Inhalte mit dem Schlagwort „Beweislastumkehr“

16. November 2016 Top-Urteil

Konkretisierung der Beweislastumkehr nach § 476 BGB zugunsten der Verbraucher

junger Mann telefoniert während ein Abschleppwagen sein Auto auflädt
Urteil des BGH vom 12.10.2016, Az.: VIII ZR 103/15

a) § 476 BGB ist richtlinienkonform dahin auszulegen, dass die dort vorgesehene Beweislastumkehr zugunsten des Käufers schon dann greift, wenn diesem der Nachweis gelingt, dass sich innerhalb von sechs Monaten ab Gefahrübergang ein mangelhafter Zustand (eine Mangelerscheinung) gezeigt hat, der - unterstellt, er hätte seine Ursache in einem dem Verkäufer zuzurechnenden Umstand - dessen Haftung wegen Abweichung von der geschuldeten Beschaffenheit begründen würde. Dagegen muss der Käufer weder darlegen und nachweisen, auf welche Ursache dieser Zustand zurückzuführen ist, noch dass diese in den Verantwortungsbereich des Verkäufers fällt (im Anschluss an EuGH, Urteil vom 4. Juni 2015 - C-497/13, NJW 2015, 2237 Rn. 70 - Faber; Änderung der bisherigen Senatsrechtsprechung; vgl. Senatsurteile vom 2. Juni 2004 - VIII ZR 329/03, BGHZ 159, 215, 217 f. [Zahnriemen]; vom 14. September 2005 - VIII ZR 363/04, NJW 2005, 3490 unter II 1 b bb (1) [Karrosserieschaden]; vom 23. November 2005 - VIII ZR 43/05, NJW 2006, 434 Rn. 20 f. [Turbolader] ; vom 18. Juli 2007 - VIII ZR 259/06, NJW 2007, 2621 Rn. 15 [defekte Zylinderkopfdichtung]).

b) Weiter ist § 476 BGB richtlinienkonform dahin auszulegen, dass dem Käufer die dort geregelte Vermutungswirkung auch dahin zugutekommt, dass der binnen sechs Monaten nach Gefahrübergang zu Tage getretene mangelhafte Zustand zumindest im Ansatz schon bei Gefahrübergang vorgelegen hat (im Anschluss an EuGH, Urteil vom 4. Juni 2015 - C-497/13, aaO Rn. 72 - Faber; Aufgabe der bisherigen Senatsrechtsprechung; vgl. Urteile vom 2. Juni 2004 - VIII ZR 329/03, aaO; vom 22. November 2004 - VIII ZR 21/04, NJW 2005, 283 unter [II] 2; vom 14. September 2005 - VIII ZR 363/04, aaO; vom 23. November 2005 - VIII ZR 43/05, aaO Rn. 21; vom 21. Dezember 2005 - VIII ZR 49/05, NJW 2006, 1195 Rn. 13 [Katalysator]; vom 29. März 2006 - VIII ZR 173/05, BGHZ 167, 40 Rn. 21, 32 [Sommerekzem I]; vgl. Senatsurteil vom 15. Januar 2014 - VIII ZR 70/13, BGHZ 200, 1 Rn. 20 [Fesselträgerschenkelschaden]).

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12. November 2018

Beweislastumkehr: Wer mit fachlich umstrittener Meinung wirbt, übernimmt Verantwortung für deren Richtigkeit

Vorher-Nachher-Vergleich einer ärztlichen Behandlung
Urteil des LG Hamburg vom 23.03.3018, Az.: 315 O 458/16

Für gesundheitsbezogene Werbung gelten besonders strenge Anforderungen an die Richtigkeit, Eindeutigkeit und Klarheit der Aussagen. Aufgrund der von irreführenden, gesundheitsbezogenen Angaben ausgehenden erheblichen Gefahren, ist Werbung mit Gesundheitsbezug nur zulässig, wenn sie gesicherter wissenschaftlicher Erkenntnis entspricht. Zieht ein Kläger gerade das in Zweifel, muss grundsätzlich er dies auch beweisen. Eine Umkehrung der Darlegungs- und Beweislast kommt allerdings dann in Betracht, wenn der Beklagte mit einer fachlich umstrittenen Meinung geworben hat, ohne die Gegenmeinung zu erwähnen. Der Werbende übernimmt in einem solchen Fall Verantwortung für die Richtigkeit der Meinung.

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18. Oktober 2016

Zur Unzulässigkeit von Klauseln eines Spediteurs

3 Würfel mit den Buchstaben "AGB" auf einem beschriebenen Papier mit einem Stift
Urteil des LG Heidelberg vom 12.08.2016, Az.: 3 O 149/16

Verwendet ein Spediteur in seinen AGB eine Klausel, die beinhaltet, dass die angegebenen Preise als Netto-Preise „zuzüglich der derzeit gültigen gesetzlichen Mehrwertsteuer“ zu verstehen sind, so ist darin unter anderem ein Verstoß gegen das Transparenzgebot zu sehen. Insbesondere der Begriff „derzeit“ ist dabei nicht hinreichend bestimmt, da unklar ist, ob als zeitlicher Bezugspunkt das auf dem Angebot ausgewiesene Datum oder aber der Tag der Angebotsannahme, die erst mit einer deutlichen zeitlichen Zäsur erfolgen kann, anzusehen ist. Im letzteren Fall jedenfalls besteht für den Verbraucher die Gefahr der nachträglichen Preiserhöhung. Auch ein Verstoß gegen die Preisangabenverordnung ist dabei gegeben.

Ferner ist eine Klausel dann unwirksam, wenn der Spediteur eine gesetzliche Beweislast trägt und diese durch AGB umkehren möchte. Ein solches Vorgehen ist bereits dann unzulässig, wenn er nur versucht, die Beweisposition des Verbrauchers auch nur zu verschlechtern.

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17. Oktober 2016 Top-Urteil

BGH erweitert den Anwendungsbereich der Beweislastumkehr zugunsten des Verbrauchers

heruntergekommenes Auto
Pressemitteilung Nr. 180/2016 des BGH zum Urteil vom 12.10.2016, Az.: VIII ZR 103/15

Die bisherige Rechtsprechung des BGH zur Beweislastumkehr gem. § 467 BGB wurde in zweifacher Hinsicht geändert. Infolge eines zwischenzeitlich ergangenen Urteils des EuGH zur Auslegung der Verbrauchsgüterkaufrichtlinie, wird sowohl die Darlegungs- und Beweislast des Käufers abgesenkt sowie die Vermutungswirkung des § 476 BGB erweitert. Künftig muss der Verbraucher weder das Vorliegen eines Mangels, noch den Umstand, dass der Mangel dem Verkäufer zuzurechnen ist, beweisen. Die Vermutungswirkung umfasst jetzt auch den bisher vom Verbraucher zu belegenden Nachweis, dass ein erst nach Gefahrübergang eingetretener akuter Mangel auf einem latenten Mangel beruht.

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15. Januar 2016

Seit Gefahrübergang aufgetretener Sachmangel geht bei unaufklärbarer Ursache zu Lasten des Verbrauchers

junge Frau hat Autopanne und telefoniert mit dem Handy
Urteil des OLG Frankfurt a. M. vom 14.04.2015, Az.: 10 U 133/13

Die in § 476 BGB angeordnete Beweislastumkehr zu Gunsten des Käufers gilt nicht für die Frage, ob überhaupt ein Sachmangel vorliegt. Sie setzt vielmehr einen binnen sechs Monaten seit Gefahrübergang aufgetretenen Sachmangel voraus und enthält lediglich die Vermutung, dass der Mangel bereits im Zeitpunkt des Gefahrübergangs vorlag. Kommen mehrere Ursachen für einen binnen sechs Monaten seit Gefahrübergang auftretenden Schaden in Betracht, von denen die eine eine vertragswidrige Beschaffenheit begründet, die andere jedoch nicht, und lässt sich nicht aufklären, worauf der Schaden beruht, geht dies zu Lasten des Käufers.

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08. September 2015

Anschlussinhaber haftet nicht immer für Urheberrechtsverstoß

"Abmahnung" blau markiert in einem Gesetzestext
Urteil des AG München vom 31.10.2014, Az.: 264 C 23409/13

Der Inhaber eines Internetanschlusses haftet nicht als Täter in Urheberrechtsverletzungen, wenn dieser seiner sekundären Darlegungslast durch den Vortrag genügt, den gerügten Rechtsverstoß nicht selbst begangen zu haben. Dies führt jedoch nicht zu einer Umkehr der Beweislast, wonach der Anschlussinhaber sich bei jeder über seinen Internetzugang begangenen Rechtsverletzungen vom Vorwurf der täterschaftlichen Begehung entlasten muss.

Eine Haftung als Störer scheidet ebenso aus, sofern der Anschlussinhaber seinen Internetanschluss hinreichend mittels Kennwort sichert und zeitgleich seiner Aufsichtspflicht für Mitbenutzer bezüglich eines möglichen Missbrauchs des Internetanschlusses ausreichend nachkommt.

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02. April 2014

Zur sekundären Darlegungslast bei Filesharing innerhalb der Familie

Urteil des AG Bielefeld vom 06.03.2014, Az.: 42 C 368/13

Der wegen Filesharing abgemahnte Inhaber eines Familienanschlusses genügt seiner sekundären Darlegungslast, wenn er seine Täterschaft bestreitet und darlegt, dass seine Hausgenossen wie Kinder oder der Ehegatte selbstständig auf den Internetanschluss zugreifen können, weil sich daraus die ernsthafte Möglichkeit eines anderen Geschehensablaufs als die einer Alleintäterschaft ergibt. Auch eine Überwachung der Familie bei der Internetnutzung kann vom Anschlussinhaber nicht verlangt werden, da dies mit dem grundrechtlichen Schutz der Familie nach Artikel 6 Grundgesetz nicht zu vereinbaren ist. Die Beweislast dafür, dass die Rechtsverletzung durch den Abgemahnten begangen wurde, obliegt vielmehr dem Abmahnenden.

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03. Mai 2012

CONVERSE II

Urteil des BGH vom 15.03.2012, Az.: I ZR 137/10 a) Eine Umkehr der Beweislast zu den Voraussetzungen der Erschöpfung nach § 24 Abs. 1 MarkenG setzt eine tatsächliche Gefahr der Abschottung der Märkte der Mitgliedstaaten durch den Markeninhaber voraus. Die tatsächliche Gefahr einer Marktabschottung kann ausgeschlossen sein, wenn der in der Lieferkette zwischen Markeninhaber und Drittem stehende Zwischenhändler aus dem Vertriebssystem des Markeninhabers ausgeschieden ist. b) Die Zustimmung des Markeninhabers zur Klage des Lizenznehmers wegen Verletzung der Marke nach § 30 Abs. 3 MarkenG enthält nicht regelmäßig auch eine konkludente materiell-rechtliche Einziehungsermächtigung.
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