Ebook-Portal Gutenberg.org für deutsche Nutzer gesperrt
Bei Project Gutenberg handelt es sich um eine von Freiwilligen erstellte und über das Internet frei zugängliche digitale Bibliothek für Ebooks. Auf der Website des Projekts können Nutzer kostenlos auf mehr als 56.000 überwiegend englischsprachige Ebooks zugreifen. Damit ist jetzt zumindest für Leser aus Deutschland vorerst Schluss: nach einem verlorenen Urheberrechtsstreit ist das Portal für deutsche User komplett gesperrt.
Der S. Fischer Verlag hatte als Inhaber der Nutzungsrechte am literarischen Schaffen der Autoren Thomas Mann, Heinrich Mann und Alfred Döblin gegen das amerikanische Online-Portal geklagt und die öffentliche Zugänglichmachung von insgesamt 18 deutschsprachigen eBooks beanstandet. Werke wie beispielsweise Thomas Manns „Buddenbrooks: Verfall einer Familie“ oder Heinrich Manns „Der Untertan“ waren auf der Website von Project Gutenberg auch aus Deutschland abrufbar, wo das Recht von Autoren an ihrem literarischen Schaffen erst 70 Jahre nach deren Tod ausläuft. In den USA dagegen sind die betroffenen Werke bereits nicht mehr urheberrechtlich geschützt, da ihre Übersetzungen vor 1923 veröffentlicht wurden und damit als gemeinfrei gelten. Darauf beruft sich das Ebook-Portal mit der Begründung, dass ihre Seite aus den USA gehostet werde und deshalb ausschließlich US-Recht auf deren Betrieb Anwendung finde.
Nach Ansicht des klagenden Verlags sei Gutenberg.org allerdings unter anderem auch an deutsche Nutzer gerichtet, da eine deutschsprachige Übersetzung der Website existiert. Diesem Standpunkt stimmte das Landgericht Frankfurt am Main auch deshalb zu, da es den Betreibern des Online-Portals mittels Geoblocking möglich sei, deutschen Usern den Zugriff auf hierzulande urheberrechtlich geschützte Werke zu verwehren.
Als Folge des verlorenen Urheberrechtsstreits hat Gutenberg.org jedoch nicht lediglich den Zugriff auf die beanstandeten Werke blockiert, sondern ausnahmslos alle Seiten und Unterseiten für Nutzer mit einer deutschen IP-Adresse gesperrt. Die für das Portal zuständige Project Gutenberg Literary Archive Foundation hat dieses Vorgehen damit begründet, dass ähnliche Klagen in Bezug auf andere Titel befürchtet würden. Der S. Fischer Verlag kritisierte die vollständige Aussperrung aller Nutzer aus Deutschland und beanstandete, dass es den Machern von Project Gutenberg nicht darum gehe, das Gerichtsurteil umzusetzen, sondern darum, die Wut der User auf den Verlag zu lenken.
Nach Aussage der Verantwortlichen von Project Gutenberg soll Berufung gegen das Urteil eingelegt werden und die Blockade für deutsche Nutzer der Website nur temporär bleiben. Bereits jetzt scheinen jedoch Probleme mit der Sperre zu bestehen: während Nutzer einer deutschen IPv4-Adresse keinen Zugang zum Angebot von Gutenberg.org haben, greift die Sperrung für IPv6-Adressen anscheinend nicht zwingend. Darüber hinaus trifft die Blockade wohl auch Nutzer, die nicht von Deutschland aus auf das Online-Portal zugreifen wollen.