Individuelle Kundenberatung nach Vertragsende?

26. Juli 2017
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Frau im Callcenter mit Headset Urteil des OLG Köln vom 02.06.2017, Az.: 6 U 182/16

Eine vorformulierte Einwilligungserklärung kann gem. §§ 305 ff. BGB überprüft werden. Bezieht sich die Einwilligung auf Werbung, muss der Verbraucher über die konkreten Maßnahmen im Bilde sein sowie seine Erklärung „in Kenntnis der Sachlage“ abgeben. Sofern sich das Telekommunkationsunternehmen vorbehält, die Kundendaten noch nach Vertragsende „zur individuellen Kundenberatung“ zu verwenden, ist die Einwilligungsklausel unwirksam. Denn wie nach Beendigung des Vertrages eine „Kunden“-Beratung stattfinden soll, erschließt sich dem Verbraucher nicht.

Oberlandesgericht Köln

Urteil vom 02.06.2017

Az.: 6 U 182/16

 

Tenor

Auf die Berufung des Klägers wird das am 26. Oktober 2016 verkündete Urteil der 26. Zivilkammer des Landgerichts Köln – 26 O 151/16 – abgeändert und wie folgt neu gefasst:

I. Die Beklagte wird verurteilt,

1. es bei Vermeidung eines für jeden Fall der Zuwiderhandlung festzusetzenden Ordnungsgeldes bis 250.000 €, ersatzweise Ordnungshaft, oder Ordnungshaft bis zu sechs Monaten, zu vollstrecken an der Geschäftsführung, zu unterlassen,

bei mit Verbrauchern geschlossenen Telekommunikationsdienstleistungsverträgen, die nachfolgende oder eine inhaltsgleiche Klausel als Allgemeine Geschäftsbedingung einzubeziehen sowie sich auf die Bestimmung bei der Abwicklung derartiger Verträge zu berufen:

„Ich möchte künftig über neue Angebote und Services der UE GmbH per E-Mail, Telefon, SMS oder MMS persönlich informiert und beraten werden.

Ich bin damit einverstanden1), dass meine Vertragsdaten aus meinen Verträgen mit der UE GmbH von dieser bis zum Ende des Kalenderjahres, das auf die Beendigung des jeweiligen Vertrages folgt, zur individuellen Kundenberatung verwendet werden. Meine Vertragsdaten sind die bei der UE GmbH zur Vertragserfüllung [Vertragsabschluss, -änderung, -beendigung, Abrechnung von Entgelten] erforderlichen und freiwillig angegebenen Daten.“

2. an den Kläger 214,– € nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit 26.4.2016 zu zahlen.

II. Die Kosten des Rechtsstreits einschließlich der des Berufungsverfahrens trägt die Beklagte.

Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar. Die Beklagte kann die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung abwenden, wenn nicht der Kläger vor der Vollstreckung Sicherheit leistet. Die Höhe der Sicherheit beträgt hinsichtlich des Unterlassungstenors 3.000 €, im Übrigen für die Beklagte 110% des aufgrund des Urteils vollstreckbaren Betrages, für den Kläger 110% des jeweils zu vollstreckenden Betrages.

Die Revision wird zugelassen.

Entscheidungsgründe

I.

Im Rahmen des Bestellprozesses auf der Seite www.U.de verwendet die Beklagte die streitgegenständliche Klausel wie im Tenor dieses Urteils wiedergegeben.

Der Kläger hat die Ansicht vertreten, dass die Klausel gegen § 307 Abs. 2 Nr. 1 BGB verstoße, weil sie mit den wesentlichen Grundgedanken des § 7 Abs. 2 Nr. 2, 3 UWG nicht zu vereinbaren sei. Mit Schreiben vom 5.2.2016 hat der Kläger die Beklagte vorgerichtlich abgemahnt und erfolglos die Abgabe einer strafbewehrten Unterlassungserklärung verlangt.

Die Beklagte hat die Ansicht vertreten, dass zum einen die Zusammenfassung von verschiedenen Werbekanälen, wie sie der Kläger rüge, keinen Verstoß gegen § 307 Abs. 2 Nr. 1 BGB darstelle. § 7 Abs. 2 Nr. 2 und Nr. 3 UWG forderten keine Einwilligung für jeden einzelnen Werbekanal. Bereits deshalb fehle es für das Petitum des Klägers an einer gesetzlichen Grundlage.  Etwas anderes ergebe sich auch nicht aus der Entscheidung des BGH „Payback“ (GRUR 2008, 1010 ff.), weil sich der Verbraucher in dem dort vorliegenden Fall eines sog. „Opt-Outs“ habe erwehren müssen, worum es vorliegend gerade nicht gehe. Dass eine Zusammenfassung mehrerer Werbekanäle erfolgt war, sei vom BGH nicht beanstandet worden, er habe vielmehr darauf abgestellt, dass eine „aktive Entscheidung“ des Verbrauchers für eine wirksame Einwilligung erforderlich sei.

Weiter gehe es im vorliegenden Fall nicht um die gleichzeitige Verwendung der Rufnummer zur Gewinnbenachrichtigung und zur werblichen Kontaktaufnahme, welche der BGH als unzulässig erachte.

Die Unzulässigkeit der Klausel ergebe sich entgegen der Ansicht des Klägers auch nicht aus der zeitlichen Gültigkeitsdauer der Einwilligung. Zum einen sei eine einmal erteilte Einwilligung an sich unbefristet gültig und zum anderen sei auf die Möglichkeit des jederzeitigen Widerrufs hingewiesen worden. Es gehe vorliegend auch nicht um den Fall, dass eine einmal erteilte Einwilligung zu lange Zeit nicht benutzt worden wäre.

Ein Transparenzverstoß sei auch nicht wegen einer vermeintlich unklaren Reichweite der Einwilligung anzunehmen. Die Einwilligungserklärung begegne Verbrauchern erst auf einer nachgeschalteten Internetseite, nachdem ihm Angebote der Klägerin präsentiert worden seien und er diese hätte abnehmen können. Da es um „neue Angebote und Services“ der Beklagten gehe, sei der Gegenstand der Einwilligung auch klar und hinreichend bestimmt, zumal auf einen aufmerksamen und sorgfältigen Teilnehmer im Wirtschaftsverkehr als Maßstab abzustellen sei.

Mit Urteil vom 26.10.2016, auf das wegen der weiteren tatsächlichen Feststellungen Bezug genommen wird, hat das Landgericht die Klage abgewiesen, unter anderem mit der Begründung, dass weder ein Verstoß gegen § 307 BGB noch § 7 UWG vorliege. Nach § 7 Abs. 2 UWG sei eine Werbung dann eine unzumutbare Belästigung des Verbrauchers, wenn die Werbung ohne vorherige ausdrückliche Einwilligung erfolge. Vorliegend willige der Verbraucher zwar durch das Klicken des Kästchens in eine Werbung durch verschiedene Kanäle ein. Das führe jedoch nicht zu einer Unzulässigkeit, weil die Klausel eindeutig und klar sei und nicht gegen wesentliche Grundgedanken der Vorschrift, von der abgewichen werde, verstoße. § 7 UWG verlange eine vorherige ausdrückliche Einwilligung, die vorliegend durch das Opt-in-Verfahren gegeben sei.

Mit seiner Berufung verfolgt der Kläger sein erstinstanzliches Begehren weiter. Er ist der Ansicht, dass das Landgericht zwei unterschiedliche Anforderungen an die Einwilligung im Rahmen des § 7 UWG vermengt habe. Es gehe einmal um die Transparenz und einmal um das Erfordernis einer gesonderten Erklärung des Verbrauchers. § 7 Abs. 2 Nr. 2 UWG sei richtlinienkonform dahingehend auszulegen, dass neben dem Transparenzerfordernis eine Einwilligung für den konkreten Fall erklärt werden müsse. Aus der Wirksamkeitsvoraussetzung „für den konkreten Fall“ sei vom BGH das Erfordernis einer gesonderten Einwilligung abzuleiten, woran es vorliegend fehle.

Dass der Verbraucher die Einwilligung widerrufen könne, führe nicht dazu, dass die fehlende zeitliche Beschränkung aufgehoben würde. Damit werde aber in unzulässigerweise die Initiative zur Wiederherstellung der ungestörten Privatsphäre auf den Betroffenen verlagert.

Weiter sei die Klausel auch nicht transparent, weil aus ihr nicht hervorgehe, wofür geworben werden solle.

Der Kläger beantragt

– wie erkannt – .

Die Beklagte beantragt,

die Berufung des Klägers zurückzuweisen.

Die Beklagte verteidigt das angefochtene Urteil.

Beide Parteien haben im Termin zur mündlichen Verhandlung am 12.5.2017 beantragt, die Revision zuzulassen, weil die Frage, ob mehrere Werbekanäle verbunden werden müssen, von grundsätzlicher Bedeutung sei. Weiter sei auch von grundlegender Bedeutung, ob eine im Rahmen des Vertragsschlusses abgegebene Erklärung auch noch nach zwei Jahren bindend sein darf.

II.

Die zulässige Berufung hat auch in der Sache Erfolg. Dem Kläger steht ein Unterlassungsanspruch gemäß § 1 UKlaG iVm § 307 BGB zu.

1. Der Kläger ist in der vom Bundesamt für Justiz geführten Liste qualifizierter Einrichtungen nach § 4 UKlaG eingetragen und damit nach § 8 Abs. 3 Nr. 3 UWG sowie nach § 3 Abs. 1 Nr. 1 UKlaG klagebefugt.

2. Nach § 1 UKlaG kann, wer in AGB Bestimmungen, die nach den §§ 307 bis 309 BGB unwirksam sind, verwendet oder für den rechtsgeschäftlichen Verkehr empfiehlt, auf Unterlassung und im Fall des Empfehlens auf Widerruf in Anspruch genommen werden.

Die streitgegenständliche Klausel, deren Verwendung durch die Beklagte unstreitig ist, ist wegen Verstoßes gegen § 307 BGB unwirksam.

a. Es handelt sich nach der Rechtsprechung bei einer Einwilligung als einer einseitigen Erklärung zwar um keine Vertragsbedingung im eigentlichen Sinne (BGH GRUR 2000, 828, 829 – Telefonwerbung VI; BGH GRUR 2008, 1010 Rn. 18 – Payback). Jedoch sind die §§ 305 ff. BGB mit Rücksicht auf ihren Schutzzweck auf eine vorformulierte und vom Verwender vorgegebene Einwilligungserklärung für Werbeanrufe anwendbar, wenn sie im Zusammenhang mit einer Sonderverbindung steht (BGH GRUR 2013, 531 Rn. 19 f. – Einwilligung in Werbeanrufe II), was vorliegend bei einer Einwilligung im Zusammenhang mit einer kostenpflichtigen Bestellung eines Produkts der Beklagten (Anlage K1, Bl. 7 ff.) ohne Weiteres zu bejahen ist.

Nach § 307 Abs. 1 S. 1 BGB sind Bestimmungen in AGB unwirksam, wenn sie den Vertragspartner des Verwenders entgegen den Geboten von Treu und Glauben unangemessen benachteiligen. Nach § 307 Abs. 2 Nr. 1 BGB ist eine unangemessene Benachteiligung im Zweifel u.a. anzunehmen, wenn eine Bestimmung mit wesentlichen Grundgedanken der gesetzlichen Regelung, von der abgewichen wird, nicht zu vereinbaren ist.

b. Vorliegend kommt eine Abweichung von der Regelung des § 7 Abs. 2 Nr. 2 UWG in Betracht. Nach § 7 Abs. 2 Nr. 2 UWG ist eine unzumutbare Belästigung u.a. stets anzunehmen bei Werbung mit einem Telefonanruf gegenüber einem Verbraucher ohne dessen vorherige ausdrückliche Einwilligung.

Die Regelung ist im Zusammenhang mit der Nr. 26 Anh. I der Richtlinie 2005/29/EG vom 11.5.2005 über unlautere Geschäftspraktiken zu sehen. Die schwarze Liste enthält eine abschließende Aufzählung von unter allen Umständen unlauteren (und damit per se unzulässigen) Geschäftspraktiken. Die Umsetzung ist nicht vollständig gelungen, sodass insoweit der richtlinienkonformen Auslegung große Bedeutung zukommt (Köhler/Bornkamm-Köhler, UWG, 34. Aufl., 2016, § 7 Rn. 97). Der Tatbestand des § 7 Abs. 2 Nr. 2 ist weitgehend, aber nicht völlig gedeckt von Art. 13 Abs. 3 und 5 der Datenschutzrichtlinie für elektronische Kommunikation 2002/58/EG vom 12.7.2002. Danach ist es dem nationalen Gesetzgeber ausdrücklich gestattet, die Telefonwerbung von der Einwilligung der betreffenden Teilnehmer („opt-in“) abhängig zu machen. Die Einwilligung setzt eine Willensbekundung voraus, die ohne Zwang für den konkreten Fall und in Kenntnis der Sachlage erfolgt (BGH GRUR 2013, 531 Rn. 23 – Einwilligung in Werbeanrufe II; Senat, WRP 2013, 659 Rn. 15). Nach Erwägungsgrund 17 S. 2 der Richtlinie 2002/58/EG kann die Einwilligung in jeder geeigneten Weise gegeben werden, wodurch der Wunsch des Nutzers in einer spezifischen Angabe zum Ausdruck kommt, die sachkundig und in freier Entscheidung erfolgt. Sind diese Voraussetzungen nicht erfüllt, so ist die Einwilligung unwirksam (Köhler/Bornkamm-Köhler, a.a.O., § 7 Rn. 149).

aa. Da mit der vorliegenden Klausel keine weitere Bedingung verknüpft ist, ist beim Anklicken des Kästchens von einer „ohne Zwang“ erteilten Einwilligung auszugehen.

bb. Es liegt jedoch keine Einwilligung vor, die „für den konkreten Fall“ und „in Kenntnis der Sachlage“ erteilt wird.

„Für den konkreten Fall“ wird eine Einwilligung erteilt, wenn sich aus ihr klar ergibt, welche einzelnen Werbemaßnahmen welcher Unternehmen davon erfasst werden (BGH GRUR 2013, 531 Rn. 24 – Einwilligung in Werbeanrufe II). Es muss klar sein, welche Produkte und Dienstleistungen welcher Unternehmen erfasst werden (vgl. Köhler/Bornkamm-Köhler, a.a.O., § 7 Rn. 149c). „In Kenntnis der Sachlage“ wird eine Einwilligung erteilt, wenn der Verbraucher weiß, dass seine Erklärung ein Einverständnis darstellt und worauf sie sich bezieht (Köhler/Bornkamm-Köhler, a.a.O., § 7 Rn. 149b m.w.N.).

Vor Prüfung der Unwirksamkeit ist der Inhalt der Einwilligungserklärung durch Auslegung zu ermitteln. Dabei ist die Unklarheitenregel des § 305 Abs. 2 BGB zu berücksichtigen. Im Rahmen der Unterlassungsklage nach UWG oder UKlaG ist allerdings bei mehreren Auslegungsmöglichkeiten diejenige zugrunde zu legen, die zur Unwirksamkeit der Klausel führt (sog. kundenfeindlichste Auslegung; st. Rspr; vgl. BGH NJW. 2003, 1337, 1338).

Vorliegend erfährt der Verbraucher, dass er einwilligt, über „neue Angebote und Services“ der Beklagten über verschiedene Kommunikationswege persönlich informiert und beraten zu werden. Weiter erklärt er sein Einverständnis, dass Vertragsdaten auch nach Beendigung des Vertrages mit der Beklagten bis zum Ende des Kalenderjahres, das auf die Vertragsbeendigung folgt, zur individuellen Kundenberatung verwendet werden, wobei im dritten Satz eine Aufzählung der einbezogenen Vertragsdaten, die von der Einwilligung erfasst sind, folgt.

Mit einem einzigen Klick werden also drei verschiedene Aspekte bestätigt, von denen der Kunde möglicherweise nur einzelne Aspekte bejahen möchte. Dass alle drei Angaben mit Daten und Beratung zusammenhängen, ändert nichts daran, dass es sich um unterschiedliche Aspekte handelt, die alle nur mit einem Klick zusammen angenommen oder abgelehnt werden können, so dass insoweit problematisch sein kann, ob eine Einwilligung „für den konkreten Fall“ abgegeben wird. Diese Frage kann im vorliegenden Fall jedoch dahingestellt bleiben, weil die Klausel sich bereits aus anderen Gründen als unwirksam erweist.

cc. Die Einwilligung muss „für den konkreten Fall“ und „in Kenntnis der Sachlage“ erteilt werden, was bedeutet, dass der Verbraucher nicht nur wissen muss, dass seine Erklärung ein Einverständnis darstellt, sondern auch, worauf sie sich bezieht. Maßgebend ist dabei nicht die konkrete Vorstellung eines einzelnen Verbrauchers, sondern die Sichtweise des angemessen gut informierten und angemessen aufmerksamen und verständigen Durchschnittsverbrauchers oder des durchschnittlichen Mitglieds der angesprochenen Verbrauchergruppe (Köhler/Bornkamm-Köhler, a.a.O., § 7 Rn. 149b).

Die Klausel, mit der der Verbraucher darin einwilligt, dass die Beklagte bei einem Kunden, dessen Vertrag beispielsweise im Januar 2016 beendet wurde, noch maximal bis Ende 2017 seine Vertragsdaten, und zwar in erheblichem Umfang, „zur individuellen Kundenberatung“ verwenden darf, verbindet für den Verbraucher verschiedene Aspekte, aus denen sich Zweifel an der Erklärung der Einwilligung „für den konkreten Fall“ und „in Kenntnis der Sachlage“ ergeben.

Denn bei Auslegung der Klausel stellt sich die Frage, worin aus Sicht des Verbrauchers eine „individuelle Kundenberatung“ bestehen soll in Bezug auf einen Verbraucher, der im ungünstigsten Fall bereits seit fast zwei Jahren nicht mehr vertraglich mit der Beklagten verbunden ist, d.h. gar nicht mehr Kunde der Beklagten ist und der aller Wahrscheinlichkeit nach zu diesem Zeitpunkt längst Kunde eines Wettbewerbers der Beklagten geworden ist. Mangels Bestehens einer Kundenbeziehung zwischen der Beklagten und dem „Kunden“ nach Beendigung des Vertrages ist unklar, worauf sich eine „individuelle Kundenberatung“, in die der Kunde einwilligen soll, noch beziehen kann. Der Begriff der „individuellen Kundenberatung“, der für sich bereits keinen fest umrissenen Inhalt oder Umfang hat, mag zwar bei einem bestehenden Vertragsverhältnis und bei einer bestehenden Kundenbeziehung Beratungsleistungen in Bezug auf das konkrete Vertragsverhältnis meinen und in dieser Weise vom Kunden verstanden werden. Jedenfalls bei einem Verbraucher, der seit fast zwei Jahren nicht mehr in einer Kundenbeziehung zur Beklagten steht, fehlt jedoch jeglicher Anknüpfungspunkt für eine „individuelle Kundenberatung“.

Der einwilligende Kunde kann mithin nicht wissen, was die Beklagte mit „individueller Kundenberatung“ nach Beendigung des Kundenverhältnisses meint. Soweit der Verbraucher nicht überschaut, wozu, also auf welche Produkte und Dienstleistungen er mit seiner Erklärung zu einer wie auch immer zu verstehenden „individuellen Kundenberatung“ – auch unter Rückgriff auf umfangreiche Vertrags- und Kontodaten – noch fast zwei Jahre nach Beendigung des Vertrages einwilligt, fehlt es jedenfalls an einer Einwilligung „in Kenntnis der Sachlage“.

Ob die Zusammenfassung verschiedener Kommunikationskanäle in einer Einwilligung oder deren Geltungsdauer sowie die konkrete Platzierung der Einwilligungserklärung Auswirkungen auf die Zu- bzw. Unzulässigkeit der Einwilligungserklärung haben, braucht danach vorliegend nicht entschieden zu werden.

3. Die Kostenentscheidung beruht auf § 91 ZPO. Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit beruht auf §§ 708 Nr. 10, 711 ZPO.

4. Die Revision wird wegen der bundesweiten Verwendung der AGB-Klausel durch die Beklagte als Marktführer im Bereich der Telekommunikation und der sich daraus ergebenden grundsätzlichen Bedeutung zugelassen.

Der Streitwert für das Berufungsverfahren wird auf 3.000 EUR festgesetzt.

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