Ein innerhalb der Widerrufsfrist zurückgesendetes Buch unterliegt der Buchpreisbindung

23. März 2017
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Bücherstapel mit einem aufgeschlagenen Buch auf Holz Urteil des LG Nürnberg-Fürth vom 25.11.2016, Az.: 4 HK O 6816/16

Grundsätzlich dürfen nach dem Prinzip der Buchpreisbindung neue Bücher nur zum gebundenen Ladenpreis verkauft werden. Ausgenommen von dieser Regelung sind unter anderem gebrauchte Bücher. Ein Buch ist gebraucht, wenn es bereits einmal die Vertriebskette des Buchhandels verlassen hat, indem es durch den Verkauf an einen Letztabnehmer in den privaten Gebrauch gelangt ist. Darunter fallen jedoch keine Bücher, die innerhalb der gesetzlichen Widerrufsfrist zurückgesendet werden.

Landgericht Nürnberg-Fürth

Urteil vom 25.11.2016

Az.: 4 HK O 6816/16

 

Tenor

I.

Die Beschlussverfügung des Landgerichts Nürnberg-Fürth vom 21.09.2016, Az. 19 O 6816/16, wird mit der Maßgabe bestätigt, dass in Ziffer I. des Tenors nach „preisgebundene Bücher“ eingefügt wird: „, die die Verfügungsbeklagte in Folge der Ausübung des gesetzlichen Widerrufsrechts durch einen Kunden zurückerlangt hat,“

II.

Die Beschlussverfügung vom 21.09.2016 wird in Ziffer II. aufgehoben.

III.

Von den Kosten des Verfahrens trägt der Verfügungskläger 30% und die Verfügungsbeklagte 70%.

IV.

Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.

Der Verfügungskläger darf die Vollstreckung der Verfügungsbeklagten wegen der Kosten durch Sicherheitsleistung oder Hinterlegung in Höhe von 110% des vollstreckbaren Betrages abwenden, wenn nicht die Verfügungsbeklagte vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe von 110% des zu vollstreckenden Betrages leistet.

Beschluss

I.

Mit der Festsetzung des Streitwerts auf 25.000 € hat es sein Bewenden.

II.

Der Antrag der Verfügungsbeklagten auf Einstellung der Vollstreckung aus dem Beschluss vom 21.09.2016 wird zurückgewiesen.

Tatbestand

Die Parteien streiten um einen Unterlassungsanspruch nach dem BuchPrG.

Der Verfügungskläger klagt in seiner behaupteten Stellung als Preisbindungstreuhänder.

Die Verfügungsbeklagte bot auf Amazon das Buch „Hitler, mein Kampf – eine kritische Edition“ zu einem Preis von 148,95 € an, obwohl der aktuell gültige gebundene Preis bei 59,00 € liegt.

Der Verfügungskläger stützt die behauptete Aktivlegitimation darauf, dass er als Rechtsanwalt so- wohl von einzelnen Buchhändlern direkt als auch durch dieim Auftrag ihrer Mitglieder zum Preisbindungstreuhänder bestellt worden sei.

Er trägt vor, das von der Verfügungsbeklagten angebotene Buch sei nicht gebraucht gewesen. Er bestreitet, dass dieses Buch bereits an einen Interessenten geliefert worden sei.

Auf der Grundlage dieses Sachvortrags hat der Verfügungskläger den Erlass der nachfolgend widergegebenen Beschlussverfügung erwirkt:

I.

Der Antragsgegnerin wird im Wege der einstweiligen Verfügung unter Androhung eines Ordnungsgeldes bis zu zweihundertfünfzigtausend Euro oder einer an ihren Geschäftsführern zu vollziehenden Ordnungshaft bis zu sechs Monaten – Ordnungshaft auch für den Fall, dass das Ordnungsgeld nicht beigetrieben werden kann – wegen jeder Zuwiderhandlung verboten

Letztabnehmern neue, preisgebundene Bücher zu anderen als den gebundenen Ladenpreisen anzubieten und/oder zu verkaufen.

II.

Die Antragsgegnerin hat die Kosten des Rechtsstreits zu tragen.

Gegen diese einstweilige Verfügung richtet sich der Widerspruch der Verfügungsbeklagten.

Die Verfügungsbeklagte trägt vor, ein dringender Fall im Sinn des § 937 Abs. 2 ZPO habe nicht vorgelegen. Außerdem bestünden Zweifel an der Aktivlegitimation. Die Verfügungsbeklagte bestreitet, dass der Verfügungskläger auch nur von einem Buchhändler und/oder Mitglied der direkt beauftragt worden sei. Diese sei nicht ermächtigt, im Auftrag ihrer Mitglieder einen Rechtsanwalt als Treuhänder zu bestellen noch habe sie dies getan.

Sie behauptet, ein Verstoß gegen das BuchPrG liege nicht vor. Bei dem beanstandeten Buch habe es sich um einen Rückläufer nach einem Widerrufeines Bestellers (nach Zahlung) gehandelt. Dieses Buch sei an die Verfügungsbeklagte – weiterhin eingeschweißt – zurückgesandt worden. Hier sei zu erkennen gewesen, dass es sich um ein gebrauchtes Buch gehandelt habe.

Im Übrigen sei der Verfügungsantrag unzulässig, da er nur den Gesetzestext wiedergebe. Vorliegend sei gerade streitig, ob das verkaufte Buch ein Rückläufer nach Ausübung eines Widerrufsrechts gewesen sei. Auch bestehe Streit, ob die Verfügungsbeklagte gegen § 3 BuchPrG verstoßen habe.

Die Verfügungsbeklagte beantragt, den Verfügungsantrag vom 20. September 2016 unter Aufhebung des Beschlusses vom 21. September 2016 zurückzuweisen und dem Verfügungskläger die Kosten des Verfügungsverfahrens aufzuerlegen sowie die Vollstreckung aus dem Beschluss vom 21. September 2016 bis zu seiner Rechtskraft, hilfsweise bis zur Zustellung der erstinstanzlichen Entscheidung auszusetzen.

Der Verfügungskläger beantragt, die Beschlussverfügung zu bestätigen, mit der Maßgabe dass nach „preisgebundene Bücher“ eingefügt wird: die die Verfügungsbeklagte in Folge der Ausübung des gesetzlichen Widerrufsrechts durch einen Kunden zurückerlangt hat.

Der Verfügungskläger trägt ergänzend vor, der Antrag sei hinreichend bestimmt und er, der Verfügungskläger, sei durch die im Auftrag ihrer Mitglieder zum Preisbindungstreuhänder bestellt worden. Parallel dazu hätten über 190 Mitgliedsbuchhandlungen der aus Deutschland den Kläger im Juli 2015 direkt beauftragt. Ein gebrauchtes Buch liege nicht vor.

Auch die Voraussetzungen für einen einstweiligen Vollstreckungsschutz seien nicht gegeben. Ein eventueller Verstoß gegen § 937 ZPO würde dafür nicht genügen. Außerdem habe die Kammer entschieden und sei die vorliegende Schutzschrift berücksichtigt worden.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Parteivorbringens wird auf die gewechselten Schriftsätze Bezug genommen.

Beweis ist nicht erhoben worden.

Entscheidungsgründe

Die Beschlussverfügung ist nach dem nunmehr eingeschränkten Antrag aufrechtzuerhalten.

Wegen der in der Antragseinschränkung liegenden teilweisen Antragsrücknahme hat der Verfügungskläger von den Kosten des Verfahrens 30% zu tragen.

Der ursprüngliche Antrag des Verfügungsklägers war nicht hinreichend bestimmt. Unterlassungsanträge, die lediglich den Wortlaut eines Gesetzes wiederholen, sind grundsätzlich als zu unbestimmt und damit unzulässig anzusehen. Abweichendes kann dann gelten, wenn entweder bereits der gesetzliche Verbotstatbestand selbst entsprechend eindeutig und konkret gefasst oder der Anwendungsbereich einer Rechtsnorm durch eine gefestigte Auslegung geklärt ist, sowie auch dann, wenn der Kläger hinreichend deutlich macht, dass er nicht ein Verbot im Umfang des Gesetzeswortlauts beansprucht, sondern sich mit seinem Unterlassungsbegehren an der konkreten Verletzungshandlung orientiert. Die Bejahung der Bestimmtheit setzt in solchen Fällen allerdings grundsätzlich voraus, dass zwischen den Parteien kein Streit besteht, dass das beanstandete Verhalten das fragliche Tatbestandsmerkmal erfüllt (BGH GRUR 2007, 607, Tz. 16).

Ein Antrag ist dann nicht hinreichend bestimmt, wenn er den Gesetzestext wiederholt, der selbst nicht hinreichend bestimmt ist und die Parteien über das Vorliegen eines Tatbestandsmerkmal streiten. Vorliegend streiten die Parteien sowohl darum, ob aufgrund Widerruf eines Kunden zurückgesandte Bücher als gebraucht anzusehen sind, als auch darüber, ob vorliegend überhaupt ein solcher Verkauf an einen Kunden mit Widerruf und Rückgabe des Buches stattgefunden hat. Jedenfalls unter diesen Voraussetzungen war der Antrag nicht hinreichend bestimmt. Durch die Bezugnahme auf die konkrete Verletzungsform in dem in der mündlichen Verhandlung gestellten Antrag sind die Bedenken gegen die Bestimmtheit entfallen.

2. Der Verfügungskläger ist nach § 9 Abs. 2 Nr. 3 BuchPrG aktivlegitimiert. Danach kann der Anspruch auf Unterlassung geltend gemacht werden von einem Rechtsanwalt, der von Verlegern, Importeuren oder Unternehmen, die Verkäufe an Letztabnehmer tätigen, gemeinsam als Treuhänder beauftragt worden ist, ihre Preisbindung zu betreuen (Preisbindungstreuhänder). Dabei müssen die vertretenden Unternehmen nach Zahl und Größe ein repräsentatives Spiegelbild der Branche sein (OLG Frankfurt GRUR – RR 2010, 221).

Diese Voraussetzungen bejaht die Kammer anhand der vorgelegten Liste von den Verfügungskläger beauftragenden Buchhandlungen (Anlage AST29). Der Verfügungsklägervertreter hat hierzu in der mündlichen Verhandlung anwaltlich versichert, der habe die Liste gemäß Anlage AST29 übermittelt mit der Erklärung, es handle sich um die Buchhandlungen, die den Verfügungskläger als Preisbindungstreuhänder beauftragt hätten. Dieser habe nach Eingang der ersten Emails darüber informiert, dass diese eingegangen seien und eine Liste dieser Buchhandlungen an den Verfügungskläger übermittelt, auch wenn in dieser Liste noch nicht alle Buchhandlungen wie in der Anlage AST29 enthalten gewesen seien.

Dies genügt der Kammer zur Glaubhaftmachung auf das Bestreiten der Verfügungsbeklagten hin, die Emails seien dem Verfügungskläger nicht zugegangen. Schließlich hat der

auch eidesstattlich versichert, im Juli 2015 hätten mehr als 190 aus Deutschland stammende Mitgliedsbuchhandlungen der per Email den Verfügungskläger als Preisbindungstreuhänder beauftragt (Anlage AST24). Anhaltspunkte dafür, dass die 159 in der Liste Anlage AST29 enthaltenen Buchhandlungen nicht mit den Verfügungskläger beauftragenden Buchhandlungen identisch seien, bestehen nicht.

Angesichts des Umsatzes dieser Mitgliedsbuchhandlungen der die den Verfügungskläger beauftragt haben, nämlich in Höhe von im Jahr 2015 über 44 Millionen Euro (davon 25% geschätzt; Anlage AST27) ist auch davon auszugehen, dass sie nach Zahl und Größe ein repräsentatives Spiegelbild der Branche darstellen. Dabei kann es nicht darum gehen, eine Mindestzahl und/oder einen Mindestumsatz zu verlangen, sondern um den Ausschluss missbräuchlichen Verhaltens. Ein solcher Missbrauch ist vorliegend nach den erkennbaren Umständen ausgeschlossen.

Die Kammer geht daher von der Aktivlegitimation aus.

3. Der Verfügungsgrund wird vermutet, §§ 9 Abs. 3 BuchPrG, 12 Abs. 2 UWG. Die nach § 937 Abs. 2 ZPO erforderliche Dringlichkeit war bei der vorliegenden Wettbewerbsstreitigkeit gegeben (Harte-Bavendamm/Henning-Bodewig, § 12 UWG, Rn. 375; Teplitzky wettbewerbsrechtliche Ansprüche und Verfahren, Kap. 55, Rn. 2). Auch konnte das Vorbringen der Verfügungsbeklagten durch die vorliegende Schutzschrift Berücksichtigung finden.

Im Übrigen könnte dieser Gesichtspunkt angesichts der durchgeführten mündlichen Verhandlung nun nicht mehr zu einer Aufhebung der Beschlussverfügung führen.

4. Das von der Verfügungsbeklagten angebotene Buch unterlag der Buchpreisbindung. Ein Buch ist gebraucht, wenn es bereits einmal die Vertriebskette des Buchhandels verlassen hat, indem es durch Verkauf an einen Letztabnehmer in den privaten Gebrauch gelangt ist. Die Pflicht zur Einhaltung des gebundenen Preises bezieht sich grundsätzlich nur auf den ersten Verkauf von Büchern an Letztabnehmer.

Diese Voraussetzungen liegen nicht vor, da das Buch nach Widerrufserklärung des Kunden an die Verfügungsbeklagte zurückgesandt worden ist, somit nicht in den privaten Gebrauch gelangt ist.
Insbesondere hat der Buchhandel nicht am preisgebundenen Entgelt der ersten Veräußerung partizipiert (OLG Frankfurt, NJW 2004, 2098, 2100). Letztlich wurde nämlich der gebundene Preis nicht durch den Letztabnehmer, der später widerrufen hat, bezahlt.

Die Tatsache, dass der Widerruf vorliegend mehrere Monate nach Bezahlung des Kaufpreises erfolgte, beruht darauf, dass die Verfügungsbeklagte das Buch erst nach Monaten ausgeliefert hat; hierauf kann es jedoch nicht entscheidend ankommen.

Die Verfügungsbeklagte hat daher gegen § 3 BuchPrG verstoßen, der begründete Unterlassungsanspruch beruht auf §§ 9 Abs. 1, Abs. 2 Nr. 3 BuchPrG.

5. Eine einstweilige Einstellung der Zwangsvollstreckung kommt angesichts der überwiegenden Aufrechterhaltung der Beschlussverfügung nicht in Betracht.

Die Einstellung der Vollstreckung aus einstweiligen Verfügungen ist regelmäßig ausgeschlossen. Ein Ausnahmefall – dort, wo bereits feststeht oder sehr wahrscheinlich ist, dass der Titel keinen Bestand haben wird – liegt nicht vor.

Auch wenn dies nunmehr dahinstehen kann, ist nur anzumerken, dass auch vor der mündlichen Verhandlung eine Einstellung der Vollstreckung nicht in Betracht gekommen wäre, da davon ausgegangen werden musste, dass der Verfügungsantrag – wie auch geschehen – auf die konkrete Verletzungsform bezogen wird.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 92 ZPO.

Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit hat ihre Rechtsgrundlage in §§ 708 Nr. 6, 711 ZPO.

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