Aktuelle Entwicklungen des Internetstrafrechts 1/2011 – Teil 2/3

19. Juli 2011
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Im ersten Teil zu den aktuellen Entwicklungen des Internetstrafrechts haben wir bereits die Strafbarkeit der Entfernung des SIM- oder Net-Locks am Handy und eine Verletzung des höchstpersönlichen Lebensbereichs durch einen Webcam-Hack anhand aktueller Rechtsprechung aufgezeigt. Auch im zweiten Teil  möchten wir Ihnen aktuelle Beispiele aus der Rechtsprechung aufzeigen. Diesmal soll es insbesondere um die Strafbarkeit von sog. „Abofallen“ und die unberechtigte Nutzung von fremden WLAN-Netzen („Schwarzsurfen“) gehen.

Starke Zunahme des „Abofallen“-Betrugs

Seit geraumer Zeit mehren sich im Internet die sog. „Abofallen“. Dabei locken die Betreiber bestimmter Internetportale Kunden mit angeblich kostenlosen Dienstleistungen – insbesondere dem Download von Software – an. Um die vermeintlich kostenfreie Dienstleistung entgegennehmen zu können, müssen sich die Nutzer auf der Webseite registrieren. In den der Registrierung zugrunde liegenden AGB wird dann versteckt ein Abonnement-Preis vereinbart. Erst nach der Registrierung erhalten die Kunden Zugriff auf den Downloadlink der Software, welche anderenorts kostenfrei heruntergeladen werden kann. Kurze Zeit nach dem Download der gewünschten Datei erhält der „Kunde“ eine Rechnung mit der Information, ein kostenpflichtiges Abonnement über 12 oder 24 Monate abgeschlossen zu haben.

Während aus zivilrechtlicher Sicht solche „Vertragsschlüsse“ wohl mit guten Gründen für unwirksam erklärt werden können (beispielsweise wegen Vorliegens einer „überraschenden Klausel“ i.S.v. § 305c BGB, so zuletzt das AG Frankfurt a.M – Urteil vom 23.03.2011 – Az.: 29 C 2583/10 (85)), stellt sich auch die Frage nach einer strafrechtlichen Verantwortlichkeit des Anbieters. Das OLG Frankfurt sah in seinem Beschluss vom 17.12.2010 (Az.: 1 Ws 29/09) in derartig planmäßig und geschäftlich betriebenen Angeboten einen strafbaren, gewerbsmäßigen Betrug gem. § 263 Abs. 3 S. 2 Var. 2 StGB. Die Nutzer würden durch die Gestaltung der Download-Portale in ihrer Vorstellung getäuscht, die Software auch hier kostenfrei herunterladen zu können. Eine adäquate Gegenleistung könne auch nicht in der redaktionellen Aufbereitung der Seite und den Produktbewertungen gesehen werden. Darüber hinaus wäre – auch wenn vorliegend durch die Frankfurter Richter nicht geschehen – zu thematisieren gewesen, ob in derartigen Angeboten eine strafbare Werbung gem. § 16 Abs. 2 UWG zu sehen ist.

Zahlt der Kunde auf die Rechnungen des Downloadportals nicht und fordert der Betreiber der Internetseite den Kunden zur Zahlung des Abonnementpreises auf, so stellt sich regelmäßig die Frage nach einer Beteiligung, insbesondere von einfordernden Rechtsanwälten. Während die Staatsanwaltschaft München im rechtsanwaltlichen Tätigwerden für einen Abo-Fallen-Betreiber keine Strafbarkeit sah, hatte das Amtsgericht Marburg in einer Entscheidung von Anfang Februar 2010 (Az.: 91 C 981/09) die Rechtsanwälte wegen Beihilfe zum versuchten Betrug zu Schadensersatzzahlungen verurteilt (so auch im Ergebnis: AG Karlsruhe, Urteil vom 12.08.2009 – Az.: 9 C 93/09).

Unberechtigte Nutzung eines WLAN-Netzes strafbar?

Hinsichtlich der Frage, ob die unberechtigte Nutzung eines WLAN-Netzes als strafrechtlich relevante Handlung angesehen werden kann, muss unterschieden werden, ob die Täter dabei ein offenes oder verschlüsseltes WLAN-Netz für die Internetaktivität nutzen.

So konnte das Landgericht Wuppertal in einer Entscheidung aus dem Oktober letzten Jahres (Urteil vom 19.10.2010 – Az.: 25 Qs 177/10) keine Strafbarkeit in dem Einwählen in ein unverschlüsselt betriebenes WLAN-Funknetzwerk erkennen. Eine Strafbarkeit aus §§ 89 S. 1, 148 Abs. 1 Nr. 1 TKG nahmen die Richter nicht an, da der Einwählende gerade keine vertraulich ausgetauschten Nachrichten wahrnehme, sondern selbst nur als Teilnehmer des Kommunikationsvorgangs anzusehen sei. Die Wuppertaler Richter sahen darüber hinaus auch kein strafbares Abrufen oder Sich-Verschaffen personenbezogener Daten nach §§ 43 Abs. 2 Nr. 3, 44 BDSG, da solche weder bei der Einwahl noch bei der Nutzung des Internetzugangs durch den Täter abgerufen worden seien. Im Ergebnis wurde auch keine Strafbarkeit nach den Vorschriften des StGB, insbesondere wegen Ausspähen oder Abfangen von Daten, gesehen.

Mit guten Gründen kann wohl davon ausgegangen werden, dass das Überwinden der Verschlüsselung eines gesicherten WLAN-Netzes eine Strafbarkeit begründet, auch wenn insoweit keine Gerichtsentscheidungen ersichtlich sind. Insofern wird man regelmäßig zumindest zu einer Strafbarkeit gem. § 202a Abs. 1 StGB gelangen. Danach ist strafbar, wer sich oder einem anderen unbefugt Zugang zu Daten unter Überwindung einer Zugangssicherung verschafft, die nicht für ihn bestimmt sind und gegen unberechtigten Zugang besonders gesichert sind. Unter den Begriff der „Daten“ sind dabei nur solche Informationen zu fassen, die elektronisch, magnetisch oder sonst nicht unmittelbar wahrnehmbar gespeichert oder übermittelt werden. Darunter kann zumindest das Passwort der WEP- oder WPA-Verschlüsselung, aber auch die vom WLAN-Router zugeteilte IP-Adresse gefasst werden. Ausreichend erscheinen das vorsätzliche Überwinden der Zugangssicherung und die Kenntnisverschaffung von den Daten; auf eine tatsächliche Nutzung des Internetzugangs kommt es nicht an.

Die Veröffentlichung des dritten Teils des Artikels folgt in 14 Tagen im Rahmen unseres Newsletters am 02.08.2011.

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