Die „Abo-Falle“: Zu den Anforderungen an den Abschluss eines Abonnementvertrages für mobile Dienstleistungen

11. Oktober 2018
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Handy mit Geld Urteil des AG Düsseldorf vom 09.08.2018, Az.: 50 C 248/17

Abonnementverträge über Mobile-Entertainment-Dienstleistungen mittels WAP-/WEB-Billings kommen nicht zustande, wenn der Kunde aufgrund der technischen Gestaltung der angezeigten Webseite mittels sog. „I-Framings“ über den vermeintlichen Abschluss eines Vertrags getäuscht wird. Zum wirksamen Abschluss eines solchen Vertrages bedarf es eines konkreten Hinweises auf einen Kauf oder der Eingehung eines kostenpflichtigen Abonnements. Das Anzeigen verschiedener Banner und Fenster, die unübersichtlich übereinandergelegt gelegt wurden, wodurch für den Internetnutzer überhaupt nicht mehr ersichtlich ist, wo er schlussendlich klickt und nicht darüber informiert wird, welche Verpflichtungen er womöglich eingeht, genügt einer solchen Hinweispflicht gerade nicht, sondern stellt vielmehr eine unzulässige „Abo-Falle“ dar.

Amtgericht Düsseldorf

Urteil vom 09.08.2018

Az.: 50 C 248/17

 

Tenor

Die Beklagte wird verurteilt, an die Klägerin EUR 570,70 nebst 5 Prozentpunkten Zinsen über dem Basiszinssatz seit dem 16.04.2016 sowie EUR 147,56 an vorgerichtlichen Rechtsanwaltsgebühren nebst 5 Prozentpunkten Zinsen über dem Basiszinssatz seit dem 09.10.2017 zu zahlen.

Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.

Die Klägerin hat die Kosten des Rechtsstreits zu tragen, die durch die Anrufung des unzuständigen Amtsgerichts H entstanden sind. Die Kosten des Rechtsstreits im Übrigen haben die Klägerin zu 10,6 % und die Beklagte zu 89,4 % zu tragen.

Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.

Tatbestand

Die Parteien streiten über das Bestehen von Abonnementverträgen im Rahmen einer bereicherungsrechtlichen Abwicklung.

Die Beklagte ist Rechtsnachfolgerin der N GmbH, ihrerseits Rechtsnachfolgerin der N2 GmbH sowie der M GmbH. Sie bietet sogenannte Mobile-Entertainment-Dienstleistungen auf dem deutschen Mobilfunkmarkt an. Mit Abonnements können unter anderem Onlinespiele, Klingeltöne, Avatare, Hintergrundbilder, Logos und Bilder heruntergeladen und insbesondere zum Zwecke der Unterhaltung und Personalisierung des Mobiltelefons benutzt werden. Unter http:// ### ist der L Store, unter http://### die O-Seite abrufbar.

Im Rahmen von Mobilfunkrechnungen wurden der Klägerin im Zeitraum von August 2014 bis April 2016 mindestens EUR 570,70 über die monatliche Mobilfunkrechnung abgebucht (Bl. 18 GA), hiervon EUR 3,99 wöchentlich im Rahmen der O-Beziehung und EUR 4,99 wöchentlich im Rahmen der L-Beziehung.

Die Parteien tauschten sich in der ersten Aprilwoche des Jahres 2016 mehrfach über das Ob und Wie eines Vertragsverhältnisses aus. Die Klägerin widersprach dem Bestehen eines Solchen gegenüber der Beklagten und forderte diese durch Versendung von Emails, einfacher Schreiben und Einschreiben-Briefe im Zeitraum von April 2016 bis November 2016 mehrfach, insbesondere durch eine Email vom 01.04.2016 mit einer 14-tägigen Fristsetzung bis zum 15.04.2016, erfolglos zur Rückzahlung auf (Bl. 162f GA).

Mit außergerichtlichem Anwaltsschreiben vom 21.08.2017 forderte die Klägerin die Beklagte mit Fristsetzung zum 31.08.2017 erfolglos zur Rückzahlung von EUR 638,55 auf, widerrief etwaig abgegebene Erklärungen hinsichtlich irgendeines Vertragsschlusses rein vorsorglich und focht diese äußerst hilfsweise wegen arglistiger Täuschung an (Bl. 6 GA).

Die Klägerin macht geltend,

zwischen ihr und der D GmbH habe zu keinem Zeitpunkt ein Vertragsverhältnis bestanden und sie habe im streitgegenständlichen Zeitraum EUR 638,55 über die Mobilfunkrechnungen an die Beklagte entrichtet.

Sie beantragt,

1. die Beklagte zu verurteilen, an die Klägerin EUR 638,55 nebst 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz hieraus seit dem 16.04.2016 zu bezahlen;

2. an die Klägerin EUR 147,56 an vorgerichtlichen Rechtsanwaltsgebühren nebst 5 Prozentpunkten Zinsen über dem Basiszinssatz hieraus seit Rechtshängigkeit (09.10.2017) zu bezahlen.

Die Beklagte beantragt,

die Klage abzuweisen.

Sie ist der Auffassung,

durch das Einreichen der Log-Files in den Anlagen B1 und B2 ihrer sekundären Darlegungslast hinsichtlich des Bestehens eines Rechtsgrundes maßstabsgerecht entsprochen zu haben.

Mit Beschluss vom 02.12.2017 hat das Amtsgerichte H den Rechtsstreit zuständigkeitshalber an das Amtsgericht Düsseldorf verwiesen.

Wegen des weitergehenden Sach- und Streitstands wird auf das Vorbringen der Parteien in deren wechselseitigen Schriftsätze nebst Anlagen verwiesen.

Entscheidungsgründe

Die zulässige Klage ist überwiegend begründet.

I.

Der geltend gemachte bereicherungsrechtliche Anspruch gemäß §§ 812 Abs. 1 S. 1 Var. 1, 818 Abs. 2 BGB besteht in Höhe von EUR 570,70. Der darüber hinaus geltend gemachte Betrag von EUR 67,85 steht der Klägerin indes nicht zu.

Gemäß § 812 Abs. 1 S. 1 Var. 1 BGB kann der Anspruchssteller vom Anspruchsgegner die Herausgabe verlangen, wenn Letzterer etwas durch eine Leistung des Anspruchsstellers erhalten hat und ein rechtlicher Grund zu keinem Zeitpunkt bestand. Diese Voraussetzung liegen vor.

1.

Die Beklagte hat etwas im Sinne von § 812 Abs. 1 S. 1 Var. 1 BGB erlangt. Hierunter ist jeder zugeflossene Vorteil auf Seiten der Anspruchsgegnerin und Bereicherungsschuldnerin zu verstehen (vgl. Palandt, Sprau, BGB, 73. Auflage 2014, § 812, Rn. 4). Der Klägerin wurden im Zeitraum von August 2014 bis April 2016 mindestens EUR 570,70 über die Mobilfunkrechnung der Klägerin abgebucht.

Hinsichtlich des Differenzbetrages in Höhe von EUR 67,85, sich ergebend aus den beantragten EUR 638,55 und den unstreitigen EUR 570,70, genügt der Vortrag der Klägerin allerdings nicht. Die Beklagte hat mehrmals bestritten, den von der Klägerin beantragten Betrag im Verlauf des streitgegenständlichen Zeitraums erhalten zu haben (Bl. 18, 199f GA). Insbesondere hat sie dargelegt, an welchen Zeitpunkten Abbuchungen der – nach gerichtlichem Dafürhalten nicht geschuldeten Abonnemententgelte – vermeintlich systembedingt nicht stattgefunden haben sollen. Für die Beziehung „L“ benennt die Beklagte insgesamt 7 fehlgeschlagene und nicht nachgeholte Abbuchungen, beispielsweise an den Kalenderdaten 25.03.2015, 01.04.2015, 30.01.2016, für die Beziehung „O“ benennt die Beklagte insgesamt 8 fehlgeschlagene und nicht nachgeholte Abbuchungen, beispielsweise an den Kalenderdaten 27.03.2015, 03.04.2015 oder 25.01.2016 (Bl. 199f GA).

Hierauf erwidert die Klägerin nicht substantiiert und kommt so ihrer Beweislast nicht nach. Zwar verdeutlicht sie an Hand mathematischer Berechnungen, unter welchen Umständen die Beklagte hätte – im Lichte ihres vermeintlichen vertraglichen Anspruchs – welche Beträge zu welchen Zeitpunkten über die Mobilfunkrechnungen der Klägerin abbuchen müssen (Bl. 173 GA). Für die – und nur hierauf kommt es an – tatsächlich über die Mobilfunkrechnungen der Klägerin abgebuchten Beträge ist das bloße Vorrechnen der theoretisch abzubuchenden Beträge nicht ausreichend. Ob und in wie weit beispielsweise ein Abbuchungsausfall von 10 % praxisfern ist und ob „man es sich erlauben [könne], ein solch fehlerhaftes System zu verwenden, bei dem jede 10. Abbuchung nicht erfolge“(Bl. 215f GA), ist in diesem Kontext irrelevant, da diese Feststellung für den konkreten Einzelfall nicht beweisen kann, ob tatsächlich – und nur hierauf kommt es an – abgebucht wurde, oder nicht.

Anders sähe es aus, wenn die Klägerin im konkreten Einzelfall dieses Verfahrens beispielsweise – so auch ausdrücklich durch die Beklagte thematisiert (Bl. 200 GA) – Mobilfunkrechnungen vorgelegt hätte. Gerade auf Grund ihres Verweises auf die Parallelverfahren mit vergleichbarem Gegenstand (Bl. 173 GA) am Amtsgericht Düsseldorf, Az. 233 C 9/18 (Bl. 175f GA) sowie Az. 27 C 273/16, hätte ein solches Vorgehen der Klägerin – dessen Zumutbarkeit auf keinerlei Bedenken stößt und im Lichte von § 287 Abs. 2 ZPO einer Schätzung entgegensteht – mehr als nahe gelegen. Die Klägerin hätte für eine dem Maßstab entsprechende Erfüllung ihrer Beweislast Mobilfunkrechnungen zu entweder allen, jedenfalls aber zumindest zu den von der Beklagten konkret benannten Kalendertagen vorlegen können, um deren Vortrag der Nichtabbuchung im Einzelfall erfolgreich entgegenzutreten. Anders als beispielsweise im Parallelverfahren am Amtsgericht Düsseldorf, Az. 233 C 9/18, ist im konkreten Fall die Höhe des bereicherungsrechtlichen Anspruches nicht unstreitig (Bl. 177 GA). Der diesbezügliche Vortrag der Klägerin, dass Abbuchungen nur an Wochentagen zwischen Montag und Freitag, nicht hingegen – wie von der Beklagten in einigen Fällen behauptet – auch an Samstagen üblich seien, genügt nach Überzeugung des Gerichts hierfür nicht (Bl. 216 GA).

2.

Die Klägerin hat durch Begleichung ihrer Mobilfunkrechnungen an die Beklagte geleistet. Nach dem normativen Leistungsbegriff versteht man hierunter jede bewusste und zweckgerichtete Mehrung fremden Vermögens (vgl. Palandt, Sprau, BGB, 73. Auflage 2014, § 812, Rn. 3). Dass die Klägerin die Kostenpositionen erst im zeitlichen Verlauf wahrnahm steht einer Leistung nicht entgegen.

3.

Ein rechtlicher Grund für die Beziehung „L“ beziehungsweise „O“ bestand zu keinem Zeitpunkt.

Der Bereicherungsgläubiger ist nicht gehalten, alle theoretisch in Betracht kommenden Rechtsgründe auszuschließen, sondern darf sich darauf beschränken darzulegen, dass die vom Bereicherungsschuldner geltend gemachten Rechtsgründe nicht vorliegen (vgl. BGH NJW 1982, 626; BGH NJW-RR 1991, 574, 575; MüKo, Schwab, BGB, 7. Auflage 2017, § 812, Rn. 436). Den Empfänger, der einen Rechtsgrund für sich reklamiert, trifft zwar eine sekundäre Behauptungslast in dem Sinne, dass er substantiiert vortragen muss, woraus er sein Recht ableite, das Erlangte behalten zu können (vgl. BGH NJW 1999, 2887f; 2003, 1039, 1040; NJW-RR 2004, 556; MüKo, Schwab, BGB, 7. Auflage 2017, § 812, Rn. 440). Bringt dieser aber eine hinreichend substantiierte Behauptung vor, so liegt es am Bereicherungsgläubiger, diese zu widerlegen.

Die Klägerin ist ihrer Darlegungslast nachgekommen, indem sie durch ihren Vortrag, insbesondere im Hinblick auf die von der Beklagten als Anlagen B1 und B2 (Bl. 20-25 GA) vorgetragenen sogenannten „Log-Files“, erhebliche Zweifel an dem Zustandekommen zweier Verträge geweckt hat.

a)

Die Beklagte hat vorgetragen, dass sich aus den „Log-Files“ das Zustandekommen zweier Abonnements ergebe.

In der Beziehung „L“ soll die Klägerin am 19.08.2014 vom Mobiltelefon (Telefonnummer +## ### ########), dem zu jener Zeit die IP-Adresse ##.###.##.###, eine IP-Adresse aus dem IP-Adressenblock der E AG, zugeordnet gewesen sei, einen Werbebanner für eine App („VERSCHLPUMPFE DEIN HANDY!“) angeklickt haben. Dieser Werbebanner soll auf einer von der Klägerin zuvor besuchten Website eingebunden gewesen sein (Bl. 16 GA). Nach Antippen des Banners soll sich auf dem Mobiltelefon der Klägerin um 15:36:35 Uhr eine Produktseite geöffnet haben mit dem Hinweis auf die Möglichkeit, ein kostenpflichtiges Abonnement für den L Store abzuschließen. Durch Antippen eines mit dem Wort „Weiter“ beschrifteten Buttons um 15:36:59 Uhr, also 24 Sekunden später, soll die Klägerin sodann auf die Bestellseite gelangt sein. Durch Betätigung des Buttons „ABO KAUFEN“ um 15:37 Uhr soll die Klägerin das Abonnement sodann abgeschlossen und in zeitlicher Nähe eine Bestätigungs-SMS auf ihrem Mobiltelefon empfangen haben (Bl. 17 GA).

In der Beziehung „O“ soll die Klägerin am 12.02.2015 um 21:06 Uhr vom Mobiltelefon (Telefonnummer +## #### ####), dem zu jener Zeit die IP-Adresse ##.###.###.##, ebenfalls eine IP-Adresse aus dem dem IP-Adressenblock der E AG, zugeordnet gewesen sei, einen Werbebanner für Klingeltöne („Klingeltöne >“) angeklickt haben (Bl. 17 GA). Nach Antippen des Banners soll sich auf dem Mobiltelefon der Klägerin um 21:06:33 Uhr die Produktseite mit dem Hinweis auf die Möglichkeit, ein kostenpflichtiges Abonnement des Dienstes „O“ abschließen zu können, geöffnet haben. Durch Antippen eines mit dem Wort „WEITER“ beschrifteten Buttons um 21:06:50 Uhr, also 17 Sekunden später, soll die Klägerin auf die Bestellseite gelangt sein. Durch Betätigen des Buttons „ABO KAUFEN“ um 21.06:53 soll das Abonnement sodann abgeschlossen und in zeitlicher Nähe eine Bestätigungs-SMS auf ihrem Mobiltelefon empfangen haben (Bl. 17 GA).

b)

Die Beklagte hat mit ihrem Vortrag der ihr obliegenden, sekundären Darlegungs- und Beweislast nicht genügt. Sie gab zu erkennen, dass die von ihr als Anlage B1 und B2 vorgebrachten Log-Files nicht den tatsächlichen Umständen entsprechen.

aa)

Ein jeweiliges Log-File der Beklagten ist wie folgt aufgebaut:

Es beginnt mit dem Logo des Unternehmens (obere linke Ecke). Es folgt die Überschrift „Prüfprotokoll der Log-Informationen des Registrierungsvorgangs“ in einfachem Schriftbild, sowie die allgemeinen Informationen eines vermeintlichen Abonnenten wie IP-Adresse, Netzbetreiber, Mobilfunknummer, Mobiltelefon-Browser sowie das Mobiltelefon-Modell im Fettdruck.

Hierauf folgt die einleitende Überschrift „SUBSCRIPTION PROCESS“ in Großbuchstaben und im Fettdruck, sowie die Website, auf der der Werbebanner der Beklagten eingeblendet gewesen sein soll, das jeweilige Verhalten eines vermeintlichen Abonnenten inklusive aller Uhrzeiten, also beispielsweise die Uhrzeit der ersten Öffnung der Website sowie des vermeintlichen Antippens der Werbeanzeige unter Benennung des Werbeprodukts sowie des dazu gehörigen Online-Stores, beispielsweise http:// ####.

Der nächste Abschnitt ist ebenfalls in Fettdruck überschrieben mit „Subscription Technical Information“ und beinhaltet eine Auflistung technischer Informationen, inklusive Internet-Abonnentenzuordnungsnummer – im Fall der Anlage B 1 (Bl. 20 GA) für die Klägerin die sogenannte „D Subscription Id: ####“, ebenso wie Start- und Endzeit eines jeweiligen Abonnements hier 19.08.2014, 15:37:00 Uhr und 01.04.2016, 12:04:58 Uhr.

Das Log-File schließt mit der Überschrift „SMS History“ in Großbuchstaben und im Fettdruck, sowie der vermeintlich versendeten SMS inklusive deren Inhalt.

Letzter Inhalt eines Log-Files sind dann die „Screenshots:“, die Banner, 1. Produktseite und 2. Produktseite darstellen. Auf den Screenshots der Anlage B1 (Bl. 22 GA) sind unter dem Screenshot zu „1. Produktseite:“ ein Bild zu den sogenannten „Schlümpfen“ zu erkennen, inklusive Verweises auf eine App sowie ein Hinweis auf ein Abo und dessen Konditionen. Ebenso beinhaltet der Screenshot die Bezeichnung zum Store „L Store“ sowie den Vertragspartner „M/N2“. Das Bild schließt ab mit einem großen Kasten, vermutlich einem Button, der in Großbuchstaben das Wort „WEITER“ anzeigt. Der Screenshot zu „2. Produktseite:“ beinhaltet grundsätzlich den identischen Aufbau mit der Abweichung, dass in dem Kasten am Ende der Seite in Großbuchstaben die Worte „ABO KAUFEN“ zu sehen sind.

Die Anlagen B1 und B2 beinhalten in der linken unteren Ecke jeweils die Unternehmenszuordnung inklusive den Daten zu Adresse, Registergericht, Registernummer, USt-IdNr., Geschäftsführer sowie der Kontaktdaten, also Telefon-Hotline, Email und Web-Adresse.

bb)

Die Beklagte hat anfänglich vorgetragen, bei einem Log-File handele es sich um „während des Bestellprozesses aufgezeichneten Daten“ (Bl. 16 GA).

Auf den Vortrag der Klägerin, dass ihr die aus den Anlagen B1 und B2 ersichtlichen Bannern und Ähnlichem nicht angezeigt worden seien, hat die Beklagte eingeräumt, dass es sich bei den in den Anlagen befindlichen sogenannten Screenshots (Bildschirmfotos) nicht um solche des Mobiltelefons der Klägerin handele, da die Beklagte solche Screenshots weder anfertigen könne, wolle, noch dürfe. Vielmehr hat sie klargestellt, dass es sich dabei um eine bloße Wiedergabe der Inhalte handelte, die einem jeden Besucher seinerzeit, angezeigt worden seien respektive sein müssten. Diese Screenshots seien ausschließlich aus internen Systemquellen. Die tatsächliche Anzeige auf dem Display eines jeden Besuchers – und nur hierauf kommt es an – könne von der Wiedergabe in der Anlage B1 und B2 abgewichen haben (Bl. 17 GA).

Die Beklagte ging später dazu über, die Inhalte der Prüfprotokolle (Bl. 20-25 GA) als von den Servern der Beklagten ausgelesene Informationen zu bezeichnen, die –ausdrücklich abweichend – über die während des Bestellprozesses vermeintlich erfassten Daten „aber auch weitere protokollierte Vertragsdaten wie insbesondere den Zeitpunkt der Versendung und Inhalt der versandten Bestätigungs-SMS sowie den Zeitpunkt der Beendigung des jeweiligen Abonnementvertrages [beinhaltete]. Kraft Natur der Sache [seien] diese nicht bereits bei Vertragsschluss, sondern erst im Nachhinein gespeichert [worden]“ (Bl. 107 GA); die Daten kämen „Schritt für Schritt“ hinzu (Bl. 199 GA).

cc)

Das Gericht hat erhebliche Zweifel am Vortrag der Beklagten in Gestalt der eingereichten Anlagen B1 und B2. Dieser Gesamteindruck setzt sich aus den folgenden Anhaltspunkten zusammen, die sowohl für sich allein Indizwirkung aufweisen, jedenfalls aber bei kumulativer Betrachtung einen Eindruck der Lückenlosigkeit vermissen lassen.

(1)

Die Beklagte lässt anerkannte Zertifikate zu der von ihr verwendeten Software, insbesondere nach ausdrücklichem Vortrag durch die Klägerin, vermissen. Sie verhält sich hierzu nur bedingt. Für das Gericht ist unklar, welche Software-Art die Beklagte verwendet (hat) und wie hoch deren Fehleranfälligkeit zu den streitgegenständlichen Zeitpunkten war und auch weiterhin ist (vgl. LG Köln, Az. 109-1/08).

Das Verhalten der Beklagten auf die Frage des Zustandekommens eines jeden Log-Files erscheint bedenklich. Die Beklagte trägt erst vor, dass ein jedes Log-File zu Beginn automatisch durch ein System entsteht (Bl. 16f GA), ändert dieses Vorgehensmuster im Verlauf des Rechtsstreits dergestalt ab, dass ein Log-File nun scheinbar sukzessive entsteht (Bl. 107, 199 GA). Dies erscheint hinsichtlich der ersten Zeile eines Log-Files mit dem Wortlaut „Prüfprotokoll […] des Registrierungsvorgangs“ bedenklich (Bl. 20, 23 GA), da ein Registrierungsvorgang nach dem Wortsinn ausschließlich zu Beginn einer vermeintlichen Vertragsbeziehung stattfinden kann; anderenfalls müsste es beispielsweise sinngemäß „Kunden-Historie“, „Zeitstrahl der Vertragsbeziehung“ oder Ähnliches heißen, um sinnvoller weise auch ein vermeintliches Kündigungsdatum, „Subscription Stop Date“, abbilden zu können.

Wie genau der Prozess abläuft, in dem beispielsweise bei Kündigung per Email die Beendigung eines vermeintlich geschlossenen Abonnements oder der vermeintliche Versand einer Bestätigungs-SMS durch die Beklagte an vermeintliche Abonnenten den Weg in ein Log-File findet, ist für das Gericht unklar. Im konkreten Fall weicht nicht nur die Uhrzeit der vermeintlichen Kündigung der Klägerin per Email (Bl. 162 GA) von der Uhrzeit aus den Log-Files ab (Bl. 20, 23 GA). Die Log-Files aus den Anlagen B1 und B2 weisen sogar bei direkter Gegenüberstellung unterschiedliche Kündigungszeitpunkte ab, für die Beziehung L „Subscription Stop Date: 2016-04-01 12:04:58“ (Bl. 20 GA) und für die Beziehung O „Subscription Stop Date: 2016-04-01 12:04:57“ (Bl. 23 GA). Der Unterschied von lediglich einer Sekunde mag grundsätzlich als nicht signifikant erscheinen. Im Hinblick auf das einheitliche Verhalten der Klägerin von April 2016 im Rahmen ihres Loslösungsversuchs wirft dies jedoch deshalb Fragen auf, weil die Beklagte ihren Vortrag zur Entstehung und Aktualisierung eines jeden Log-Files „Schritt für Schritt“ (Bl. 199 GA) zwar modifiziert hat, hingegen nicht von ihrer Position des weiterhin vollautomatischen Zustandekommens eines jeden Log-Files abgerückt ist. Mangels diesbezüglichen Vortrages der Beklagten sieht das Gericht den Vortrag hinsichtlich des, wenn auch nur sukzessive, automatischen Zustandekommens eines jeden Log-Files, als zweifelhaft.

Ebenso erscheint es fragwürdig, dass innerhalb des Log-Files auf den Screenshots die Bezeichnung „M/ N2“ (Bl. 22, 25 GA), im Textabschnitt „D“ (Bl. 20, 23 GA) und in der linken unteren Ecke „N2 c/o D GmbH“ angezeigt wird. In wie weit beispielsweise die D GmbH zu diesem Zeitpunkt schon bestanden hat, warum nicht die damalige Rechtsvorgängerin „M GmbH“ mit ihrer Registernummer auf der Seite des Log-Files zu finden ist, bleibt für das Gericht unklar.

Auch ist zu bedenken, dass – das Gericht geht nach dem Vortrag der Beklagten weiterhin von einem vermeintlich automatischen Zustandekommen eines jeden Log-Files aus – der Beklagten eine Varietät von zeitlich geordneten Versionen einer jeden Kundenhistorie zur Verfügung stehen müsste, beispielsweise eine Version zum Zeitpunkt der erstmaligen Registrierung bis hin zur Beendigung unter Einschluss aller Verhaltensweisen eines jeden Abonnenten. Ein solcher – von der Beklagten nicht geführter Vortrag – hätte zu ihren Gunsten gewirkt.

Auch erscheint die fehlende Funktionsfähigkeit der jeweiligen Stores bedenklich. Die Klägerin hat durch Einreichung des Videos in Anlage 22 des Schriftsatzes vom 19.07.2018 durch ein Video aufgezeigt, dass der Store zum jetzigen Zeitpunkt nicht funktionsfähig ist, lediglich Fehlermeldungen angezeigt würden. Zwar kommt es nicht auf die heutige Nutzungsmöglichkeit und Funktionsfähigkeit eines von der Beklagten betriebenen Online-Stores an, sodass weder der Kläger noch der Beklagtenvortrag (Bl. 197 GA) diesbezüglich eine signifikante Rolle zuzugestehen ist. Jedoch lässt dieser Umstand einen ähnlichen Lebenssachverhalt in der Vergangenheit vermuten. Nach dem Vortrag der Beklagten funktionieren ihre Stores sehr wohl (Bl 202f GA). Jedoch ist sie auch jetzt nicht in der Lage, Screenshots anzubieten, die beispielsweise einen Mobilfunkbetreiber und/oder eine Uhrzeit und Ähnliches beinhalten (Bl. 202f GA), letztlich also alles, was abstrakt eine Individualisierung eines Mobiltelefons und –Bildschirms ermöglicht und von einer bloß intern verwendeten Schablone abgrenzen kann. Genau dies ist auch in den Anlagen B1 und B2 der Fall (Bl. 20-25 GA). Der Vortrag der Beklagten (Bl. 17 GA), weshalb auf den Screenshots der Anlagen B1 und B2 Angaben zur Uhrzeit und dem Mobilfunkbetreiber fehlen, wenn diese scheinbar im Informationspool der Beklagten, da ja auch im jeweiligen Log-File abgebildet, vorhanden waren und sind, überzeugt letztlich nicht.

Auf Grund dieser Umstände kann nicht ausgeschlossen werden, dass nicht auch sonstige Elemente nachträglich und ohne besondere Kennzeichnung durch die Beklagte verändert wurden (vgl. AG Düsseldorf, Az, 24 C 451/16).

(2)

Aus Parallelverfahren (Bl. 71-73 GA) am Amtsgericht Düsseldorf ist dem Gericht bekannt, dass es zuvor bereits Unstimmigkeiten hinsichtlich der von der Beklagten jeweils auch als Anlage B1 und B2 vorgelegten Log-Files gegeben hat. In der Rechtssache mit dem Az. 43 C 210/16 schlossen die Parteien vor Gericht zwar einen Vergleich. Dass der öffentlich bestellte und vereidigte Sachverständige für Systeme und Anwendungen der Informationsverarbeitung Dr. T in seinem Gutachten zu dem Ergebnis kam, die vorgelegten Log-Files und deren Manipulationsfreiheit mehr als anzweifeln zu können und die Beklagte in dieser Rechtssache im Rahmen der Vergleichsbedingungen zudem die Gerichts- und Gutachterkosten vollständig übernahm, stützt die Sichtweise des Gerichts. Auch in der Sache Az. 24 C 451/16 hatte das Gericht erhebliche Zweifel an der Manipulationsfreiheit der Log-Files.

Auch der Wissenschaftliche Dienst des Deutschen Bundestages hat in der 18. Wahlperiode als Drucksache 18/10480 (Bl. 64f GA) mit Datum vom 30.11.2016 die Thematik des sogenannten WAP-/WEB-Billings aufgegriffen und wie folgt ausgeführt: „Dem User wird beispielsweise vorgetäuscht, dass er mit seinem Smartphone auf einen Videoplayer-Button klickt. Die oberste „Bildschicht“, auf die der Nutzer klickt, lässt den Klick quasi „durch“ – die entsprechenden klickbaren Flächen sind so angeordnet, dass der (unsichtbare) darunter liegende Aktivierungsbutton ausgelöst wird, der letztlich finanzielle Forderung nach sicht zieht.“ (vgl. Drucksache 18/10480, Seite 5, Frage 9).

Unabhängig von gegebenenfalls vorhandenem Tätigwerden der Staatsanwaltschaft gegen die Beklagte (Bl. 67 GA) ist das Gericht davon überzeugt, dass der vorliegende Fall als ein solcher des beschriebenen Ablaufmusters, also des WAP-/WEB-Billings mittels des sogenannten „I-Framing“-Verfahrens, aufzufassen ist (vgl. Drucksache 18/10480, Seite 5, Frage 9). Das Gericht ist davon überzeugt, dass die Klägerin auf dem Bildschirm ihres Mobiltelefons keine Buttons oder Sonstiges gesehen hat, was ihr die Eingehung eines kostenpflichtigen Vertragsschlusses nahegelegt haben könnte. Nach gerichtlicher Überzeugung ist die Klägerin letztlich Opfer der sogenannte „Abo-Falle“ geworden (vgl. AG Marburg, Az. 9 C 948/15).

Bei Annahme eines solchen Ablaufs, also des unbewussten „Durchklickens“ mehrerer Schichten, ist auf Grund der fehlenden objektiven Erkennbarkeit eines solchen Verhaltens nach Außen in den Rechtsverkehr nicht von mehreren, gemäß §§ 142 Abs. 1, 123 Abs. 1 BGB bloß mit Ex-tunc-Wirkung anfechtbaren Vertragsschlüssen, auszugehen. Das Gericht ist davon überzeugt, dass zu keinem Zeitpunkt auch nur irgendein Vertrag geschlossen wurde.

II.

Die Klägerin kann auch Ersatz der vorgerichtlichen Rechtsanwaltskosten aus §§ 280, 286 BGB in Verbindung mit den Regelungen des Rechtsanwaltsvergütungsgesetzes verlangen. Dabei wird bezüglich der Höhe auf die Berechnung in der Klageschrift Bezug genommen.

III.

Hinsichtlich des weiterführenden Zinsbegehrens aus Antrag Nr.1 ergibt sich der Zinsanspruch gemäß §§ 286, 288 BGB, denn die Beklagte befand sich nach fruchtlosem Fristablauf am 16.04.2016 in Verzug, hinsichtlich des Zinsbegehrens aus Antrag Nr. 2 gemäß § 291 BGB.

IV.

Die Kostenentscheidung folgt aus §§ 91 Abs. 1, 281 Abs. 3 S. 2 ZPO, die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit aus §§ 708 Nr. 11, 711, 713 ZPO.

Der Streitwert wird auf 638,55 EUR festgesetzt.

Rechtsbehelfsbelehrung:

Gegen dieses Urteil ist das Rechtsmittel der Berufung für jeden zulässig, der durch dieses Urteil in seinen Rechten benachteiligt ist,

1. wenn der Wert des Beschwerdegegenstandes 600,00 EUR übersteigt oder

2. wenn die Berufung in dem Urteil durch das Amtsgericht zugelassen worden ist.

Die Berufung muss innerhalb einer Notfrist von einem Monat nach Zustellung dieses Urteils schriftlich bei dem Landgericht Düsseldorf, Werdener Straße 1, 40227 Düsseldorf, eingegangen sein. Die Berufungsschrift muss die Bezeichnung des Urteils, gegen das die Berufung gerichtet wird, sowie die Erklärung, dass gegen dieses Urteil Berufung eingelegt werde, enthalten.

Die Berufung ist, sofern nicht bereits in der Berufungsschrift erfolgt, binnen zwei Monaten nach Zustellung dieses Urteils schriftlich gegenüber dem Landgericht Düsseldorf zu begründen.

Die Parteien müssen sich vor dem Landgericht Düsseldorf durch einen Rechtsanwalt vertreten lassen, insbesondere müssen die Berufungs- und die Berufungsbegründungsschrift von einem solchen unterzeichnet sein.

Mit der Berufungsschrift soll eine Ausfertigung oder beglaubigte Abschrift des angefochtenen Urteils vorgelegt werden.

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