Online-Apotheke darf Bezeichnung „Tattoo-Apotheke“ verwenden

02. Juni 2017
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Tablet mit Medikamenten und Schriftzug Online Apotheke Urteil des OLG Köln vom 22.02.2017, Az.: 6 U 101/16

Die Bezeichnung „Tattoo-Apotheke“ ist nicht irreführend, wenn eine Online-Apotheke zwar keine Ausführungen von Tätowierungen anbietet, jedoch Arzneimittel und Kosmetika, die im Zusammenhang mit der Pflege, insbesondere der Nachsorge von Tätowierungen und dem Stechen von Körperschmuck, stehen. Es ist anzunehmen, dass die angesprochenen Verkehrskreise der Bezeichnung „Tattoo-Apotheke“ nicht die Aussage entnehmen, die Apotheke würde Leistungen aus dem Bereich des Tätowierens anbieten. Ein Verstoß gegen das Irreführungsverbot scheidet demnach aus.

Oberlandesgericht Köln

Urteil vom 22.02.2017

Az.: 6 U 101/16

 

Tenor

I. Auf die Berufung des Klägers wird das am 18.05.2016 verkündete Urteil der 4. Kammer für Handelssachen des Landgerichts Köln – 84 O 184/15 – unter Zurückweisung der Berufung im Übrigen teilweise abgeändert und insgesamt wie folgt neu gefasst:

Der Beklagte wird verurteilt,

1. es bei Vermeidung eines vom Gericht für jeden Fall der Zuwiderhandlung festzusetzenden Ordnungsgeldes bis zu 250.000 €, und für den Fall, dass dies nicht beigetrieben werden kann, ersatzweise Ordnungshaft bis zu 6 Monaten, oder von Ordnungshaft bis zu 6 Monaten zu unterlassen, geschäftlich handelnd,

a) für das Arzneimittel „Schmerzlinderndes Spray – Lidocain 15%“ zu werben und/oder werben zu lassen, wenn dies geschieht wie in der Anlage K2 wiedergegeben:

(es folgt die grafische Wiedergabe von Internetseiten; von einer Darstellung wird hier abgesehen)

b) eine Absprache mit dem Betreiber der Internetseite www.xyz.com zu unterhalten, die zum Gegenstand hat, dass der Beklagte ärztliche Verordnungen vom den Betreibern der Internetseite www.xyz.com übersandt bekommt, wenn dies geschieht, wie durch die Anlagen K8 (von einer Einblendung wird abgesehen, weil es sich um eine CD handelt) und/oder K9 und/oder K10 und/oder K11 belegt wird:

(es folgt die grafische Wiedergabe von Internetseiten; von einer Darstellung wird hier abgesehen)

2. an den Kläger 246,10 € nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 02.12.2015 zu zahlen.

3. Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.

4. Die Kosten des Verfahrens tragen der Kläger zu 1/3 und der Beklagte zu 2/3.

Dieses Urteil und das genannte Urteil des Landgerichts Köln sind vorläufig vollstreckbar. Der Beklagte kann die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung abwenden, wenn nicht der Kläger vor der Vollstreckung Sicherheit leistet. Die Sicherheit beträgt hinsichtlich der Unterlassung 26.000 €; im Übrigen 110% des aufgrund der Urteile vollstreckbaren Betrages.

Die Revision wird nicht zugelassen.

Entscheidungsgründe

I.

Der klagende Wettbewerbsverband nimmt den Beklagten wegen irreführender Werbung, Verstoßes gegen das AMG und gegen das ApoG auf Unterlassung und Zahlung von Abmahnkosten in Anspruch.

Der Beklagte betreibt die Apotheke „M.“ in der M.-Straße in G. bei L.. Er verfügt über eine Versandhandelserlaubnis nach § 11a ApoG.

Unter der Domain „www.tattoo-apotheke.de“ bietet der Beklagte Arzneimittel und Kosmetika an, die im Zusammenhang mit der Pflege, insbesondere der Nachsorge von Tätowierungen (Tattoos) und dem Stechen von Körperschmuck (Piercing), stehen. Auf den als Anlagen K1 und B1 vorgelegten Auszug aus der Internetseite des Beklagten wird Bezug genommen. Die Ausführung von Tätowierungen bietet der Beklagte nicht an. Die beworbenen Produkte können über jede Apotheke bezogen werden.

Auf der Internetseite bewarb der Beklagte unter anderem ein Schmerzspray „Schmerzlinderndes Spray – Lidocain 15%“, in der aus Anlage K2 ersichtlichen Form. Das Spray verfügt nicht über eine arzneimittelrechtliche Zulassung.

Der Kläger hat den Beklagten wegen der zuvor dargestellten Handlungen erfolglos abgemahnt. Hierfür sind Kosten in Höhe von 246,10 € (inkl. 7% MwSt.) entstanden. Der Beklagte gab jedoch wegen weiterer Handlungen, die Gegenstand der Abmahnung waren, Unterlassungserklärungen ab.

Nach der vorgenannten Abmahnung stellte der Kläger fest, dass der Beklagte auch mit der Internetplattform www.xyz.com kooperiert. Diese Plattform wirbt unter anderem damit, dass Verbraucher ihre Beschwerden angeben können. Diese würden an einen Arzt weitergeleitet, der ggf. nach Rückfragen ein Rezept für das benötigte Medikament ausstelle. Das Rezept werde durch die Plattform unmittelbar an die Kooperationsapotheken versandt, die wiederum das Medikament verschicke. Entsprechend verfährt die Plattform auch. Auf den Auszug aus dem Angebot, das als Anlagen K8, K9 und K10 eingereicht worden ist, wird Bezug genommen.

Der Versand der entsprechenden Arzneimittel wird (teilweise) entsprechend einer vorherigen Absprache mit der Plattform vom Beklagten übernommen.

Wegen dieses Verhaltens mahnte der Kläger den Beklagten im Rahmen eines weiteren Schreibens erfolglos ab.

Der Kläger ist der Ansicht gewesen, die Bezeichnung „Tattoo Apotheke“ sei in den aus dem Antrag ersichtlichen Formen irreführend, weil bei den angesprochenen Verkehrskreisen der Eindruck erweckt werde, der Kläger biete auch Tätowierungen an, zumal – was unstreitig ist – Apotheken teilweise kosmetische Behandlungen sowie das Stechen von Löchern für Körperschmuck (Piercings) anbieten. Eine Klarstellung bei Aufruf der Startseite des Beklagten sei nicht ausreichend, weil der mögliche Kunde bereits eine Entscheidung getroffen hätte.

Der Kläger hat in der Werbung für das Schmerzspray einen Verstoß gegen § 4 Nr. 11 UWG a.F. (entsprechend § 3a UWG n.F.) in Verbindung mit § 3a HWG gesehen, weil das Spray zulassungspflichtig im Sinne des § 21 AMG sei. Insbesondere die Ausnahme des § 21 Abs. 2 Satz 1 AMG liege nicht vor, weil – insoweit unstreitig – das Spray jedenfalls nicht häufiger von Ärzten verschrieben werde. Auch erfolge die Herstellung nicht im Rahmen des üblichen Apothekenbetriebes. Ein solche könne nur angenommen werden, wenn das herzustellende Medikament für den in der Umgebung um den Sitz der Apotheke sich aufhaltenden Personenkreis bestimmt sei, nicht aber bei einem bundesweiten Versandhandel.

Die Zulassungspflicht ergebe sich jedenfalls aus Art. 3 der Richtlinie 2001/83 EG, weil das Produkt – unstreitig – nicht nach den Richtlinien der Pharmakopöe hergestellt werde.

In der Kooperation des Beklagten mit der Plattform www.xyz.com hat der Kläger einen Verstoß gegen § 11 Abs. 1 ApoG und § 14 BO Apotheker NW gesehen. Denn Apothekern und Ärzten sei eine entsprechende Kooperation untersagt. Der unmittelbare Versand der Rezepte an den Beklagten sei unzulässig.

Der Kläger hat sinngemäß beantragt,

den Beklagten zu verurteilen,

1. es bei Vermeidung eines vom Gericht für jeden Fall der Zuwiderhandlung festzusetzenden Ordnungsgeldes bis zu 250.000 €, und für den Fall, dass dies nicht beigetrieben werden kann, ersatzweise Ordnungshaft bis zu 6 Monaten, oder von Ordnungshaft bis zu 6 Monaten zu unterlassen, geschäftlich handelnd,

a) die Waren und/oder Dienstleistungen einer Apotheke unter der Bezeichnung „TATTOOAPOTHEKE“ und/oder „TattooApotheke“ zu bewerben und/oder bewerben zu lassen;

b) für das Arzneimittel „Schmerzlinderndes Spray – Lidocain 15%“ zu werben und/oder werben zu lassen, wenn dies geschieht wie in der Anlage K2:

(es folgt die grafische Wiedergabe von Internetseiten; von einer Darstellung wird hier abgesehen)

c) eine Absprache mit dem Betreiber der Internetseite www.xyz.com zu unterhalten, die zum Gegenstand hat, dass der Beklagte ärztliche Verordnungen vom den Betreibern der Internetseite www.xyz.com übersandt bekommt, wenn dies geschieht, wie durch die Anlagen K8 (von einer Einblendung wird abgesehen, weil es sich um eine CD handelt) und/oder K9 und/oder K10 und/oder K11 belegt wird:

(es folgt die grafische Wiedergabe von Internetseiten; von einer Darstellung wird hier abgesehen)

2. an den Kläger 246,10 € nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 02.12.2015 sowie weitere 246,10 € nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 15.01.2016 zu zahlen.

Der Beklagte hat beantragt,

die Klage abzuweisen.

Der Beklagte hat behauptet, eine Irreführung liege nicht vor, weil die angesprochenen Verkehrskreise die Bezeichnung nicht in der von dem Kläger dargelegten Art und Weise verstünden. Jedenfalls werde auf der Eingangsseite der Domain sofort hinreichend klargestellt, worauf sich das Angebot des Beklagten beziehe, was eine Irreführung ausschließe. Denn – so die Ansicht des Beklagten – allein das Aufrufen der Internetseite stelle noch keine geschäftliche Handlung dar.

Die Bewerbung und der Verkauf des Sprays seien ebenfalls nicht zu beanstanden. Das Spray sei nicht zulassungspflichtig. Vielmehr handele es sich – insoweit unstreitig – um ein Arzneimittel, das nicht im Voraus hergestellt werde, sondern nach Bestellung des jeweiligen Kunden. Es liege daher ein Rezepturarzneimittel im Sinne des § 7 ApBetrO vor. Auch erfolge die Herstellung im üblichen Apothekenbetrieb.

Der Beklagte ist weiter der Ansicht gewesen, in der Kooperation mit der Plattform www.xyz.com liege kein Verstoß gegen § 11 ApoG. Insbesondere erfolge die Vermittlung durch das Portal und nicht den verschreibenden Arzt. Auch sei die Vermittlung auf den ausdrücklichen Wunsch den Kunden erfolgt.

Das Landgericht hat die Klage vollumfänglich abgewiesen. Eine Irreführung der angesprochenen Verbraucher durch die Bezeichnung „Tattoo Apotheke“ liege nicht vor. Es müsse zwischen der stationären Apotheke „M.“ und der Versandapotheke, die unter der genannten Domain auftrete, unterschieden werden. Denn in einem Online-Shop könne eine Tätowierung nicht erfolgen. Es werde auch nicht eine Apotheke unter zwei Bezeichnungen beworben. Die Verbraucher wüssten nicht, dass hinter der Bezeichnung „Tattoo Apotheke“ auch eine stationäre Apotheke stehe.

Auch sei der Verkehr an eine Vielzahl unterschiedlicher Apotheken und Bezeichnungen gewöhnt, deren Namen nicht im Zusammenhang mit den dort veräußerten Produkten stünden. So wisse der Verkehr beispielsweise auch, dass in einer „Röntgen Apotheke“ keine radiologischen Leistungen angeboten würden.

Der Unterlassungsanspruch bezogen auf das Spray sei unbegründet, weil der Anwendungsbereich des § 21 AMG nicht eröffnet sei. Es handele sich bei dem Spray nicht um ein Fertigarzneimittel. Es würde nicht im Voraus hergestellt.

Die Kooperation mit der Plattform www.xyz.com sei nicht zu beanstanden. Dabei könne offenbleiben, ob § 11 Abs. 1 ApoG überhaupt auf das Verhältnis des Beklagten zu der Plattform anwendbar sei. Denn jedenfalls erfolge die Einflussnahme auf die Apothekenwahl nicht anlasslos oder ungefragt, was § 11 Abs. 1 ApoG voraussetze. Der Patient sei vielmehr über den Ablauf des Bestellvorgangs informiert und habe sei Einverständnis hierfür erteilt.

Gegen diese Entscheidung wendet sich der Kläger mit seiner Berufung.

Der Unterlassungsanspruch hinsichtlich der Bezeichnung „Tattoo Apotheke“ sei aufgrund der Irreführung gegeben. Entgegen der Ansicht des Landgerichts beziehe sich die Bezeichnung nicht allein auf die Versandapotheke. Vielmehr würde durch den Auftritt auch die stationäre Apotheke des Beklagten beworben, zumal es üblich sei, auch die Leistungen einer stationären Apotheke im Internet zu bewerben.

Der Vergleich mit einer „Röntgen Apotheke“ führe nicht weiter. Denn der Verkehr erwarte bei der Nutzung des Namens eines bekannten Wissenschaftlers für die Bezeichnung einer Apotheke nicht, dass dort entsprechende Leistungen angeboten würden. Insbesondere sei bekannt, dass Röntgendiagnostik einer ärztlichen Behandlung vorbehalten sei. Auch weise die Bezeichnung „Tattoo“ keine Bezüge zu berühmten Personen oder Handlungen auf, die Grund für die Namensgebung sein könnten. Insgesamt gehe der Verkehr davon aus, dass in der Apotheke der Beklagten die Leistungen eines Tätowierers angeboten würden.

Die Abweisung des Unterlassungsanspruchs bezogen auf das Spray sei ebenfalls fehlerhaft. Es sei unstreitig, dass das Spray nicht die Voraussetzungen des § 21 Abs. 2 AMG erfülle, weil ein Rezepturarzneimittel auf Verschreibung eines Arztes hergestellt werden müsse, die – unstreitig – nicht vorliege. Auch werde das Präparat nicht aufgrund häufiger ärztlicher oder zahnärztlicher Verordnung hergestellt. Da das Präparat nicht über eine Standardzulassung oder eine andere Zulassung verfüge, greife das Werbeverbot des § 3a HWG. Jedenfalls sei die Zulassungspflicht auch entsprechend der Richtlinie 20041/83/EG zwingend, was das Landgericht übersehen habe.

Die Abweisung des Unterlassungsanspruchs hinsichtlich der Kooperation mit der Plattform www.xyz.com sei ebenfalls unzutreffend. Die Kooperation stelle die Empfehlung eines bestimmten Leistungserbringers dar, die der Arzt dem Patienten von sich aus erteile. Allein dass der Patient sich vorher mit einer entsprechenden Empfehlung einverstanden erklärt haben mag, führe nicht aus dem Verbotsbereich heraus.

Da der Unterlassungsanspruch bestehe, sei auch der Anspruch auf Zahlung der Abmahnkosten begründet.

Der Kläger beantragt sinngemäß,

1. den Beklagten unter Aufhebung des Urteils des Landgerichts Köln vom 18.05.2016, Aktenzeichen 84 O 184/15 zu verurteilen, wie hinsichtlich des Antrages Ziffer 1 erstinstanzlich beantragt;

2. an den Kläger 246,10 € nebst Zinsen hieraus in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz gemäß § 247 BGB seit dem 02.12.2015 zu zahlen.

Der Beklagte beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Der Beklagte verteidigt das angefochtene Urteil unter Wiederholung und Vertiefung seines erstinstanzlichen Vortrages. Er regt darüber hinaus an, die am 24.12.2016 in Kraft getretene Vorschrift des § 48 Abs. 1 AMG für unanwendbar zu erklären, weil die Vorschrift wegen der Nichtdurchführung des Notifizierungsverfahrens unanwendbar sei.

II.

Die zulässige Berufung des Klägers hat hinsichtlich der Anträge 1 b und c sowie 2 Erfolg, weil ein Unterlassungsanspruch hinsichtlich der Werbung für das Arzneimittel „Schmerzlinderndes Spray – Lidocain 15%“ (dazu II 2) und des Unterhaltens einer Absprache mit dem Betreiben der Internetseite www.xyz.com besteht (dazu II 3). Auch ein Anspruch auf Zahlung der Abmahnkosten nebst Zinsen ist begründet (dazu II 4). Ein Unterlassungsanspruch hinsichtlich der Nutzung der Bezeichnung „TattooApotheke“ bestehen hingegen nicht, so dass die Berufung insoweit unbegründet ist (dazu II 1).

1. Die Berufung hat keinen Erfolg, soweit der Kläger die Unterlassung der Nutzung der Bezeichnung „Tattoo Apotheke“ in unterschiedlichen Varianten geltend macht, weil dem Kläger der geltend gemachte Unterlassungsanspruch nach §§ 3, 5 Abs. 1 Satz 2 Nr. 3, § 8 Abs. 1 Satz 1 UWG gegen den Beklagten nicht zusteht. Die vom Beklagten geführte Bezeichnung „Tattoo Apotheke“ führt – auch in den unterschiedlichen Varianten – nicht zu einem Verstoß gegen das Irreführungsverbot.

a) Nach § 5 Abs. 1 Satz 2 Nr. 3 UWG, der Art. 6 Abs. 1 Buchst. f der Richtlinie 2005/29/EG über unlautere Geschäftspraktiken umsetzt, ist eine geschäftliche Handlung irreführend, wenn sie unwahre Angaben oder sonstige zur Täuschung geeignete Angaben über Eigenschaften des Unternehmers enthält. Der Gebrauch einer geschäftlichen Bezeichnung kann danach irreführend sein, wenn ein Bestandteil der Firmierung geeignet ist, beim Verkehr unzutreffende Vorstellungen über Eigenschaften des Unternehmens hervorzurufen (BGH, Urteil vom 27. Februar 2003 – I ZR 25/01, GRUR 2003, 448, 449 – Gemeinnützige Wohnungsgesellschaft; Urteil vom 29. März 2007 – I ZR 122/04, GRUR 2007, 1079 Rn. 24 – Bundesdruckerei; Urteil vom 13.06.2012 – I ZR 228/10, GRUR 2012, 1273 – Stadtwerke Wolfsburg).

b) Das Landgericht hat fehlerfrei angenommen, dass die angesprochenen Verkehrskreise der Bezeichnung „Tattoo Apotheke“ nicht die Aussage entnehmen, in der Apotheke des Beklagten würde auch Leistungen aus dem Bereich des Tätowierens angeboten. Allein diese Aussage wäre – unstreitig – unwahr, was zu einer Irreführung führen würde.

Die Frage, ob eine Angabe irreführend ist, richtet sich nach dem Verständnis des situationsadäquat aufmerksamen, durchschnittlich informierten und verständigen Mitglied des angesprochenen Verkehrskreises (BGH, Urteil vom 02.10.2003 – I ZR 150/01, BGHZ 156, 250 – Marktführerschaft; Urteil vom 07.07.2005 – I ZR 253/02, GRUR 2005, 877 – Werbung mit Testergebnis). Dabei muss sich die Irreführungsgefahr nicht bei der Gesamtheit des Verkehrs realisieren. Ausreichende, aber zugleich notwendige Voraussetzung ist vielmehr der Eintritt der Gefahr der Irreführung bei einem erheblichen Teil des von der Werbeaussage angesprochenen Verkehrskreises. Das ist im Wege einer Prognoseentscheidung anhand der normativ zu bewertenden Umstände des Einzelfalls zu beurteilen  (vgl. BGH, Urteil vom 08.03.2012 – I ZR 202/10, GRUR 2012, 1053 – Marktführer Sport, mwN).

Adressaten der streitgegenständlichen Werbung sind (potentielle) Kunden einer (Versand-) Apotheke. Der Beklagte ist mithin ein Unternehmen, das Kunden aus Hürth und über den Versandhandel bundesweit als (Versand-) Apotheke mit Arzneimitteln und Medikamenten beliefert. Die Unternehmensbezeichnung richtet sich an das allgemeine Publikum, das Leistungen einer (Versand-) Apotheke nachfragt. Zu diesen Verkehrskreisen gehört auch der zur Entscheidung berufene Senat, so dass der Senat die Verkehrsauffassung selbst beurteilen kann (vgl. BGH, GRUR 2012, 1053 – Marktführer Sport).

Der Senat ist – wie das Landgericht – der Auffassung, dass die angesprochenen Verkehrskreise die Bezeichnung „Tattoo Apotheke“ nicht dahin verstehen werden, dass dort auch die Leistungen eines Tätowierers angeboten werden. Dies beruht allerdings – entgegen der Ansicht des Landgerichts – nicht darauf, dass der angesprochene Verkehr erkennt, sich in einem Online-Shop nicht tätowieren lassen zu können. Denn tatsächlich verweist der Beklagte im Rahmen seiner Internetseite auch auf seine stationäre Apotheke, so dass die Werbung dahin verstanden werden kann, es würden entsprechende Leistungen der stationären Apotheke beworben. Hierfür spricht, dass es mittlerweile üblich ist, die Leistungen eines niedergelassenen Geschäftsbetriebes – auch einer Apotheke – über das Internet mit einer eigenen Internetseite zu bewerben. Dass der Beklagte dabei für die stationäre Apotheke eine andere Bezeichnung ausgewählt hat, ändert aufgrund des ausdrücklichen Verweises auf die stationäre Apotheke hieran nichts.

Auch soweit von einer Gewöhnung des Verkehrs an Bezeichnungen wie „Röntgen Apotheke“, „Sauerbruch Apotheke“, „Paracelsus Apotheke“ oder „Robert-Koch Apotheke“ auszugehen sein könnte und der Verkehr dort nicht die Erbringung von radiologischen ärztlichen Leistungen (im erstgenannten Fall) oder Leistungen eines Chirurgen (im zweitgenannten Fall) erwartet, führt dies zu keinem anderen Ergebnis. Denn – wie die Berufung mit Recht einwendet – handelt es sich bei der Nutzung der Bezeichnung „Röntgen“, „Sauerbruch“, „Paracelsus“ oder „Robert-Koch“ um den Gebrauch des Namens von berühmten Persönlichkeiten. Da der angesprochene Verkehr dies erkennen wird, wird er die entsprechende Bezeichnung als Phantasienamen wahrnehmen, der – aufgrund der Verbindung mit einem bekannten Wissenschaftler – einen Bezug zu medizinischen Leistungen aufweist. Gerade in diesen Fällen ist dem Verkehr aber bekannt, dass die Leistungen einem Arzt vorbehalten bleiben und nicht in einer Apotheke erfolgen werden.

Die Bezeichnung „Tattoo“ weist im Gegensatz dazu keine Bezüge zu berühmten Personen auf, sondern bezieht sich ersichtlich auf die Leistung des Tätowierens.

Dennoch wird der angesprochene Verkehr nicht erwarten, dass in einer Apotheke die Leistungen eines Tätowierers erbracht werden. Zwar haben zahlreiche Apotheken – was allgemeinbekannt ist – das Sortiment eines Reformhauses in ihr Sortiment aufgenommen und bieten auch kosmetische Leistungen an. Die Leistungen eines Tätowierers gehen jedoch weit über solche Leistungen hinaus. Diese erfordern eine entsprechende Ausstattung, die in einer Apotheke nicht erwartet wird. Dies ist bei den Leistungen, die der Kläger als üblich anführt (etwas Wimpernzupfen oder das Stechen von Schmuck (Piercing), anders zu beurteilen. Hierfür ist nur eine geringe zusätzliche Ausstattung erforderlich. Auch liegen die Leistungen des Tätowierens, bei denen der künstlerische Ausdruck im Vordergrund steht, weit von den üblichen Leistungen einer Apotheke entfernt, so dass der Verkehr eine solche nicht im Rahmen des Apothekenbetriebes erwarten wird. Es kommt hinzu, dass der angesprochene Verkehr gerade im Zusammenhang mit Tätowierungen die üblichen Leistungen einer Apotheke erwartet, nämlich das Zurverfügungstellen von Medikamenten oder Kosmetika, die im Zusammenhang mit der Pflege von (ggf. frisch gestochenen) Tätowierungen zusammenhängen. Eben diese Leistungen erbringt indes auch der Beklagte, so dass die Aussage insoweit objektiv richtig ist.

c) Soweit nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs auch eine objektiv richtige Angabe irreführend sein kann, wenn sie beim Verkehr, an den sie sich richtet, gleichwohl zu einer Fehlvorstellung führt, die geeignet ist, das Kaufverhalten oder die Entscheidung über die Inanspruchnahme einer Dienstleistung durch die angesprochenen Verkehrskreise zu beeinflussen, führt auch dies zu keinem anderen Ergebnis. Denn der Verkehr wird die Angabe nicht entsprechend missverstehen. Auf die Frage, ob in diesem Fall für die Anwendung des § 5 UWG eine höhere Irreführungsquote als im Fall einer Täuschung mit objektiv unrichtigen Angaben erforderlich ist und die in diesem Fall erforderliche Interessenabwägung zum Nachteil des Beklagten ausfallen würde (vgl. BGH, GRUR 2012, 1273 – Stadtwerke Wolfsburg), kommt es nicht an. Denn im Streitfall liegt keine objektiv richtige Aussage vor, der der Verkehr – etwa aufgrund eigener Unkenntnis – etwas Unrichtiges entnimmt.

2. Soweit das Landgericht den Unterlassungsanspruch betreffend die Werbung für das Arzneimittel „schmerzlinderndes Spray – Lidocain 15%“ abgewiesen hat, hat die Berufung Erfolg und führt zu einer entsprechenden Verurteilung zur Unterlassung.

a) In diesem Fall reicht es aus, wenn – neben den Anlagen K9, K10 und K11, die in den Tenor aufgenommen sind – auf die Anlage K8 Bezug genommen wird, ohne dass diese mit dem Urteil fest verbunden werden müsste. Insbesondere ist der Antrag nicht unbestimmt. Denn die betreffende Anlage ist den Parteien bekannt und fester Bestandteil der Akte. Auf diese kann bei der möglichen Vollstreckung jederzeit Zugriff genommen werden (vgl. BGH, Urteil vom 14.10.1999 – I ZR 117/97, BGHZ 142, 388 – Musical-Gala; OLG Hamburg, Urteil vom 31.10.2013 – 3 U 171/12, GRUR-RR 2014, 121).

b) Der Kläger hat einen Unterlassungsanspruch nach § 8 Abs. 1, § 3 Abs. 1, § 3a UWG, §§ 3a, 21 HWG.

Gemäß § 8 Abs. 1, § 3a UWG handelt unlauter, wer einer gesetzlichen Vorschrift zuwiderhandelt, die auch dazu bestimmt ist, im Interesse der Marktteilnehmer das Marktverhalten zu regen, wenn der Verstoß geeignet ist, die Interessen von Verbrauchern spürbar zu beeinträchtigen.

Bei der Vorschrift des § 3a Satz 1 HWG handelt es sich um eine solche Marktverhaltensregelung, deren Verletzung die Interessen der davon betroffenen Marktteilnehmer spürbar beeinflusst (vgl. BGH, Urteil vom 25.06.2015 – I ZR 11/14, PharmR  2016, 82 – Chlorhexidin, mwN).

Gemäß § 3a Satz 1 HWG ist eine Werbung für Arzneimittel unzulässig, die der Pflicht zur Zulassung unterliegen und die nicht nach den arzneimittelrechtlichen Vorschriften zugelassen sind oder als zugelassen gelten.

Unstreitig handelt es  sich bei dem Produkt „schmerzlinderndes Spray – Lidocain 15%“ um ein Arzneimittel im Sinne des § 2 AMG. Nach § 2 Abs. 1 Nr. 1 AMG sind Arzneimittel Stoffe oder Zubereitungen aus Stoffen, die zur Anwendung im oder am menschlichen Körper bestimmt sind und als Mittel mit Eigenschaften zur Heilung oder Linderung oder Verhütung menschlicher Krankheiten oder krankhafter Beschwerden bestimmt sind. Das Spray soll entsprechend seiner Zusammensetzung nach Zubereitung aus Stoffen zur Schmerzlinderung im Zusammenhang mit Tätowierungen dienen und erfüllt daher die vorgenannten Voraussetzungen.

Weiter handelt es sich um ein zulassungspflichtiges Arzneimittel im Sinne des § 21 Abs. 1 AMG. Nach § 21 Abs. 1 in Verbindung mit § 4 Abs. 1 AMG handelt es sich bei dem „schmerzlinderndes Spray – Lidocain 15%“ um ein Fertigarzneimittel.

An die Regelung des Fertigarzneimittels knüpfen die Regelungen über Zulassungs- und Registrierungspflichten an. Dabei unterscheidet die Vorschrift des § 4 Abs. 1 Satz 1 AMG zwischen drei Alternativen. Danach liegt ein Fertigarzneimittel vor, wenn ein Arzneimittel im Voraus hergestellt und in einer zur Abgabe an den Verbraucher bestimmten Packung in Verkehr gebracht wird oder andere zur Abgabe an den Verbraucher bestimmte Arzneimittel, bei deren Zubereitung in sonstiger Weise ein industrielles Verfahren zur Anwendung kommt oder die, ausgenommen in Apotheken, gewerblich hergestellt werden.

Da die Herstellung im Rahmen eines industriellen Verfahrens nicht vorgetragen ist und die Herstellung in einer Apotheke erfolgt, scheiden die beiden zuletzt genannten Alternativen aus. Allerdings stellt das Spray ein Fertigarzneimittel im Sinne der erstgenannten Alternative dar.

Die Annahme, dass es sich bei dem Spray um ein Fertigarzneimittel handelt, setzt voraus, dass die Herstellung „im Voraus“ erfolgt. Wann eine Herstellung im Voraus vorliegt, lässt sich der Norm nicht entnehmen. Dies spricht entsprechend dem Wortlaut der Norm dafür, dass eine Herstellung in einer Apotheke dann nicht unter die Norm fällt, wenn es – wie hier – erst hergestellt wird, nachdem die Bestellung erfolgt ist. Gegen dieses Verständnis des Begriffs „im Voraus“ spricht aber der Sinn und Zweck der Vorschrift. Denn die Zulassungsvorschrift des § 21 AMG soll die Arzneimittelsicherheit durch eine materielle präventive Kontrolle des Arzneimittelverkehrs verbessern. Daher kommt es auf die Frage der Lagerhaltung nicht an. Vielmehr sollen im Einzelfall und auf besondere Bestellung hergestellte Arzneimittel aus der Definition des Fertigarzneimittels ausgeschlossen werden (vgl. Kloesel/Cyran, Arzneimittelrecht, Stand Feb. 2016, § 4 AMG Rn. 3a).

Auch die Systematik des Gesetzes spricht für diese Auslegung. Denn ausdrücklich ausgenommen von der Zulassungspflicht werden gemäß § 21 Abs. 2 Nr. 1 AMG Defektur- und Rezepturarzneimittel. Einer solchen Ausnahme bedürfte es nicht, wenn allein das zeitlich nach einer Bestellung erfolgte Herstellen bereits dazu führte, dass ein Arzneimittel nicht als Fertigarzneimittel angesehen würde. Vor diesem Hintergrund erfolgt die Bestimmung der Frage, ob ein Fertigarzneimittels vorliegt, in Abgrenzung zum Defektur- oder Rezepturarzneimittel (vgl. OLG Köln, Urteil vom 21.03.2003 – 6 U 160/02, juris; OLG Hamburg, Urteil vom 25.07.2002 – 3 U 322/01, MD 2003, 205; Winnands in Kügel/Müller/Hofmann, AMG, § 21 Rn. 17; Rehmann, AMG, 3. Aufl., § 21 Rn. 1, 3 f.; wohl auch OLG München, Urteil vom 06.05.2010 – 29 U 4316/09, GRUR-RR 2011, 107; aA OLG Schleswig, Urteil vom 27.11.2001 – 6 U 57/01, OLGR 2002, 75). Diese sind wiederum von der Zulassungspflicht ausgenommen, weil sie – nach ärztlicher Anordnung – für einen einzelnen Patienten hergestellt werden.

Für diese Auslegung spricht auch, dass § 3a Satz 1 HWG die Umsetzung von Art. 87 der Richtlinie 2001/83/EG darstellt, nach der Mitgliedsstaaten Öffentlichkeitswerbung untersagen für Arzneimittel, für dessen Inverkehrbringen keine Genehmigung vorliegt. Das europäische Recht kennt die Abgrenzung zwischen Arzneimittel und Fertigarzneimittel nicht. Insbesondere wird eine solche in der Richtlinie 2001/83/EG nicht vorgenommen. Dennoch wiederspricht die im AMG vorhandene Differenzierung nicht der Richtlinie 2001/83/EG. Denn in dieser wird in Art. 1 Nr. 2 der Arzneimittelbegriff und in Art. 2 Abs. 1 und Art. 3 der Anwendungsbereich der Richtlinie geregelt, aus dem sich der Fertigarzneimittelbegriff des deutschen Rechts herleiten lässt (vgl. Winnands in /Müller/Hofmann aaO, § 21 Rn. 12; Kloesel/Cyran aaO, § 21 Rn. 3 f.).

In Art. 1 Nr. 1 RL 2001/83/EG ist geregelt, dass Arzneimittel alle Stoffe und Stoffzusammensetzungen sind, die als Mittel zur Heilung oder zur Verhütung menschlicher Krankheiten bezeichnet werden. Art. 2 der RL 2001/83/EG bestimmt, dass die Richtlinie für gewerblich zubereitete Humanarzneimittel, die in den Mitgliedsstatten in Verkehr gebracht werden sollen, anzuwenden ist. Sodann werden durch Art. 3 Nr. 1 und 2 RL 2001/83/EG bestimmte Zubereitungsformen in der Apotheke von der Anwendung der Richtlinie ausgenommen. Eine rein auf den Zeitpunkt der Herstellung abstellende Auslegung des Begriffs „im Voraus hergestellt“, würde der Richtlinie daher widersprechen.

Soweit aus dem Wortlaut des § 4 Abs. 1 Alt. 2 AMG zum Ausdruck kommen könnte, dass auch von der ersten Alternative nur solche Arzneimittel erfasst sein sollen, bei deren Zubereitung in sonstiger Weise ein industrielles Verfahren zur Anwendung kommt, führt dies zu keinem anderen Ergebnis. § 4 Abs. 1 formuliert, dass Fertigarzneimittel ein Arzneimittel ist, dass im Voraus hergestellt und in einer zur Abgabe an den Verbraucher bestimmten Packung in Verkehr gebracht wird oder andere zur Abgabe an den Verbraucher bestimmte Arzneimittel, bei deren Zubereitung in sonstiger Weise ein industrielles Verfahren zur Anwendung kommt. Dabei bezieht sich die Begrifflichkeit „in sonstiger Weise“ in der Formulierung nicht auf die erste Alternative, die ein Fertigarzneimittels definiert. Vielmehr ist lediglich im Rahmen der zweiten Alternative zu prüfen, ob bei der Zubereitung oder in sonstiger Weise ein industrielles Verfahren zur Anwendung kommt (vgl. Kloesel/Cyran aaO, § 4 AMG Rn. 7).

Dies ergibt sich bereits aus der amtlichen Begründung des Entwurfs eines Vierzehnten Gesetzes zur Änderung des Arzneimittelgesetzes entsprechend dem Gesetzentwurf der Bundesregierung vom 19.04.2005 (BT-Drucks. 15/5316). Denn der Gesetzgeber wollte mit der Einführung der weiteren Alternativen den Begriff des Fertigarzneimittels in Anpassung an die geänderten Richtlinien erweitern, soweit eine industrielle Herstellung erfolgt (vgl. Entwurf eines Vierzehnten Gesetzes zur Änderung des Arzneimittelgesetztes, BT-Drucks. 15/5316, S. 33).

Nach diesen Grundsätzen ist das Schmerzspray als Fertigarzneimittel anzusehen. Denn es wird nicht für den einzelnen Patienten nach ärztlicher Anordnung hergestellt, sondern für alle potentiellen Kunden beworben, die das Arzneimittel sodann über die Versandapotheke des Beklagten bundesweit erwerben können. Das Arzneimittel wird auch in einer zur Abgabe an den Verbraucher bestimmten Verpackung vertrieben.

Die für den Unterlassungsanspruch obligatorische Wiederholungsgefahr ist durch die unstreitige Bewerbung des Sprays indiziert. Anhaltspunkte, die gegen die Annahme einer Wiederholungsgefahr sprechen würden, sind weder ersichtlich noch vorgetragen.

3. Die Berufung hat Erfolg, soweit sich der Kläger gegen die Abweisung des Unterlassungsantrags hinsichtlich der Kooperation des Beklagten mit der Internetplattform www.xyz.com wendet. Der Unterlassungsanspruch ergibt sich aus § 8 Abs. 1, § 3 Abs. 1, § 3a UWG, § 11 ApoG, weil in der Zusammenarbeit mit der Plattform www.xyz.com ein Verstoß gegen § 11 ApoG und damit gegen eine Marktverhaltensregelung vorliegt.

a) Die Bestimmung des § 11 Abs. 1 Satz 1 ApoG wendet sich an den Beklagten als Erlaubnisinhaber einer Apotheke.

b) Die Vereinbarung einer Kooperation mit der Plattform www.xyz.com ist entgegen der Ansicht des Landgerichts auch unzulässig, weil sich die Plattform mit der Behandlung von Krankheiten befasst und daher zu dem in § 11 Abs. 1 ApoG vorgesehenen Personenkreis gehört.

Nach § 11 Abs. 1 Satz 1 Fall 3 ApoG dürfen Erlaubnisinhaber und Personal von Apotheken mit Ärzten oder anderen Personen, die sich mit der Behandlung von Krankheiten befassen, keine Rechtsgeschäfte vornehmen oder Absprachen treffen, die die Zuweisung von Verschreibungen zum Gegenstand haben.

Die Vorschrift des § 11 Abs. 1 Satz 1 Fall 3 ApoG soll sicherstellen, dass der Erlaubnisinhaber einer Apotheke sich bei seinem Kontakt zu anderen Gesundheitsberufen wie insbesondere zu Ärzten, die Einfluss auf sein Entscheidungsverhalten haben, nicht von sachfremden und vor allem nicht von finanziellen Erwägungen leiten lässt. Sie soll damit Verhaltensweisen der Apotheker entgegenwirken, die die ordnungsgemäße Versorgung der Bevölkerung mit Arzneimitteln beeinträchtigen können. Die Vorschrift stellt damit eine Marktverhaltensregelung im Sinne von § 3a UWG (entsprechend § 4 Nr. 11 UWG aF) dar (vgl. BGH, Urteil vom 13. 04.2014 – I ZR 120/13, GRUR 2014, 1009 Rn. 13 – Kooperationsapotheke; Urteil vom 13.03.2014 – I ZR 120/13, GRUR 2014, 1009 – Kooperationsapotheke, jeweils mwN). Die Richtlinie 2005/29/EG über unlautere Geschäftspraktiken, die nach ihrem Artikel 4 in ihrem Anwendungsbereich (Art. 3) zu einer vollständigen Harmonisierung des Lauterkeitsrechts geführt hat, kennt zwar keinen der Bestimmung des § 3a UWG entsprechenden Unlauterkeitstatbestand. Dieser Umstand steht der Anwendung der genannten Vorschrift aber nicht entgegen, weil die Rechtsvorschriften der Europäischen Union und der Mitgliedstaaten in Bezug auf Gesundheits- und Sicherheitsaspekte von Produkten, zu denen die Bestimmung des § 11 ApoG zählt, von der Richtlinie über unlautere Geschäftspraktiken unberührt bleiben (vgl. BGH, GRUR 2016, 213 – Zuweisung von Verschreibungen, mwN). Wegen des mit der Bestimmung des § 11 Abs. 1 Satz 1 Fall 3 ApoG bezweckten Schutzes der Gesundheit der Verbraucher sind Verstöße gegen sie regelmäßig geeignet, die Interessen der Verbraucher spürbar zu beeinträchtigen (vgl. BGH, GRUR 2015, 1025 Rn. 15 – TV-Wartezimmer; Urteil vom 18.06.2015 – I ZR 26/14, GRUR 2016, 213 – Zuweisung von Verschreibungen).

Die Plattform www.xyz.com befasst sich mit der Behandlung von Krankheiten. Denn ein Patient kann nach dem unstreitig dargelegten Ablauf seine Erkrankung oder deren Symptome schildern, die ein Arzt prüft und sodann ein entsprechendes Medikament verschreibt, das über eine Versandapotheke, ggf. den Beklagten, geliefert wird. Damit liegt dem Geschäftsmodell des Portals die Befassung mit der Behandlung von Krankheiten zugrunde. Dass das Portal die jeweiligen Patienten an einen Arzt weitervermittelt, der letztlich die Entscheidung trifft, ob und welches Medikament verschrieben wird, spielt dabei keine Rolle. Insoweit unterscheidet sich der Fall auch maßgeblich von dem Sachverhalt, der der Entscheidung Kooperationsapotheke des Bundesgerichtshofs (GRUR 2014, 1009) zugrunde lag. In der dortigen Fallkonstellation konnte der Bundesgerichtshof offenlassen, ob die Bestimmung schon nach ihrem Wortlaut von der Vorschrift des § 11 Abs. 1 S. 1 ApoG umfasst ist. Allerdings war die dortige Beklagte auch nicht zur Behandlung von Krankheiten gegründet worden. Vielmehr war es Aufgabe der dortigen Beklagten – auch für ihre Gesellschafter, u.a. das Universitätsklinikum Freiburg – das Entlassungsmanagement zu organisieren. Damit war sie im eigentlichen Sinn nicht mit der Behandlung von Krankheiten befasst, sondern beschäftigte sich eher mit Aufgaben der Prävention. Es stellte sich somit die Frage, ob die Vorschrift dennoch anwendbar war, weil jedenfalls der Hauptgesellschafter als Krankenhaus die Voraussetzung erfüllte. Vorliegend befasst sich aber die Plattform selbst mit der Behandlung von Krankheiten, indem sie den Kontakt zu einem Arzt herstellt und sodann den Versand des Arzneimittels organisiert.

Entgegen der Ansicht des Beklagten ergibt sich nichts anderes daraus, dass die Patienten sich nach Kenntnis des Ablaufes an die genannte Plattform wenden und somit nach Auffassung des Beklagten ein Einverständnis erteilt haben. Selbst wenn in der Nutzung der Plattform die Bitte oder Aufforderung des jeweiligen Patienten gesehen wird und ein Arzt auf eine entsprechende Bitte eine Apotheke empfehlen kann, so ist doch eine vorherige Absprache mit der Apotheke, dass diese empfohlen wird, untersagt. Vorliegend wendet sich der Unterlassungsantrag des Klägers aber nicht gegen die Aussprache einer Empfehlung im Einzelfall, sondern gegen die unstreitig generell bestehende Absprache zwischen dem Beklagten und der Plattform www.xyz.com.

Ob auch ein Verstoß gegen § 48 Abs. 1 AMG n.F. vorliegt, kann vor diesem Hintergrund offenbleiben.

4. Der Kläger hat auch einen Anspruch auf Zahlung der Abmahnkosten gemäß § 12 Abs. 1 Satz 2 UWG in Höhe von jeweils 246,10 € für die beiden vom ihm ausgesprochenen Abmahnungen, wobei nach dem Antrag in der Berufungsinstanz lediglich die Kosten für eine Abmahnung geltend gemacht werden. Diese Kosten belaufen sich unstreitig auf 246,10 €.

Der Zinsanspruch ergibt sich aus §§ 291, 288 BGB

5. Die Kostenentscheidung beruht auf §§ 91, 97 ZPO. Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit folgt aus § 708 Nr. 10, §§ 711, 713 ZPO.

Die Revision ist nicht zuzulassen. Die Voraussetzungen des § 543 Abs. 2 ZPO liegen nicht vor. Die Beurteilung des Antrages auf Unterlassung der Bezeichnung „TattooApotheke“ oder „TATTOOAPOTHEKE“ beruht auf einer Beurteilung der Verkehrsauffassung und damit auf einer tatsächlichen Feststellung durch den Senat. Im Übrigen beruht die Entscheidung auf gefestigter obergerichtlicher Rechtsprechung. Eine grundsätzliche Bedeutung besteht nicht.

Gegenstandwert für das Berufungsverfahren: 40.000 €.

Vorinstanz:
LG Köln, 84 O 184/15

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