dass bei gesundheitsbezogenen Werbeangaben weder die im Wesentlichen inhaltsleeren Umformulierungen noch das Pop-up-Fenster aus dem Kernbereich des Unterwerfungsvertrags hinausführen. Dieser Fahrlässigkeitsvorwurf gilt insbesondere für die „Fortsetzung“ der Verstöße nach der Abmahnung durch die Klagepartei und der Klageerhebung.

2. Die Klagepartei hat der Berechnung ihres Vertragsstrafenanspruchs zutreffend zwei Verstöße des Beklagten gegen den Unterlassungsvertrag zugrunde gelegt.

a) Die Parteien haben im Unterwerfungsvertrag vereinbart, dass die Vertragsstrafe „für jeden Fall der schuldhaften Zuwiderhandlung“ verwirkt sein soll. Dies führt dazu, dass bereits eine Werbebehauptung als Zuwiderhandlung gegen den Unterlassungsvertrag einen Vertragsstrafenanspruch auslöst. Unter dem Gesichtspunkt der natürlichen Handlungseinheit ist im vorliegenden Fall jedoch auch bei der Verwendung einer Vielzahl von Werbeangaben von nur einem Verstoß gegen den Unterwerfungsvertrag auszugehen.

Wenn es zu einer Mehrzahl von Verstößen gekommen ist, ist zu prüfen, ob diese eine natürliche Handlungseinheit und damit nur eine Handlung darstellen (BGH, GRUR 2015, 1021 Rn. 29 – Kopfhörer-Kennzeichnung. Sie zeichnet sich durch einen engen Zusammenhang der Einzelakte und durch eine auch für Dritte äußerlich erkennbare Zugehörigkeit zu einer Einheit aus (Bornkamm/Feddersen, in Köhler/Bornkamm/Feddersen, UWG, 39. Aufl. 2021, § 13a Rn. 25).

Von einer derartigen natürlichen Handlungseinheit ist im vorliegenden Fall auszugehen. Zwar handelt es sich um eine Vielzahl von Werbebehauptungen. Diese wurden jedoch im Rahmen eines einheitlichen Internetauftritts des Beklagten aufgestellt. Sie beziehen sich allesamt auf Werbebehauptungen im Zusammenhang mit der Kryotherapie.

b) Der Beklagte hat jedoch zwei Vertragsstrafen unter dem Gesichtspunkt der Zäsur verwirkt.

Bei einem Ordnungsmittelverfahren stellt die Zustellung des Ordnungsmittelantrags eine Zäsur dar, die der Annahme einer fortdauernden natürlichen Handlungseinheit entgegensteht. Denn diese gibt dem Vollstreckungsschuldner Anlass, selbstkritisch zu überprüfen, ob sein Verhalten dem titulierten Anspruch gerecht wird. Danach muss die Schuldnerin zwangsläufig erneut eine Entscheidung darüber treffen, ob sie das ihr verbotene Verhalten – unverändert – fortsetzt (BGH, GRUR 2021, 767, Rn. 27, 29 – Vermittler von Studienplätzen).
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Diese Grundsätze können auf den vorliegenden Vertragsstrafenanspruch, wie die Auslegung des Unterlassungsvertrags ergibt, übertragen werden. Auch wenn bei der Auslegung von Unterlassungsverträgen nicht ohne weiteres auf die Grundsätze zur Auslegung von Unterlassungstiteln zurückgegriffen werden kann, ist doch zu berücksichtigen, dass die strafbewehrte Unterlassungsverpflichtung dazu dient, eine gerichtliche Auseinandersetzung zu vermeiden und aus der Sicht des Gläubigers einen Unterlassungstitel zu ersetzen. Es wird deshalb im Allgemeinen dem Interesse weder des Gläubigers noch des Schuldners entsprechen, durch die Unterlassungsverpflichtung schlechter als durch ein entsprechendes Urteil gestellt zu werden (BGH, GRUR 2001, 758, juris-Rn. 19 – Trainingsvertrag).

Im vorliegenden Fall hat der Beklagte auch nach der Abmahnung durch den Kläger sowie ebenfalls nach Klageerhebung mit den streitbefangenen Aussagen geworben. Der Beklagte wäre nach Empfang der Abmahnung sowie Zustellung der Klage jedoch gehalten gewesen, jeweils sein Wettbewerbsverhalten zu überprüfen. Die Abmahnung und jedenfalls die Klageerhebung sind daher geeignet, insgesamt eine Zäsur der Dauerhandlung der Werbung darzustellen, da der Beklagte nach deren Erhalt zwangsläufig erneut eine Entscheidung darüber treffen musste, ob er das Verhalten, zu dessen Unterlassung er sich verpflichtete, unverändert fortsetzt.

3. Die vom Kläger als angemessen angesehene Vertragsstrafe von insgesamt 24.000,00 € entspricht der Billigkeit.

a) Die der Sicherung einer wettbewerbsrechtlichen Unterlassungsverpflichtung dienende Vertragsstrafenvereinbarung kann gemäß § 315 Abs. 1 BGB in der Weise umgesetzt werden, dass dem Gläubiger für den Fall einer künftigen Zuwiderhandlung gegen die Unterlassungspflicht die Bestimmung der Strafhöhe nach seinem billigen Ermessen überlassen bleibt (BGH, GRUR 2010, 355, Rn. 30 – Testfundstelle).

Im vorliegenden Fall sieht der Unterlassungsvertrag vor, dass die Vertragsstrafe „im Streitfall vom zuständigen Gericht zu überprüfen“ sei. Das ist als ein Verweis auf die gesetzliche Regelung des § 315 Abs. 3 BGB zu sehen. Danach ist die getroffene Bestimmung für den anderen Teil nur verbindlich, wenn sie der Billigkeit entspricht, wobei die Vertragsstrafe nicht schlechthin auf ihre „Angemessenheit“, sondern nur darauf zu überprüfen ist, ob sie der Billigkeit entspricht (OLG Düsseldorf, Urteil vom 13.04.2010 – I-20 U 191/09, juris-Rn. 31). Denn dem Bestimmungsberechtigten steht bei der Bestimmung der Strafhöhe ein Ermessensspielraum zu; die Bestimmung ist erst dann durch das Gericht zu ersetzen, wenn die durch § 315 Abs. 3 BGB – mit dem Hinweis auf die Billigkeit – gezogenen Grenzen überschritten sind, nicht dagegen schon dann, wenn das Gericht eine andere Festsetzung für richtig hält. Im Rahmen des § 315 Abs. 3 BGB besteht damit nur ein beschränktes Kontrollrecht und kein Nachbesserungsrecht dahingehend, die Ermessensentscheidung des primär Bestimmungsberechtigten durch eine eigene, für besser und billiger gehaltene zu ersetzen (OLG Karlsruhe, GRUR-RR 2016, 92, Rn. 35 – Seifenblasenflüssigkeit).

b) Bei der Bemessung einer angemessenen Vertragsstrafe kommt es auf die Umstände des Einzelfalls unter Berücksichtigung des Zwecks der Vertragsstrafe an, in erster Linie künftige Wettbewerbsverstöße zu verhindern. Dabei können vor allem auch Art, Schwere und Ausmaß der Zuwiderhandlung, das Verschulden des Verletzers sowie die Gefährlichkeit des Verstoßes für den Gläubiger eine Rolle spielen (BGH, GRUR 2002, 180, juris-Rn. 25 – Weit-Vor-Winter-Schluss-Verkauf). Dem entspricht der seit 02.12.2020 geltende § 13a Abs. 1 UWG. Danach sind bei der Festlegung einer angemessenen Vertragsstrafe als Umstände zu berücksichtigen die Art, das Ausmaß und die Folgen der Zuwiderhandlung (Nr. 1), die Schuldhaftigkeit der Zuwiderhandlung und bei schuldhafter Zuwiderhandlung die Schwere des Verschuldens (Nr. 2), die Größe, Marktstärke und Wettbewerbsfähigkeit des Abgemahnten (Nr. 3) und das wirtschaftliche Interesse des Abgemahnten an erfolgten und zukünftigen Verstößen (Nr. 4).

Diese Grundsätze können auch bei einer nach billigem Ermessen des Gläubigers vorzunehmenden Bestimmung der Höhe einer durch die Zuwiderhandlung gegen eine vertragliche Unterlassungsverpflichtung verwirkten Vertragsstrafe zugrunde gelegt werden (vgl. OLG Celle, WRP 2015, 475, Rn. 25).
c) Unter Berücksichtigung dieses rechtlichen Maßstabs entspricht die Vertragsstrafe von insgesamt 24.000,00 € der Billigkeit im Sinne von § 315 Abs. 3 BGB.

Für den ersten Verstoß – bis zur Abmahnung/Klageerhebung – ist eine Vertragsstrafe von 10.000,00 € nicht zu beanstanden. Dabei ist einerseits zu berücksichtigen, dass es sich um einen erstmaligen Verstoß handelt, dass die Verletzungshandlung nur fahrlässig erfolgte und dass der Beklagte durch Umformulierungen und den Disclaimer ein gewisses Bemühen zeigte, den Anforderungen des Unterwerfungsvertrags zu genügen. Anderseits ist zu beachten, dass sich der Verstoß des Beklagten auf insgesamt 22 Werbebehauptungen erstreckte, dass die Werbung im Internet erfolgte und damit einem großen Kreis an Empfängern zugänglich gemacht wurde sowie dass es sich um Werbeaussagen mit Heils- bzw. Wirksamkeitsversprechungen handelte und damit erhebliche Gefahren für das hohe Schutzgut der Gesundheit verbunden waren.
Für den zweiten Verstoß entspricht eine erhöhte Vertragsstrafe von 14.000,00 € der Billigkeit. Den bei diesem ist zusätzlich die wiederholte Zuwiderhandlung in die Bemessung einzustellen.
d) Da das Landgericht jedoch lediglich 22.000,00 € zugesprochen und der Kläger lediglich Anschlussberufung eingelegt hat, ist der Senat daran gebunden.
C.
Da die Berufung keine Aussicht auf Erfolg hat, legt das Gericht aus Kostengründen die Rücknahme der Berufung nahe. Im Falle der Berufungsrücknahme ermäßigen sich vorliegend die Gerichtsgebühren von 4,0 auf 2,0 Gebühren (vgl. Nr. 1222 des Kostenverzeichnisses zum GKG).
Mit der Rücknahme oder Zurückweisung der Berufung verliert die Anschlussberufung ihre Wirkung (§ 524 Abs. 4 ZPO).
Hierzu besteht Gelegenheit zur Stellungnahme binnen zwei Wochen nach Zustellung dieses Hinweises.

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