fatum.de – Namensrecht contra Sprachgebrauch

11. April 2005
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Leitsatz:

1. Ein nur von einem kleinen Teil der angesprochenen Verkehrskreise als beschreibender Begriff vorgenommene Interpretation eines Domainnamens steht der Annahme einer Namensverletzung nicht entgegen.

2. Die mit der Registrierung der Domain erworbenen Prioritätsrechte des Domaininhabers treten hinter die berechtigten Interessen des Namensrechtsinhabers zurück, wenn der Domaininhaber die Domain nicht intensiv genutzt hat und diese veräußern wollte.

Landgericht München I

Urteil vom 11.04.2005

Az.: 27 O 16317/04

In dem Rechtsstreit


– Prozessbevollmächtigter: Rechtsanwalt Hagen Hild, Konrad-Adenauer-Allee 55, 86150 Augsburg –

g e g e n


– Prozessbevollmächtiger: … –

w e g e n Unterlassung und Forderung

erläßt das Landgericht München I, 27. Zivilkammer, durch Vorsitzenden Richter am Landgericht als Einzelrichter, aufgrund der mündlichen Verhandlung vom 10.01.2005 folgendes

Endurteil:

I. 
Das Versäumnisurteil vom 10.01.2005 bleibt aufrechterhalten.

II. 
Der Beklagte trägt auch die weiteren Kosten des Verfahrens.

III. 
Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar; die Vollstreckung aus dem Versäumnisurteil darf nur gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 10.000,– EUR fortgesetzt werden.

Tatbestand:

Der Kläger macht Ansprüche aus dem Namensrecht geltend.

Er trägt den Familiennamen Fatum und will die Internet-Domain „fatum.de“ für sich und seine Familie sowohl als Internetseite als auch als Teil seiner E-Mail-Adresse nutzen.

Der Beklagte betreibt eine Rechtsanwaltskanzlei in München und hat die Domain „fatum.de“, bei der für die bundesweite Registrierung zuständige DENIC e.G. am 15.01.2000 registrieren lassen; zu einem späteren Zeitpunkt bot er sie über das Internetportal „sedo.de“ Interessenten zum Verkauf an. Mit Schreiben vom 23.09.2003 machte der Kläger dem Beklagten gegenüber namensrechtliche Ansprüche geltend und forderte ihn auf, eventuelle Rechte an der Bezeichnung „fatum“ nachzuweisen. Der Beklagte wies die Ansprüche des Klägers zurück und forderte ihn seinerseits auf, zu erklären, dass er keine Forderungen mehr geltend mache.

Der Kläger ist der Meinung, einen Anspruch auf Unterlassung gegen den Beklagten zu haben und die Freigabe der Domain bei der DENIC e.G. verlangen zu können.

Nachdem er ein entsprechendes Versäumnisurteil erwirkt hatte, stellt er nunmehr den Antrag:

Das Versäumnisurteil aufrechtzuerhalten.

Der Beklagte beantragt:

Das Versäumnisurteil aufzuheben und die Klage abzuweisen.

Er trägt vor, er nutze die Domain für eine Plattform, die sich mit dem Schicksal und dessen Bestimmbarkeit durch das Horoskop auseinandersetzt.

Da er keine Zeit gefunden habe, die geplanten Seiten mit Informationsangebot zu beleben, habe er die Domain zwischenzeitlich zum Kauf angeboten und dann versehentlich unterlassen, das Angebot bei „sedo“ zu entfernen, was inzwischen jedoch geschehen sei. Außerdem bestreitet er, gewerbsmäßig mit Domains zu handeln.

Bei dem Wort „fatum“ handele es sich seiner Meinung nach um einen Gattungsbegriff für Schicksal, der für die Domain-Registrierung frei verwendbar sei.

Der Beklagte ist der Meinung, dass es sich bei der streitgegenständlichen Domain um eine rein generische Domain handele, für die ausschließlich der Prioritätsgrundsatz gelte.

Zur Ergänzung des Sachverhalts wird auf die zwischen den Parteien gewechselten Schriftsätze und die vorgelegten Urkunden Bezug genommen.

Entscheidungsgründe:

Die zulässige Klage ist begründet, da der Beklagte mit der streitgegenständlichen Domain das Namensrecht des Klägers verletzt, § 12 BGB.

Mit seiner Domain „benützt“ der Beklagte den Namen des Klägers, da der Schutz des Namensrechts auch den Nachnamen allein erfasst. Da dem Kläger damit die Möglichkeit genommen wird, sich mit seinem Nachnamen im Internet zu präsentieren, liegt auch eine Interessenverletzung vor, die einen Anspruch auf Unterlassung bzw. Freigabe des Namens bei der DENIC e.G. begründet.

Die zwischen den Parteien im Wesentlichen streitige Frage, ob das Wort „fatum“ als freihaltungsbedürftiger Gattungsbegriff anzusehen ist oder ausreichende Unterscheidungskraft besitzt, um beim Kläger eine schutzwürdige Namensfunktion begründen zu können, ist nach Meinung des Gerichts im Sinne des Klägers zu entscheiden.

Dabei ist dem Beklagten durchaus zuzubilligen, dass das Wort „fatum“ im allgemeinen Sprachgebrauch angesiedelt ist, weshalb es der Erholung eines Sachverständigengutachtens auch nicht bedarf; es kann allerdings nicht deutschen Gattungsbegriffen der Umgangssprache gleichgesetzt werden. Die Gleichsetzung des Wortes „fatum“ mit Schicksal dürfte insbesondere Personenkreisen entsprechen, die über Lateinkenntnisse verfügen, was jedenfalls nicht für die Mehrheit der Bevölkerung zutrifft.

Dies hat jedoch zur Folge, dass für den Kläger bei Verwendung seines Namens als Domain im Internet durchaus erwartet werden kann, dass damit eine individualisierte Bezeichnung seiner Person verbunden ist. Die von einem kleineren Teil der angesprochenen Verkehrskreise vorgenommene Interpretation als beschreibender Begriff für Schicksal steht deshalb der Annahme einer Namensverletzung auf Seiten des Klägers nicht entgegen.

Bei einer Abwägung der beiderseitigen berechtigten Interessen kann nach Meinung des Gerichtes durchaus auch berücksichtigt werden, dass der Beklagte zu einer intensiven Nutzung der Domain zunächst nicht in der Lage war und sie veräußern wollte. Das Zurücktreten seiner nach Prioritätsgrundsätzen erworbenen Rechte erscheint dem Gericht daher vertretbar und insgesamt weniger schutzwürdig als das berechtigte Interesse des Klägers, sich mit seinem Familiennamen im Internet präsentieren zu können.

Kostenentscheidung: § 91 Abs. 1 ZPO

Vorläufige Vollstreckbarkeit: § 709 ZPO

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