Zum Persönlichkeitsrecht von Promi-Kindern

05. Oktober 2017
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Fotograf macht heimliche Aufnahme aus dem Auto mit seiner Kamera Urteil des LG Frankfurt a.M. vom. 27.04.2017, Az.: 2-03 O 214/16

Die Tochter eines weltbekannten Sportlers willigt durch ihre Teilnahme an einem Reitturnier nicht in die Veröffentlichung privater Fotos ein. Ihr Persönlichkeitsrecht wird in unzulässiger Weise beeinträchtigt, wenn der Bericht über das Turnier lediglich als Vorwand genutzt wird, um in Wahrheit über die familiäre Situation zu berichten sowie alte Privatfotos zu veröffentlichen. Eine diesbezüglich ehemals von den Eltern erklärte Einwilligung ist ferner unbeachtlich, wenn die Tochter mittlerweile selbst volljährig ist und deren Publikation ablehnt.

Landgericht Frankfurt am Main

Urteil vom 27.04.2017

Az.: 2-03 O 214/16

 

Tenor

I.

Die Beklagte wird verurteilt, es bei Meidung von Ordnungsgeld bis zu EUR 250.000, ersatzweise Ordnungshaft, oder nur Ordnungshaft bis zu sechs Monaten, – die Ordnungshaft zu vollstrecken an der Geschäftsführung -, für jeden Fall der Zuwiderhandlung, zu unterlassen,

die nachfolgend aufgebrachten Bildnisse

zu veröffentlichen/veröffentlichen zu lassen und/oder zu verbreiten/verbreiten zu lassen,

so wie es in der Illustrierten „P“ vom 25.02.2016 auf den Seiten 1, 18 und 19 unter der Überschrift „C…: Ihr neues Glück“ geschehen ist.

II.

Die Beklagte wird verurteilt, an die Klägerin einen Betrag in Höhe von 775,95 EUR nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz p. a. seit dem 16.08.2016 zu zahlen.

III.

Die Kosten des Rechtsstreits hat die Beklagte zu tragen.

IV.

Das Urteil ist hinsichtlich des Ausspruchs zu I. gegen Sicherheitsleistung in Höhe von € 50.000,-, im Übrigen in Höhe von 110% des jeweils zu vollstreckenden Betrages vorläufig vollstreckbar.

Tatbestand

Die Parteien streiten um presserechtliche Ansprüche wegen der Verwendung von Bildnissen in einer Berichterstattung.

Die Klägerin ist die 19-jährige Tochter des ehemaligen Formel-1 -Rennfahrers M. Sie reitet Western, in der Spezialdisziplin des Reining, und hat insoweit bereits Preise gewonnen. Die Beklagte ist eine Verlagsgruppe, die u.a. die Illustrierte „P“ vertreibt.

In der Ausgabe der „P“ vom 25.02.2016 veröffentlichte die Beklagte einen Artikel mit der Überschrift „C: Ihr neues Glück“. Der Beitrag wird mit einem Bild auf der Titelseite und der Unterschrift „C: Ihr neues Glück! Alle Fotos“ angekündigt und ist mit verschiedenen Bildern illustriert, die überwiegend die Klägerin mit ihrer Mutter, aber zusätzlich auch mit ihrer Großmutter zeigen (Anlage K1, Bl. 10 ff. d.A.). Diese Bilder sind auf dem Gelände des Reitturniers „R“ in R, einem internationalen Reitturnier, entstanden, während die Klägerin, ihre Mutter und Großmutter das Gelände überquerten und dabei ein Gespräch führten. Ein weiteres, mehrere Jahre altes Bild zeigt die Klägerin als Kleinkind zwischen ihrer Mutter und Großmutter während eines Benefiz-Fußballspiels in Monte Carlo, an dem auch der Vater der Klägerin teilnahm. Darüber hinaus enthält die Berichterstattung zwei – hier nicht streitgegenständliche – Bilder, die die Klägerin jeweils mit Pferd und auf das Reitturnier bezogenen Bildunterschriften zeigen. Inhaltlich befasst sich der Artikel hauptsächlich mit der aktuellen familiären Situation vor dem Hintergrund des Skiunfalls von M im Dezember 2013. Wegen des weiteren Inhalts der Berichterstattung wird auf Anlage K1, Bl. 10 ff. d.A. Bezug genommen.

Gegenstand anderer Berichterstattung vor der hier streitgegenständlichen war auch der Gesundheitszustand des Vaters der Klägerin. Die Familie selbst bedankte sich mehrmals öffentlich für die weltweite Anteilnahme, welche ihr nach dem Unfall zuteil wurde.

In der Vergangenheit wurden mehrfach mit Einverständnis der Eltern Bilder von der damals noch minderjährigen Klägerin veröffentlicht und TV-Interviews geführt, in der der Vater der Klägerin sein Familienleben thematisierte (Anlage B1, Bl. 65 ff. d.A.).

Die Klägerin ließ die Beklagte mit anwaltlichem Schreiben vom 04.03.2016 erfolglos abmahnen und zur Abgabe einer strafbewehrten Unterlassungserklärung auffordern.

Die Klägerin behauptet, sie sei weder in Bild, noch durch Stellungnahmen zu privaten Belangen öffentlich in Erscheinung getreten und wende sich in zahlreichen Rechtsstreitigkeiten gegen etwaige Persönlichkeitsrechtsverletzungen. Die Bilder seien aus einiger Entfernung mit einem Teleobjektiv gefertigt worden.

Die Klägerin ist der Auffassung, die Bildberichterstattung sei unzulässig. Eine Einwilligung liege nicht vor. Die Berichterstattung sei auch nicht nach § 23 Abs. 1 KUG zulässig. Die Bilder besäßen nur einen geringen Informationswert. Auch im Zusammenhang mit dem Gesamtkontext des Artikels werde kein zeitgeschichtliches Ereignis ernsthaft und sachbezogen erörtert. Die Berichterstattung stelle keinen Beitrag zur öffentlichen Meinungsbildung dar.

Die Berichterstattung betreffe nicht die Sportkarriere der Klägerin. Es fehle an jeglicher Konkretisierung des Reitturniers, um diesen als Gegenstand der Berichterstattung ansehen zu können. Viel eher habe die Beklagte in der Absicht gehandelt, einen Anlass zu schaffen, um private Bildnisse der Klägerin zu veröffentlichen und so die Neugier der Leser am Privatleben der Familie S befriedigen zu können. Dies folge auch aus der äußeren Darstellung des Artikels, der durch die unangemessene Größe der Bildnisse und eine reißerische Schlagzeile maßgeblich geprägt sei.

Die Klägerin sei nicht als Person von zeitgeschichtlicher Bedeutung anzusehen. Das öffentliche Interesse an der Klägerin als Sportlerin trete hinter dem öffentlichen Interesse an ihrer familiären Herkunft zurück. Die frühere Veröffentlichung diverser Kinderbilder mit dem Einverständnis ihrer Eltern könne ihr nicht zugerechnet werden.

Die Klägerin habe in der aus den Bildern ersichtlichen Situation nicht damit rechnen müssen, in einer privaten Situation der vertraulichen Kommunikation zwischen Mutter und Kind fotografiert zu werden. Dem stehe auch nicht entgegen, dass die Bilder im Kontext des Reitturniers aufgenommen wurden, da es sich nicht um Bilder der Klägerin in ihrer offiziellen Turnierrolle handele. Zudem seien private Momente auch im öffentlichen Raum besonders schutzwürdig.

Ein berechtigtes Informationsinteresse der Öffentlichkeit ergebe sich auch nicht aus dem Umgang der Familie mit dem Schicksal des prominenten Vaters der Klägerin. Dieses sei nicht mehr als „aktuelles“ zeitgeschichtliches Ereignis einzuordnen. Weiter seien insoweit Aspekte der innersten Gedanken- und Gefühlswelt der Klägerin betroffen, die der Intimsphäre zuzuordnen seien.

Mit der Veröffentlichung des Bildes, das die Klägerin als Kleinkind zeigt, habe die Klägerin nicht mehr rechnen müssen. Zudem handele es sich bei Kinderbildern um besonders sensible Abbildungen, die generell eine höhere Schutzwürdigkeit genössen.

Die Klägerin beantragt mit ihrer am 15.08.2016 zugestellten Klage,

I.

die Beklagte zu verurteilen, es bei Meidung von Ordnungsgeld bis zu EUR 250.000, ersatzweise Ordnungshaft, oder nur Ordnungshaft bis zu sechs Monaten, – die Ordnungshaft zu vollstrecken an der Geschäftsführung -, für jeden Fall der Zuwiderhandlung, zu unterlassen,

die nachfolgend aufgebrachten Bildnisse

zu veröffentlichen/veröffentlichen zu lassen und/oder zu verbreiten/verbreiten zu lassen,

so wie es in der Illustrierten „P“ vom 25.02.2016 auf den Seiten 1, 18 und 19 unter der Überschrift „C: Ihr neues Glück“ geschehen ist,

II.

die Beklagte zu verurteilen, an die Klägerin einen Betrag in Höhe von 775,95 EUR nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz p. a. seit Rechtshängigkeit zu zahlen.

Die Beklagte beantragt,

die Klage abzuweisen.

Die Beklagte ist der Auffassung, die Bildberichterstattung sei zulässig. Die Klägerin habe durch den Besuch des öffentlichen Reitturniers konkludent in die Fertigung von Aufnahmen eingewilligt.

Es handele sich um Bildnisse aus dem Bereich der Zeitgeschichte. Es bestehe ein öffentliches Interesse an der konkreten Bildberichterstattung.

Das Reitturnier sei ein zeitgeschichtliches Ereignis, über das zulässigerweise berichtet worden sei. Auch sei ein hinreichender Bezug zu dem Reitturnier hergestellt worden. Es sei generell zulässig, über das Auftreten prominenter Personen und ihrer Familien an öffentlichen Veranstaltungen in Wort und Bild zu berichten.

Ein Informationsinteresse bestehe im Gesamtkontext der Berichterstattung auch hinsichtlich der Frage, wie die Familie S mit ihrem Schicksalsschlag umgehe. Anlass sei die kurz vor der Veröffentlichung des Artikels in den Medien aufgekommene Frage nach dem Gesundheitszustand von M. Das Verhalten der Klägerin und ihrer Mutter trage im Sinne einer Leitbildfunktion zur öffentlichen Meinungsbildung bei.

Am Vater der Klägerin bestehe ein erhebliches öffentliches Interesse, das sich auch auf die Klägerin erstrecke. Durch die Berichterstattung über Kinder aus prominenten Familien könne aufgezeigt werden, welche Türen für privilegierte junge Menschen offenstehen. Insoweit könne zum sozialkritischen Denken angeregt werden.

Es bestehe aber auch schon ein unmittelbares Interesse an der Person der Klägerin selbst. Die Klägerin sei aus dem Schatten ihrer Eltern getreten und als erfolgreiche Westernreiterin selbst in den Blickpunkt der Öffentlichkeit gelangt.

Die Verwendung des Kleinkindfotos der Klägerin sei zulässig, da es sich auch dabei um den Besuch einer öffentlichen Sportveranstaltung einer prominenten Familie handele. Das Bild werde kontextgerecht genutzt.

Die Beklagte ist weiter der Auffassung, dass die geltend gemachten Abmahnkosten unangemessen hoch seien, da vier von fünf der betroffenen Fotos den identischen Vorgang beträfen.

Wegen der weiteren Einzelheiten wird ergänzend auf die zwischen den Parteien gewechselten Schriftsätze nebst Anlagen sowie den sonstigen Akteninhalt Bezug genommen.

Entscheidungsgründe

Die Klage ist begründet.

1. Die Klägerin kann von der Beklagten die Unterlassung der weiteren Veröffentlichung der streitgegenständlichen Bildnisse aus den §§ 823, 1004 BGB, 22 f. KUG verlangen.

Die Zulässigkeit von Bildveröffentlichungen ist nach dem abgestuften Schutzkonzept der §§ 22, 23 KUG zu beurteilen (BGH GRUR 2007, 527 [BGH 06.03.2007 – VI ZR 51/06] – Winterurlaub m.w.N.). Danach dürfen Bildnisse einer Person grundsätzlich nur mit ihrer Einwilligung verbreitet werden (§ 22 S. 1 KUG). Hiervon besteht allerdings gemäß § 23 Abs. 1 Nr. 1 KUG eine Ausnahme, wenn es sich um Bildnisse aus dem Bereich der Zeitgeschichte handelt. Diese Ausnahme gilt aber nicht für eine Verbreitung, durch die berechtigte Interessen des Abgebildeten gemäß § 23 Abs. 2 KUG verletzt werden (BGH GRUR 2013, 1065 Rn. 10 [BGH 28.05.2013 – VI ZR 125/12] – Eisprinzessin Alexandra).

Entgegen der Auffassung der Beklagten liegt eine konkludente Einwilligung der Klägerin gemäß § 22 S. 1 KUG nicht vor. Nur aus ihrer Teilnahme an dem Reitturnier ist nicht auf eine konkludente Einwilligung zu schließen. Handlungen der Klägerin, aus denen der Fotograf auf eine solche Einwilligung hätte schließen können, sind auch nicht dargetan (vgl. BGH NJW 2012, 762 [BGH 18.10.2011 – VI ZR 5/10] – Besuch einer Vernissage).

Schon die Beurteilung, ob Abbildungen Bildnisse aus dem Bereich der Zeitgeschichte im Sinne von § 23 Abs. 1 Nr. 1 KUG sind, erfordert eine Abwägung zwischen den Rechten des Abgebildeten aus Art. 1 Abs. 1, 2 Abs. 1 GG, 8 Abs. 1 EMRK einerseits und den Rechten der Presse aus Art. 5 Abs. 1 GG, Art. 10 Abs. 1 EMRK andererseits. Der für die Frage, ob es sich um ein Bildnis aus dem Bereich der Zeitgeschichte handelt, maßgebende Begriff des Zeitgeschehens umfasst alle Fragen von allgemeinem gesellschaftlichem Interesse. Dazu können neben politischen und gesellschaftlichen Ereignissen auch Sportveranstaltungen gehören, und zwar auch dann, wenn sie nur regionale Bedeutung haben. Ein Informationsinteresse besteht allerdings nicht schrankenlos, vielmehr wird der Einbruch in die persönliche Sphäre des Abgebildeten durch den Grundsatz der Verhältnismäßigkeit begrenzt (BGH GRUR 2013, 1065 Rn. 12 [BGH 28.05.2013 – VI ZR 125/12] – Eisprinzessin Alexandra; BGH GRUR 2008, 1024 [BGH 01.07.2008 – VI ZR 243/06] – Shopping mit Putzfrau auf Mallorca).

Gerade bei unterhaltenden Inhalten bedarf es in besonderem Maß einer abwägenden Berücksichtigung der kollidierenden Rechtspositionen. Die Belange der Medien sind dabei in einen möglichst schonenden Ausgleich zum Persönlichkeitsschutz des von einer Berichterstattung Betroffenen zu bringen, insbesondere zum Schutz des Kernbereichs der Privatsphäre, der in Form der Gewährleistung des Rechts am eigenen Bild sowie der Garantie der Privatsphäre teilweise auch verfassungsrechtlich fundiert ist. Für die Abwägung ist von maßgeblicher Bedeutung, ob die Medien im konkreten Fall eine Angelegenheit von öffentlichem Interesse ernsthaft und sachbezogen erörtern, damit den Informationsanspruch des Publikums erfüllen und zur Bildung der öffentlichen Meinung beitragen oder ob sie – ohne Bezug zu einem zeitgeschichtlichen Ereignis – lediglich die Neugier der Leser oder Zuschauer nach privaten Angelegenheiten prominenter Personen befriedigen. Der Informationsgehalt einer Bildberichterstattung ist im Gesamtkontext, in den das Personenbildnis gestellt ist, zu ermitteln, insbesondere unter Berücksichtigung der zugehörigen Textberichterstattung (BGH GRUR 2013, 1065 Rn. 13 [BGH 28.05.2013 – VI ZR 125/12] – Eisprinzessin Alexandra m.w.N.).

a. In Anwendung dieser Grundsätze verletzt zunächst die Veröffentlichung der die Klägerin beim Reitturnier in R zeigenden Bilder (Antrag zu I., Bildnisse 1., 3.-5.) das allgemeine Persönlichkeitsrecht der Klägerin in unzulässiger Weise.

Der angegriffene Beitrag wird den oben dargestellten Anforderungen nicht gerecht. Insoweit kann das Reitturnier, anlässlich dessen die Klägerin abgebildet wurde, zwar grundsätzlich als ein zeitgeschichtliches Ereignis angesehen werden, das auch eine Bildberichterstattung rechtfertigen kann. Dies gilt hier ohne Weiteres aber nur für die Bilder, die die Klägerin bei der Reitveranstaltung selbst bei bzw. auf ihrem Pferd zeigen und die hier nicht streitgegenständlich sind.

aa.

Für die übrigen, hier streitgegenständlichen, Bildnisse ist das Reitturnier hingegen kein hinreichender zeitgeschichtlicher Anlass. Dabei wird insbesondere ein hinreichend konkreter Bezug im Sinne einer ernsthaften und sachbezogenen Berichterstattung zum Reitturnier – auch unter Berücksichtigung des Gesamtkontexts inklusive der Textberichterstattung – nicht hergestellt. Die insoweit erforderliche Abwägung der beiderseitigen Interessen fällt zu Lasten der Beklagten aus.

Der streitgegenständliche Beitrag erörtert aus Sicht des Durchschnittslesers nicht das Verhalten oder die Erfolge der Klägerin im Zusammenhang mit dem Reitturnier, an dem die Klägerin teilgenommen hat. Der Beitrag wird – mit einem Bild der Klägerin und ihrer Familie – auf der Titelseite ohne jeden Bezug zum Reitturnier angekündigt (Anlage K1, Bl. 10 d.A.). Die Berichterstattung wendet sich auf den Seiten 18 und 19 sodann auch nicht dem aus Sicht der Beklagten die Berichterstattung rechtfertigenden Reitturnier zu, sondern zeigt die Klägerin unter der Überschrift „C: Ihr neues Glück“ und verweist darauf, dass sich die Familie S „ganz vertraut“ zeige. Auf S. 19 wird als Bildunterschrift lediglich erwähnt, dass das Bildnis auf dem „Gelände eines Reitturniers in R“ entstanden sei. Auch der weitere Text der Berichterstattung befasst sich zunächst allein mit dem Unfall des Vaters der Klägerin und dem Umstand, dass die Familie S sich zurückgezogen hatte. Ein Bezug zum Reitturnier wird im Text nur dadurch hergestellt, dass berichtet wird, dass die Mutter der Klägerin ihre Tochter zu einem Reitturnier begleitet habe und „locker über das Turniergelände [ge]bummel[t]“ sei (Anlage K1, Bl. 12 d.A.). Die Kammer hat weiter berücksichtigt, dass auf S. 19 der Publikation der Beklagten zwei Bilder der Klägerin enthalten sind, die sie mit Pferd zeigen und die Beschriftungen „Erfolgreich: G gewann beim Turnier mit ihrem Pferd G“ und „G beim Westernreiten am vergangenen Wochenende in Italien“ tragen. Sodann ist ein weiteres Bild der Mutter der Klägerin enthalten, das die Mutter Klägerin auf der Tribüne zeigen soll. Allein in diesen Bildunterschriften wird überhaupt ein konkreter Bezug zum Reitturnier, an dem die Klägerin unstreitig teilgenommen hat, hergestellt. Die Bildunterschriften enthalten diesbezüglich auch Informationen zum Turnier und dem Erfolg der Klägerin. Sie stehen aber aus Sicht des Durchschnittslesers in keinem erkennbaren Bezug zur übrigen Berichterstattung und auch nicht zu den hier angegriffenen Bildnissen. Aus Sicht des Durchschnittslesers unter Berücksichtigung des Gesamtkontexts der Berichterstattung inklusive aller Bildnisse und aller Bildunterschriften ist Gegenstand der ernsthaften und sachbezogenen Erörterung nicht, dass die Klägerin an einem Turnier teilgenommen hat und dabei von Mutter und Großmutter begleitet wurde, sondern allein, dass die Klägerin mit ihrer Familie in der Öffentlichkeit zu sehen war. Dieser Umstand, dass die Klägerin in der Öffentlichkeit zu sehen ist, stellt aber kein hinreichendes zeitgeschichtliches Ereignis dar.

Insoweit hat die Kammer auch eingestellt, dass die Klägerin sich auf den streitgegenständlichen Bildnissen zwar in der Öffentlichkeit, nämlich auf dem Gelände des Reitturniers, bewegt hat und daher nicht in räumlicher Abgeschiedenheit aufgetreten ist. Allerdings ist auf den – auch den in Anlagenkonvolut B10, Bl. 185 ff. d.A. vorgelegten – Bildnissen zu erkennen, dass die Klägerin und ihre Familie in gewissem Abstand von anderen Personen und für sich über das Gelände schreiten. Die Beklagte selbst beschreibt die Bilder für den Durchschnittsleser als einen „vertrauten“ Moment, in dem die Klägerin locker und gelöst sei. Die Beklagte misst den Bildnissen ausweislich der Berichterstattung daher selbst die Aufgabe zu, den Durchschnittsleser an vertrauten Momenten in lockerer und gelöster Stimmung teilhaben zu lassen.

Entgegen der Auffassung der Beklagten steht die Klägerin auch – über ihre Rolle als Mitglied der Familie S – nicht derart im Blickpunkt des öffentlichen Interesses, dass ihr Interesse daran, in solchen „vertrauten“ Momenten nicht im Blickpunkt der Medien zu stehen, zurücktreten müsste. Die Klägerin ist im Wesentlichen, das räumt auch die Beklagte ein, über ihre Familie bekannt geworden. Dies begründet zwar ein gewisses Interesse der Öffentlichkeit auch an Umständen, die eher den privaten Bereich der Klägerin betreffen. Die Prominenz der Klägerin ist jedoch nicht mit derjenigen ihres Vaters oder hochrangigen Politikern zu vergleichen. Etwas anderes gilt auch nicht aufgrund der sportlichen Erfolge der Klägerin. Zwar ist unbestritten, dass die Klägerin im Reining sportlich erfolgreich ist, wobei auch die Beklagte vorträgt, dass die Klägerin derzeit „nur“ als „Talent“ gilt. Diese Sportart steht jedoch nicht derart im Blickpunkt der Öffentlichkeit, dass die Erfolge der Klägerin die angegriffene Berichterstattung rechtfertigen könnten. Vielmehr rührt das öffentliche Interesse noch immer hauptsächlich aus der Zugehörigkeit der Klägerin zur Familie S her, was sich auch aus der Berichterstattung der Beklagten ergibt, die nicht mit der Klägerin beginnt, sondern mit ihren Eltern (S. 18: „Ms Ehefrau …“, „C schaut mit ihrer Tochter G …“; S. 19: „bummelt C mit ihrer Tochter …“; S. 20: „Sie zeigen Ms Ehefrau C mit ihrer Tochter G …, „Nachdem der frühere Formel-1-Star M …“).

Die Kammer hat weiter die Auffassung der Beklagten berücksichtigt, dass die Bildberichterstattung die Klägerin nur in geringem Umfang beeinträchtigen würde.

Soweit die Beklagte sich auf die BGH-Entscheidung „Eisprinzessin Alexandra“ bezogen hat, verhilft auch das ihrem Ansinnen nicht zum Erfolg. Denn in der dortigen Berichterstattung ging es – worauf die Klägerin zu Recht hinweist – um Bildnisse, die die dortige Klägerin in der unmittelbaren Ausübung bei der Sportveranstaltung, nämlich auf dem Eis zeigten. Dies ist vorliegend vergleichbar nur mit den Bildnissen, die die Klägerin mit Pferd zeigen. Diese sind hier aber nicht streitgegenständlich.

bb.

Die Berichterstattung ist auch nicht aus dem Grunde als zulässig anzusehen, weil sie sachbezogen und ernsthaft die Frage des Verhaltens der Klägerin als aufgrund ihrer Zugehörigkeit zur Familie S privilegierte Person erörtert. Insoweit beruft sich die Beklagte darauf, dass in der Rechtsprechung des BGH die Berichterstattung über das Verhalten der „Jungsociety“ bei einer Vernissage oder bei einem Ball als zulässig erachtet wurde (BGH NJW 2012, 762 [BGH 18.10.2011 – VI ZR 5/10] – Besuch einer Vernissage; BGH GRUR 2011, 259 [BGH 26.10.2010 – VI ZR 190/08] – Rosenball in Monaco). Der Beklagten ist zuzustimmen, dass an der (Bild-)Berichterstattung über solche Umstände, die die Kinder von Prominenten und ihr Verhalten in der Öffentlichkeit zeigen, ein öffentliches Interesse bestehen kann. In den angeführten Entscheidungen des BGH lag aber jeweils ein hinreichend konkreter, ernsthafter Bezug zu diesem, die Öffentlichkeit berührenden Gesichtspunkt vor.

Dies trifft auf die vorliegende Berichterstattung jedoch nicht zu. Die Berichterstattung der Beklagten wendet sich aus Sicht des Durchschnittslesers hauptsächlich dem Umstand zu, dass die Klägerin und ihre Familie wieder in der Öffentlichkeit zu sehen sind und wie sie mit dem mittlerweile mehrere Jahre zurückliegenden Unfall des Familienvaters umgehen. Die Berichterstattung enthält jedoch keinerlei Anhaltspunkte dafür, dass der Durchschnittsleser zu einem Nachdenken über die Umstände und die Folgen der Privilegierung der Klägerin angehalten werden soll. Von einer ernsthaften, sachbezogenen Erörterung dieses Umstandes kann daher nicht ausgegangen werden.

b. Auch die Veröffentlichung des Bildnisses, das die Klägerin als Kleinkind zeigt, stellt sich als unzulässig dar. Insoweit wird zunächst auf die obigen Ausführungen verwiesen. Denn auch bezüglich des Bildnisses Nr. 2 ist ein hinreichend konkreter Sachbezug nicht zu erkennen. Allein der Umstand, dass das Bildnis wie die übrigen – in unzulässiger Weise verwendeten (siehe oben) – Bildnisse bei einer Sportveranstaltung entstanden ist, rechtfertigt nicht die Verwendung in der vorliegenden Berichterstattung. Über die oben zum zeitgeschichtlichen Ereignis dargestellten Gesichtspunkte hinaus war ferner zu berücksichtigen, dass das Bildnis vor vielen Jahren mit Einwilligung der Eltern der Klägerin veröffentlicht wurde. Diese Einwilligung vermag aber nicht zu Lasten der Klägerin fortzuwirken. Sie hat hierin nicht eingewilligt und hat daher selbst noch keine für sie bindende Entscheidung hinsichtlich der Veröffentlichung getroffen. Diese Entscheidungsmöglichkeit muss auch Personen zugebilligt werden, die als Kinder abgebildet wurden, aber nun die Volljährigkeit erreichen.

Die Klägerin muss es auch nicht hinnehmen, dass viele Jahre zurückliegende Bilder in neuer Berichterstattung verwendet wird, ohne dass insoweit ein hinreichender innerer Zusammenhang besteht, was hier wie oben dargestellt nicht der Fall ist.

c. Auch die für den Unterlassungsanspruch erforderliche Wiederholungsgefahr ist gegeben. Im Regelfall indiziert die Erstbegehung die Wiederholungsgefahr (ständige Rechtsprechung BGH GRUR 1997, 379, 380 [BGH 16.11.1995 – I ZR 229/93] – Wegfall der Wiederholungsgefahr II). Im Allgemeinen gelingt eine Widerlegung der Wiederholungsgefahr durch Abgabe einer strafbewehrten Unterlassungserklärung, die jedoch beklagtenseits verweigert wurde. Damit zeigt die Beklagte, dass nach wie vor Wiederholungsgefahr besteht (vgl. BGH GRUR 1998, 1045, 1046 [BGH 19.03.1998 – I ZR 264/95] – Brennwertkessel).

d. Die Entscheidung über die Androhung eines Ordnungsmittels beruht auf § 890 ZPO.

2. Die Klägerin kann ferner nach den Grundsätzen der Geschäftsführung ohne Auftrag aus den §§ 687, 677, 670 BGB auch Ersatz der vorgerichtlichen Abmahnkosten in Höhe einer 0,65-Gebühr aus einem Gegenstandswert von € 50.000,- verlangen. Dieser Gegenstandswert ist für die streitgegenständlichen Bilder auch unter Berücksichtigung des Umstandes, dass die Bildnisse zu 1. und 3.-5. relativ ähnlich sind, nicht übersetzt. Dabei hat die Kammer u.a. berücksichtigt, dass das Bildnis zu 1. auf der Titelseite der Zeitschrift der Beklagten verwendet worden ist. Die Zinsentscheidung beruht auf den §§ 288, 291 BGB.

3. Die Kostenentscheidung beruht auf § 91 ZPO, da die Beklagte voll unterlegen ist.

4. Die Entscheidung zur vorläufigen Vollstreckbarkeit ergibt sich aus § 709 ZPO.

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