Videoüberwachung im Fitnessstudio nicht datenschutzrechtlich zulässig

09. Juni 2022
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Kraftraum mit Kraftgeräten Urteil des VG Ansbach vom 23.02.2022, Az: AN 14 K 20.00083

Fitnessstudiobetreiber können keine Videoüberwachung über den gesamten Trainingsbereich anbringen, um beispielsweise Diebstählen, Sachbeschädigungen oder gar sexuellen Übergriffen zuvorzukommen und diese gegebenenfalls aufklären zu können . Die permanente Überwachung der Trainierenden stellt einen erheblichen Eingriff in deren Recht auf informationelle Selbstbestimmung dar. Zudem kann eine Einwilligung der Trainierenden in die Videoüberwachung nicht in der bloßen Kenntnisnahme der Hinweise auf die Videoüberwachung in den Datenschutzhinweisen und Hinweisschildern an der Eingangstür des Fitnessstudios gesehen werden, so das VG Ansbach in seinem Urteil.

Verwaltungsgericht Ansbach

Urteil vom 23.02.2022

Az.: AN 14 K 20.00083

Tenor

1. Ziffer II des Bescheids des Beklagten vom 12. Dezember 2019 wird aufgehoben. Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.
2. Die Klägerin trägt die Kosten des Verfahrens.
3. Das Urteil ist hinsichtlich der Kosten vorläufig vollstreckbar. Die Klägerin kann die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung oder Hinterlegung in Höhe der festgesetzten Kosten abwenden, wenn nicht der Beklagte vor der Vollstreckung Sicherheit in gleicher Höhe leistet.
4. Die Berufung wird zugelassen.

Tatbestand

Die Parteien streiten über die datenschutzrechtliche Zulässigkeit einer Videoüberwachung.

Die Klägerin betreibt in … ein Fitnessstudio, das unter anderem über einen Trainingsbereich, bestuhlte Bereiche und Umkleidekabinen mit Spinden verfügt. Der Trainingsbereich gliedert sich in einen großen, L-förmig angelegten Raum mit Empfangstheke und zwei kleinere Räume. Vorhandene Fitnessgeräte sind zum einen Cardio-Geräte (wie z.B. Crosstrainer) und zum anderen Geräte zum Krafttraining mit einzeln beweglichen Gewichtsscheiben und Hanteln verschiedener Größe. Alle drei Trainingsräume werden auf der gesamten Fläche durchgehend während der Öffnungszeiten videoüberwacht (ohne Tonaufzeichnung), die Aufzeichnungen 48 Stunden lang gespeichert und anschließend gelöscht. Entsprechende Hinweisschilder befinden sich auf Innen- und Außenseite der Eingangstür. Das Personal des Fitnessstudios besteht aus einem Auszubildenden und drei 450 €-Kräften.

Mit Schreiben vom 29. Januar 2018 wandte sich ein Kunde der Klägerin an den Beklagten als zuständige Datenschutzaufsichtsbehörde und schilderte die beschriebene Videoüberwachung im gesamten Trainingsbereich. Daraufhin forderte der Beklagte die Klägerin mit Schreiben vom 31. Januar 2018 zur Stellungnahme hierzu anhand eines Fragenkatalogs auf.

Die Klägerin beantwortete mit Schreiben vom 21. Februar 2018 die Fragen dahingehend, dass der gesamte Trainingsbereich einschließlich des Thekenbereichs durchgängig während der Öffnungszeiten mit sechs installierten Videokameras ohne Tonaufzeichnung überwacht werde. Die Videoüberwachung diene der Prävention und Aufklärung von Diebstählen und Sachbeschädigungen, welche es in der Vergangenheit mehrfach gegeben habe. Mildere Mittel wie beispielsweise Warnhinweise hätten keinen Erfolg gezeigt.

Mit Schreiben vom 23. April 2018 teilte der Beklagte der Klägerin mit, dass die Videoüberwachung unzulässig sei, da das berechtigte Interesse der Trainierenden an der Freiheit von Überwachung im Freizeitbereich die geltend gemachten Interessen der Klägerin überwiege. Die permanente Überwachung der Trainierenden stelle einen erheblichen Eingriff in deren Recht auf informationelle Selbstbestimmung dar. Als milderes Mittel käme u.a. in Betracht, nur konkret gefährdete Bereiche, wie beispielsweise die Spiegelwände und den davorliegenden Meter, durch Videoüberwachung zu schützen. Die Klägerin wurde aufgefordert, die Videoüberwachung der Trainingsflächen einzustellen und dies dem Beklagten zu bestätigen.

Die Klägerin erwiderte mit Schreiben vom 10. Mai 2018, dass eine auf bestimmte Bereiche eingeschränkte Videoüberwachung den Zweck einer umfassenden Diebstahl- und Sachbeschädigungsprävention und -aufklärung nicht erfüllen könne. Außerdem diene die Videoüberwachung auch dem Schutz der weiblichen Trainierenden vor sexuellen Übergriffen, da eine durchgängige Anwesenheit des Personals in allen Räumen nicht gewährleistet werden könne.

Mit Schreiben des Beklagten vom 16. August 2018 und 7. November 2018 wurde die Klägerin unter Hinweis auf das überwiegende Interesse der Trainierenden an informationeller Selbstbestimmung aufgefordert, die Videoüberwachung der Trainingsflächen einzustellen und dies dem Beklagten zu bestätigen.

Mit Schreiben vom 7. September 2018 teilte die Klägerin anhand von mitgesandten Bildern mit, dass durch geänderte Kameraeinstellungen nicht mehr der gesamte Trainingsbereich, sondern nur noch der Thekenbereich und die Trainingsbereiche in Spiegelwandnähe überwacht würden. Aus den Bildern ist ersichtlich, dass aber weiterhin deutlich mehr Trainingsfläche als nur der unmittelbar vor den Spiegelwänden liegende Meter von den Videokameras erfasst war.

Nach erneuter Aufforderung vom 7. November 2019, die Videoüberwachung einzustellen, erließ der Beklagte am 12. Dezember 2019 den streitgegenständlichen Bescheid mit folgenden Regelungen:
„I. Die Firma … GbR hat es zu unterlassen, den Bereich der Trainingsflächen während der allgemeinen Öffnungszeiten mittels optisch-elektronischer Einrichtungen (Videoüberwachung) zu beobachten und Bildaufzeichnungen anzufertigen.“

II. Die Firma … GbR hat innerhalb von zwei Wochen nach Eintritt der Bestandskraft dieses Bescheids dem Bayerischen Landesamt für Datenschutzaufsicht mitzuteilen, durch welche Maßnahmen sie die Anordnung in Ziffer I umgesetzt hat.

III. Für den Fall, dass Sie der Verpflichtung in Ziffer I dieses Bescheides nicht, nicht vollständig oder nicht fristgerecht nachkommen, wird ein Zwangsgeld in Höhe von 2.000,00 Euro angedroht.

IV. Sie haben die Kosten des Verfahrens zu tragen.

V. Die Gebühr wird auf 100,00 € festgesetzt.

VI. Die Auslagen ergeben sich aus der beiliegenden Kostenrechnung.

Begründet wurde der Bescheid damit, dass als Rechtsgrundlage für die Überwachung Art. 6 Abs. 1 Buchst. f) DS-GVO zwar in Betracht komme, dessen Voraussetzungen jedoch nicht vorlägen. Die Klägerin könne als berechtigte Interessen nur eigene Interessen, jedenfalls nicht die der Trainierenden geltend machen, da keine Pflicht der Klägerin zur Abwehr jeglicher Gefahren oder Schäden von den Trainierenden bestehe. Außerdem sei die Videoüberwachung nicht erforderlich, da als mildere Mittel beispielsweise ein verstärkter Personaleinsatz und Diebstahlsicherungen am Trainingsequipment in Betracht kämen. Schließlich würden die schutzwürdigen Interessen der Trainierenden an der Freiheit von Überwachung im Freizeitbereich, in dem auch soziale Kontakte gepflegt würden, als Kernelement des Rechts auf informationelle Selbstbestimmung überwiegen. Daher sei die Videoüberwachung unzulässig. Die Anordnung der Unterlassung der Videoüberwachung sei auch erforderlich gewesen, die Androhung des Zwangsgeldes notwendig.

Hiergegen hat die Klägerin mit Schriftsatz ihres Prozessbevollmächtigten vom 14. Januar 2020, beim VG Ansbach eingegangen am 16. Januar 2020, Klage erhoben und beantragt,
den Bescheid des Bayerischen Landesamtes für Datenschutzaufsicht in … vom 12.12.2019, Az.: …, aufzuheben.

Zur Begründung ließ die Klägerin vortragen, dass sie aufgrund des Vertragsverhältnisses mit den Trainierenden auch die Nebenpflicht treffe, für deren Sicherheit zu sorgen, indem insbesondere Diebstähle und Übergriffe durch die Videoüberwachung verhindert oder aufgeklärt werden könnten. In der zivilrechtlichen Rechtsprechung sei Entsprechendes bereits u. a. für Supermärkte (bzgl. Mitwirkungspflicht zur Schadensaufklärung) und Gastwirte (bzgl. Verwahrungspflicht für Garderobe etc.) entschieden worden. Außerdem würden die Trainierenden über Hinweisschilder und die AGB des Vertrags auf die Überwachung hingewiesen, dadurch verpflichteten sie sich auch zum Einverständnis betreffend die Videoaufnahmen. Überdies diene die Videoüberwachung auch dem eigenen berechtigten Interesse der Klägerin, Sachbeschädigungen am Inventar vorzubeugen und ggf. Schadensersatzansprüche durchzusetzen. Auch stellten Diebstahlsicherungen an den Gewichtsscheiben in Form von Spezialschlüsseln des Personals kein geeignetes milderes Mittel dar, da so die weitgehend selbstständige Nutzung der Geräte durch die Trainierenden nicht mehr möglich wäre. Ein verstärkter Personaleinsatz sei auch kein geeignetes milderes Mittel, da für eine den Videokameras vergleichbare Überwachung der Einsatz von acht Vollzeitbeschäftigten erforderlich wäre, was finanziell nicht verkraftbar sei. Darüber hinaus dürften außerdem die Geschäfte des Einzelhandels auch eine Überwachung per Videokamera statt durch Personal vornehmen. Schließlich sei das Interesse der Trainierenden, in der Freizeit nicht überwacht zu werden, nicht derart schwer zu gewichten, da zwar die gesamten Trainingsflächen, nicht aber die der Entspannung und Pflege sozialer Kontakte dienenden bestuhlten Bereiche videoüberwacht würden. Daher sei der Bescheid vollumfänglich unbegründet.

Der Beklagte hat mit Schriftsatz vom 9. Juli 2020 beantragt,
die Klage abzuweisen.

Rechtsgrundlage für den Bescheid sei Art. 58 Abs. 2 Buchst. b) DS-GVO. Der Videoüberwachung liege keine Einwilligung der Trainierenden i.S.d. Art. 6 Abs. 1 Buchst. a) DS-GVO zugrunde, da das von der Klägerin geschilderte Einverständnis durch die AGB und die Hinweisschilder den Anforderungen des Art. 7 DS-GVO mangels einer eindeutigen Handlung des Einwilligenden nicht genüge. Die Videoüberwachung sei auch nicht nach Art. 6 Abs. 1 Buchst. f) DS-GVO zulässig, da es für alle von der Klägerin geltend gemachten schutzwürdigen Interessen mildere, gleich effektive Mittel gebe. Die Trainierenden könnten vor Diebstahl ausreichend durch abschließbare Spinde und vor Übergriffen mittels Personals (positioniert an der Empfangstheke und auf Kontrollgängen) geschützt werden. Sachschäden oder Diebstähle am Inventar des Fitnessstudios könnten durch Blickkontrollen seitens des Personals und geeignete Diebstahlsicherungen verhindert und verfolgt werden. Für darüber hinaus bestehende Risiken könne die Klägerin Versicherungen abschließen oder müsse diese als allgemeines finanzielles Risiko hinnehmen.

Bezüglich der Interessenabwägung sei zu berücksichtigen, dass für die Trainierenden ein Kernbereich ihres Rechts auf informationelle Selbstbestimmung, nämlich Freizeitaktivitäten und die Interaktion mit anderen Personen, berührt sei. Es gebe für sie während der Trainingsdauer keine Ausweichmöglichkeit. Damit einher gehe möglicherweise der Verlust der Unbefangenheit und ein gewisser Anpassungsdruck. Demgegenüber seien die Interessen der Klägerin als geringer einzustufen. Die Situation im Fitnessstudio sei nicht mit der im Supermarkt vergleichbar, da das Personal im Fitnessstudio gerade auch die Aufgabe habe, die Trainierenden zu beobachten, auffällige Vorfälle zu registrieren und ggf. einzuschreiten. Die Zwangsgeldandrohung sei notwendig, die Höhe von 2.000,00 Euro geboten und ausreichend.

Mit Schreiben vom 23. Juli 2020 ordnete der Beklagte den Sofortvollzug der in Ziffer I des streitgegenständlichen Bescheids angewiesenen Unterlassung an, da die weiterhin andauernde Videoüberwachung die Trainierenden in ihrem Recht auf informationelle Selbstbestimmung erheblich verletze und daher das Vollzugsinteresse des Beklagten das Interesse der Klägerin an der aufschiebenden Wirkung ihrer Anfechtungsklage überwiege.

Mit Schreiben vom 24. August 2020 trug der Prozessbevollmächtigte der Klägerin vor, dass nur die Videoüberwachung die Trainierenden in die Lage versetzen könne, tätliche Übergriffe oder Diebstähle wirksam zu verfolgen. Kleine Hantelscheiben und ähnliches könnten ohne Videoüberwachung unbeobachtet in der Sporttasche oder unter der Jacke verborgen werden. Abschließbare Spinde würden das Diebstahlrisiko insoweit nicht verringern, als die Trainierenden zum Großteil Wertgegenstände wie Smartphone, Pulsmessgeräte etc. mit in den Trainingsraum nähmen. Außerdem sei anhand des nun vorgelegten Grundrisses ersichtlich, dass der Personalaufwand für eine der Videoüberwachung vergleichbare Kontrolle durch Beschäftigte der Klägerin finanziell nicht zumutbar wäre, da hierfür letztlich acht Vollzeitbeschäftigte erforderlich wären.

Mit Schreiben vom 31. Januar 2022 trug der Beklagte vor, dass Rechtsgrundlage für Ziffer II des streitgegenständlichen Bescheids Art. 58 Abs. 1 Buchst. a) DS-GVO sei. Der Verantwortliche trage die Nachweispflicht für die Einhaltung der DS-GVO, sodass eine Mitteilungsanordnung über die Umsetzung der Ziffer I des Bescheids erforderlich und angemessen gewesen sei. Dies insbesondere auch deswegen, da die Untersagungsanordnung aus Ziffer I auf verschiedene Art und Weise (z.B. Änderung der Kameraausrichtung, Teilschwärzung oder -verpixelung etc.) umgesetzt werden könne. Die Überwachung der Einhaltung der DS-GVO sei dem Beklagten aber nur mit Kenntnis der konkreten Umsetzung der Anordnung durch die Klägerin möglich.

In der mündlichen Verhandlung vom 23. Februar 2022 erklärte die Klägerin, dass seit der Anordnung des Sofortvollzugs nur noch Kameraattrappen angebracht seien. Allgemeine Sachbeschädigungen kämen circa 20 Mal, größere Sachbeschädigungen circa drei Mal im Jahr vor. Dabei entstünden Schäden in Höhe von 10.000 EUR bis 15.000 EUR jährlich. Die Aufklärungsquote der Sachbeschädigungen liege mit Videoüberwachung bei 100%, ohne Videoüberwachung fast bei 0%. Es gebe etwa zehn Diebstähle von Kleingeräten im Jahr. Die Kameraattrappen seien zur Prävention nicht so effektiv wie die Videoüberwachung, da sich herumgesprochen habe, dass es sich um Attrappen handele. Diebstahlsicherungen in Form von Klebestreifen wie im Einzelhandel kämen nicht in Betracht, da sie leicht abgerissen werden könnten. Auch andere Sicherungen seien nicht geeignet. Sexuelle Übergriffe habe es nur vor der Anbringung der Videokameras gegeben. Die Klägerin habe hiervon erfahren, weil Mitgliedschaften deswegen gekündigt worden seien. Ohne Videoüberwachung habe es keine Möglichkeit gegeben, Beweise zu bekommen, und auf Nachfrage bei den Kündigenden nach dem Täter sei regelmäßig keine Antwort erfolgt.

Wegen weiterer Einzelheiten des Sachverhalts und des Vorbringens der Beteiligten im Übrigen wird auf den Inhalt der Gerichts- und Behördenakten sowie das Protokoll der mündlichen Verhandlung vom 23. Februar 2022 Bezug genommen.
Entscheidungsgründe

Die Klage ist zulässig, jedoch lediglich in geringem Umfang begründet.

1. Die Klage ist als Anfechtungsklage gemäß § 20 Abs. 2 BDSG i.V.m. § 42 Abs. 1 Alt. 1 VwGO statthaft und auch im Übrigen zulässig.

2. Die Klage ist jedoch nur begründet, soweit sie sich gegen Ziffer II des streitgegenständlichen Bescheides wendet. Im Übrigen war sie als unbegründet abzuweisen.

Das Bayerische Landesamt für Datenschutzaufsicht ist richtiger Beklagter gemäß § 20 Abs. 4, Abs. 5 Satz 1 Nr. 2 BDSG.

a) Die Unterlassungsanordnung in Ziffer I des streitgegenständlichen Bescheids ist formell wie materiell rechtmäßig. Es sind keine Verfahrensfehler ersichtlich, insbesondere wurde die Klägerin ordnungsgemäß angehört i.S.d. Art. 28 BayVwVfG (vgl. auch DS-GVO-Erwägungsgrund 129).

Die Untersagungsanordnung beruht als Abhilfemaßnahme auf Art. 58 Abs. 2 DS-GVO. Da es sich um ein Verbot handelt, ist Buchst. f) einschlägig, nicht wie vom Beklagten vorgebracht Buchst. d). Tatbestandsvoraussetzung für die Abhilfemaßnahmen des Art. 58 Abs. 2 DS-GVO ist das Vorliegen eines Verstoßes gegen die DS-GVO (vgl. Nguyen in: Gola, DS-GVO, Art. 58, Rn. 4). Ein solcher Verstoß liegt insbesondere dann vor, wenn Daten ohne entsprechende Rechtsgrundlage verarbeitet werden. Dies war vorliegend der Fall.

(1) Die Videoüberwachung konnte nicht auf eine Einwilligung der Trainierenden gestützt werden. Gemäß Art. 6 Abs. 1 Buchst. a) DS-GVO dürfen personenbezogene Daten verarbeitet werden, wenn die betroffene Person ihre Einwilligung dazu gegeben hat. Eine solche Einwilligung erfordert gemäß Art. 4 Nr. 11 DS-GVO eine freiwillig für den bestimmten Fall, in informierter Weise und unmissverständlich abgegebene Willensbekundung in Form einer Erklärung oder einer sonstigen eindeutigen bestätigenden Handlung, mit der die betroffene Person zu verstehen gibt, dass sie mit der Verarbeitung der sie betreffenden personenbezogenen Daten einverstanden ist. Eine solche eindeutige bestätigende Handlung der Trainierenden kann allerdings nicht in der bloßen Kenntnisnahme der Hinweise auf die Videoüberwachung in den Datenschutzhinweisen und der Hinweisschilder an der Eingangstür gesehen werden, denn gemäß Satz 3 des DS-GVO-Erwägungsgrundes 32 sollen Stillschweigen oder Untätigkeit gerade keine Einwilligung darstellen. Dass die Klägerin anderweitig ein Einverständnis der Trainierenden mit der Videoüberwachung durch eine eindeutig bestätigende Handlung eingefordert hätte, ist weder vorgetragen noch sonst ersichtlich, sodass die Videoüberwachung nicht gemäß Art. 6 Abs. 1 Buchst. a) DS-GVO erlaubt war.

(2) Die Videoüberwachung konnte auch nicht auf vertragliche (Neben-)Pflichten der Klägerin, ihre Kundschaft im vorgetragenen Umfang vor Diebstählen und Übergriffen zu schützen, gestützt werden. Gemäß Art. 6 Abs. 1 Buchst. b) Alt. 1 DS-GVO ist eine Datenverarbeitung rechtmäßig, wenn sie für die Erfüllung eines Vertrags, dessen Vertragspartei die betroffene Person ist, erforderlich ist. Vertragliche Nebenpflichten wie Rücksichtnahme- und Schutzpflichten sind zwar auch von dieser Vorschrift erfasst (Buchner/Petri in: Kühling/Buchner, DS-GVO BDSG, Art. 6, Rn. 33), jedoch ging die streitgegenständliche lückenlose Videoüberwachung über diese Pflichten hinaus. Nach ständiger Rechtsprechung des BGH ist derjenige, der eine Gefahrenlage – wie hier durch den Betrieb eines Fitnessstudios – schafft, grundsätzlich verpflichtet, die notwendigen und zumutbaren Vorkehrungen zu treffen, um eine Schädigung anderer möglichst zu verhindern; umfasst werden hiervon diejenigen Maßnahmen, die ein umsichtiger und verständiger, in vernünftigen Grenzen vorsichtiger Betreiber für notwendig und ausreichend hält, um andere vor Schäden zu bewahren (vgl. BGH NJW 2018, 2956, Rn. 17 m.w.N.). Es muss dabei aber nicht für alle denkbaren Möglichkeiten eines Schadenseintritts vorgesorgt, sondern nur ein Sicherheitsgrad erreicht werden, den die herrschende Verkehrsauffassung im jeweiligen Bereich für erforderlich hält (vgl. BGH NJW 2018, 2956, Rn. 18 m.w.N.).

Inwiefern die Klägerin eine Schutzpflicht treffen soll, die über das Instandhalten der Fitnessgeräte und die Bereitstellung hilfsbereiten Personals und von Spinden o.Ä. hinausgeht, ist nicht nachvollziehbar. Es ist nicht davon auszugehen, dass es der herrschenden Verkehrsanschauung im Fitnessstudiobetrieb entspricht, die Trainierenden durch lückenlose Videoüberwachung vor Übergriffen und Diebstählen zu schützen oder ihnen eine erleichterte Verfolgung solcher Vorkommnisse durch die Videoüberwachung zu ermöglichen.

(3) Schließlich konnten auch nicht die berechtigten Interessen der Klägerin oder der Trainierenden selbst die Videoüberwachung rechtfertigen. Gemäß Art. 6 Abs. 1 Buchst. f) DS-GVO ist eine Datenverarbeitung rechtmäßig, wenn sie zur Wahrung der berechtigten Interessen des Verantwortlichen oder eines Dritten erforderlich ist, sofern nicht die Interessen oder Grundrechte und Grundfreiheiten der betroffenen Person, die den Schutz personenbezogener Daten erfordern, überwiegen […]. Die Klägerin kann zwar berechtigte Interessen im Sinne der Vorschrift geltend machen (hierzu (a)), zu deren Wahrung die Videoüberwachung erforderlich ist (hierzu (b)), jedoch überwiegen die Interessen der Trainierenden, namentlich deren Grundrecht auf informationelle Selbstbestimmung aus Art. 1 Abs. 1 i.V.m. Art. 2 Abs. 1 GG, diese Interessen (hierzu (c)).

(a) Die Klägerin machte als berechtigte Interessen zum einen eigene Interessen (Prävention und Verfolgung von Diebstahl und Sachbeschädigung) und zum anderen Interessen der Trainierenden (Schutz vor Diebstahl und Übergriffen) geltend. Erforderlich, aber auch ausreichend für den Begriff des berechtigten Interesses ist ein „guter Grund“, sprich ein schutzwürdiges und objektiv begründbares Interesse (BVerwG, U. v. 27. März 2019 – 6 C 2/18 – Rn. 25 bei juris (noch zu § 6b Abs. 1 BDSG a.F.)). Die Geltendmachung, Ausübung und Durchsetzung von Rechtsansprüchen (wie Schadensersatzansprüche nach Diebstahl oder Sachbeschädigung) sind berechtigte Interessen (Buchner/Petri in: Kühling/Buchner, DS-GVO BDSG, Art. 6 DS-GVO, Rn. 147). Ebenso kann das Interesse der Trainierenden, von einem Fitnessstudiobetreiber vor Diebstählen und Übergriffen geschützt zu werden, als „berechtigt“ i.S.d. Art. 6 Abs. 1 f) DS-GVO eingeordnet werden, da der Begriff des berechtigten Interesses weit auszulegen ist; eine normative Einschränkung erfolgt erst später im Rahmen der Interessenabwägung (Albers/Veit in: BeckOK Datenschutzrecht, Art. 6, Rn. 50).

(b) Auch die Erforderlichkeit der Videoüberwachung kann noch bejaht werden, da jedenfalls für die Aufklärung von Diebstählen, Sachbeschädigungen und Übergriffen kein anderes, gleich effektives Mittel (vgl. Buchner/Petri in: Kühling/Buchner, DS-GVO BDSG, Art. 6 DS-GVO, Rn. 147a) ersichtlich ist.

(c) Die Interessen der Trainierenden überwiegen jedoch die von der Klägerin vorgebrachten berechtigten Interessen an der Videoüberwachung. Die Trainierenden sind in ihrem Grundrecht auf informationelle Selbstbestimmung als Teil des allgemeinen Persönlichkeitsrechts aus Art. 1 Abs. 1 i.V.m. Art. 2 Abs. 1 GG berührt und zwar in ganz erheblicher Weise. Bei der durchgehenden Videoüberwachung im Fitnessstudio der Klägerin während der gesamten Öffnungszeiten auf allen Trainingsflächen handelt es sich um einen gravierenden Eingriff in dieses Grundrecht aller Trainierenden, mithin einer erheblichen Anzahl von Personen, ohne räumliche oder zeitliche Ausweichmöglichkeit. Schon aufgrund dieser Alternativlosigkeit der Trainierenden überwiegen deren Interessen die der Klägerin. Ihr stehen nämlich durchaus andere, zwar möglicherweise nicht genauso effektive, aber jedenfalls ausreichend effektive Maßnahmen zur Wahrung ihrer Interessen zur Verfügung wie beispielsweise eine Aufstockung des Personals. Die Klägerin kann sich nicht allein darauf berufen, die Videoüberwachung sei gegenüber der Personalaufstockung die wirtschaftlich sinnvollere Alternative (vgl. Buchner/Petri in: Kühling/Buchner, DS-GVO BDSG, Art. 6 DS-GVO, Rn. 147a).

Erschwerend kommt hinzu, dass die Trainierenden nicht mit einer Videoüberwachung im Fitnessstudio rechnen mussten. Bei der Abwägung der beiderseitigen Interessen ist zu berücksichtigen, dass gemäß Satz 4 des DS-GVO-Erwägungsgrundes 47 insbesondere dann, wenn personenbezogene Daten in Situationen verarbeitet werden, in denen eine betroffene Person vernünftigerweise nicht mit einer weiteren Verarbeitung rechnen muss, die Interessen und Grundrechte der betroffenen Person das Interesse des Verantwortlichen überwiegen könnten. Laut den gemäß Art. 70 Abs. 1 Buchst. e) DS-GVO zur Sicherstellung einer einheitlichen Anwendung der DS-GVO erlassenen Leitlinien des Europäischen Datenschutzausschusses (EDSA) ist entscheidendes Kriterium für die Auslegung des Begriffs der vernünftigen Erwartung, ob ein objektiver Dritter vernünftigerweise in der konkreten Situation erwarten kann, dass er überwacht wird (EDSA, Leitlinien 3/2019 zur Verarbeitung personenbezogener Daten durch Videogeräte, Version 2.0, Rn. 36, abgerufen unter edpb_guidelines_201903_video_devices_de.pdf (europa.eu)). Hinweisschilder, die über die Videoüberwachung informieren, sind zur Bestimmung, was eine betroffene Person objektiv in einer bestimmten Situation erwarten kann, unerheblich (EDSA, a.a.O, Rn. 40). In öffentlich zugänglichen Bereichen können betroffene Personen davon ausgehen, dass sie nicht überwacht werden, vor allem, wenn diese Bereiche typischerweise für Freizeitaktivitäten genutzt werden, wie es bei Fitnesseinrichtungen der Fall ist (EDSA, a.a.O., Rn. 38). Da vorliegend nichts dafür spricht, von diesem Grundsatz abzuweichen, führt auch dies zu einem Überwiegen der Interessen der Trainierenden.

Auch bei Betrachtung des Umfangs der der Klägerin entstandenen Schäden ist keine andere Gewichtung der Interessen geboten. Nach den Angaben der Klägerin in der mündlichen Verhandlung belaufen sich die Diebstähle auf circa zehn Fälle jährlich und die Sachbeschädigungen auf circa 10.000 EUR bis 15.000 EUR jährlich, während die Einnahmen beispielhaft im Jahr 2019 200.000 EUR betrugen. Die finanziellen Einbußen der Klägerin halten sich daher in einem Rahmen, der in keinem Verhältnis zu einer lückenlosen Videoüberwachung der Trainierenden steht. Wenn die Klägerin darüber hinaus in der mündlichen Verhandlung ausführt, dass hinsichtlich der Kleingeräte keinerlei Diebstahlsicherungen sinnvoll umsetzbar sind, muss letztlich aus unternehmerischer Sicht hingenommen werden, dass nicht jegliche finanziellen Risiken abgewendet werden können, ganz besonders nicht auf Kosten der informationellen Selbstbestimmung der gesamten Kundschaft.

Auch die berechtigten Interessen der Trainierenden selbst, die die Klägerin ebenfalls geltend macht, begründen kein anderes Abwägungsergebnis. Zwar mag die Videoüberwachung für manche eher ein willkommenes Gefühl der Sicherheit als einen unangenehmen Anpassungsdruck auslösen. Die Risiken der Aufklärbarkeit eines Diebstahls oder Übergriffs liegen aber primär im Verantwortungsbereich der Trainierenden selbst, nicht dem der Klägerin. Wer das Smartphone nicht in den Spind sperrt, ist sich regelmäßig der so erleichterten Möglichkeit eines Diebstahls im Trainingsraum im Fitnessstudio bewusst. Auch dass die Aufklärung von Straftaten in einem verhältnismäßig engen Raum unter vielen sich fremden Menschen erschwert ist, dürfte den Trainierenden als Teil des allgemeinen Lebensrisikos bewusst sein. Es liegt in der Hand der Trainierenden selbst, dieses Risiko bei Bedarf zu minimieren, indem beispielsweise Trainingsgeräte in der Nähe der Empfangstheke gewählt werden oder zu zweit oder zu einer „risikoärmeren“ Uhrzeit trainiert wird. Das Interesse der Trainierenden, vor diesem allgemeinen Lebensrisiko durch die Klägerin mittels Videoüberwachung geschützt zu werden, wiegt nicht so schwer, wie das Interesse daran, im Fitnessstudio überwachungsfrei trainieren zu können.

Das Gericht sieht hier auch keine Vergleichbarkeit mit dem Einzelhandel, da dort zum einen ein deutlich geringerer Eingriff in das allgemeine Persönlichkeitsrecht vorliegt (regelmäßig kürzerer Aufenthalt und auch weniger private Tätigkeit als im Fitnessstudio), zum anderen aber das Diebstahlrisiko und die Aufklärungsschwierigkeiten noch höher sein dürften durch den schnelleren Kundenwechsel, die höhere Zahl an kleinen Gegenständen und die leichteren Verstauungsmöglichkeiten beispielsweise in Jacken- und Hosentaschen.

Da somit mangels Rechtsgrundlage für die Datenverarbeitung mittels Videoüberwachung ein datenschutzrechtlicher Verstoß gegeben war, durfte die Beklagte eine Abhilfemaßnahme nach Art. 58 Abs. 2 DS-GVO ergreifen. Der Aufsichtsbehörde steht bezüglich der Wahl der konkreten Abhilfemaßnahme ein Ermessen zu (vgl. dazu DS-GVO-EG 129), welches gerichtlich nur eingeschränkt überprüfbar ist, § 20 Abs. 2 BDSG i.V.m. § 114 VwGO. Vorliegend sind Ermessensfehler hinsichtlich der Untersagungsanordnung weder vorgetragen noch sonst ersichtlich.

Die Untersagungsanordnung war auch verhältnismäßig (vgl. DS-GVO-Erwägungsgrund 129), insbesondere ist kein milderes, gleich effektives Mittel zur Herstellung des Einklangs mit der DS-GVO ersichtlich. Da die gesamte Trainingsfläche lückenlos überwacht wurde, könnte eine (nachträgliche) Einwilligung i.S.d. Art. 6 Abs. 1 Buchst. a) DS-GVO mangels Freiwilligkeit und Widerruflichkeit i.S.d. Art. 7 DS-GVO nicht wirksam eingeholt werden. Eine mögliche Anordnung des Beklagten nach Art. 58 Abs. 2 Buchst. d) DS-GVO, die Videoüberwachung wirksam zum Bestandteil des Vertrags mit den Trainierenden zu machen (statt des bloßen Hinweises in den Datenschutzhinweisen), erscheint zum einen schon mit Blick auf die zivilrechtlichen Vorschriften zur AGB-Kontrolle problematisch (vgl. dazu LG Koblenz BeckRS 2014, 1243) und hätte zum anderen einen erheblichen Eingriff in die Privatautonomie der Klägerin und somit auch kein milderes Mittel dargestellt. Das Verbot der Videoüberwachung war daher als ultima ratio erforderlich. Das Verbot war auch angemessen, denn das öffentliche Interesse an der Herstellung eines datenschutzkonformen Zustands im Fitnessstudio der Klägerin überwiegt das Interesse der Klägerin an der Videoüberwachung, da ein schwerwiegender Eingriff in das Persönlichkeitsrecht der Trainierenden vorlag (siehe hierzu auch die Ausführungen oben zu Art. 6 Abs. 1 Buchst. f) DS-GVO).

b) Die Mitteilungsanordnung in Ziffer II des streitgegenständlichen Bescheids ist demgegenüber materiell rechtswidrig und daher aufzuheben, denn der streitgegenständliche Bescheid enthält bezüglich seiner Ziffer II keinerlei Begründung i.S.d. Art. 39 BayVwVfG (vgl. auch DS-GVO-Erwägungsgrund 129) oder Ermessenserwägungen. An diesem Ermessensausfall konnte auch der Schriftsatz des Beklagten vom 31. Januar 2022 nichts ändern.

Die fehlende Begründung der Ziffer II stellte zunächst einen Formfehler dar, der aber durch die Ausführungen des Beklagten im Schriftsatz vom 31. Januar 2022 gemäß Art. 45 Abs. 1 Nr. 2, Abs. 2 BayVwVfG geheilt werden konnte, sodass Ziffer II formell rechtmäßig war.

Als Rechtsgrundlage für Ziffer II wurde in diesem Schreiben vom 31. Januar 2022 Art. 58 Abs. 1 Buchst. a) DS-GVO genannt. Hinsichtlich der Wahl der im Einzelfall anzuwendenden Untersuchungsbefugnis des Abs. 1 des Art. 58 DS-GVO steht der Aufsichtsbehörde ein Auswahlermessen zu (vgl. DS-GVO-Erwägungsgrund 129), welches gerichtlich nur eingeschränkt überprüfbar ist gemäß § 20 Abs. 2 BDSG i.V.m. § 114 Satz 1 VwGO. Der streitgegenständliche Bescheid enthält jedoch keine Ausführungen, aus denen ersichtlich wäre, dass der Beklagte dieses Ermessen bezüglich Ziffer II des Bescheids erkannt und ausgeübt hat. Dies allein stellt schon ein starkes Indiz für einen materiellen Ermessensausfall dar (BayVGH NVwZ-RR 2008, 787 (787 f.); Stelkens in: Stelkens/Bonk/Sachs, VwVfG, § 39, Rn. 28 m.w.N.).

Es können auch nicht die zur Untersagungsanordnung in Ziffer I des Bescheids angestellten Ermessenserwägungen auf Ziffer II übertragen werden, da sich diese in keiner Weise mit der Art und Weise, wie die Umsetzung der Untersagung überprüft werden könnte, auseinandersetzen (vgl. zur Übertragung von Ermessenserwägungen BVerwG NVwZ 2007, 470 (471)). Insgesamt ist schlicht nicht erkennbar, dass bei der Wahl der passenden Untersuchungsbefugnis zur Kontrolle der Umsetzung der Untersagungsanordnung die notwendige Abwägung zwischen den öffentlichen Interessen und den privaten Interessen der Klägerin stattgefunden hat. Auch das nachträgliche Vorbringen des Beklagten im Schriftsatz vom 31. Januar 2022 konnte diesbezüglich nicht berücksichtigt werden, denn § 114 Satz 2 VwGO ermöglicht lediglich die Ergänzung defizitärer Ermessenserwägungen, nicht aber die nachträgliche erstmalige Ausübung (BVerwG NVwZ 2007, 470 (471)). Nach alldem lag ein Ermessensausfall vor.

Ziffer II des streitgegenständlichen Bescheids war daher wegen des Ermessensausfalls rechtswidrig. Insoweit war die Klägerin als Adressatin des belastenden Verwaltungsakts auch in ihrem Recht auf wirtschaftliche Handlungsfreiheit aus Art. 2 Abs. 1 i.V.m. Art. 19 Abs. 3 GG verletzt, sodass Ziffer II gemäß § 113 Abs. 1 Satz 1 VwGO aufzuheben war.

c) Die formell rechtmäßige Zwangsgeldandrohung in Ziffer III des streitgegenständlichen Bescheids ist auch materiell rechtmäßig, insbesondere wurde wirksam eine Frist i.S.d. Art. 36 Abs. 1 Satz 2 VwZVG gesetzt. Zwar setzt Ziffer III nach ihrem Wortlaut selbst keine entsprechende Frist, jedoch enthält die Begründung zur Ziffer III auf Seite 4 des streitgegenständlichen Bescheids eindeutig die vom Beklagten beabsichtigte Frist, nämlich zwei Wochen nach Bestandskraft des Bescheids. Da die Begründung zur Bestimmung des Regelungsinhalts eines Verwaltungsakts zu Hilfe zu nehmen ist (Stelkens in: Stelkens/Bonk/Sachs, Verwaltungsverfahrensgesetz, Art. 35, Rn. 76), ist vorliegend eine Frist i.S.d. Art. 36 Abs. 1 Satz 2 VwZVG ordnungsgemäß gesetzt worden. Auch die Bestimmtheit gemäß Art. 37 BayVwVfG ist dabei gewahrt (vgl. hierzu Stelkens in: Stelkens/Bonk/Sachs, Verwaltungsverfahrensgesetz, Art. 39, Rn. 26).

d) Die Festsetzung von Gebühr und Auslagen in Ziffern V und VI findet ihre Rechtsgrundlage in Art. 19 Abs. 6 Satz 1 BayDSG i.V.m. Art. 1, Art. 2, Art. 6 Abs. 1 Sätze 2 und 3, Abs. 2 KG und ist nicht zu beanstanden.

3. Die Kostenfestsetzung beruht auf § 155 Abs. 1 Satz 3 VwGO, denn der Beklagte ist nur hinsichtlich Ziffer II, mithin eines geringen Teils unterlegen. Der Ausspruch über die vorläufige Vollstreckbarkeit beruht auf § 167 Abs. 2, Abs. 1 Satz 1 VwGO i.V.m. § 708 Nr. 11, § 711 ZPO.

4. Die Berufung war gemäß § 124a Abs. 1 i.V.m. § 124 Abs. 2 Nr. 3 VwGO zuzulassen, da die Rechtssache im Hinblick darauf, dass die Frage der Zulässigkeit einer Videoüberwachung im Fitnessstudio nach der DS-GVO in der Rechtsprechung noch nicht geklärt ist, grundsätzliche Bedeutung hat.

 

 

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