Inhalte mit dem Schlagwort „Abwägung Grundrechte“

30. Dezember 2022 Top-Urteil

Pflicht für Suchmaschinen zur Löschung von nachweislich falschen Inhalten

Hände tippen auf Laptop, auf dessen Bildschirm Google geöffnet ist.
Urteil des EuGH vom 08.12.2022, Az.: C‑460/20

Die DSGVO sieht vor, dass ein Recht auf Löschung ausgeschlossen ist, wenn andere Grundrechte überwiegen, sowie das Recht auf freie Information, weshalb grundsätzlich eine Abwägung vorzunehmen ist. Das Recht auf den Schutz personenbezogener Daten überwiegt aber in jedem Fall, wenn es sich um falsche Tatsachen handelt. Den Nachweis für die Unrichtigkeit des Inhalts muss die betroffene Person erbringen. Eine gerichtliche Entscheidung, die dies feststellt, ist als Nachweis nicht erforderlich. Die Anzeige von Vorschaubildern, die die betroffene Person zeigen, stellt einen besonders starken Eingriff in das Recht auf den Schutz des Privatlebens. Es ist auch hier eine Abwägung der widerstreitenden Interessen vorzunehmen, wobei der Kontext der Veröffentlichung bei der Bewertung des Informationswertes unberücksichtigt bleiben soll.

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11. August 2020 Top-Urteil

Löschungsanspruch gegen Google: „Recht auf Vergessenwerden“ erfordert Einzelfallprüfung

Such-Funktion am Laptop
Pressemitteilung Nr. 95/2020 zu den Urteilen des BGH vom 27.07.2020, Az.: VI ZR 405/18, VI ZR 476/18

Der Bundesgerichtshof hat am 27.07.2020 zwei Entscheidungen zum „Recht auf Vergessenwerden“ gefällt, das in beiden Fällen gegen den Suchmaschinenbetreiber Google geltend gemacht wurde. Die Kläger waren in der Vergangenheit wegen ihrer geschäftlichen Tätigkeit Gegenstand negativer Berichterstattung geworden und wollten erreichen, dass die Presseartikel in der Trefferliste der Suchmaschine nicht mehr auftauchen. Im ersten Fall wurde die Klage abgewiesen: Auch nach der neuen Datenschutzgrundverordnung gebe es kein unbeschränktes Recht auf Vergessenwerden gegenüber Google. Vielmehr sei für den Auslistungsanspruch nach Art. 17 Abs. 1 DSGVO im Einzelfall eine umfassende Grundrechtsabwägung vorzunehmen. Im zweiten Fall wurde das Verfahren ausgesetzt und dem Europäischen Gerichtshof zwei Vorlagefragen gestellt, um den Fall anschließend zu entscheiden.

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13. November 2018

Zur Verantwortlichkeit von Wikipedia für rechtsverletzende Beiträge

weiße Tastatur mit Wikipedia-Logo auf der Enter-Taste
Urteil des LG Berlin vom 28.08.2018, Az.: 27 O 12/17

Handelt es sich bei einem Eintrag über eine Person in einer Online-Enzyklopädie (hier: Wikipedia) um unwahre Tatsachenbehauptungen, liegt eine Persönlichkeitsrechtsverletzung vor, wodurch ein Unterlassungsanspruch begründet wird. Dieser kann nach den Grundsätzen der Störerhaftung auch gegenüber dem Betreiber der Enzyklopädie bestehen, selbst wenn nicht er, sondern ein Dritter die rechtsverletzenden Aussagen getätigt hat.

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04. Oktober 2018

Bezeichnung „Antisemit“ verletzt allgemeines Persönlichkeitsrecht

Frau an Sprecherpult
Urteil des LG Regensburg vom 26.06.2018, Az.: 62 O 1925/17

Die öffentliche Bezeichnung eines Sängers als „Antisemit“ aufgrund der Inhalte seiner Liedtexte, stellt eine unzulässige Meinungsäußerung dar, die das allgemeine Persönlichkeitsrecht aus Art. 2 Abs. 1 GG verletzt. Die Äußerung ist schon deshalb nicht als Tatsachenbehauptung einzustufen, weil es keine allgemein gültige und allgemein anerkannte Definition für den Begriff des „Antisemitismus“ gibt. Eine Definition dieses Begriffs ist immer von einer persönlichen Bewertung abhängig, die gerade nicht dem Beweis zugänglich ist. Im Rahmen einer Abwägung zwischen dem grundrechtlich geschützten Persönlichkeitsrecht und dem Recht auf freie Meinungsäußerung muss hier Letzteres zurücktreten. Auch wenn der öffentliche Diskurs über verdeckte antisemitische Tendenzen in der heutigen Gesellschaft wichtig ist, stellt die Bezeichnung als „Antisemit“ gerade vor dem Hintergrund der deutschen Geschichte einen erheblichen Eingriff in das Persönlichkeitsrecht dar, da sie als besonders herabwürdigend und ehrverletzend zu bewerten ist. Hinzu kommt im vorliegenden Fall, dass die Aussage nicht „im Eifer des Gefechts“ getroffen, sondern im Rahmen eines Vortrags wohl überlegt und bewusst getätigt wurde.

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09. April 2018

Persönlichkeitsrechtsverletzung durch künstlerische Straßenfotografie

Mann schützt Gesicht mit Hand
Beschluss des BVerfG vom 08.02.2018, Az.: 1 BvR 2112/15

Das Bundesverfassungsgericht hat eine Verfassungsbeschwerde bezüglich der öffentlichen Ausstellung einer künstlerischen Straßenfotografie ohne vorherige Einwilligung der abgebildeten Person abgelehnt. Der Beschwerdeführer rügte eine Verletzung seiner Kunstfreiheit sowie seines Anspruchs auf rechtliches Gehör. Das Gericht stellte fest, dass der Beschwerdeführer zwar durch seine Verurteilung zur Erstattung von Rechtsanwaltskosten, die wegen der Geltendmachung eines Unterlassungsanspruchs bezüglich der Veröffentlichung des streitgegenständlichen Fotos entstanden sind, in seiner Kunstfreiheit beeinträchtigt ist. Demgegenüber überwiege allerdings die besondere Schwere des Eingriffs in das Persönlichkeitsrechts der abgebildeten Person aufgrund der großformatigen Präsentation des Bildes an einer verkehrsreichen Straße.

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03. September 2015

Rechtmäßigkeit der Veröffentlichung von Abbildungen eines Prominenten

Blonde Frau in Rosa Pullover wird von ihrem Bodyguard vor Paprazzi abgeschirmt
Urteil des LG Köln vom 24.04.2013, Az.: 28 O 371/12

Maßgeblich für die Zulässigkeit der Veröffentlichung eines Bildes einer prominenten Person ist, ob es sich um ein Bild aus dem Bereich der Zeitgeschichte handelt und die Veröffentlichung nicht ein berechtigtes Interesse des Abgebildeten verletzt. Der Begriff der Zeitgeschichte ist zu Gunsten der Pressefreiheit weit zu verstehen und umfasst alle Fragen von allgemeinem gesellschaftlichem Interesse. Weiterhin ist die dazu gehörende Wortberichterstattung zu berücksichtigen.

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14. November 2011

Veröffentlichung heimlich aufgenommener Bilder in Unternehmen nicht generell verboten!

Urteil des KG Berlin vom 22.09.2011, Az.: 10 U 131/10

Die Veröffentlichung von Filmaufnahmen aus nicht öffentlich zugänglichen Betriebsräumen sind nicht per se verboten. Vielmehr ist abzuwägen. Dem Grundrecht auf Meinungsäußerungsfreiheit kommt um so größeres Gewicht zu, je mehr es sich um einen Beitrag zum geistigen Meinungskampf in einer die Öffentlichkeit wesentlich berührenden Frage handelt. Von wesentlicher Bedeutung ist auch das Mittel, durch welches ein solcher Zweck verfolgt wird. Die Veröffentlichung durch Täuschung widerrechtlich beschaffter Informationen indiziert in der Regel einen nicht unerheblichen Eingriff in den Bereich des Betroffenen.
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