Zur Höhe des Streitwerts in einem Markenlöschungsverfahren

04. Dezember 2015
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Markenrecht_Akte Beschluss des BGH vom 30.07.2015, Az.: I ZB 61/13

Die Festsetzung des Streitwerts in einem Markenlöschungsverfahren auf 50.000 € entspricht zwar in aller Regel billigem Ermessen, im Einzelfall kann der Wert des Interesses des Markeninhabers an Aufrechterhaltung einer umfänglich benutzten Marke aber auch deutlich darüber liegen. So kann das Interesse des Markeninhabers an dem Bestand der eingetragenen Marke (hier: 500.000 €) doppelt so hoch zu bemessen sein wie das Interesse, die Marke vor bloßen Markenrechtsverletzungen zu schützen (hier: 260.000 €).

Bundesgerichtshof

Beschluss vom 30.07.2015

Az.: I ZB 61/13

Der I. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat am 30. Juli 2015 durch den Vorsitzenden Richter beschlossen:

Die Gegenvorstellung der Antragstellerin gegen den Streitwertbeschluss des Senats vom 23. Oktober 2014 wird zurückgewiesen.

Entscheidungsgründe

I. Der Senat hat mit am 23. Oktober 2014 verkündetem Beschluss die Rechtsbeschwerde auf Kosten der Antragstellerin zurückgewiesen und den Streitwert für das Rechtsbeschwerdeverfahren auf 500.000 € festgesetzt. Mit ihrer am 22. April 2015 eingegangenen Gegenvorstellung beantragt die Antragstellerin eine Abänderung der Streitwertfestsetzung und eine Festsetzung des Gegenstandswerts auf nicht mehr als 200.000 €.

II. Die Gegenvorstellung der Antragstellerin gegen die Festsetzung des Streitwerts ist zulässig, hat aber in der Sache keinen Erfolg.

1. Gemäß § 68 Abs. 1 Satz 5, § 66 Abs. 3 Satz 3 GKG ist eine Beschwerde gegen die Streitwertfestsetzung des Senats nicht statthaft. Allerdings steht der Antragstellerin in diesem Fall die Gegenvorstellung offen, soweit diese – wie vorliegend – binnen der in § 63 Abs. 3 Satz 2 GKG bestimmten Frist eingelegt wird (BGH, Beschluss vom 29. Juni 2011 – XII ZB 113/11, juris Rn. 3).

2. Die Festsetzung des Gegenstandwerts für das Verfahren der Rechtsbeschwerde nach § 83 MarkenG ist seit dem Inkrafttreten des Gesetzes zur Änderung des patentrechtlichen Einspruchsverfahrens und des Patentkostengesetzes vom 21. Juni 2006 (BGBl. I, S. 1318) am 1. Juli 2006 nicht mehr nach § 63 Abs. 1 Satz 1 und Abs. 2 Satz 1 GKG veranlasst, weil sich die Gerichtsgebühren für das Rechtsbeschwerdeverfahren nicht nach dem Streitwert richten, sondern seitdem eine Festgebühr für die Gerichtskosten erhoben wird, die nach Nr. 1255 des Kostenverzeichnisses (Anlage 1 zum GKG) 750 € beträgt und die sich im Fall der Zurücknahme der Rechtsbeschwerde vor Eingang der Rechtsbeschwerdebegründung auf 100 € ermäßigt (Nr . 1256 des Kostenverzeichnisses [Anlage 1 zum GKG]). Eine Wertfestsetzung für das Rechtsbeschwerdeverfahren hat deshalb allein für die Höhe der Anwaltsgebühren Bedeutung. In einem derartigen Fall erfolgt eine Wertfestsetzung nach § 33 Abs. 1 RVG nur auf Antrag (vgl. Büscher in Büscher/Dittmer/Schiwy, Gewerblicher Rechtsschutz Urheberrecht Medienrecht, 3. Aufl., § 90 MarkenG Rn. 12). Einen solchen Antrag hat die Antragstellerin mit der Gegenvorstellung vom 22. April 2015 gestellt.

3. Die Gegenvorstellung gibt keine Veranlassung, die Streitwertfestsetzung im Senatsbeschluss vom 23. Oktober 2014 abzuändern.

a) Der für die Rechtsanwaltsgebühren im vorliegenden Rechtsbeschwerdeverfahren maßgebliche Gegenstandswert bestimmt sich nach der Vorschrift des § 23 Abs. 2 Satz 1 RVG, die auf § 23 Abs. 3 Satz 2 RVG verweist. Diese Regelungen gelten für Beschwerdeverfahren, in denen Gerichtsgebühren unabhängig vom Ausgang des Verfahrens nicht erhoben werden oder sich nicht nach dem Wert richten. Sie sind auf Rechtsbeschwerdeverfahren als besondere Beschwerdeverfahren anzuwenden, soweit dort Gerichtsgebühren nicht erhoben werden oder sich – wie im Streitfall – nicht nach dem Wert richten (BGH, Beschluss vom 30. Juli 2012 – IX ZB 165/10, NJW-RR 2012, 1257). Sie gehen der das jeweilige Ausgangsverfahren betreffenden allgemeinen Regelung des § 23 Abs. 1 Satz 2 RVG vor, die auf die Wertvorschriften der §§ 39 bis 60 GKG in den Unterabschnitten 1 und 2 im Abschnitt 7 des Gerichtskostengesetzes und dort auf § 51 Abs. 1 GKG verweist (aA Knoll in Ströbele/Hacker, MarkenG, 11. Aufl., § 90 Rn. 20). Nach der maßgeblichen Vorschrift des § 23 Abs. 3 Satz 2 RVG ist der Gegenstandswert nach billigem Ermessen zu bestimmen (im Ergebnis ebenso BGH, Beschluss vom 16. März 2006 – I ZB 48/05, juris Rn. 2).

b) Maßgeblich für die Festsetzung des Gegenstandswerts des Rechtsbeschwerdeverfahrens im Markenlöschungsstreit ist das wirtschaftliche Interesse des Markeninhabers an der Aufrechterhaltung seiner Marke (vgl. BGH, Beschluss vom 16. März 2006 – I ZB 48/05, juris Rn. 2). Nach der Rechtsprechung des Senats entspricht die Festsetzung des Gegenstandswertes für das Rechtsbeschwerdeverfahren in einem Markenlöschungsstreit auf 50.000 € im Regelfall billigem Ermessen (BGH, Beschluss vom 16. März 2006 – I ZB 48/05, juris Rn. 2; Büscher in Büscher/Dittmer/Schiwy aaO § 90 MarkenG Rn. 13). Im Einzelfall kann der Wert angesichts des Interesses des Markeninhabers an der Aufrechterhaltung seiner umfänglich benutzten Marke auch deutlich darüber liegen (BGH, Beschluss vom 25. Oktober 2007 – I ZB 22/04, GRUR 2008, 510 = WRP 2008, 791 – Milchschnitte: 100.000 €; Beschluss vom 13. März 2008 ­ I ZB 53/05, GRUR 2008, 900 = WRP 2008, 1338 – SPA II: 100.000 €; Beschluss vom 23. Oktober 2008 – I ZB 48/07, GRUR 2009, 669 = WRP 2009, 815 – POST II: 200.000 €; Beschluss vom 2. April 2009 – I ZB 94/06, GRUR 2009, 954 = WRP 2009, 1250 – Kinder III: ,,,500.00 0 €;  Beschluss vom 6. November 2013 ­ I ZB 59/12, GRUR 2014, 565 = WRP 2014, 576 – smartbook: 250.000 €; Beschluss vom 17. Oktober 2013 – I ZB 65/12, GRUR 2014, 483 Rn. 8 = WRP 2014, 438 – test: 500.000 €). So liegt auch der Streitfall.

c) Der Senat hat mit dem angegriffenen Streitwertbeschluss das Interesse der Markeninhaberin an der Aufrechterhaltung ihrer gelben Farbmarke nicht zu hoch bemessen. Im parallelen Verletzungsverfahren (Az.: I ZR 228/12), mit dem sich die Markeninhaberin gegen die Verwendung einer gelben Farbe durch die Antragstellerin gewendet hat, hat der Senat den Streitwert auf 260.000 € festgesetzt. Das Interesse der Markeninhaberin am Bestand ihrer Farbmarke ist höher zu bemessen als ihr Interesse, ihre Marke vor Verletzungen zu schützen. Der Senat hat es deshalb für angemessen erachtet, das Bestandsinteresse der Markeninhaberin mit etwa dem Doppelten des Wertes des Verletzungsverfahrens zu bewerten.

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