Für Urheberrechtsverletzungen auf Internetseiten gilt die internationale Zuständigkeit

13. Juli 2007
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Eigener Leitsatz:

Muss aufgrund der Seitengestaltung- und inhalte von Internetseiten mit Zugriffen aus Deutschland gerechnet werden, so sind diese Internetseiten bestimmungsgemäß abrufbar. Es ist hierbei nicht erforderlich, dass solche Seiten ausdrücklich auf Personenkreise in Deutschland ausgerichtet sind. Werden auf derartigen Seiten Urheberrechtsverletzungen begangen, so ist ein internationaler und örtlicher Gerichtsstand in Berlin eröffnet.

Kammergericht Berlin

Urteil vom 13.07.2007

Az.: 5 W 173/07

Aus den Gründen

I. Die nach den § 567 Abs. 1 Nr. 2, § 569 ZPO zulässige sofortige Beschwerde des Ast. ist begründet.

A. Das LG [= MMR 2007, 608] ist zu Unrecht davon ausgegangen, dass die internationale Zuständigkeit deutscher Gerichte nicht gegeben ist. Die internationale Zuständigkeit deutscher Gerichte folgt aus Art. 5 Nr. 3 EuGVVO und aus Art. 31 EuGVVO i.V.m. § 32 ZPO. Der Ort des schädigenden Ereignisses i.S.d. Art. 5 Nr. 3 EuGVVO wie auch der Ort der unerlaubten Handlung i.S.d. § 32 ZPO umfassen neben dem Handlungsort auch den Ort, an dem das schädigende Ereignis eingetreten ist ( vgl. BGH NJW 2005 1435, 1436 [= MMR 2005, 239] – Hotel Maritime; NJW 2006, 2630, 2632 [= MMR 2006, 461 m. Anm. Hoeren] – Arzneimittelwerbung im Internet; Geimer, in: Zöller, ZPO, 26. Aufl., Art. 5 EuGVVO Rdnr. 26; Vollkommer, in: Zöller, ZPO, 26. Aufl., § 32 Rdnr. 16).

Bei unerlaubten Handlungen im Internet ist der Erfolgsort dann in Deutschland zu belegen, wenn der Internetauftritt sich hier bestimmungsgemäß auswirken soll (BGH, a.a.O.). Es war anzunehmen, … dass also Internetnutzer in Deutschland zu dem Kreis der Personen gehörten, die der Ag. mit seiner Homepage erreichen wollte oder mit deren Zugriff auf seine Homepage der Ag. zumindest rechnen musste (vgl. BGH GRUR 1978, 194 – profil).

Anderes mag für einen in Wien ansässigen Facharzt … gelten, der auf seiner Homepage ausschließlich Informationen veröffentlicht, die nur für die erfahrungsgemäß im näheren Umkreis seiner Praxis wohnenden Patienten oder potenziellen Patienten interessant sind, wie etwa Hinweise auf Öffnungszeiten, Anfahrtswege mit privaten oder öffentlichen Verkehrsmitteln, Parkmöglichkeiten sowie die Vorstellung des Arztes und seiner Mitarbeiter etc.

So stellt sich die Homepage des Ag. aber gerade nicht dar. Nach den … vorgelegten Ausdrucken der Seite veröffentlicht der Ag. dort eine Vielzahl von Informationen, die offenbar aus seiner Sicht von allgemeinem Interesse sind, wie etwa Pressetexte über Impfungen gegen Papillomviren sowie eine umfangreiche Darstellung des sog. … „N-Tests“. Dementsprechend konnte der Ast. … durch Vorlage von Suchergebnissen der deutschen Version der Suchmaschine „Google“ glaubhaft machen, dass die Eingabe der Suchbegriffe „N-Test“ und „Anti-Aging-Medizin“ zu einem Verweis auf die Seite des Ag. an erster bzw. vorderer Stelle der Trefferliste führt. Da die Seite des Ag. gerade nicht so angelegt ist, dass ein etwa in Berlin lebender Internetnutzer, der sich auf die Homepage „verirrt“ hat, diese alsbald wieder verlassen wird, weil sie nur für Patienten des Ag. relevante Informationen enthält, sondern so, dass eine gezielte Internetrecherche nach bestimmten Begriffen, die für einen weitaus größeren Personenkreis von Interesse sind, zu dieser Seite führt, war davon auszugehen, dass sie sich an Internetnutzer im gesamten deutschsprachigen Raum richtet.

Bereits die Tatsache, dass der Ag. außer der deutschen Fassung seiner Seite auch noch eine englische und eine russische Version der Seite bereithält, zeigt, dass der Ag. sich nicht nur an seine Patienten oder seine Nachbarschaft, sondern an eine breite Öffentlichkeit, auch im Ausland, wenden wollte. Diese Intention kommt auch dadurch zum Ausdruck, dass der Ag. hinter der Frage „Sie leben nicht in Österreich?“ Informationen zu „N-Test in anderen Ländern“ vorhält. … Auch aus dem Umstand, dass der Ast. im Zusammenhang mit den von ihm gelegten Links auf ein Urteil des LG Hamburg hinweist, ist zu entnehmen, dass der Ag. sich Gedanken darüber gemacht hat, dass seine Seite von Internetnutzern aus dem Ausland, insb. von Nutzern aus Deutschland, aufgerufen wird.

Wenn der Ag. sogar das erwähnte Urteil des LG Hamburg zum Anlass nimmt, sich vom Inhalt der Seiten, zu denen die Links führen, zu distanzieren, wird noch deutlicher, dass der Ag. sich auch an Internetnutzer in Deutschland richten wollte. Aus welchen Gründen sollte er den Inhalt der Seite sonst an den Vorgaben eines deutschen Gerichts orientieren. Eine ausdrückliche Ausrichtung der Seite auch auf interessierte Kreise in Deutschland, etwa i.S.e. Ansprache, war nicht erforderlich. Die Ausrichtung auch auf Personen in Deutschland ergibt sich aus dem Gesamtzusammenhang der Seite. Die Frage, ob es für einen in Wien niedergelassenen Arzt sinnvoll ist, um Patienten aus Deutschland zu werben, stellt sich hier schon deshalb nicht, weil die Seite des Ag. zumindest auch darauf ausgerichtet ist, für den … „N“-Test zu werben.

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