Marken- und wettbewerbsrechtliche Probleme bei der Gestaltung von Preisetiketten

15. Juni 2022
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Gesetzbuch Markenrecht mit einem Richterhammer Urteil des OLG Nürnberg vom 29.03.2022, Az.: 3 U 3358/21

Eine wettbewerbliche Eigenart kann Preisetiketten aufgrund ihrer farblichen Gestaltung zukommen. Eine Herkunftstäuschung bestehe hierbei nach Ansicht des Gerichts nicht, wenn das Produkt, auch wenn es aufgrund seiner Farben auf einen bestimmten Filialisten hinweise, unter unterschiedlich benannten Domainnamen verkauft werde. Weiterhin hat das Gericht entschieden, dass Preisetiketten als Geschäftsabzeichen gelten können, wenn sie in den Unternehmensfarben gestaltet seien. Soll das Preisetikett hierbei neben der Preisangabe auch die Unternehmensfarben zur Geltung bringen, beziehe sich hierbei der Schutz auf die Unternehmensfarben und nicht das Etikett an sich.

Oberlandesgericht Nürnberg

Urteil vom 29.03.2022

Az.: 3 U 3358/21

 

Tenor

I. Auf die Berufung der Beklagten wird das Urteil des Landgerichts Nürnberg-Fürth vom 1. September 2021, Az. 4 HK O 1545/19 teilweise abgeändert und wie folgt neu gefasst:

1. Die Beklagte wird verurteilt, der Klägerin Auskunft zu erteilen und Rechnung zu legen, in welchem Umfang sie die Unionsmarke der Klägerin
eingetragen im Register des EUIPO unter EM 0…, ohne deren Zustimmung für Gartenwerkzeuge benutzt hat, insbesondere in welchem Umfang sie unter dieser Marke Gartenwerkzeuge angeboten und/oder in den Verkehr gebracht oder zu den genannten Zwecken besessen hat, unter Angabe der Namen und Anschrift der Hersteller, Lieferanten oder anderer Vorbesitzer, von denen sie die unter dieser Marke angebotenen Gartenwerkzeuge bezogen hat, und der Menge der hergestellten, ausgelieferten, erhaltenen oder bestellten Waren, sowie der Preise, die sie für diese Waren bezahlt hat, jedoch nur, soweit sie diese Waren vor dem Angebot oder Inverkehrbringen an Dritte an die Klägerin veräußert und von dieser entsprechend vertraglicher Abreden zwischen ihnen zurückerworben hatte.

2. Die Beklagte wird weiter verurteilt, der Klägerin Auskunft zu erteilen und Rechnung zu legen, in welchem Umfang sie die deutsche Marke der Klägerin
eingetragen im Register des DPMA unter DE 3…, ohne deren Zustimmung für handbetätigte Werkzeuge benutzt hat, insbesondere in welchem Umfang sie unter dieser Marke handbetätigte Werkzeuge angeboten und/oder in den Verkehr gebracht oder zu den genannten Zwecken besessen hat, unter Angabe der Namen und Anschrift der Hersteller, Lieferanten oder anderer Vorbesitzer, von denen sie die unter dieser Marke angebotenen handbetätigten Werkzeuge bezogen hat, und der Menge der hergestellten, ausgelieferten, erhaltenen oder bestellten Waren, sowie der Preise, die sie für diese Waren bezahlt hat, jedoch nur, soweit sie diese Waren vor dem Angebot oder Inverkehrbringen an Dritte an die Klägerin veräußert und von dieser entsprechend vertraglicher Abreden zwischen ihnen zurückerworben hatte.

3. Es wird festgestellt, dass die Beklagte verpflichtet ist, der Klägerin sämtlichen Schaden zu ersetzen, der ihr aus den Handlungen gemäß Ziffern 1. und 2. entstanden ist und noch entstehen wird.

4. Die Beklagte wird verurteilt, an die Klägerin 1.103,51 € nebst Zinsen hieraus in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem jeweils Basiszinssatz seit dem 27. März 2019 zu zahlen.

5. Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.

II. Im Übrigen wird die Berufung der Beklagten zurückgewiesen.

III. Von den Kosten des Rechtsstreits beider Instanzen haben die Klägerin 4/5 und die Beklagte 1/5 zu tragen.

IV. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.
Die Beklagte kann die Zwangsvollstreckung wegen der Verpflichtung zu Auskunft und Rechnungslegung durch Sicherheitsleistung i.H.v. 10.000,00 € abwenden, wenn nicht zuvor die Klägerin Sicherheit in dieser Höhe leistet.
Beide Parteien können die Zwangsvollstreckung wegen der Kosten durch Sicherheitsleistung i.H.v. 110% des vollstreckbaren Betrag abwenden, wenn nicht der jeweilige Gläubiger Sicherheit i.H.v. 110% des zu vollstreckenden Betrags leistet.

Beschluss

Der Streitwert wird für das Berufungsverfahren auf 78.000,00 € festgesetzt.

Tatbestand

I.

Die Parteien streiten darum, ob die Beklagte Ware verbreiten darf, die mit einer Preisauszeichnung in weißer Schrift auf einem rot-orange-gelben Hintergrund versehen ist, sowie um Auskunfts- und Schadensersatzpflichten deswegen und wegen Verbreitung von Waren, die mit Marken der Klägerin versehen sind.

Die Beklagte, deren Unternehmensgegenstand den Vertrieb und Import von Produkten des Bereichs Entwässerungstechnik und Sonderposten umfasst, hat für die Klägerin, die Lebensmittel und andere Artikel in ihren Filialen sowie einem Internetshop vertreibt, Gartenwerkzeuge und handbetätigte Werkzeuge geliefert. Diese waren jeweils in einem Blister verpackt, in dem sich der Trägerkarton befindet, auf dem wiederum die für die Klägerin eingetragene EU-Marke „PowerTecGarden“ (EM 0…) bzw. die deutsche Marke „KRAFT WERKZEUGE“ (DE 3…) angebracht waren. Bei einem Hobby-Werkzeug-Set und einem Mini-Schrauben-Set war dort zudem eine Preisangabe in weißer Schrift auf rotem Hintergrund, unter dem orange und gelbe Streifen angebracht sind, aufgedruckt. Aufgrund entsprechender Bestimmungen in den Lieferverträgen mit der Klägerin, die von den Parteien nicht offengelegt wurden, nahm die Beklagte in der Folgezeit die Waren, die die Klägerin nicht zeitnah absetzen konnte, zum Verkaufspreis zurück. Die Beklagte veräußerte diese Waren sodann u.a. an die G…UG (haftungsbeschränkt), welche sie anschließend im Internet auf ihrem Onlineshop www.s…de sowie auf den Marktplätzen www.ebay.de und www.amazon.de feilbot. Die Klägerin sieht darin eine Verletzung ihrer Markenrechte und eines unternehmensspezifischen Hinweises, weshalb sie unter dem 16. Januar 2019 Unterlassung, Auskunft und Anerkennung von Schadensersatzansprüchen begehrte.

Hinsichtlich des Angebots von Waren mit den Zeichen „PowerTecGarden“  und „KRAFT WERKZEUGE“ hat die Beklagte am 24. Januar 2019 eine strafbewehrte Unterlassungserklärung abgegeben; sie beglich in der Folgezeit einen Teil der geltend gemachten Abmahnkosten (2.743,43 € von geforderten 4.808,67 €). Weiter teilte die Beklagte im Verlauf des Rechtsstreits mit, dass sie Waren, die möglicherweise mit den Marken gekennzeichnet waren, an die C…Warenhandel und an die G…UG (haftungsbeschränkt) zu einem Preis von insgesamt 28.478,62 € veräußert hat, und leistete auf Basis eines zugestandenen Lizenzsatzes von 2,5% einen Betrag von 711,96 € an die Klägervertreter.

Die Klägerin sieht die Preisetiketten durch § 4 Nr. 3 UWG geschützt, wie es das Landgericht Nürnberg-Fürth bereits in einer früheren Entscheidung (Urteil vom 26. Oktober 2017, 19 O 5570/17) angenommen hat. Sie verwende so aufgebaute Preisetiketten auch in der Werbung auf Plakaten in ihren ca. 1.300 deutschen Filialen, auf der Internetseite und in Werbebroschüren. Die Farbkombination werde auch bei der Gestaltung der Ladengeschäfte verwendet. Sie findet sich auch in zwei Wort-/Bildmarken der Antragstellerin. Andere Unternehmen würden Etiketten mit solchen Farbkombinationen nicht verwenden. Die wettbewerbliche Eigenart werde durch die extrem häufige, langjährige Verwendung und damit verbundene Bekanntheit verstärkt. Aufgrund der Identität liege auch eine Herkunftstäuschung vor. Hilfsweise stützt die Klägerin ihren Antrag auf § 15 Abs. 4 MarkenG, da die Unternehmensfarben, in denen die Preisetiketten gestaltet sind, ein Geschäftsabzeichen i.S.v. § 5 Abs. 2 S. 2 MarkenG darstellten. Eine Erschöpfung sei jeweils nicht eingetreten, weil die Beklagte die Artikel nicht mit Zustimmung der Klägerin im europäischen Wirtschaftsraum in den Verkehr gebracht habe. Der Auskunftsanspruch ergebe sich aus § 242 BGB bzw. § 19 Abs. 1 u. 3 MarkenG. Hinsichtlich der mit den Marken der Klägerin gekennzeichneten Waren folge der Auskunftsanspruch aus § 14 Abs. 2 Nr. 2 i.V.m. § 19 Abs. 1 u. 3 MarkenG, die Schadensersatzpflicht gründe sich auf § 9 UWG bzw. § 14 Abs. 6 MarkenG, Art. 101 UMV. Ausgehend von einem Gegenstandswert von insgesamt 250.000,00 € seien Kosten für die Bemühungen ihrer nunmehrigen Prozessbevollmächtigten im Zusammenhang mit der ausgesprochenen Abmahnung i.H.v. 4.808,67 € angefallen, sodass sich der noch geforderte Restbetrag i.H.v. 2.065,24 € ergebe.

Das Landgericht hat den Klageanträgen im Wesentlichen entsprochen, wobei es wegen der Etiketten in den Unternehmensfarben eine Verletzung des § 4 Nr. 3 UWG angenommen hat. Es hat lediglich den „insbesondere“-Zusatz beim Unterlassungsantrag als unbegründet angesehen, da er die Verbostmerkmale nicht ausreichend erfasse, und eine Auskunftspflicht nur hinsichtlich einzelner Aspekte verneint.

Mit ihrer Berufung verfolgt die Beklagte die erstinstanzlich erstrebte Klageabweisung weiter. Das Landgericht habe nicht beachtet, dass die streitbefangenen Erzeugnisse Originalware der Klägerin waren, sodass sie keine Nachahmungen darstellen könnten. Das Landgericht habe über das Bestreiten der Beklagten dazu, dass die Klägerin derartige Etiketten durchgängig verwende, nicht hinweggehen dürfen, zumal die Beklagte eine abweichende Preisauszeichnung vorgelegt habe; das Landgericht habe auch Kenntnisse über das Aussehen von 1.300 Filialen der Klägerin, deren Werbeaktivitäten und deren Internetauftritt nicht offengelegt. Überdies könnten Preisauszeichnungen generell nicht auf eine Herkunft hinweisen, da sich der Kommunikationsgehalt auf die Mitteilung des Preises in der Erwerbssituation beschränke. Im Hinblick auf die Verurteilung zu Auskunft und Rechnungslegung habe das Landgericht die beklagtenseits vorprozessual erteilten Informationen nicht zur Kenntnis genommen. Die Klägerin wisse auch, dass sie die Erzeugnisse selbst von der Beklagten erworben und an sie zum selben Preis zurück veräußert habe, sodass es auch kein Anspruch hinsichtlich Vorbesitzer und Preise geben könne. Aufgrund eingetretener Erschöpfung bestünden alle verfolgten Ansprüche überdies von vornherein nicht.

Die Beklagte und Berufungsklägerin beantragt,
Unter Abänderung des am 1. September 2021 verkündeten Urteils des Landgerichts Nürnberg-Fürth zum Az. 4 HK O 1545/19 wird die Klage abgewiesen.

Die Klägerin und Berufungsbeklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.

Die Klägerin verteidigt die angegriffene Entscheidung. Das Landgericht habe zu Recht eine identische Übernahme angenommen. Die von der Beklagten vorprozessual erteilte Auskunft genüge den Anforderungen nicht, da die Klägerin auf ihrer Grundlage nicht den Schadenersatz auf Basis der Herausgabe des Verletzergewinns errechnen könne. Hierzu benötige sie Informationen, was die Beklagte an ihre Vorlieferanten, d.h. die Personen, von denen sie die importierten Waren erworben hat, bezahlt habe.

Der Senat hat zur Sache mündlich verhandelt. Im Übrigen wird wegen des Sachverhalts und des tatsächlichen und rechtlichen Vorbringens auf den Tatbestand des angegriffenen Urteils und die eingereichten Schriftsätze samt Anlagen Bezug genommen, aus denen sich auch die Gestaltung der Preisetiketten im einzelnen ergibt.

Entscheidungsgründe

II.

Die Berufung der Beklagten ist zulässig und hat in der Sache teilweise Erfolg.

1. Der Unterlassungsanspruch, der Auskunfts- und Rechnungslegungsanspruch und der (dem Grunde nach geltend gemachte) Schadensersatzanspruch hinsichtlich der Verbreitung von Waren, die mit den näher beschriebenen Preisetiketten versehen sind (erstinstanzliches Urteil Ziffern I. und II. sowie teilweise V.), erweisen sich als unbegründet, sodass die Berufung der Beklagten insoweit zur Abänderung der angegriffenen landgerichtlichen Entscheidung und Klageabweisung führt.

a) Ein Unterlassungsanspruch gegen die Beklagte ergibt sich in der vorliegenden Konstellation nicht unter dem Gesichtspunkt des wettbewerbsrechtlichen Leistungsschutzes bzw. der vermeidbaren Herkunftstäuschung (§ 4 Nr. 3 lit. a) UWG).

aa) Der Senat geht im Folgenden zugunsten der Klägerin davon aus, dass – wie es das Landgericht Nürnberg-Fürth in seinem Urteil vom 26. Oktober 2017, 19 O 5570/17, angenommen hat – die Voraussetzungen dafür, dass der farblichen Gestaltung der Preisetiketten wettbewerbliche Eigenart i.S.v. § 4 Nr. 3 a) UWG zukommt, gegeben sind. Er folgt zudem dem Landgericht in der angegriffenen Entscheidung dahin, dass Gegenstand des lauterkeitsrechtlichen Nachahmungsschutzes auch bloße Werbemittel oder Werbeauftritte sowie die Kennzeichnung als solche sein kann. Der Wortlaut des § 4 Nr. 3 lit. a) UWG verlangt insoweit nur eine Nachahmung von Waren oder Dienstleistungen; überdies war bei Schaffung der aktuellen Fassung des § 4 Nr. 3 a) UWG, der die vorherige Rechtsprechung kodifizierte, Rechtsprechung bekannt, nach der Werbemittel etc. als Grundlage einer unlauteren Nachahmung genügen konnten, ohne dass Anhaltspunkte dafür erkennbar wären, dass der Gesetzgeber insoweit eine restriktivere Lage schaffen wollte.

bb) Eine Situation, in der es zu einer vermeidbaren Herkunftstäuschung kommt, lag aber weder beim Verkauf von der Beklagten an die G…UG (haftungsbeschränkt) vor noch begründete das Verhalten der Beklagten eine entsprechende Gefahr einer vermeidbaren Herkunftstäuschung.

(1) Aufgrund des grundsätzlichen Vorrangs des Markenrechts (MüKoUWG/Wiebe, 3. Aufl. 2020, UWG § 4 Abs. 3 Rn. 38) in Situationen, in denen die Verwendung charakteristischer Zeichen inmitten steht, darf der wettbewerbliche Leistungsschutz nicht so weit reichen wie ein Zeichenschutz nach dem MarkenG.

Die markenrechtlichen Regelungen stellen in ihrem durch Auslegung zu ermittelnden Anwendungsbereich eine grundsätzlich abschließende Regelung dar. Neben markenrechtlichen Ansprüchen können lauterkeitsrechtliche Ansprüche dann bestehen, wenn sie sich gegen ein wettbewerbswidriges Verhalten richten, das als solches nicht Gegenstand der markenrechtlichen Regelung ist (Köhler, in: Köhler/Bornkamm/Feddersen, 40. Aufl. 2022, UWG § 4 Rn. 3.9 m.w.N.). Bei der Nachahmung fremder Kennzeichnungen, die im Grundsatz ebenfalls lauterkeitsrechtlichen Nachahmungsschutz genießen können, ist daher zunächst zu beachten, dass die markenrechtlichen Bestimmungen zum Schutze bekannter Marken und geschäftlicher Bezeichnungen grundsätzlich keinen Raum für eine Anwendung des Lauterkeitsrechts lassen. Die markenrechtlichen Schutzvoraussetzungen dürfen durch einen wettbewerbsrechtlichen Schutz nicht unterlaufen werden (MüKoUWG/Wiebe, 3. Aufl. 2020, UWG § 4 Abs. 3 Rn. 40; Köhler, in: Köhler/Bornkamm/Feddersen, 40. Aufl. 2022, UWG § 4 Rn. 3.11; Hacker, in: Ströbele/Hacker/Thiering, MarkenG, 13. Auflage 2021, § 2 Rn. 55). Ausnahmen vom Grundsatz des Vorrangs sind insbesondere nur zulässig, wenn es um ein Verhalten oder einen Unlauterkeitstatbestand geht, der nicht Gegenstand der markenrechtlichen Regelung ist, oder das Geschehen unter anderen Gesichtspunkten gewürdigt wird als bei der markenrechtlichen Beurteilung (MüKoUWG/Wiebe, 3. Aufl. 2020, UWG § 4 Abs. 3 Rn. 38; ähnlich Sambuc, in: Harte-Bavendamm/Henning-Bodewig, 5. Aufl. 2021, UWG § 4 Rn. 107). Dementsprechend knüpft der lauterkeitsrechtliche Leistungsschutz an das Verhalten und weniger die Gestaltung der Waren und Dienstleistungen an. Konsequenterweise kennt daher der ergänzende wettbewerbsrechtliche Leistungsschutz auch kein Verbot der Herstellung eines bestimmten Gegenstandes, sondern ermöglicht nur eine Untersagung seines Vertriebs (Sambuc, in: Harte-Bavendamm/Henning-Bodewig, 5. Aufl. 2021, UWG § 4 Rn. 119).

Dies gebietet, bei der Frage der Unlauterkeit des Anlehnens die konkrete Verkaufssituation in den Blick zu nehmen, weil es ein dem Zeichenschutz vergleichbares absolutes Verbot, Waren mit entsprechenden Kennzeichen auf den Markt zu bringen, hier nicht gibt. Namentlich kann ein unterschiedlicher Vertriebsweg einer Herkunftstäuschung entgegenstehen, so etwa, wenn die nachgeahmten Produkte vom Berechtigten ganz überwiegend in eigenen Geschäften oder als solche gekennzeichneten Abteilungen angeboten werden (BGH, Urteil vom 11. Januar 2007, I ZR 198/04 – Handtaschen, GRUR 2007, 795, Rn. 40) oder der eine seine Ware über stationären Handel, der andere über Heimvorführungen vertreibt (BGH, Urteil vom 10. April 2003 – I ZR 276/00 – Tupperwareparty, GRUR 2003 973 (975)).

(2) Die G…UG (haftungsbeschränkt) konnte ernsthafterweise keiner Fehlvorstellung darüber unterliegen, dass ihr die Waren nicht von der Klägerin, sondern von einer anderen Person verkauft wurden. Hiergegen spricht bereits, dass erkennbar ein Abverkauf von Rest-/Einzelposten erfolgte und die Beklagte nicht den Eindruck erweckte, die Klägerin zu sein oder mit ihr verbunden zu sein. Die Rechnungen enthielten regelmäßig den Vermerk „Verkauf von Lagerware“, teils explizit von „Retourenware“. Verkauft wurden ganz überwiegend „krumme“ Stückzahlen der einzelnen Artikel, wobei oftmals unähnliche Artikel innerhalb einer Tranche veräußert wurden (so z.B. unter dem 27. Februar 2018 Hochbeet-Gewächshäuser und Bit-Sets). Solche Geschäfte könnten zwar auch von einem Unternehmen wie der Klägerin getätigt werden, wenn sie unverkaufte Exemplare verwerten will. Positive Anhaltspunkte dafür, dass die Beklagte mit der Klägerin identisch oder (i.S. einer Verwechslungsgefahr i.w.S) konzernmäßig verbunden sei, waren jedoch nicht erkennbar; umgekehrt berühmt sich die Beklagte auf ihren Geschäftspapieren einer 50-jährigen Tradition. Zudem ist zu beachten, dass auf einer entsprechenden Handelsstufe und für die Verkehrskreise, in denen sich die Parteien und die G…UG (haftungsbeschränkt) bewegen, die Umstände und Zusammenhänge regelmäßig bekannt sind; jedenfalls werden die Akteure die Verhältnisse vor einem Geschäftsabschluss eingehend prüfen. Die Situation lässt sich dann klar auflösen. Eine Herkunftstäuschung bei dem von der Beklagten unternommenen Verkaufsvorgang scheidet daher aus.

(3) Denkbar ist zwar, dass es beim nachfolgenden Verkauf von der G…UG (haftungsbeschränkt) an den Endverbraucher zu einer Herkunftstäuschung kommen konnte. Auch hiervon kann der Senat aber bei Berücksichtigung aller Umstände nicht ausgehen.

Für eine solche Konstellation hat zwar, wie der Klägervertreter im Verhandlungstermin angemerkt hat, der BGH in seinem Urteil vom 15. Mai 2005 (I ZR 214/00 – Alt Luxemburg, GRUR 2003, 892) eine Unterlassung- und Schadenersatzpflicht unter dem Gesichtspunkt des § 1 UWG a.F. angenommen. Auch aus den dortigen Grundsätzen ergibt sich jedoch nichts Günstiges für die Klägerin:

Der Senat hat bereits Zweifel daran, ob die genannte Entscheidung weiter uneingeschränkt Gültigkeit beanspruchen kann, nachdem eine Störerhaftung im Wettbewerbsrecht nicht mehr angenommen wird. Er sieht allerdings, dass sich unter dem Gesichtspunkt der wettbewerbsrechtlichen Verkehrspflichten weitgehend identische Anforderungen ergeben können. Entscheidend ist, dass eine Gefahr einer Täuschung über die Herkunft der Ware, auf die der BGH maßgeblich abgestellt hat, im vorliegenden Fall auch insoweit nicht gegeben ist.

Die G…UG (haftungsbeschränkt) veräußerte die Waren unter einer Domain www.s…de oder auf bekannten Marktplätzen an Endkunden. Ein Endkunde, der Waren unter einer Domain wie www.s…de oder auf solchen Marktplätzen erwirbt, meint typischerweise nicht, er kontrahiere mit einem Lebensmittel- oder Non-food-Filialisten, selbst wenn er der Abbildung der Ware eine bestimmte Farbkombination entnimmt und diese einem solchen Unternehmen zuordnet. Insofern mag der durchschnittlich verständige Endkunde zwar realisieren, dass die Ware in einem Bezug mit diesem Unternehmen stand. Gegen die Annahme, sie oder ein verbundenes Unternehmen sei Verkäuferin, spricht aber, dass erkennbar ein anderer, für ein solches Unternehmen untypischer Vertriebskanal gegeben ist. Es ist allgemein bekannt, dass als Filialbetriebe organisierte Unternehmen des Lebensmittel- und Non-Food-Bereichs die Waren primär über ihre stationären Geschäfte vertreiben und, falls sie zwischenzeitlich auch im Internet-Geschäft tätig sind, eigene Internetshops unter ihrer eigenen Bezeichnung oder mit entsprechend zusammengesetzten Bezeichnungen betreiben. Dementsprechend nennt die Klägerin, wie aus den von ihr vorgelegten Ausdrucken (Anlagen K 28, K 29) hervorgeht, „www.n…-online.de“. Insoweit besteht regelmäßig ein Interesse solcher Unternehmen, auch im Internet-Handel ihren Namen und ihre Zeichen deutlich herauszustellen, um den Kunden die Identität zu signalisieren. Umgekehrt wird auch ein solcher Onlineshop zumindest zum ganz überwiegenden Teil Artikel führen, die eine entsprechende Kennzeichnung aufweisen. Ein Onlineshop mit dem Namen www.s…de weist dagegen weder von seiner Bezeichnung noch von seiner Produktpalette her Verbindungen zu einer solchen Filialladenkette auf. Hinweise auf das Unternehmen der Klägerin finden sich auch im Übrigen nicht, insbesondere nicht in Form der farblichen Gestaltung des gesamten Shop-Auftritts. Nicht anders verhält es sich beim Angebot solcher Waren über Plattformen wie eBay, die dafür bekannt sind, dass private und gewerbliche Verkäufer Waren verschiedenster Hersteller anbieten, insbesondere, wenn sie nicht selbst einen Internat-Shop mit bekannter Bezeichnung besitzen.

Ob eine vermeidbare Herkunftstäuschung gegeben ist, hängt zudem von zahlreichen weiteren Umständen ab, insbesondere auch, ob und ggf. wie deutlich das auf die Klägerin hinweisende Preisetikett jeweils bei der Warenpräsentation erkennbar ist. Die Anlagen K 20 und K 21 lassen insoweit erkennen, dass das Preisschild zwar auf der abfotografierten Produktansicht sichtbar war, aber auch, dass dies ausschließlich beiläufig bei der Abbildung der Ware präsentiert wurde. In der textlichen Beschreibung taucht der Name der Klägerin nicht auf. Aufgrund der ebenfalls aus den Anlagen erkennbaren Gesamtgestaltung der Angebote tritt das Preisetikett damit klar in den Hintergrund und erlangt jedenfalls nicht die Aussagekraft, um den Eindruck zu erwecken, der Kunde kaufe faktisch bei der Klägerin oder einem mit ihr vertraglich oder gesellschaftsrechtlich verbundenen Dritten.

Auch wenn eine vermeidbare Herkunftstäuschung in einer Fallgestaltung, wie sie der Entscheidung des Landgerichts aus dem Jahr 2017 zugrunde lag, durchaus gegeben sein mag, kann eine solche beim vorliegenden Sachverhalt nicht angenommen werden.

Noch mehr ist offen, ob die Beklagte erkennen konnte, wie die G…UG (haftungsbeschränkt) beim Weiterverkauf vorgehen werde, was aber Voraussetzung dafür ist, dass sie möglicherweise zu eigenen Schutzvorkehrungen gehalten war. Allein der Umstand, dass die Lieferung zum Zweck des Weiterverkaufs erfolgte, genügt dazu nicht, weil es eine Vielzahl von Möglichkeiten gibt, eine nach § 4 Nr. 3 lit. a) UWG unlautere vermeidbare Herkunftstäuschung auszuschließen.

Aus diesen Gründen schuf die Beklagte durch die Veräußerung an die G…UG (haftungsbeschränkt) nicht in relevanter Weise eine Gefahr, dass es zu einer wettbewerbswidrigen vermeidbaren Herkunftstäuschung kommen werde, noch hat sich diese in der Folgezeit realisiert. Insoweit unterscheidet sich der vorliegende Fall, in dem lediglich ein Bestandteil der Warenverpackung Anlass zur Herkunftstäuschung geben kann, von der früheren Fallgestaltung, die der BGH-Entscheidung vom 15. Mai 2006 zugrunde lag, weil dort das Dekor des Kaffee- und Tafelgeschirrs zur unlauteren Nachahmung führte und damit letztlich die Ware selbst stets eine solche darstellte.

b) Auch aus dem Schutz von Unternehmenskennzeichen ergibt sich kein Unterlassungsanspruch der Klägerin.

aa) Bei Geschäftsabzeichen i.S.v. § 5 Abs. 2 S. 2 MarkenG, zu denen auch „Unternehmensfarben“ gehören können, ist die Verkehrsgeltung notwendige Voraussetzung für die Entstehung des Schutzes gem. § 15 Abs. 1 u. 4 MarkenG (BeckOK MarkenR/Weiler, 27. Ed. 1.10.2021, MarkenG § 5 Rn. 92). Ihnen fehlt die originäre Unterscheidungskraft, d.h. die Eignung, bei der Verwendung im Verkehr als Name des Unternehmens zu wirken (BeckOK MarkenR/Weiler, 28. Ed. 1.1.2022, MarkenG § 5 Rn. 63), weil sie grundsätzlich keine Namensfunktion besitzen(BeckOK MarkenR/Weiler, 28. Ed. 1.1.2022, MarkenG § 5 Rn. 61). Die Zeichen müssen daher innerhalb der beteiligten Verkehrskreise als Kennzeichen des Geschäftsbetriebs gelten. Der Verkehr muss dazu das Zeichen tatsächlich als ein solches zur Identifizierung und Unterscheidung eines Unternehmens von einem anderen Unternehmen wahrnehmen und verstehen; grundsätzlich genügt dabei, dass ein nicht unerheblicher Teil der beteiligten Verkehrskreise das Zeichen als Bezeichnung eines bestimmten Unternehmens versteht (BGH, Urteil vom 30. November 1989 – I ZR 191/87 GRUR 1992, 329 (331) – AjS-Schriftenreihe; BeckOK MarkenR/Weiler, 27. Ed. 1.10.2021, MarkenG § 5 Rn. 93). Dabei gelten die gleichen Maßstäbe, wie sie für die Entstehung des Schutzes von Benutzungsmarken nach § 4 Nr. 2 MarkenG gelten, so dass u.a. der Marktanteil des Unternehmens, die Intensität, geographische Verbreitung und Dauer der Nutzung des Unternehmenskennzeichens, sowie seine Verwendung in der Werbung einschließlich des Werbeaufwands relevant sind (BeckOK MarkenR/Weiler, 27. Ed. 1.10.2021, MarkenG § 5 Rn. 94).

bb) Bei einem konturlosen Farbzeichen ist ein höherer Grad an Verkehrsgeltung notwendig als bei normal kennzeichnungskräftigen Zeichen.

(1) Bildliche, farbliche oder figürliche Darstellungen besitzen grundsätzlich keine Namensfunktion, da sie rein visuell wirken. Auch die Hausfarben von Unternehmen, wie etwa die Farben oder Farbkombinationen der Mineralölgesellschaften, werden nur als zusätzliche Unterscheidungsmerkmale ohne Namensfunktion i.S.v. § 5 Abs. 2 S. 2 MarkenG verstanden, auch wenn die Hausfarben die Unternehmen als solche und nicht nur deren Produkte kennzeichnen (Fezer MarkenR, 4. Aufl. 2009, MarkenG § 15 Rn. 227; vgl. auch BeckOK MarkenR/Weiler, 28. Ed. 1.1.2022, MarkenG § 5 Rn. 61; BGH, Urteil vom 27. September 1963 – Ib ZR 27/62) „Personifizierte Kaffeekanne“, GRUR 1964, 71 (75)). Farben und Farbzusammenstellungen kommt eine von Haus aus individualisierende Kennzeichnungskraft nicht zu, da die Verbraucher es nicht gewöhnt sind, aus der Farbe von Waren oder ihrer Verpackung ohne grafische oder Wortelemente auf die Herkunft von Waren zu schließen, da eine Farbe als solche nach den derzeitigen Gepflogenheiten des Handels grundsätzlich nicht als Mittel der Identifizierung verwendet wird (BPatG, Beschluss vom 26. Januar 2005 – 32 W (pat) 353/03 Farbmarke gelb, GRUR 2005, 585 (589); BPatG, Beschluss vom 9. Dezember 2008 – 33 W (pat) 57/07: Farbe Lila, GRUR 2010, 71 (72)). Die Annahme einer Verkehrsgeltung setzt allerdings nicht zwingend voraus, dass die Farbe in Alleinstellung benutzt wird, weil ein Zeichen auch als Teil einer komplexen Kennzeichnung oder in Verbindung mit anderen Zeichen Verkehrsgeltung erlangen kann (BGH GRUR 2021, 1199 Rn. 43 – Goldhase III; BeckOK MarkenR/Weiler, 27. Ed. 1.10.2021, MarkenG § 4 Rn. 85).

(2) Mit Rücksicht auf das Freihaltebedürfnis des Verkehrs sind daher gerade bei Farbkombinationen, denen von Haus aus keine betriebliche Herkunftshinweisfunktion zukommt, strenge Maßstäbe an den hierfür erforderlichen Bekanntheitsgrad anzulegen (vgl. BGH GRUR 1968, 371, 375 = WRP 1968, 18 – Maggi; BGH, Urteil vom 31. Januar 1991, I ZR 71/89, GRUR 1992, 48 (50) – frei öl; BGH, Urteil vom 20. März 1997 – I ZR 246/94, GRUR 1997, 754 (755) „grau/magenta“). Deshalb entsteht ihr Schutz erst dann, wenn sie innerhalb beteiligter Verkehrskreise als Kennzeichen des Geschäftsbetriebs gelten, also Verkehrsgeltung als Individualisierungszeichen erlangt haben (BeckOK MarkenR/Weiler, 28. Ed. 1.1.2022, MarkenG § 5 Rn. 61). In der Regel wird dabei ein Bekanntheitsgrad vorausgesetzt, der jenseits der 50%-Grenze liegt (vgl. BGH, Urteil vom 31. Januar 1991, I ZR 71/89, GRUR 1992, 48 (51) – frei öl; BGH, Urteil vom 20. März 1997 – I ZR 246/94, GRUR 1997, 754 (755) „grau/magenta“; BGH, Urteil vom 29. Juli 2021 – I ZR 139/20, GRUR 2021, 1199 Rn. 37 – Goldhase III, alle m.w.N.; Hacker, in: Ströbele/Hacker/Thiering, MarkenG, 13. Auflage 2021, § 5 Rn. 61 i.V.m. § 4 Rn. 50). Umgekehrt darf eine solche farbliche Gestaltung, nicht anders als bei einem Bildelement, nicht lediglich als dekoratives Element verstanden werden (vgl. BPatG, Beschluss v. 11. Oktober 2018 – 25 W (pat) 65/17, BeckRS 2018, 29938, Rn. 16 f.).

cc) Diese Grundsätze gelten auch für das „Preisetikett“ der Klägerin, also einen auf der Waren Verpackung selbst angebrachten Bereich, der eine bestimmte farbliche Gestaltung in ihren Unternehmensfarben rot-orange-gelb aufweist. Insoweit liegt zwar keine konturenlose Farbmarke vor, doch liegt die Gemeinsamkeit, was auch die Klägerin nicht in Abrede stellt, nur in der jeweils gleichförmig aufgebauten Angabe des spezifischen, d.h. für jeden Artikel grundsätzlich unterschiedlichen Preises.

Umgekehrt kann allerdings der Senat nicht der Argumentation der Beklagten beitreten, Preisetiketten fehle generell eine entsprechende Kommunikationsfunktion hinsichtlich der Person des Unternehmens. Es mag zwar grundsätzlich zutreffen, dass eine Preisangabe lediglich die Information verschafft, wie viel Geld der Kunde für den Erwerb zahlen muss. Anders kann der Fall aber dann liegen, wenn das Preisschild genutzt wird, um die (auch anderweitig verwendeten) Unternehmensfarben in Erscheinung zu bringen. Bei einer solchen Gestaltung wird weniger der Schutz für das Preisetikett als solches, sondern für die Unternehmensfarben beansprucht. Hierauf hebt die Klage auch letztlich ab.

dd) Entscheidend ist damit, ob das Zeichen innerhalb der maßgeblichen beteiligten Verkehrskreise (hier: die Endverbraucher, die Discountmärkte aufsuchen) als Kennzeichen des Geschäftsbetriebs gilt. Dies ist bei Berücksichtigung des Sachverhalts, der aufgrund des unstreitigen und streitigen Vorbringens aus prozessualen Gründen der Entscheidung zugrundezulegen ist, zu verneinen, ohne dass es einer weiteren Beweisaufnahme bedarf:

(1) Der Senat kann einerseits als allgemeinkundige Tatsache i.S.v. § 291 ZPO annehmen, dass die Klägerin bundesweit eine Vielzahl von Filialen betreibt. Soweit die Beklagte die genannte Zahl von 1.300 mit Nichtwissen bestreitet, ist dies unerheblich, da es auf die genaue Zahl nicht ankommt. Von einer Anzahl in dieser Größenordnung muss der Senat allerdings ausgehen, weil die Klägerin offensichtlich die Marktmacht besaß, in den Verträgen mit der Beklagten dieser gegenüber derartige Rückgabeklauseln, die dazu führten, dass das Risiko auf die Beklagte abgewälzt wurde und der Klägerin die Umsatz- und Gewinnchancen verblieben, durchzusetzen, was bei einem unbedeutenden Unternehmen nicht zu erwarten wäre.

Den Senatsmitgliedern ist auch, ebenso wie dem Einzelrichter der Kammer für Handelssachen des Landgerichts, bekannt, dass die Klägerin in ihrer Werbung und bei der Gestaltung der Filialen die Farbkombination rot-orange-gelb verwendet. Ferner kann er nicht den Erfahrungssatz ausblenden, dass Unternehmen generell und insbesondere auch Lebensmittel- und Non-food-Einzelhändler flächendeckend eine einheitliche farbliche Gestaltung ihres Auftritts einschließlich der Gestaltung von Geschäftslokalen und Werbemitteln pflegen. Dies dient der Unterscheidung und Abgrenzung von Wettbewerbern und um ein „Wiedererkennen“ für die Kunden zu ermöglichen; eine unterschiedliche farbliche Aufmachung einzelner Filialen oder von Filialen in verschiedenen Gebieten würde insoweit keinen Sinn machen und lediglich Zusatzkosten auslösen. Nach alledem legt der Senat die Behauptung der Klägerin, sie verwende die Farben und Werbemittel und insbesondere auch die Preisschilder bundesweit in einheitlicher Weise, als zutreffend zugrunde. Das Bestreiten der Beklagten mit Nichtwissen ist insoweit nicht stark genug Soweit die Beklagte unter Bezugnahme auf Lichtbilder darauf verweist, dass die Klägerin in ihren Filialen Waren auch mit anderen, einfarbigen Etiketten versieht, hat die Klägerin nachvollziehbar aufgezeigt, dass lediglich bei herabgesetzten Waren, wie sie auf den Bildern zu erkennen sind (“N… aktuell“, „stark reduziert“), eine andere Handhabung erfolgt. Das Vorbringen kann daher die Behauptungen nicht erschüttern. Im Übrigen wäre es unschädlich, wenn die Klägerin nicht durchgehend farblich so gestaltete Preisetiketten benutzt, solange eine Zuordnung des Farbschemas zu ihrem Unternehmen dadurch nicht generell infrage gestellt wird.

(2) Demgegenüber hat die Klägerin weder ausdrücklich noch mittelbar vorgetragen, dass der Bekanntheitsgrad ihres Unternehmens und insbesondere der Unternehmensfarben, wie sie sich bei den Preisaufdrucken findet, bundesweit eine Quote von mindestens 50% erreicht. Die Klägerin hat lediglich im Zusammenhang mit dem Bekanntheitsgrad auf eine extrem häufige, langjährige Verwendung hingewiesen, ohne hierfür nähere Zahlen oder Quoten zu behaupten. Die Klägerin ist auch dem Vortrag der Beklagten, sie trete im norddeutschen Raum kaum in Erscheinung, nicht entgegengetreten. Selbst wenn man die von der Klägerin genannte Zahl von bundesweit 1.300 Filialen zugrunde legt, kommen auf eine Filiale rund 65.000 Bundesbürger, was tendenziell gegen eine derartige Bekanntheit spricht und sie jedenfalls nicht positiv belegt.

Auch aus dem Vorbringen, wöchentlich 14 Millionen Prospekte (Handzettel) verteilen zu lassen, folgt nichts anderes. Es ergäbe sich zwar daraus, dass rund jeder sechste Bewohner des Bundesgebiets einen solchen erhält. Nach der Lebenserfahrung, die der aus Endverbrauchern zusammengesetzte Senat selbst gewinnen kann, werden aber Prospekte dieser Art nicht näher zur Kenntnis genommen (und stattdessen der Entsorgung zugeführt), wenn das entsprechende Handelsunternehmen nicht zum Kreis derer gehört, bei denen eine Person den Bedarf regelmäßig oder zumindest gelegentlich deckt. Insoweit ist wiederum entscheidend, dass in Regionen, in denen die Klägerin nicht oder nur wenig aktiv ist, auch durch solche Werbemittel keine gesteigerte Wahrnehmung erzielt wird.

Selbst wenn in einzelnen Regionen wie z.B. Süddeutschland aufgrund höherer Filialdichte ein entsprechend hoher Bekanntheitsgrad anzunehmen wäre, wäre dies nicht im gesamten Bundesgebiet der Fall.

(3) Zudem folgt auch aus einem hohen Bekanntheitsgrad eines Zeichens noch nicht, dass es Verkehrsgeltung als Individualisierungsmitteln erlangt hat. Insoweit kann der Senat nicht übersehen, dass sämtliche Artikel, die den Gegenstand des Rechtsstreits bilden, auch mit einer (Eigen-)Marke der Klägerin versehen sind. Die Klägerin hat zwei entsprechende Wort-Bild-Marken mit ihrem Namen und einem entsprechenden farblichen Hintergrund eintragen lassen, aber keine Farbmarke. In den vorgelegten Prospekten und den abgebildeten Werbemitteln (Gebäudetafeln, Fahnen) wird stets auch ihr Unternehmensname genannt. Für eine isolierte Verwendung der Farbkombination ist damit nichts ersichtlich. Es gilt der Erfahrungssatz, dass sich der Verkehr bei Wort-Bild-Zeichen vorwiegend am Wortbestandteil orientiert (BGH, Urteil vom 31. Januar 1991, I ZR 71/89, GRUR 1992, 48 (51) – frei öl).

(4) Bei dieser Sachlage ist daher anzunehmen, dass die Farbkombination nur als unterstützendes Gestaltungselement begriffen wird. Daher liegt es fern, dass Verbraucher – auch wenn sie die Klägerin und ihren Auftritt kennen – allein mit der Farbkombination das Unternehmen der Klägerin verbinden und dies als Erkennungszeichen, das einem Namen gleichkommt, begreifen.

Soweit die Klägerin Beweis durch Sachverständigengutachten dafür angetreten hat, dass die angesprochenen Verkehrskreise die Farben auf den Etiketten als Herkunftshinweis verstehen würden, hilft dies nicht entscheidend weiter, weil die bloße Bekanntheit des Zeichens für sich genommen zum Nachweis der Verkehrsgeltung nicht ausreichend ist (BeckOK MarkenR/Weiler, 28. Ed. 1.1.2022, MarkenG § 4 Rn. 90). Ebenso war nicht die mündliche Verhandlung erneut zu eröffnen und der Klägerin ein ergänzender Beweisantritt zu öffnen, weil dieser verspätet wäre. Zwar hat erstmals das Berufungsgericht die Ansprüche unter dem Gesichtspunkt des § 5 i.V.m. § 15 MarkenG näher thematisiert. Entsprechender Vortrag wäre aber, da die Klägerin sich bereits in der Klageschrift drauf gestützt hat, bereits erstinstanzlich zu erwarten gewesen, und wäre zudem auch im Zusammenhang mit dem primär herangezogenen § 4 Nr. 3 UWG erforderlich gewesen.

(5) Ob das für den Bereich der einzutragenden Marken geltende Erfordernis, dass die Verwendung von Farben auf dem maßgeblichen Produktmarkt als Herkunftshinweis üblich sein muss (BPatG, Beschluss vom 21. Mai 2008 – 29 W (pat) 33/08 Farbmarke Gelb-Rot [für Gartengeräte], GRUR 2009, 164 (165); Ingerl/Rohnke, 3. Aufl. 2010, MarkenG § 8 Rn. 182), auch im vorliegenden Zusammenhang zu beachten ist und erfüllt ist, kann daher offen bleiben. Im Bereich der Lebensmittel- und Non Food-Filialisten verwenden die Wettbewerber zwar jeweils Farben, doch ist nicht ersichtlich, dass auch Wettbewerber der Klägerin die unternehmenstypische Farbfolge bei Preisetiketten verwenden. Zudem wäre zu beachten, dass ein Schutz von Unternehmensfarben bislang nur jeweils hinsichtlich einer sehr beschränkten Zahl von Waren und Dienstleistungen und eines sehr spezifischen Marktes zugelassen wurde (BPatG, Beschluss vom 14. Oktober 2005 – 29 W (pat) 68/03, GRUR 1056 (1058): zweifarbige Kombination Dunkelblau/Hellblau; Ingerl/Rohnke, 3. Aufl. 2010, MarkenG § 8 Rn. 182).

(6) Der Senat verkennt nicht, dass eine für § 5 Abs. 2 S. 2 MarkenG relevante Verkehrsgeltung auch regional begrenzt sein kann, was dann einen regional begrenzten Schutz des Unternehmenskennzeichens bewirkt (siehe nur BeckOK MarkenR/Weiler, 28. Ed. 1.1.2022, MarkenG § 5 Rn. 101; Hacker, in: Ströbele/Hacker/Thiering, MarkenG, 13. Auflage 2021, § 5 Rn. 69).

Nähere Darlegungen zu einer solchen Situation sind jedoch nicht erfolgt; der Senat kann die erforderlichen Umstände auch nicht dem Akteninhalt oder den allgemeinkundigen Tatsachen entnehmen. Zudem wäre zu bedenken, dass in einem solchen Fall die geltend gemachten Ansprüche nicht uneingeschränkt zuzusprechen wären, weil angenommen werden müsste, dass die G…UG (haftungsbeschränkt) die von der Beklagten erworbenen Waren bundesweit vertrieben hat, indem sie diese auf ihrem Onlineshop oder bekannten Marktplätzen anbot ee) Ebenso kann offenbleiben, ob die Verwechslungsgefahr, die auch von der Branchennähe abhängt, gegeben wäre. Insoweit müsste der Senat allerdings berücksichtigen, dass eine Ähnlichkeit zwischen Einzelhandelsdienstleistungen, wie sie die Klägerin erbringt, und den auf sie bezogenen Waren schon dann vorliegt, wenn sich die Dienstleistungen auf diese Waren beziehen und die Verkehrskreise deshalb annehmen, die Waren stammten aus demselben Unternehmen. Dies folgt daraus, dass Warenhändler neben dem Verkauf erkennbar fremder Waren häufig auch Waren mit entsprechenden Eigenmarken anbieten (BGH, Urteil vom 31. Oktober 2013, I ZR 49/12, GRUR 2014, 378 (381) Rn. 39 – OTTO CAP). Es würde dann wiederum relevant, ob die Situation beim konkreten Absatzgeschäft eine Verwechslung ausschließt, was aber grundsätzlich nur unter strengen Voraussetzungen bejaht werden kann. Allerdings wäre auch zu berücksichtigen, dass die Artikel auch eine Marke trugen, was die Aussagekraft des auf die Klägerin hinweisenden Unternehmenskennzeichens relativieren könnte.

ff) Für einen weitergehenden Schutz nach § 15 Abs. 3 MarkenG bedürfte es zum einen einer besonderen Bekanntheit und zum anderen einer Gefahr für die Unterscheidungskraft oder Wertschätzung. Hierfür ist nichts erkennbar.

c) Diese Überlegungen gelten schließlich auch im Hinblick auf § 5 Abs. 1 S. 2 Nr. 1 UWG, auf den sich die Klägerin ebenfalls hilfsweise beruft. Maßgeblich ist danach die Irreführungseignung und -quote. Wie dargestellt, wusste die G…UG (haftungsbeschränkt) um die Person der Beliefererin; aufgrund der Umstände scheidet auch eine Verletzung wettbewerbsrechtlicher Verkehrspflichten im Hinblick auf den späteren Weiterverkauf durch die G…UG (haftungsbeschränkt) an Endverbraucher aus.

d) Dementsprechend stehen der Klägerin auch keine Schadensersatzansprüche nach § 9 UWG oder § 15 Abs. 5 i.V.m. § 14 Abs. 6 MarkenG zu. Dasselbe gilt wegen vorbereitender Ansprüche auf Auskunft und Rechnungslegung (§ 19 MarkenG).

2. Die Berufung gegen die Verurteilung zu Auskunft und Rechnungslegung wegen der Verletzung der Marken der Klägerin erweist sich nur zu einem geringen Teil als begründet.

a) Die Beklagte hat durch die Veräußerung von Gartenscheren verschiedener Art, die das Zeichen entsprechend der Unionsmarke EM 0…, trugen, und des 18-teiligen Hobby-Werkzeug-Sets, welches das Zeichen entsprechend der deutschen Marke DE 3… trug, Gegenstände angeboten, die der Gruppe der Gartenwerkzeuge bzw. der handbetätigten Werkzeuge zuzuordnen sind, und damit den Warengruppen, für die diese Marken jeweils eingetragen sind. Wenn sich die Klägerin bei ihrem Auskunftsanspruch auf diese Warengruppen beschränkt, beschwert dies die Beklagte nicht.

b) Das Landgericht hat im Ergebnis zutreffend eine Erschöpfung der Markenrechte der Klägerin verneint.

aa) Die Ausführungen des Landgerichts dazu, dass eine Erschöpfung noch nicht dadurch ausgelöst wurde, dass die Klägerin die Waren in ihren Märkten abzusetzen versucht hat, treffen zu. Ein Inverkehrbringen der Ware, durch welche die Erschöpfung ausgelöst wurde, liegt noch nicht dadurch vor, dass Ware einmal von der Klägerin in ihren Läden angeboten wird. § 24 MarkenG ist in Übereinstimmung mit Art. 7 Abs. 1 der Markenrechts-Richtlinie dahin auszulegen, dass mit einer Marke versehene Waren noch nicht als im EWR in den Verkehr gebracht anzusehen sind, wenn sie in eigenen Geschäften oder in Geschäften verbundener Unternehmen zum Verkauf an Verbraucher im EWR angeboten wurden, ohne dass sie verkauft worden sind (EuGH, Urteil vom 30. November 2004 – C-16/03, GRUR 2005, 507 – Peak Holding, Rn. 44).

bb) Auch der spätere Rückverkauf an die Beklagte hat keine Erschöpfung bewirkt.

(1) Unerheblich wären dabei allerdings die (nicht näher offengelegten) vertraglichen Abreden zwischen den Parteien. Eine in einem Kaufvertrag betreffend das erstmalige Inverkehrbringen im EWR enthaltene Bestimmung über räumliche Beschränkungen des Rechts zum Wiederverkauf der Waren betrifft allein das Verhältnis zwischen den Parteien und kann daher die Erschöpfung im Sinne der Richtlinie nicht hindern (EuGH, Urteil vom 30. November 2004 – C-16/03, GRUR 2005, 507 – Peak Holding, Rn. 54 f.; Thiering, in: Hacker, in: Ströbele/Hacker/Thiering, MarkenG, 13. Auflage 2021, § 24 Rn. 21). Die Erschöpfung ist zwingenden Rechts und steht nicht zur Disposition der Vertragsparteien (BeckOK MarkenR/Steudtner, 27. Ed. 1.10.2021, MarkenG § 24 Rn. 26). Eine Zweckbindung hinsichtlich des Umgangs mit der Ware steht dabei einer räumlichen Vertriebsbeschränkung in ihrer Unerheblichkeit hinsichtlich des Erschöpfungseintritts gleich (BGH, Urteil vom 15. Februar 2007 – I ZR 63/04, GRUR 2007, 882 – Parfümtester, Rn. 16).

(2) Eine Erschöpfung ist demgegenüber hinsichtlich einer Ware ausgeschlossen, die der Zeicheninhaber selbst nie vom Lieferanten erworben hat, wie es in der BGH-Entscheidung „Kuchenbesteck-Set“ der Fall war (BGH, Urteil vom 3. Februar 2011 – I ZR 26/10, GRUR 2011, 820 – Kuchenbesteck-Set), auf die sich die Klägerin stützt. Ein Inverkehrbringen setzt jedenfalls voraus, dass der Zeichenrechtsinhaber die Möglichkeit verliert, den weiteren Vertrieb der Markenware innerhalb des EWR zu kontrollieren, weshalb Warenbewegungen zwischen verschiedenen Betrieben innerhalb eines Unternehmens oder eines Konzernverbundes noch kein Inverkehrbringen bedeuten (BGH, Urteil vom 3. Februar 2011 – I ZR 26/10, GRUR 2011, 820 – Kuchenbesteck-Set, Rn. 17). Ist dem Importeur/Hersteller, der dies für den Zeicheninhaber unternommen hat, der Vertrieb der Waren unter Kennzeichnung mit den Klagemarken nicht nur nicht erlaubt, sondern ausdrücklich verboten worden, fehlt die Zustimmung zum Vertrieb der gekennzeichneten Waren (BGH, Urteil vom 3. Februar 2011 – I ZR 26/10, GRUR 2011, 820 – Kuchenbesteck-Set, Rn. 22). Dies gilt auch dann, wenn – wie im vorliegenden Fall – der Zeicheninhaber den anderen ursprünglich mit der Kennzeichnung der Waren beauftragt hatte, da es in der alleinigen Entscheidungsmacht des Markeninhabers liegt, vor dem erstmaligen Inverkehrbringen der gekennzeichneten Waren im europäischen Wirtschaftsraum die Entscheidung zu treffen, die Kennzeichnung der Waren mit den Klagemarken zu genehmigen oder aber das Inverkehrbringen unter Verwendung der Marken zu untersagen (BGH, Urteil vom 3. Februar 2011 – I ZR 26/10, GRUR 2011, 820 – Kuchenbesteck-Set, Rn. 23).

(3) Für die Beurteilung, ob die vorliegend erfolgte Rückgängigmachung des Beschaffungsvorgangs aufgrund der internen Abreden der Parteien der Situation gleichsteht, dass der Markeninhaber die Ware nie angenommen und freigegeben hat (Fallsituation (2)), ist auf die Rechtsprechung des EuGH zu den Anforderungen an den Eintritt einer Erschöpfung abzustellen.

Danach setzt eine Erschöpfung voraus, dass der Markeninhaber durch die Veräußerung den „wirtschaftlichen Wert“ seiner Marke realisiert hat (EuGH, Urteil vom 30. November 2004 – C-16/03, GRUR 2005, 507 – Peak Holding, Rn. 40; übernehmend BGH, Urteil vom 15. Februar 2007 – I ZR 63/04, GRUR 2007, 882 – Parfümtester, Rn. 14; BeckOK MarkenR/Steudtner, 27. Ed. 1.10.2021, MarkenG § 24 Rn. 25; Thiering, in: Hacker, in: Ströbele/Hacker/Thiering, MarkenG, 13. Auflage 2021, § 24 Rn. 19). Insoweit ist neben der Weggabe zumindest des Besitzes, regelmäßig auch des Eigentums, zusätzlich anhand einer wirtschaftlichen Betrachtungsweise zu bestimmen, ob ein Inverkehrbringen vorliegt. Wann der Markeninhaber den wirtschaftlichen Wert seiner Marke realisiert hat, kann nicht allgemeingültig beschrieben werden; es sind alle Aspekte des Sachverhalts zu berücksichtigen, wobei sich ein feststehender, klarer Kriterienkatalog nicht aufstellen lässt (BeckOK MarkenR/Steudtner, 27. Ed. 1.10.2021, MarkenG § 24 Rn. 25).

Die Parteien haben zwar nichts Näheres dazu ausgeführt, ob die Rückgabe als neuer Kauf oder als Rückabwicklung des geschlossenen Kaufs ausgestaltet war; unstreitig ist insoweit allerdings, dass das Geschäft wie vertraglich vorgesehen zu den Konditionen des ursprünglichen Belieferungsgeschäfts von der Beklagten an die Klägerin abgewickelt wurde. Wie in der mündlichen Verhandlung diskutiert, muss der Senat aufgrund der wirtschaftlichen Gegebenheiten und mangels gegenteiligen Vortrags unterstellen, dass die Klägerin ursprünglich an die Beklagte nur einen Preis für nicht-markenbezeichnete Waren gezahlt hat, zumal gerade die Stellung der Klägerin als Markeninhaber ihr exklusiv eröffnete, beim Verkauf in ihren Läden den Mehrwert ihrer Marken durch einen entsprechend höheren Verkaufspreis der Produkte zu realisieren. Durch die Rückgabe an die Beklagte hat sie dementsprechend nur den geringeren Wert nicht-markenbezeichneter Waren realisiert, indem sie den Kaufpreis zurückerhielt, nicht aber den darüber hinausgehenden „wirtschaftlichen Wert“ ihrer Marke. Insoweit muss der Senat davon ausgehen, dass der vorliegende Fall im entscheidenden Punkt anders liegt als der Sachverhalt, der der EuGH-Entscheidung „Peak Holding“ zugrunde lag, weil angenommen werden muss, dass auch bei einem Verkauf von Markenwaren zur Anschlussverwertung an Dritte ein Preis gefordert wird, der berücksichtigt, dass Waren vorlagen, die mit einer Marke gekennzeichnet sind.

Soweit der Beklagtenvertreter in der mündlichen Verhandlung darauf hingewiesen hat, dass die Klägerin jedenfalls den Kaufpreis zurück erhalten hat, führt dies nicht zu einer anderen Beurteilung. Nach dem EuGH ist entscheidend, ob der Markeninhaber gerade den wirtschaftlichen Wert der Marke realisiert hat, was beim bloßen Erlangen des schlichten Warenwerts nicht der Fall ist.

(4) Das Argument der Beklagten, die Artikel seien Originalware und könnten deshalb aus logischen Gründen keine Nachahmung sein, kann aus entsprechenden Gründen nicht verfangen.

Originalware im juristischen Sinn auf dem Markt wird ein Gegenstand erst, wenn er von demjenigen, der berechtigterweise das Zeichen anbringen darf, auf den Markt gebracht wurde; dies ist der Grund, weshalb die Veräußerung vom Auftragsproduzenten an den Markeninhaber keine Erschöpfung bewirkt (Thiering, in: Hacker, in: Ströbele/Hacker/Thiering, MarkenG, 13. Auflage 2021, § 24 Rn. 24). Dies war für nicht verkaufte Artikel zu keinem Zeitpunkt gegeben, weil die Klägerin ihre Bemühungen, diese Artikel auf den Markt zu bringen, durch den Rückverkauf an die Beklagte, was die betroffenen Gegenstände angeht, abgebrochen hat. Die Beklagte war nach dem Rückkauf von der Klägerin ebenso wenig wie zuvor berechtigt, die Ware auf den Markt zu bringen, weil sie dadurch die Zeichenrechte der Klägerin verletzte. Der Fall liegt nicht anders, als wenn der ursprüngliche Hersteller der Waren solche Artikel veräußert hätte, ohne sie jemals an die Beklagte und die Klägerin zu liefern.

(5) Auch aus den von der Beklagten ins Feld geführten Entscheidungen ergibt sich nichts anderes. Ein allgemeiner Satz, Originalwaren (was die Waren bis zum erlaubten Inverkehrbringen ohnehin nicht sind) könnten keine Nachahmungen sein, lässt sich daraus ohnehin nicht ableiten.

So hat das Oberlandesgericht Frankfurt am Main in seinem Urteil zu Optionsscheinen, die auf den DAX bezogen waren (Urteil vom 13. Februar 2007 – 11 U 40/06, GRUR-RR 2007, 104), eine Nachahmung des DAX verneint, weil sich die emittierten und vertriebenen Wertpapiere auf den veröffentlichten Original-Index bezogen. Zentral war die Besonderheit, dass bei entsprechend strukturierten Papieren die Zins- oder Rückzahlungsbeträge von der Entwicklung eines Indexes abhängen und gerade dessen Entwicklung maßgeblich sein soll. Entscheidend für das Gericht war, dass es nicht annehmen konnte, der DAX werde auf diese Weise zum Bestandteil des Anlageprodukts gemacht. Eine vergleichbare Sonderkonstellation ist vorliegend erkennbar nicht gegeben.

Das Oberlandesgericht Köln hat in seinem Urteil vom 8. Oktober 2004 (6 U 113/04, MMR 2005, 100) lediglich verneint, dass bei gleichzeitiger Nutzung von Internet und Fernsehen, bei der das Fernsehprogramm im Hintergrund läuft, eine unerlaubte Leistungsübernahme gegeben sei, weil das fremde Fernsehprogramm als Vorspann des eigenen Leistungsangebots genutzt werde. Aussagen, die für die vorliegend entscheidenden Fragen von Bedeutung sein könnten, finden sich darin nicht.

cc) Eine Erschöpfung der Markenrechte der Klägerin ist daher nicht eingetreten, sodass die Benutzung der Marke durch die von der Beklagten unternommene Veräußerung an die G…UG (haftungsbeschränkt) und eine weitere Person insoweit rechtswidrig waren und Schadensersatzsowie vorbereitende Auskunfts- und Rechnungslegungsansprüche auslösen konnte (§ 14 Abs. 6, § 19 MarkenG).

c) Zutreffend hat das Landgericht die Beklagte auch zur Auskunft darüber verpflichtet gesehen, zu welchen Preisen sie Waren, wegen der sie Auskunft und Schadensersatz schuldet, erworben hat.

Der Senat folgt nicht der Argumentation der Beklagten, sie habe die Waren von der Klägerin zu den ihr bekannten Preisen erworben, so dass die Klägerin der Auskunft nicht bedürfe. Bei der Schadensberechnung anhand des Verletzergewinns, den sich die Klägerin offenhalten will (vgl. § 14 Abs. 6 S. 2 MarkenG), ist entscheidend, welchen wirtschaftlichen Vorteil der Verletzer durch den gesamten Vorgang erzielt hat. Dieser Sachverhalt umfasst in Fällen der vorliegenden Art den gesamten Vorgang von der ursprünglichen Beschaffung zum Zweck der Veräußerung an die Klägerin über den Verkauf an diese und den Rückkauf von dieser bis zur späteren, kennzeichenverletzende Veräußerung. Der Sachverhalt kann auch nicht aufgespalten werden, weil der Rückerwerb von der Klägerin keine sachliche Zäsur darstellte, sondern lediglich den vorherigen Veräußerungsvorgang egalisierte. Immerhin ergibt sich die markenrechtliche Relevanz gerade daraus, dass der Vorgang der Veräußerung an die Klägerin und an die Beklagte zurück keine Erschöpfung darstellte und auch sonst nicht bewirkte, dass die Beklagte die mit den Zeichen versehenen Waren in den Verkehr bringen dürfte. Bestätigt wird dies durch folgende wirtschaftliche Überlegung: Das wirtschaftliche Ergebnis für die Beklagte wird nicht allein durch den Aufwand beim Rückkauf von der Klägerin und dem Ertrag aus dem Verkauf an die G…UG (haftungsbeschränkt) bestimmt, sondern auch dem Ertrag aus dem vorangegangenen Verkauf an die Klägerin, welcher sich anhand des Beschaffungsaufwands und dem erzielten Kaufpreis ermittelt. Betrachtet man beides zusammen, heben sich die von der Klägerin an die Beklagten hin- und hergezahlten Beträge auf, so dass der ursprüngliche Einkaufspreis und der Verkaufspreis an die Endabnehmer den als maßgebliche Größen verbleiben. Aus diesem Grund würde das Ergebnis verfälscht, wenn die Beklagte die Waren an die G…UG (haftungsbeschränkt) zu einem geringeren Preis veräußert hätte, als er dem Kaufpreis im Verhältnis zur Klägerin entsprach (was angesichts der Art dieses Geschäfts nicht von vornherein auszuschließen ist). Die Klägerin könnte dann keinen Gewinn bei der Beklagten abschöpfen, obwohl ein solcher von der Beklagten erzielt wurde, wenn (was anzunehmen ist) die Veräußerung an die G…UG (haftungsbeschränkt) zu einem höheren Preis erfolgte als der Einkauf bei ihrer Herstellerin.

Für die Richtigkeit dieses Ergebnisses spricht zudem die folgende Überlegung: Beim Schadenersatz auf Grundlage des Verletzergewinns soll der Geschädigte so gestellt werden, als hätte er anstelle des Schädigers gehandelt. Hätte die Klägerin selbst die Waren vom Hersteller bezogen und sodann an die G…UG (haftungsbeschränkt) veräußert, käme es ebenfalls auf die genannten beiden Beträge an.

Aufgrund dieser Überlegungen liegt auch kein Wertungswiderspruch dazu vor, dass – wie sogleich noch auszuführen sein wird – der Senat im Zusammenhang mit der Wiederholungsgefahr und Kerngleichheit des Verstoßes zwischen Vorgängen der Art, wie sie geschehen sind, und der Veräußerung gekennzeichneter Ware als solcher unterscheidet.

Die Klägerin kann somit, um den Verletzergewinn der Beklagten errechnen zu können, dieOffenlegung der Gestehungskosten der Beklagten, die die Waren unstreitig nicht selbst hergestellt hat, verlangen, um dann die Differenz zum (bereits vorprozessual in Anlage B1 offenbarten) Erlös aus der Verkaufstätigkeit bilden zu können.

d) Die Auskunfts- und Rechnungslegungspflicht sowie die Feststellung der Schadenersatzpflicht war allerdings auf den Sachverhalt, der Anlass für die Klage war, und andere Vorgänge zu beschränken, die Waren betrafen, die die Beklagte von der Klägerin zurückerhalten hat.

Zur Vorbereitung eines Schadensersatzanspruchs kann grundsätzlich keine Auskunft darüber verlangt werden, ob ähnliche Verletzungshandlungen begangen wurden (BGH, Urteil vom 29.06.2000 – I ZR 29/98, GRUR 2000, 907 (911); Lange, in: Lange, Marken- und Kennzeichenrecht, 2. Auflage 2012, § 9 Rn. 5850 m.w.N.). Es gilt insofern, wenn auch mit weiteren Einschränkungen (diese betonend Schwippert, in: Gloy/Loschelder/Danckwerts, Wettbewerbsrecht, 5. Auflage 2019, § 82 Rn. 27) die Kerntheorie (Ohly/Sosnitza/Sosnitza, 7. Aufl. 2016, UWG § 12 Rn. 85).

Danach begründet eine einmalig erfolgte Verletzungshandlung eine Wiederholungsgefahr „auch“, aber auch „nur“ für kerngleiche Verhaltensweisen. Der Senat kommt zur Bewertung, dass die Veräußerung zurückerhaltener Waren zwecks Verwertung nach erfolglosem Absatzversuch durch die Zeicheninhaberin nicht vergleichbar ist mit einer gewöhnlichen Veräußerung einer gekennzeichneten Ware. Aufgrund der Besonderheiten, in der sich die Beklagte vorliegend befand, kann nicht unterstellt werden, sie werde auch mit Kennzeichen der Klägerin versehene Waren veräußern, ohne dass diese zuvor durch die Hände der Klägerin gegangen sind. Auch wenn die Beklagte in der Vergangenheit durch die verfahrensgegenständlichen Vorgänge unbefugt die Marken der Klägerin benutzt hat, hat dieser Verstoß noch nicht die Qualität, die einer Markenrechtverletzung ohne eine derartige Vorgeschichte zukommt. Es besteht auch keine tatsächliche Vermutung dafür, dass derjenige, der erzwungenermaßen vom Zeicheninhaber zurückerworbene Ware markenrechtswidrig weiterveräußert, diese Marke auch dadurch verletzen wird und zu verletzen bereit ist, so gekennzeichnete Waren generell unbefugt zu veräußern.

Dies führt dazu, dass die Beklagte nur Auskunft über die Vorgänge geben muss, die Waren betrafen, welche die Klägerin an sie zurück veräußert hatte. Eine weitergehende Auskunft würde eine Ausforschung bedeuten, ohne dass Anhaltspunkte dafür bestünden, dass sich ein entsprechendes Geschehen jemals zugetragen hat.

Entsprechendes gilt im Hinblick auf die Feststellung der Schadensersatzpflicht.

e) Die landgerichtliche Verurteilung in Ziffern II., III. und IV. war dem entsprechend abzuändern und zu beschränken.

3. Dementsprechend hat auch die Berufung gegen die Verurteilung zur Erstattung der vorgerichtlichen Kosten der Klägerin teilweise Erfolg.

Mit der Klägerin legt der Senat für die vorgerichtliche Tätigkeit der Klägervertreter, die sich in dem Abmahnschreiben vom 16. Januar 2019 manifestiert hat, einen Gegenstandswert von 250.000,00 € zugrunde, und ebenso, dass davon auf jede der beiden Marken 100.000,00 € und das farbige Preisetikett 50.000,00 € entfallen. Der vorgenommene Ansatz von 100.00,00 € für eine Markenrechtsverletzung erscheint angesichts der nicht unerheblichen Warengruppen, für die sie jeweils eingetragen sind, und der Verbreitung der Klägerin auch dann nicht unangemessen, wenn man annimmt, dass die Marken lediglich Eigen- oder Zweitmarken darstellen. Da davon auszugehen ist, dass Ansprüche hinsichtlich des Preisetiketts nicht bestanden, während die Abmahnung wegen der Markenrechte berechtigterweise erfolgt ist, ist die Abmahnung im Umfang von 1/5 als unbegründet anzusehen. Von den insgesamt ausgelösten Kosten i.H.v. 4.808,67 € kann die Klägerin somit nur anteilig (vgl. BGH, Urteil vom 10. Dezember 2009 – I ZR 149/07 – Sondernewsletter, GRUR 2010, 744, Rn. 52; BGH, Urteil vom 14.1.2016 – I ZR 61/14, GRUR 2016, 516 „Wir helfen im Trauerfall“, Rn. 45; Bornkamm/Feddersen, in: Köhler/Bornkamm/Feddersen, 40. Aufl. 2022, UWG § 13 Rn. 122) Erstattung im Umfang von 3.846,94 € beanspruchen. Abzüglich der bereits geleisteten 2.743,43 € verbleiben damit 1.103,51 €, die wie gefordert zu verzinsen sind.

4. Wegen der Streitwerte, auf deren Grundlage die Kosten des Rechtsstreits gem. § 92 Abs. 1 ZPO zu verteilen sind, geht der Senat vom Ansatz des Landgerichts aus, gegen den sich die Parteien nicht gewandt haben.

Die Klägerin unterliegt dann zunächst wegen des Unterlassungsantrags I., den das Landgericht mit 50.000,00 € angesetzt hat; da die Klägerin die teilweise Zurückweisung ihres In der Klageschrift gestellten Antrags hingenommen hat und dies mit 10% zu bewerten ist, sind für die Berufungsinstanz insoweit lediglich 45.000,00 € anzusetzen. Sie unterliegt weiter in Höhe weiterer 5.000,00 € wegen des damit zusammenhängenden Auskunftsanspruchs. Im Hinblick auf die Auskunftsansprüche wegen der Marken ist das Unterliegen mit 25% anzusetzen, zumal der Senat erkennt, dass es der Klägerin primär um solche Vorgänge gegangen sein dürfte, hinsichtlich der die Auskunftspflicht tatsächlich besteht. Dies führt zu einem weiteren Unterliegen in Höhe von rechnerisch 2.500,00 € von 10.000,00 € für die erste Instanz; für den Berufungsrechtszug ist der Streitwert (weil bereits das Landgericht dem Antrag nur eingeschränkt stattgegeben hat und sich die Klägerin dagegen nicht gewandt hat) mit 8.000,00 € anzusetzen, so dass sich ein weiteres Unterliegen mit 2.000,00 € ergibt. Der mit 20.000,00 € bewertete Feststellungsantrag hinsichtlich der Schadenersatzpflicht ist nur insoweit begründet, als er sich auf Verletzungen der Marken bezieht und Verkäufe zurück gegebener Waren betrifft. Der Senat bewertet das Unterliegen insoweit mit insgesamt 50%, sodass sich weitere 10.000,00 € ergeben.

Insgesamt ist die Klägerin somit im Umfang von 67.500,00 € (erste Instanz) bzw. 62.000,00 € (Berufungsinstanz) unterlegen und hat im Umfang von 17.500,00 € bzw. 16.000,00 € obsiegt. Hieraus ergeben sich, bei geringer Rundung, auf Grundlage der Gesamtstreitwerte von 85.000,00 € bzw. 78.000,00 € jeweils die angegebene Bruchteile von 4/5 und 1/5.

Der Ausspruch zur vorläufigen Vollstreckbarkeit beruht auf § 708 Nr. 10, 713 ZPO.

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