Urteile aus der Kategorie „Social Media Recht“

02. November 2023 Top-Urteil

Löschung von mehrdeutigen Social-Media-Posts

Laptop, auf dem getippt wird; Interaktionskästchen von Social Media (Likes, Kommentare etc.) sind zu sehen
Urteil des LG Nürnberg-Fürth vom 22.08.2023, Az.: 11 O 6693/21

Bei der Frage der Rechtmäßigkeit der Löschung eines Nutzer-Beitrags auf einer Social-Media-Plattform durch den Betreiber wegen eines Verstoßes gegen Gemeinschaftsstandards, da der Beitrag Hassrede enthalten haben soll, kommt es bei mehrdeutigen Posts auf die für den Nutzer günstigere Auslegung an. Ein Anspruch auf Berichtigung der von der Social-Media-Plattform gespeicherten Daten über die Löschung bzw. Sperrung eines Accounts gemäß Art. 16 DSGVO besteht nicht, weil es sich dabei nicht um unrichtige personenbezogene Daten in diesem Sinne handelt.

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22. Dezember 2023

EU-Mitgliedsstaat darf keine abstrakt-generellen Regelungen zu Überprüfungsverfahren auf sozialen Netzwerken erlassen

Urteil des EuGH vom 09.11.2023, Az.: C-376/22

Der EuGH hat auf die Vorlagefrage des österreichischen Verwaltungsgerichtshofs (VGH) entschieden, dass ein Mitgliedsstaat keine abstrakt-generellen Regelungen treffen darf, die unterschiedslos für alle Anbieter dieser Kategorie von Diensten gelten. Dadurch verstößt das nationale Recht mit der Unionsrichtlinie 2000/31/EG, konkret mit Art. 3 Abs. 4. In dem Ausgangsverfahren zwischen den in Irland ansässigen Unternehmen Google Ireland, Meta Platforms Ireland und Tik Tok und der österreichischen Kommunikationsbehörde KommAustria ging es um das 2021 in Kraft getretene Kommunikationsplattformengesetz. Nach diesem Gesetz mussten inländische sowie ausländische Kommunikationsplattformen Melde- und Überprüfungsverfahren einrichten und regelmäßige Transparenzberichte dazu veröffentlichen. Die fehlende Unterscheidung zwischen im Inland bzw. Ausland ansässigen Unternehmen würde den Grundsatz der Aufsicht des Herkunftsstaates anzweifeln. Eine solche Kontrolle durch einen anderen Mitgliedsstaat sei aber als Ausnahme möglich, was von diesem Urteil unbeeinträchtigt bleibt.

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31. Juli 2023 Top-Urteil

Wie dürfen personenbezogene Daten verarbeitet werden?

Außenfassade des Europäischen Gerichtshof mit Flaggen der Mitgliedsstaaten.
Urteil des EuGH vom 04.07.2023 (Az.: C‑252/21)

Bei einem Verfahren vor dem OLG Hamburg zwischen den "Meta Platforms" und dem Kartellamt über die erlassene Verfügung gegen Meta, die AGB und Nutzungsbedingungen abzuändern, legte das OLG dem EuGH mehrere Vorlagefragen für ein Vorabentscheidungsverfahren vor. Neben weiteren, die Zuständigkeit des Kartellamts betreffenden Fragen, wollte das OLG den Umgang mit personenbezogenen Daten geklärt wissen. Darunter fiel die Frage, ob eine wirksame und vor allem freiwillige Einwilligung in die Nutzung von personenbezogenen Daten bei marktübergreifenden Sozialen-Netzwerken überhaupt möglich ist. Der EuGH urteilte, dass es grundsätzlich möglich ist, eine wirksame, freiwillige Einwilligung abzugeben, dies wird aber an bestimmte Merkmale gebunden, da davon ausgegangen werden kann, dass zwischen den "Meta Platforms" und dem Nutzer ein Ungleichgewicht herrscht. Den Nutzern muss beispielsweise die Möglichkeit gegeben werden, bestimmte Datenverarbeitungsvorgange einzeln zu verbieten. Weiterhin wollte das OLG wissen, ob eine Speicherung der in Art. 9 Abs. 1 DSGVO genannten Daten bei Plattformen, die diese Daten betreffen, über sog. "Facebook-Business-Tools" oder die Einsichtnahme über Cookies oder ähnliche Speicherungsmöglichkeiten bereits als Verarbeitung im Sinne der Norm gesehen werden kann. Art. 9 Abs. 1 DSGVO verbietet grundsätzlich die Verarbeitung der dort genannten personenbezogenen Daten. Diese Frage bejahte der EuGH. Weiterhin bestimmt die DSGVO auch, dass personenbezogene Daten nur verwendet werden dürfen, wenn dies für die Vertragserfüllung notwendig oder zur Wahrung von berechtigtem Interesse ist. Hier fragt das OLG danach, ob sich Meta auf diese Regelung berufen kann, wenn in den AGB und Nutzungsbedingungen geregelt ist, dass für die Nutzung der Meta Plattformen die Verarbeitung dieser Daten notwendig ist. Bezüglich der Notwendigkeit antwortete der EuGH, dass die Verarbeitung der Daten objektiv unerlässlich für die Erfüllung sein muss und nicht lediglich im Vertrag erwähnt sein muss oder bloß nützlich ist. Bezüglich des berechtigten Interesses antwortete der EuGH, dass dies nur gegeben sein kann, wenn der Betreiber angibt, welches Interesse er schützen möchte, wenn die Verarbeitung der Daten nur innerhalb der nötigen Grenzen geschieht und wenn die Interessen des Nutzers am Schutz seiner Grundrechte und Grundfreiheiten das berechtigte Interesse des Betreibers nicht übersteigt.

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25. Juli 2023

Kein Schadensersatz wegen gelöschtem Beitrag in sozialen Medien

Mann sitzt vor Laptop mit Handy in der Hand
Beschluss des OLG Dresden vom 11.06.2019, Az.: 4 U 760/19

Die bloße Löschung eines Beitrags in sozialen Medien und die vorübergehende Sperrung eines Benutzers wegen sog. „Hassbotschaften“ begründen grundsätzlich noch keinen Anspruch auf Schadensersatz. Das Gericht konnte nicht erkennen, dass dem Nutzer durch die Sperrung seines Benutzerkontos ein Schaden entstanden wäre, der einen Ausgleich nach Art. 82 DSGVO rechtfertige. Auch für einen Anspruch aus dem allgemeinen Persönlichkeitsrecht des Nutzers, hielt das Gericht die Sperrung des Nutzers bzw. die Löschung des Beitrages für nicht schwerwiegend genug, als dass sie einen Schadensersatzanspruch begründen würden.

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08. Mai 2023

Polizeibeamter behandelt polizeiliche Themen bei „TikTok“ – Untersagung durch Dienstbehörde rechtmäßig?

Polizeibeamter überwacht Menschenmenge
Beschluss des OVG Berlin-Brandenburg vom 17.04.2023, Az.: OVG 4 S 4/23

Das Oberverwaltungsgericht (OVG) Berlin-Brandenburg hatte in zweiter Instanz zu entscheiden, ob die behördeninterne Untersagung gegenüber einem Polizeibeamten, der bei "TikTok" - erkennbar als tatsächlicher Polizist - mit anderen Nutzern dieser Plattform interagierte, sofort vollziehbar ist. Das OVG entschied zuungunsten des Polizeibeamten, da die Tätigkeit des "TikToker-Polizisten" gegen die dienstliche Pflicht verstoße. Speziell werde das Ansehen der Polizei, das es gem. § 101 S. 2 LBG zu wahren gilt, geschädigt. Dies wird dadurch begründet, dass der klagende Beamte auf der Social-Media-Plattform mit Verfahrensbeteiligten und anderen Personen aus kriminalitätsbelastenden Milieus Konversationen führte. Dies erzeuge ein unangemessenes Verhältnis zwischen der Polizei und Verfahrensbeteiligten. Dass sich die Gesprächspartner duzten, wirke insoweit bekräftigend.

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31. März 2023

Ansprüche gegen die Social Media Plattform bei sog. Scraping-Angriffe

Lupe vergrößert das Wort Datenschutz
Urteil des LG Memmingen vom 09.03.2023, Az.: 35 0 1036/22

Gelangen öffentlich zugängliche Nutzerdaten einer Social Media Plattform durch unzulässige "Scraping-Angriffe" an Dritte, so bestehen laut Landgericht Memmingen keine Ansprüche aus der Datenschutz-Grundverordnung gegen die Social Media Plattform. Bei dem vorliegendem "Scraping-Angriff" konnten Dritte (sog. Scraper) mittels öffentlich einsehbarer Telefonnummern der Benutzern, Daten in großem Umfang sammeln. Es mangele dabei insbesondere an einem Verstoß der Social Media Plattform gegen die Transparenzpflicht. Ein solcher Verstoß sei in Anbetracht der Freiwilligkeit der Veröffentlichung durch den Kläger nicht gegeben. Die entsprechenden Fakten müssten dem Nutzer wegen der zu bestätigenden Datenverwendungsrichtlinie bei Registrierung auch bekannt gewesen sein. An einem vom Kläger zusätzlich vorgebrachten Vorwurf, er habe durch das "Scraping" vermehrt Phishing E-Mails erhalten, fehle es bereits an der erforderlichen Kausalität.

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27. Februar 2023

Facebook haftet nicht für Spamnachrichten

Facebook F auf einer blauen Taste einer Tastatur
Urteil des LG Coburg vom 08.02.2023, Az.: 14 O 224/22

Der Inhaber eines Facebook-Accounts klagte gegen die Betreiberin der Plattform auf Schadensersatz aus Normen der DSGVO. Private Daten des Klägers, darunter auch Handynummer und Email-Adresse, wurden durch unbefugte Dritte aufgenommen. Der Kläger litt seitdem des Öfteren unter Spam-Nachrichten. Hieraus wollte der Kläger Schadensersatz aus Art. 82 DSGVO ableiten, da er davon ausging, dass seine Daten unbefugt von Facebook gespeichert wurden. Das LG wies die Klage ab, da es schon den Anwendungsbereich der Norm verneinte. Weiter meinte das LG, dass selbst wenn dieser eröffnet wäre, die Betreiberin gegen keine Pflichten verstoßen habe. Der Kläger brachte zwar ein, dass Daten auf Facebook grundsätzlich öffentlich gestellt sind, dies kann aber durch eigene Einstellungen geändert werden und das LG führte dazu aus, dass der Sinn einer Plattform wie Facebook derjenige ist, dass persönliche Daten einsehbar sind. Weiter verlangt die DSGVO umfangreiche Einstellungsmöglichkeiten, welche auf Facebook gegeben sind. Da das Profil öffentlich für jeden sichtbar war, kann auch nicht festgestellt werden, dass Dritte über Sicherheitslücken auf die Daten zugreifen konnten.

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28. Dezember 2022

Fehlen des Verfügungsgrund, bei unzureichender Darlegung der Gefahr der unmittelbaren Löschung eines Sozial-Media-Accounts

Social Network und soziales Umfeld
Beschluss des OLG Nürnberg vom 07.10.2022, Az.: 3 U 2178/22

Der Verfügungskläger hatte gegen das Urteil des LG Ansbach Berufung eingelegt. Dabei wollte er verhindern, dass sein seit 2009 bestehender Facebook-Account, welchen die Verfügungsbeklagte zuvor hatte sperren lassen, dauerhaft und unwiderruflich gelöscht wird. Die Besonderheit in dem Fall lag darin begründet, dass über die Frage, ob die Sperre zulässigerweise erfolgt ist, bereits ein Hauptsacheverfahren anhängig war. Mit der einstweiligen Verfügung wollte der Verfügungskläger verhindern, dass sein Account vor rechtskräftiger Entscheidung in diesem Hauptsacheverfahren gelöscht wird. Das OLG Nürnberg bestätigte die Entscheidung des LG Ansbach und führte aus, dass es in der streitgegenständlichen Konstellation an einem Verfügungsgrund fehle, da der darlegungsbelastete Verfügungskläger nicht ausreichend dargelegt habe, dass tatsächlich eine Löschung seines Kontos drohe, zumal die Verfügungsbeklagten sich dahingehend geäußerte hatte, dass sie nicht beabsichtige, das streitgegenständliche Nutzerkonto des Verfügungsklägers vor dem rechtskräftigen Abschluss eines etwaigen Hauptsacheverfahrens dauerhaft und unwiderruflich zu löschen.

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