Urteile aus der Kategorie „Medienrecht“

16. August 2023 Top-Urteil

Fotos eines Entführungsopfers dürfen nicht ohne Einwilligung gezeigt werden

Recht am eigenen Bild
Urteil des BGH vom 06.06.2023, Az.: VI ZR 309/22

Der BGH hob das Urteil des OLG Köln vom 17.03.2022 auf und stellte fest, dass das Interesse des Opferschutzes eines Entführungsopfers dem der Berichterstattung überwiege. Die beklagte Rundfunkanstalt hatte Fotos, Audiomitschnitte und Ausschnitte einer Illustrierten in einem Filmbeitrag über die Entführung eines Mädchens aus dem Jahre 1981 verwendet, ohne eine erneute Einwilligung des mittlerweile erwachsenen Opfers einzuholen. Der BGH erkannte nun, dass es sich nach einer so langen Zeit nicht mehr durch den Begriff des "Zeitgeschehens" rechtfertigen lasse, einen derartigen Eingriff hinnehmen zu müssen. Er erkannte zwar eine fachgerechte Verwendung sowie eine grundsätzliche Schutzbedürftigkeit der Interessen der Beklagten, es sei aber nicht hinzunehmen, dass die ursprüngliche Freigabe der Bilder durch die Eltern nicht auf diese Verwendung gerichtet war. Außerdem räumte der BGH ein, dass Opfer einer Straftat nach einem gewissen Zeitablauf selbst über die Verwendung ihrer Fotos entscheiden darf.

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31. Juli 2023 Top-Urteil

Wie dürfen personenbezogene Daten verarbeitet werden?

Außenfassade des Europäischen Gerichtshof mit Flaggen der Mitgliedsstaaten.
Urteil des EuGH vom 04.07.2023 (Az.: C‑252/21)

Bei einem Verfahren vor dem OLG Hamburg zwischen den "Meta Platforms" und dem Kartellamt über die erlassene Verfügung gegen Meta, die AGB und Nutzungsbedingungen abzuändern, legte das OLG dem EuGH mehrere Vorlagefragen für ein Vorabentscheidungsverfahren vor. Neben weiteren, die Zuständigkeit des Kartellamts betreffenden Fragen, wollte das OLG den Umgang mit personenbezogenen Daten geklärt wissen. Darunter fiel die Frage, ob eine wirksame und vor allem freiwillige Einwilligung in die Nutzung von personenbezogenen Daten bei marktübergreifenden Sozialen-Netzwerken überhaupt möglich ist. Der EuGH urteilte, dass es grundsätzlich möglich ist, eine wirksame, freiwillige Einwilligung abzugeben, dies wird aber an bestimmte Merkmale gebunden, da davon ausgegangen werden kann, dass zwischen den "Meta Platforms" und dem Nutzer ein Ungleichgewicht herrscht. Den Nutzern muss beispielsweise die Möglichkeit gegeben werden, bestimmte Datenverarbeitungsvorgange einzeln zu verbieten. Weiterhin wollte das OLG wissen, ob eine Speicherung der in Art. 9 Abs. 1 DSGVO genannten Daten bei Plattformen, die diese Daten betreffen, über sog. "Facebook-Business-Tools" oder die Einsichtnahme über Cookies oder ähnliche Speicherungsmöglichkeiten bereits als Verarbeitung im Sinne der Norm gesehen werden kann. Art. 9 Abs. 1 DSGVO verbietet grundsätzlich die Verarbeitung der dort genannten personenbezogenen Daten. Diese Frage bejahte der EuGH. Weiterhin bestimmt die DSGVO auch, dass personenbezogene Daten nur verwendet werden dürfen, wenn dies für die Vertragserfüllung notwendig oder zur Wahrung von berechtigtem Interesse ist. Hier fragt das OLG danach, ob sich Meta auf diese Regelung berufen kann, wenn in den AGB und Nutzungsbedingungen geregelt ist, dass für die Nutzung der Meta Plattformen die Verarbeitung dieser Daten notwendig ist. Bezüglich der Notwendigkeit antwortete der EuGH, dass die Verarbeitung der Daten objektiv unerlässlich für die Erfüllung sein muss und nicht lediglich im Vertrag erwähnt sein muss oder bloß nützlich ist. Bezüglich des berechtigten Interesses antwortete der EuGH, dass dies nur gegeben sein kann, wenn der Betreiber angibt, welches Interesse er schützen möchte, wenn die Verarbeitung der Daten nur innerhalb der nötigen Grenzen geschieht und wenn die Interessen des Nutzers am Schutz seiner Grundrechte und Grundfreiheiten das berechtigte Interesse des Betreibers nicht übersteigt.

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25. Juli 2023

Kein Schadensersatz wegen gelöschtem Beitrag in sozialen Medien

Mann sitzt vor Laptop mit Handy in der Hand
Beschluss des OLG Dresden vom 11.06.2019, Az.: 4 U 760/19

Die bloße Löschung eines Beitrags in sozialen Medien und die vorübergehende Sperrung eines Benutzers wegen sog. „Hassbotschaften“ begründen grundsätzlich noch keinen Anspruch auf Schadensersatz. Das Gericht konnte nicht erkennen, dass dem Nutzer durch die Sperrung seines Benutzerkontos ein Schaden entstanden wäre, der einen Ausgleich nach Art. 82 DSGVO rechtfertige. Auch für einen Anspruch aus dem allgemeinen Persönlichkeitsrecht des Nutzers, hielt das Gericht die Sperrung des Nutzers bzw. die Löschung des Beitrages für nicht schwerwiegend genug, als dass sie einen Schadensersatzanspruch begründen würden.

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07. Juli 2023

EuGH: Veröffentlichung der „Afghanistan-Papiere“ möglich

Urteil des EuGH vom 29.07.2019, Az.: C-469/17

Der EuGH hat entschieden, dass die Veröffentlichung von als geheim eingestuften Dokumenten über den Auslandseinsatz der Bundeswehr („Afghanistan-Papiere“) durch die WAZ wohl rechtmäßig sein könnte. Im Kern ging es um die Frage, ob die Dokumente einen Urheberrechtsschutz im Sinne von Art. 2 lit. a) der Urheberrechtsrichtlinie (Richtline 2001/29/EG) genießen und ob die allgemeine Pressefreiheit gegenüber dem Urheberrechtsschutz Vorrang erhält. In seinem Urteil geht der EuGH davon aus, dass die Veröffentlichung der „Afghanistan-Papiere“ eine Berichterstattung über Tagesereignisse im Sinne des Art. 5 Abs. 3 lit. c) der Urheberrechtsrichtlinie darstellen könnte, welche der Pressefreiheit den Vorrang vor dem Schutz des Urhebers gibt.

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07. Juli 2023

Auskunftsrecht über Bestandsdaten bei Google Maps

Person sitzt am Laptop
Beschluss des OLG Nürnberg vom 17.07.2019, Az.: 3 W 1470/19

Ein Auskunftsanspruch nach § 14 III TMG gegenüber einem Diensteanbieter wie Google besteht bei Erforderlichkeit zur Durchsetzung zivilrechtlicher Ansprüche wegen Verletzung absolut geschützter Rechte aufgrund rechtswidriger Inhalte. Eine Ein-Stern-Bewertung ohne wirkliche Erläuterung reicht dafür nicht aus. Sie ist als Meinungsäußerung mangels Schmähcharakter oder Erfüllung eines Straftatbestandes grundsätzlich zulässig. Denn zum Recht der freien Meinungsäußerung gehört auch, eine Meinung ohne nähere Erklärung aussprechen zu dürfen.

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23. Mai 2023 Top-Urteil

Kostenloses Abrufen von Musik stellt Schadensersatzanspruch dar

Frau hört mit ihrem Handy Musik
Urteil des OLG Hamburg vom 23.03.2023, Az.: 5 U 128/17

Das OLG Hamburg lehnt die Berufung der Beklagten gegen das vorangegangene Urteil des LG Hamburg vom 27. Juni 2017 (Az.: 310 O 89/16) ab. Die Beklagte, Betreiberin eines Sharehosting-Dienstes, wurde gegenüber der Klägerin zu Schadensersatz verurteilt. Die Webseite der Beklagten beeinhaltete eine Funktion, mit welcher Musikdateien hochgeladen und mit einem entsprechenden, von der Seite generierten Link, kostenlos abgerufen werden konnten. Entsprechende Links wurden mit Hilfe von Linksammlungen im Internet verbreitet. Nach Auffassung der Gerichte stellt dies eine unzulässige öffentliche Zugänglichmachung im Sinne des Urheberrechtsgesetzes dar, weshalb ein Schadensersatzanspruch geltend gemacht werden kann.

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08. Mai 2023

Polizeibeamter behandelt polizeiliche Themen bei „TikTok“ – Untersagung durch Dienstbehörde rechtmäßig?

Polizeibeamter überwacht Menschenmenge
Beschluss des OVG Berlin-Brandenburg vom 17.04.2023, Az.: OVG 4 S 4/23

Das Oberverwaltungsgericht (OVG) Berlin-Brandenburg hatte in zweiter Instanz zu entscheiden, ob die behördeninterne Untersagung gegenüber einem Polizeibeamten, der bei "TikTok" - erkennbar als tatsächlicher Polizist - mit anderen Nutzern dieser Plattform interagierte, sofort vollziehbar ist. Das OVG entschied zuungunsten des Polizeibeamten, da die Tätigkeit des "TikToker-Polizisten" gegen die dienstliche Pflicht verstoße. Speziell werde das Ansehen der Polizei, das es gem. § 101 S. 2 LBG zu wahren gilt, geschädigt. Dies wird dadurch begründet, dass der klagende Beamte auf der Social-Media-Plattform mit Verfahrensbeteiligten und anderen Personen aus kriminalitätsbelastenden Milieus Konversationen führte. Dies erzeuge ein unangemessenes Verhältnis zwischen der Polizei und Verfahrensbeteiligten. Dass sich die Gesprächspartner duzten, wirke insoweit bekräftigend.

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31. März 2023

Ansprüche gegen die Social Media Plattform bei sog. Scraping-Angriffe

Lupe vergrößert das Wort Datenschutz
Urteil des LG Memmingen vom 09.03.2023, Az.: 35 0 1036/22

Gelangen öffentlich zugängliche Nutzerdaten einer Social Media Plattform durch unzulässige "Scraping-Angriffe" an Dritte, so bestehen laut Landgericht Memmingen keine Ansprüche aus der Datenschutz-Grundverordnung gegen die Social Media Plattform. Bei dem vorliegendem "Scraping-Angriff" konnten Dritte (sog. Scraper) mittels öffentlich einsehbarer Telefonnummern der Benutzern, Daten in großem Umfang sammeln. Es mangele dabei insbesondere an einem Verstoß der Social Media Plattform gegen die Transparenzpflicht. Ein solcher Verstoß sei in Anbetracht der Freiwilligkeit der Veröffentlichung durch den Kläger nicht gegeben. Die entsprechenden Fakten müssten dem Nutzer wegen der zu bestätigenden Datenverwendungsrichtlinie bei Registrierung auch bekannt gewesen sein. An einem vom Kläger zusätzlich vorgebrachten Vorwurf, er habe durch das "Scraping" vermehrt Phishing E-Mails erhalten, fehle es bereits an der erforderlichen Kausalität.

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27. Februar 2023

Facebook haftet nicht für Spamnachrichten

Facebook F auf einer blauen Taste einer Tastatur
Urteil des LG Coburg vom 08.02.2023, Az.: 14 O 224/22

Der Inhaber eines Facebook-Accounts klagte gegen die Betreiberin der Plattform auf Schadensersatz aus Normen der DSGVO. Private Daten des Klägers, darunter auch Handynummer und Email-Adresse, wurden durch unbefugte Dritte aufgenommen. Der Kläger litt seitdem des Öfteren unter Spam-Nachrichten. Hieraus wollte der Kläger Schadensersatz aus Art. 82 DSGVO ableiten, da er davon ausging, dass seine Daten unbefugt von Facebook gespeichert wurden. Das LG wies die Klage ab, da es schon den Anwendungsbereich der Norm verneinte. Weiter meinte das LG, dass selbst wenn dieser eröffnet wäre, die Betreiberin gegen keine Pflichten verstoßen habe. Der Kläger brachte zwar ein, dass Daten auf Facebook grundsätzlich öffentlich gestellt sind, dies kann aber durch eigene Einstellungen geändert werden und das LG führte dazu aus, dass der Sinn einer Plattform wie Facebook derjenige ist, dass persönliche Daten einsehbar sind. Weiter verlangt die DSGVO umfangreiche Einstellungsmöglichkeiten, welche auf Facebook gegeben sind. Da das Profil öffentlich für jeden sichtbar war, kann auch nicht festgestellt werden, dass Dritte über Sicherheitslücken auf die Daten zugreifen konnten.

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