Wie oft muss ein Amazon-Marketplace-Händler seine Angebote auf nachträgliche rechtsverletzende Änderungen überprüfen?

18. April 2017
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Bereits vor rund einem Jahr hat sich der Bundesgerichtshof zur Haftung von Marketplace-Händlern für geänderte Angebotsbeschreibungen durch Dritte geäußert und dem Erstanbieter eines Produkts eine Überwachungs- und Prüfpflicht auferlegt. Wie diese genau auszusehen hat, wurde dabei jedoch nicht konkretisiert.

Kürzlich ergangene Entscheidungen könnten dabei nun Licht ins Dunkle bringen: Nach Auffassung des OLG Köln soll zumindest eine werktägliche Überprüfung auch von einer Haftung für am Wochenende erfolgte Rechtsverletzungen, die durch eine Änderung des Angebots durch Dritte verursacht werden, entbinden, wohingegen dem LG Arnsberg zufolge eine 14-tägige Überprüfung gerade nicht ausreicht.

Urteil des Bundesgerichtshofs vom 03.03.2016, Az.: I ZR 140/14

Dass den Erstanbieter eines Produkts auf der Internetplattform Amazon-Marketplace im Hinblick auf künftige rechtsverletzende Änderungen des Angebots Überwachungs- und Prüfpflichten treffen, hat der Bundesgerichtshof mit Urteil vom 03.03.2016 (Az.: I ZR 140/14) bereits klargestellt. Ein Ausschluss der Haftung als Störer für Rechtsverletzungen, die durch eine Änderung  des Angebots durch Dritte verursacht werden, kann demnach nur dann in Betracht kommen, wenn der Verkäufer sein eingestelltes Angebot regelmäßig auf seine Richtigkeit hin – insbesondere auch im Hinblick darauf, ob eine nachträgliche Änderung erfolgt sei – überprüft.

Jedenfalls scheidet eine Berufung auf die Unkenntnis seitens des Händlers dann aus, wenn er nahezu zwei Wochen keine Überprüfung vornimmt, denn bereits dann sieht der Bundesgerichtshof seine Prüfpflicht als verletzt an und damit einen adäquat-kausalen Beitrag zu der Rechtsverletzung gegeben.

Allerdings hat der Bundesgerichtshof in seiner Entscheidung offengelassen, wie diese Überwachungs- und Prüfpflicht im Einzelnen auszusehen hat. Insbesondere im Hinblick auf die erforderlichen Prüfintervalle bestand näherer Konkretisierungsbedarf. Diese Aufgabe haben nun das OLG Köln sowie das LG Arnsberg übernommen.

Beschluss des OLG Köln vom 15.03.2017, Az.: 6 W 31/17

In einem vor dem Oberlandesgericht Köln verhandelten Fall ging es um falsche unverbindliche Preisempfehlungen in den Angeboten einer Amazon-Marketplace-Händlerin. Für diese Rechtsverletzung wurde sie bereits abgemahnt, doch auch im Folgenden fanden sich immer wieder Verstöße. Die Händlerin kam ihrer Prüfpflicht allerdings in der Gestalt nach, dass sie jeweils einmal pro Wochenarbeitstag (Montag bis Freitag) alle eingestellten Angebote kontrolliert und solche entfernt hat, soweit eine nicht überprüfbare oder falsche unverbindliche Preisempfehlung nachträglich eingestellt worden war.

Eine derartige Kontrolle hat das Gericht für ausreichend erachtet. Kommt die Händlerin ihrer Prüfpflicht in derartigem Umfang nach, so könne sie auch nicht für Rechtsverletzungen, die sich nach Dienstschluss oder aber am Wochenende ereignen, haftbar gemacht werden.

Beschluss des LG Arnsberg vom 14.02.2017, Az.: I-8 O 10/15

In einem anderen Verfahren vor dem Landgericht Arnsberg wiederum ging es um Produktabbildungen, die nicht dem tatsächlichen Lieferumfang entsprachen. Auch hier wurde die Händlerin bereits auf Unterlassung verklagt (Urteil des LG Arnsberg vom 05.03.2015, Az.: 8 O 10/15) und nun ein Ordnungsgeld wegen wiederholten Verstoßes gefordert. Diese hat sich im Laufe des Verfahrens darauf berufen, dass nicht sie selbst, sondern Amazon das Bild geändert habe und zudem eine Überprüfung in 14-Tages Intervallen nach Meinung des Bundesgerichtshofs ausreichen würde.

Das Landgericht Arnsberg stellte allerdings klar, dass auch der BGH in seiner Entscheidung davon ausging, dass eine Verletzung der Prüfpflicht vorliegt, sofern über einen Zeitraum von nahezu zwei Wochen keine Überprüfung erfolge. Erfolge eine solche – wie im vorliegenden Fall – erst nach einer Zeitspanne von sechs Wochen, so sei diese erst recht als verletzt anzusehen.

Kommentar von Rechtsanwalt Alexander Wagner

In der Rechtsprechung zeichnet sich nun noch klarer ein strenger Maßstab im Hinblick auf die Prüfungspflichten bei Amazon-Angeboten ab. Da bei Amazon die von einem Händler selbst erstmalig eingestellten Angebote auch von anderen Händlern oder von Amazon selbst abgeändert werden können, z.B. die Angebotsbeschreibungen, die Angebotsbilder oder auch eine falsche unverbindliche Preisempfehlung eingefügt werden kann, muss eine Überprüfung der Angebote regelmäßig in kurzen Abständen erfolgen, um einer Haftung als Störer bzw. Ordnungsgeldern oder Vertragsstrafen zu entgehen. Dass Zeiträume von 2–6 Wochen hierfür nicht ausreichen, ist insofern nicht überraschend. Ob diesbezüglich jedoch tatsächlich eine tägliche Überprüfung erforderlich ist, kann noch nicht abschließend beurteilt werden. Dies könnte einige Händler, die über eine sehr große Anzahl an Angeboten verfügen, schlicht überfordern.

Im Rahmen der Störerhaftung bestimmt sich der Umfang danach, ob und inwieweit dem als Störer Inanspruchgenommenen nach den Umständen des Einzelfalls eine Prüfung zuzumuten ist. Zumindest dem OLG Köln reichte eine tägliche Überprüfung von Mo-Fr. Aber ob tatsächlich am Wochenende, als umsatzstärkste Tage im Online-Handel, eine Überprüfung der Angebote gänzlich unterbleiben darf, dürfte gleichwohl fraglich sein. Händlern kann insoweit nur empfohlen werden, ihre Amazon-Angebote so oft es geht zu überprüfen, sofern sie nicht für rechtsverletzende Änderungen der Angebote durch Dritte haftbar gemacht werden wollen.

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