Markenrechtlicher Streit um das beliebte Getränk „Spezi“ – Rechts- und Fachanwalt Arthur Kempter im Interview

16. Dezember 2020
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MV online

Eine seit den 50er-Jahren eingetragene Marke der Riegele Brauerei aus Augsburg und ein vor allem in Bayern beliebtes Mischgetränk aus Cola und Orangenlimonade: Das berühmte Spezi. Nun ist ein markenrechtlicher Streit zwischen Riegele und der Brauerei Lang-Bräu entstanden, weil letztere ein Mix-Getränk mit dem Namen „Spatzi“ in ihr Sortiment aufgenommen hatte. Rechts- und Fachanwalt Arthut Kempter beantwortete gegenüber MV Online die wichtigsten Fragen um das Thema Markenschutz.

 

 

Voraussetzungen um eine Marke eintragen zu lassen

Mit einer Marke werden Waren oder Dienstleistungen eines Unternehmens gekennzeichnet. Zunächst muss sich das Unternehmen entscheiden, welches geographische Gebiet mit der Marke geschützt werden soll, sodass das richtige Markenamt ausgewählt werden kann. Bei diesem Markenamt sind dann eine ganze Reihe von Unterlagen, beispielsweise die Zeichen der Marke (Wörter, Buchstaben, Zahlen usw.) und das sogenannte Waren- und Dienstleistungsverzeichnis, für das Schutz beansprucht wird, einzureichen. Nach Eingang dieser Unterlagen und der Gebühren prüft das Markenamt bestimmte formelle Voraussetzungen und die sogenannten absoluten Schutzhindernisse, welche einer Eintragung einer Marke entgegenstehen. Das Prüfungsprogramm des z.B. deutschen Patent- und Markenamts (DPMA) richtet sich nach den §§ 36, 37 MarkenG. Eine Marke ist von der Eintragung zum Beispiel dann ausgeschlossen, wenn sie ausschließlich aus Zeichen besteht, welche Waren oder Dienstleistungen beschreiben und daher freigehalten werden müssen (z.B. „Mineralwasser“ für die Ware „alkoholfreie Getränke“, § 8 Abs. 2 Nr. 1 und Nr. 2 MarkenG). Geprüft wird aber grundsätzlich nicht, ob die Marke mit einer älteren, bereits eingetragenen Marke kollidiert. Kommt das DPMA zu dem Schluss, dass alle Voraussetzungen vorliegen, wird die Marke eingetragen.

Zweck der Eintragung einer Marke

Der Wert einer Marke für Unternehmen (und Abnehmer) wird plastisch in den sog. Markenfunktionen beschrieben.

Herkunftsfunktion

Hauptsächlich soll die Marke einen Hinweis auf die betriebliche Herkunft einer Ware oder einer Dienstleistung geben; hierdurch werden die Waren oder Dienstleistungen des Markeninhabers abgegrenzt von den Waren oder Dienstleistungen seines Mitbewerbers. Dem Verbraucher oder Endabnehmer wird die Ursprungsidentität der durch die Marke gekennzeichneten Ware oder Dienstleistung garantiert, indem sie ihm ermöglicht, diese Ware oder Dienstleistung ohne Verwechslungsgefahr von Waren oder Dienstleistungen anderer Herkunft zu unterscheiden.

Qualitätsfunktion

Es existiert die allgemeine Erwartungshaltung, dass „Markenware“ anders als Waren, welche keine „Markenware“ darstellen, eine höhere und gleichbleibende Qualität aufweist.

Werbefunktion und Investitionsfunktion

Marken werden als Element der Verkaufsförderung oder Instrument der Handelsstrategie eingesetzt. Marken dienen dem Erwerb oder der Wahrung eines Rufs. Marken beeinflussen die Kaufentscheidung entscheidend. Marken dienen (auch) der sozialen Abgrenzung und der Kommunikation der eigenen Wahrnehmung über sich selbst nach außen. Schließlich bauen Menschen auch emotionale Beziehungen zu bestimmten Marken auf.

Kommunikationsfunktion

Mit Marken werden Inhalte vermittelt, welche über die konkreten Eigenschaften der Ware oder Dienstleistung hinausgehen und das Image der Ware, der Dienstleistungen oder des Unternehmens formen. Damit kann sich der Markeninhaber von anderen Mitbewerbern abgrenzen und sich in einer bestimmten Art und Weise am Markt aufstellen.

Spatzi und Spezi

Die Lang-Bräu Brauerei entwickelte eine Limonade und nannte die Limonade „Spatzi“. Ferner wurde die Limonade mit „Spatzi – Don’t call it Spezi“ beworben. Daran störte sich die Riegele Brauerei aus Augsburg und ging gegen die Lang-Bräu Brauerei vor. Die Riegele Brauerei aus Augsburg ging von einer eindeutigen Markenverletzung aus, da die Zeichen optisch und akustisch sehr ähnlich seien. Demgegenüber erklärt die Lang-Bräu Brauerei, dass sie sich vor Markteinführung von Patentanwälten haben beraten lassen, welche jedenfalls bei dem Begriff „Spatzi“ kein Problem sahen. Nach Einschätzung von Rechts- und Fachanwalt Arthur Kempter sei es eben oft Auslegungssache, ob eine Markenkollision vorliegt oder nicht.

Wer nun Recht hatte, werden wir niemals erfahren. Die Lang-Bräu Brauerei hatte kein Interesse an einem langwierigen Gerichtsverfahren. Daher hat sich die Lang-Bräu Brauerei außergerichtlich geeinigt. Sie hat eine Unterlassungserklärung abgegeben und kann den Bestand noch bis Ende August abverkaufen.

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