Fernsehanschluss im Gegensatz zum Internetanschluss nicht lebensnotwendig

10. April 2018
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Eine Hand hält eine Fernbedienung, im Hintergrund läuft ein Fernseher Pressemitteilung Nr. 17/2018 des AG München zum Urteil vom 24.10.2017, Az.: 283 C 12006/17

Der vorübergehende Verlust eines TV-Anschlusses begründet keinen Anspruch auf Schadensersatz wegen Nutzungsausfalls. Im Gegensatz zum Internetanschluss dient der TV-Anschluss alleine dem Konsum, wodurch schon kein vermögensrechtlicher Schaden entsteht, sondern eine reine Genussschmälerung eintritt. Nutzungsausfall ist nur zu gewähren, wenn ein Lebensgut entzogen wird, dessen ständige Verfügbarkeit für die eigenwirtschaftliche Lebenshaltung von zentraler Bedeutung ist. Selbst wenn man unterstellt, dass der temporäre Wegfall des TV-Anschlusses diese Voraussetzung erfüllt, besteht kein Schadensersatzanspruch, wenn ein Internetzugang für die Zeit zur Verfügung steht, über den Informationsbedürfnisse hinreichend gestillt werden können.

Amtsgericht München

Pressemitteilung Nr. 17/2018 zum Urteil vom 24.10.2017

Az.: 283 C 12006/17

 

Das Amtsgericht München wies durch Urteil vom 24.10.2017 den Antrag der Klägerin auf Zahlung von 1600 Euro an Schadensersatz aufgrund Nutzungsausfalls eines digitalen Fernsehkabelanschlusses ab.

Die Beklagte hatte sich vertraglich zur Bereitstellung eines TV-Basis HD Kabelanschlusses verpflichtet. Seit dem 13.2.2017 war kein Fernsehempfang über die Beklagte mehr möglich. Die Beklagte nutzte das „OPAL-Netz“ der Telekom, welches von dieser abgeschaltet wurde und nicht weiter betrieben wird.

Der Kläger ist der Auffassung, dass die Beklagte – entsprechend der Rechtsprechung des BGH zum Nutzungsausfall im Falle eines Internetanschlusses – auch im Falle des allein streitgegenständlichen Fernsehanschlusses zur Zahlung von Schadenersatz wegen Nutzungsausfalls verpflichtet sei, welcher mit 50,00 € je Tag anzusetzen sei, bei 32 Tagen mithin mit insgesamt 1.600,00 €. Ein anderweitiger Fernsehempfang sei erst ab dem 17.03.2017 möglich gewesen.
Die Beklagte ist der Auffassung, dass sie von der Verpflichtung zur Erbringung der geschuldeten Leistungen frei geworden sei. Ein Schadensersatzanspruch stehe dem Kläger nicht zu. Der streitgegenständliche Fernsehanschlusses sei mit einem Internet-Anschluss nicht vergleichbar. Der Kläger habe Fernsehprogramme sowohl terrestrisch als auch über das Internet empfangen können. Die Ersatzpflicht des Schädigers entfalle, wenn dem Geschädigten ein in etwa gleichwertiger Ersatzgegenstand zur Verfügung stehe.

Der zuständige Richter am Amtsgericht München sah keinen Anspruch auf Schadensersatz aus Nutzungsausfall:
„Entschädigung für Nutzungsausfall ist (…) lediglich dann zu gewähren, wenn es um den Entzug von Lebensgütern geht, deren ständige Verfügbarkeit für die eigenwirtschaftliche Lebenshaltung von zentraler Bedeutung ist.“
„Anders als der Komplettausfall eines Internetanschlusses wirkt sich der Ausfall eines reinen Fernsehkabelanschlusses als solcher nicht signifikant auf die materiale Grundlage der Lebenshaltung aus. Es handelt sich beim Fernsehkabelanschluss um ein reines Konsumgut, wohingegen sich das Internet zunehmend als zentrales Kommunikationsmedium darstellt. Der streitgegenständliche Fortfall des Fernsehempfangs während der Dauer von 32 Tagen stellt sich unter Berücksichtigung der Verkehrsauffassung nicht als wirtschaftlicher Schaden dar, sondern als reine Genussschmälerung und damit als nicht vermögensrechtlicher Schaden. Hinzutritt, dass der Fernsehempfang auch unter Berücksichtigung des Informationsinteresses immer mehr an Bedeutung verliert im Hinblick auf die im Internet bereitgehaltenen Informationsquellen. (…) Zwar war ein Fernsehempfang via Satellit nicht möglich. Nicht dargetan ist aber, dass kein terrestrischer Empfang möglich gewesen wäre. Selbst wenn man dies unterstellt, stand dem Kläger (…) Internetzugang zur Verfügung. Es ist gerichtsbekannt, dass über das Internet Informationsbedürfnisse hinreichend gestillt werden können, insbesondere ermöglicht das Internet beispielsweise auch über Livestreams den Konsum einer Vielzahl von Programmen.“

Urteil des Amtsgerichts München vom 24.10.2017
Aktenzeichen 283 C 12006/17

Das Urteil ist aufgrund Berufung nicht rechtskräftig.

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