Irreführende Preiswerbung bei fehlender Angabe zusätzlicher Kosten für Mobilfunktarife in AdWords-Werbung

23. November 2016
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Handy liegt auf Tisch mit Münzen Urteil des LG Düsseldorf vom 13.05.2016, Az.: 38 O 120/15

Telekommunikationsdienstleister dürfen nicht mit einer monatlichen Preisangabe werben, sofern nicht auf alle, auch einmalig anfallende, Kosten hingewiesen wird. Dies gilt auch im Rahmen einer AdWords-Anzeige, jedenfalls dann, wenn diese bereits Einzelheiten zum Tarif enthält. Hierbei handelt es sich um eine zur Irreführung geeignete und damit um eine unlautere geschäftliche Handlung, da bei dem Verbraucher der Eindruck erweckt wird, er erwerbe den Mobilfunktarif besonders günstig. Ebenso erscheinen die Angebote der Wettbewerber dadurch teurer.

Landgericht Düsseldorf

Urteil vom 13.05.2016

Az.: 38 O 120/15

 

Tenor

I.

Die Beklagte wird verurteilt, es bei Meidung eines für jeden Fall der Zuwiderhandlung fälligen Ordnungsgeldes bis zu 250.000,00 Euro, ersatzweise Ordnungshaft, oder Ordnungshaft bis zu sechs Monaten, die Ordnungshaft zu vollziehen an ihren Geschäftsführern,

zu unterlassen,

im geschäftlichen Verkehr im Rahmen einer H AdWords Werbeanzeige einen Mobilfunktarif unter der Bezeichnung „B E-Tarif“ unter Angabe eines monatlichen Preises zu bewerben, ohne in der Werbeanzeige darauf hinzuweisen, dass neben dem angegebenen monatlichen Preis für den beworbenen Tarif zusätzliche einmalige Kosten anfallen, wenn dies geschieht, wie nachfolgend wiedergegeben und aus Anlage KR 2 ersichtlich,

II.

Die Beklagte wird verurteilt, an die Klägerin 246,10 Euro nebst Zinsen daraus in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 08.12.2015 zu zahlen.

Die Kosten des Rechtsstreits trägt die Beklagte.

Das Urteil ist gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 7.000,00 Euro vorläufig vollstreckbar.

Die Sicherheitsleistung kann durch selbstschuldnerische  Bürgschaft einer in der Bundesrepublik Deutschland ansässigen Bank oder Sparkasse erbracht werden.

Tatbestand

Die Klägerin ist ein im Sinne von § 8 Abs. 3 Nr. 2 UWG anerkannter Verband zur Förderung gewerblicher Interessen, deren Ziel die Bekämpfung unlauteren Wettbewerbs ist.

Die Beklagte bietet Mobilfunkdienstleistungen an. Sie hat bei dem Suchmaschinenanbieter H eine sogenannte AdWords Werbeanzeige veröffentlichen lassen, wegen deren genauer Gestaltung auf die Abbildungen im Klageantrag und auf der Anlage KR 2 verwiesen wird.

Die Klägerin ist der Ansicht, der Text „B E-Tarif 9,99 €/M“ beinhalte eine zur Irreführung geeignete und damit gemäß § 5 Abs. 1 Nr. 2 UWG unlautere geschäftliche Handlung, weil mit dieser Preisangabe Verbraucher in der Meinung angelockt würden, für die angebotene Leistung seien nur 9,99 Euro pro Monat zu zahlen, tatsächlich jedoch ein Betrag von 9,99 Euro für eine SIM-Karte zusätzlich zu entrichten ist.

Die Unlauterkeit ergebe sich ferner aus § 5 a Abs. 2 und 3 Nr. 3 UWG, weil eine wesentliche Preisangabe vorenthalten werde. Ferner werde mit der Werbung gegen § 1 Abs. 1 und Abs. 6 der Preisangabeverordnung verstoßen, sodass eine Unzulässigkeit wegen marktrelevanten Gesetzesverstoßes vorliege.

Neben der Unterlassung verlangt die Klägerin die Erstattung vorgerichtlicher Abmahnkosten.

Die Klägerin beantragt,

wie erkannt.

Die Beklagte beantragt,

die Klage abzuweisen.

Sie weist auf die Besonderheiten der nur in ganz beschränktem Umfang zur Verfügung stehenden Zeichen bei einer Ad-Words Werbung hin. Der Verkehr sei gewohnt, in solchen Anzeigen keine vollständigen Angaben zu finden, sondern diese erst beim Anklicken der unterlegten Seite zu erhalten. Auf dieser Seite der Beklagten finde sich vor Einleitung einer Bestellvorgangs deutlich wahrnehmbar unmittelbar im Blickfang und unmissverständlich  der Hinweis „Einmalig für die SIM-Karte 9,99 €“, sodass eine Irreführung ebenso ausscheide wie ein Vorenthalten von Informationen oder ein Verstoß gegen die Preisangabeverordnung. Der Unterlassungsantrag sei zu weit gefasst, weil er auch erlaubte Verhaltensweisen einschließe. Im Internet sei eine Aufklärung auch auf nachgeschalteten Seiten zulässig. Sämtliche Kosten, wie verlangt, könnten gar nicht angegeben werden.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach-  und Streitstandes wird auf den vorgetragenen Akteninhalt verwiesen.

Entscheidungsgründe

Die Klage ist begründet.

Die Klägerin hat gegen die Beklagte einen Anspruch auf Unterlassung des im Klageantrag zu I. beschriebenen Verhaltens gemäß den §§ 8 Abs. 1, Abs. 3 Nr. 2, 3, 5 Abs. 1 Nr. 2 UWG.

Nach diesen Vorschriften kann ein rechtsfähiger Verband zur Förderung gewerblicher Interessen ein Unterlassen geschäftlich unlauteren Verhaltens verlangen, das darin besteht, zur Täuschung geeigneter Angaben über den Preis angebotene Waren und Dienstleistungen zu machen.

Diese Voraussetzungen sind vorliegend erfüllt. Die beanstandete Ad-Words Werbung erwecke bei durchschnittlich informierten und situationsgemäß aufmerksamen Verbrauchern, zu denen auch die Mitglieder der Kammer gehören, den Eindruck, für eine monatliche Zahlung von 9,99 Euro sei der angebotene Tarif erhältlich. Diese Angabe ist insofern nicht zutreffend, als zusätzlich unstreitig eine einmalige Zahlung von 9,95 Euro zu leisten ist.

Bei der vorzunehmenden Gesamtbetrachtung der Ad-Words Anzeige ist zu berücksichtigen, dass nicht bloß ein Hinweis auf ein erkennbar ergänzungsbedürftiges Angebot gegeben wird, dessen konkrete Leistungsmerkmale erst deutlich werden, wenn sich der Betrachter durch Anklicken näher mit ihm befasst. Die wesentlichen Leistungsmerkmale sind vielmehr bereits in der aus  nur wenigen Textzeilen bestehenden Anzeige angegeben: Es geht um ein Datenvolumen von 300 MB und 300 Minuten SMS sowie C, 30 Tage Flat, 30 Tage Surfflat, C & Bundesliga in Top D-Netz-Qualität, ohne Grundgebühr und ohne Vertragsanbindung. Das als „B E-Tarif“ bezeichnete Angebot soll zum Preis von 9,99 €/M erhältlich sein. Es ist nicht erkennbar, welche für den Verbraucher sonst noch bedeutsamen Leistungs- oder Entgeltaspekte nicht erwähnt wurden. Mit diesen Angaben ist ein durchschnittlicher Verbraucher in der Lage zu entscheiden, ob er eine geschäftlich bedeutsame Entscheidung zugunsten des Angebots treffen möchte. Zwar dürfte bekannt sein, dass die Ad-Words Werbung nur schlagwortartig kurze Angaben zu machen in der Lage ist. Wenn es der Beklagten jedoch gelingt, mit solchen Schlagworten den Umfang der Leistung zu beschreiben und auch die Gegenleistung ausdrücklich und betragsmäßig erwähnt, muss der Leser einer noch dazu als „B E-Tarif“ bezeichneten Werbeaussage annehmen, dass in den zentralen Punkten, wozu selbstverständlich gerade der Preis zählt, vollständige Angaben gemacht werden. Wenn die Beklagte über ausreichende Textmöglichkeiten verfügt, um „keine Grundgebühr“ und „keine Vertragsanbindung“ zu informieren, ist ihr zuzumuten, den Umstand obligatorisch kostenpflichtigen Erwerbs der SIM-Karte gleichfalls zu erwähnen. Ob sie dies durch Weglassen anderer Texte oder zusätzlichen Erwerb von Textmöglichkeiten erreicht, bleibt ihr überlassen. Der Verbraucher muss nicht zwangsläufig davon ausgehen, eine solche Karte zusätzlich erwerben zu müssen. Die Klägerin hat unwidersprochen vorgetragen, dass es auch Anbieter vergleichbarer Leistungen gibt, bei denen insoweit keine Kostentragungspflicht entsteht.

Ob das damit als geschäftlich unlauter und eine Wiederholungsgefahr begründende Verhalten der Beklagten zusätzlich auch unzulässig im Sinne von § 5 a UWG ist und gegen Vorschriften der Preisangabeverordnung verstößt, bedarf keiner weiteren Entscheidung.

Der gestellte Unterlassungsantrag ist auch nicht materiell zu weitgehend. Erlaubtes Verhalten, das einen entsprechenden Verbot unterfiele, ist nicht ersichtlich. Es wird die konkret beanstandete Anzeige in den Text integriert und auf die als Anlage K 2 vorgelegte Abbildung der gesamten Darstellung verwiesen. Unter Berücksichtigung des Umstandes, dass es sich um die Werbung für einen „Tarif“ handelt, erscheint es abwegig, Kosten von Hardware in Betracht zu ziehen. In ihrer Anlage B 2 zeigt die Beklagte, welche Kosten tatsächlich anfallen. Dies sind der Monatspreis und der einmalige Betrag für die SIM-Karte. Diese als nunmehr vollständig anzusehende Angabe erfolgt allerdings erst, nachdem zuvor ein hiervon abweichender Anlockeffekt durch die beanstandete Werbung erzeugt wurde. Sowohl nach der derzeitigen wie der früheren Fassung des Irreführungstatbestands des § 5 UWG liegt ein relevanter Verstoß vor. Die irreführende Angabe ist geeignet, Marktteilnehmer zu einer geschäftlichen Entscheidung zu veranlassen.

Neben der Unterlassung schuldet die Beklagte die Erstattung der in ihrer Höhe nicht streitigen Abmahnkosten, § 12 Abs. 1 Satz 2 UWG.

Der Betrag in Höhe von 246,10 Euro ist antragsgemäß ab Rechtshängigkeit, also dem 8. Dezember 2015, zu verzinsen.

Die Kostenentscheidung folgt aus § 91 ZPO.

Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit beruht auf § 709 Satz 1 ZPO.

Der Streitwert wird auf 25.000,00 Euro festgesetzt.

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