EuGH: Weiterverbreitung von Fernsehsendung über Cloud ist unzulässig

22. Dezember 2017
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Hand hält Fernbedienung vor Fernseher Pressemitteilung des EuGH zum Urteil vom 29.11.2017, Az.: C-265/16

Ein englisches Unternehmen darf keine Fernsehsendungen mehr aufzeichnen und über eine Cloud seinen Kunden zur Verfügung stellen. Da diese Übertragungsweise schon ganz andere technische Voraussetzungen hat als die eigentliche Ausstrahlung des Senders, ist sie letztlich eine „... von der ursprünglichen Wiedergabe unterschiedliche öffentliche Wiedergabe...“, welche eine Erlaubnis des Urheberrechteinhabers erfordert. Sie fällt auch gerade nicht mehr unter die Ausnahmeregelung für Privatkopien, welche grundsätzlich zustimmungsfrei sind.

Europäischer Gerichtshof

Pressemitteilung Nr. 125/17 zum Urteil vom 29.11.2017

Az.: C-265/16

 

Die Zurverfügungstellung von in einer „Cloud“ gespeicherten Kopien von Fernsehprogrammen muss vom Inhaber der Urheberrechte oder der verwandten Schutzrechte erlaubt werden. Diese Dienstleistung stellt nämlich eine Weiterverbreitung der betreffenden Programme dar.

VCAST ist einenglisches Unternehmen, das seinen Kunden im Internet ein System zur Fernbildaufzeichnung von terrestrisch ausgestrahlten Sendungen von italienischen Fernsehanbietern zur Verfügung stellt, darunter jene von Reti Televisive Italiane (RTI). Der Kunde wählt eine Sendung und ein Zeitfenster aus. Anschließend empfängt das von VCAST verwaltete System über seine eigenen Antennen das Fernsehsignal und zeichnet das gewählte Zeitfenster der Sendung auf einem Speicherplatz in einer „Cloud“ auf (cloud computing).

Dadurch stellt es dem Kunden die Aufzeichnung der ausgestrahlten Sendungen über das Internet zur Verfügung. VCAST begehrte beim Tribunale ordinario di Torino (Gericht Turin, Italien) die Feststellung der Rechtmäßigkeit seiner Tätigkeit. Das Unternehmen beruft sich dabei auf die Ausnahmeregelung für Privatkopien, wonach Vervielfältigungen auf beliebigen Trägern durch eine natürliche Person zum privaten Gebrauch und weder für direkte noch indirekte kommerzielle Zwecke keiner Erlaubnis seitens des Inhabers der Urheberrechte oder der verwandten Schutzrechte bedürfen, sofern die Rechteinhaber einen gerechten Ausgleich erhalten.

Das Tribunale ordinario di Torino hat VCAST aufgrund eines Antrags von RTI auf Erlass einer einstweiligen Verfügung die Fortsetzung seiner Tätigkeit vorläufig untersagt. In diesem Zusammenhang hat das Tribunale vor seiner endgültigen Entscheidung beschlossen, dem Gerichtshof Fragen zur Vorabentscheidung vorzulegen, mit denen es im Wesentlichen wissen möchte, ob die ohne Erlaubnis der Inhaber der Urheberrechte oder der verwandten Schutzrechte erbrachte Dienstleistung von VCAST mit der Urheberrechtsrichtlinie vereinbar ist. In seinem heutigen Urteil führt der Gerichtshof aus, dass die von VCAST erbrachte Dienstleistung eine Doppelfunktion besitzt: Sie gewährleistet zugleich die Vervielfältigung und die Zurverfügungstellung der geschützten Werke.

Soweit die von VCAST angebotene Dienstleistung in der Zurverfügungstellung von geschützten Werken besteht, fällt sie unter die öffentliche Wiedergabe. In diesem Zusammenhang verweist der Gerichtshof darauf, dass nach der Richtlinie die öffentliche Wiedergabe eines Werks oder Schutzgegenstands einschließlich seiner Zugänglichmachung von der Erlaubnis des Rechteinhabers abhängig sein muss, wobei das Recht auf öffentliche Wiedergabe von Werken in einem weiten Sinne zu verstehen ist, der jegliche drahtgebundene oder drahtlose öffentliche Übertragung oder Weiterverbreitung eines Werks, einschließlich der Rundfunkübertragung, umfasst. Der Gerichtshof hält fest, dass die ursprüngliche Übertragung durch den Fernsehsender einerseits und die Verbreitung durch VCAST andererseits unter unterschiedlichen technischen Bedingungen nach einem unterschiedlichen Verfahren zur Verbreitung der Werke durchgeführt werden, wobei jede von ihnen für die jeweilige Öffentlichkeit bestimmt ist.

Der Gerichtshof schließt daraus, dass die (Weiter-)Verbreitung durch VCAST eine von der ursprünglichen Wiedergabe unterschiedliche öffentliche Wiedergabe darstellt, für die somit eine Erlaubnis der Inhaber der Urheberrechte oder der verwandten Schutzrechte erteilt werden muss.

Folglich kann ein solcher Fernaufzeichnungsdienst nicht unter die Ausnahmeregelung für Privatkopien fallen.

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