Inhalte mit dem Schlagwort „schöpferische Eigentümlichkeit“

19. Oktober 2015 Top-Urteil

Übernahme kurzer Musiksequenzen als Hintergrund-Loops für Rap-Titel kann zulässig sein

Rapper sitzt in einem Studio und schreibt einen Song
Urteil des BGH vom 16.04.2015, Az.: I ZR 225/12

a) Bei Musikstücken liegt die für die Annahme eines urheberrechtlich geschützten Werks erforderliche schöpferische Eigentümlichkeit in ihrer individuellen ästhetischen Ausdruckskraft. Eine individuelle schutzfähige Leistung kann sich nicht nur aus der Melodie und dem Einsatz der musikalischen Ausdrucksmittel der Rhythmik, des Tempos, der Harmonik und des Arrangements ergeben, sondern auch aus der Art und Weise des Einsatzes der einzelnen Instrumente, also der Durchführung der Instrumentierung und Orchestrierung. Nicht dem Urheberrechtsschutz zugänglich ist demgegenüber das rein handwerkliche Schaffen unter Verwendung formaler Gestaltungselemente, die auf den Lehren von Harmonik, Rhythmik und Melodik beruhen oder die - wie Tonfolgen einfachster Art oder bekannte rhythmische Strukturen - sonst zum musikalischen Allgemeingut gehören.

b) Die für die Prüfung der Urheberrechtsschutzfähigkeit erforderlichen tatsächlichen Feststellungen und ihre Würdigung liegen auf tatrichterlichem Gebiet. Sie sind in der Revisionsinstanz jedoch darauf hin zu überprüfen, ob die Beurteilung des Berufungsgerichts von den von ihm getroffenen Feststellungen getragen wird. Hierzu muss das Berufungsurteil eine revisionsrechtlich nach-prüfbare Begründung enthalten. Erforderlich ist vor allem, dass der für die Feststellung der Schutzfähigkeit entscheidende Gesamteindruck und die ihn tragenden einzelnen Elemente nachvollziehbar dargelegt werden.

c) Für die Beurteilung der schöpferischen Eigentümlichkeit eines Musikstücks und die insoweit maßgebliche Abgrenzung von nicht dem Urheberrechtsschutz zugänglichem rein handwerklichem Schaffen unter Verwendung formaler Gestaltungselemente, die auf den Lehren von Harmonik, Rhythmik und Melodik beruhen oder die sonst zum musikalischen Allgemeingut gehören, reicht das bloße Anhören eines Tonträgers durch die Tatrichter grundsätzlich nicht aus; es wird vielmehr im Regelfall die Hilfe eines Sachverständigen unerlässlich sein.

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22. Januar 2014

Pippi-Langstrumpf-Kostüm

Urteil des BGH vom 17.07.2013, Az.: I ZR 52/12

a) Ein einzelner Charakter eines Sprachwerks (hier: Pippi Langstrumpf) kann selbständigen Urheberrechtsschutz genießen. Dies setzt voraus, dass der Autor dieser Figur durch die Kombination von ausgeprägten Charaktereigenschaften und besonderen äußeren Merkmalen eine unverwechselbare Persönlichkeit verleiht. Dabei ist ein strenger Maßstab anzulegen. Allein die Beschreibung der äußeren Gestalt einer handelnden Figur oder ihres Erscheinungsbildes wird dafür in aller Regel nicht genügen.

b) Für die Abgrenzung der verbotenen Übernahme gemäß § 23 UrhG von der freien Benutzung im Sinne von § 24 Abs. 1 UrhG kommt es auf die Übereinstimmung im Bereich der objektiven Merkmale an, durch die die schöpferische Eigentümlichkeit des Originals bestimmt wird. Für eine nach § 23 UrhG verbotene Übernahme eines Charakters ist es mithin nicht ausreichend, dass eine Abbildung (hier: Abbildung von Personen in Karnevalskostümen) lediglich einzelne äußere Merkmale der literarischen Figur übernimmt. Diese Elemente mögen zwar die äußere Gestalt der Romanfigur prägen. Sie genügen aber für sich genommen nicht, um den Urheberrechtsschutz an der Figur zu begründen und nehmen daher auch nicht isoliert am Schutz der literarischen Figur teil.

c) Wird aus den angegriffenen Abbildungen deutlich, dass sich die abgebildeten Personen für Karnevalszwecke nur als die literarische Figur verkleiden und somit lediglich in ihre Rolle schlüpfen wollen, spricht dies für die Annahme eines inneren Abstands zum Werk und damit für eine freie Benutzung gemäß § 24 Abs. 1 UrhG.

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