„Jugendpornographie“ nunmehr strafbar

10. November 2008
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Neuregelung der Straftaten gegen die sexuelle Selbstbestimmung

Der durch einen Rahmenbeschluss des EU-Rates neu gefasste 13. Abschnitt des StGB hat am 5. November gravierende Änderungen in das deutsche Sexualstrafrecht eingeführt. Hintergrund der Neuregelung ist der Wunsch, die sexuelle Ausbeutung von Kindern und Jugendlichen sowie die zunehmende Verbreitung von Kinder- und Jugendpornographie stärker als bisher zu bekämpfen. So gut die Idee im Grunde ist: im Detail betrachtet kann die Änderung zu zahlreichen neuen Strafbarkeiten führen, vor allem dort, wo diese gar nicht erwartet werden.

Neuregelung der Straftaten gegen die sexuelle Selbstbestimmung

Der durch einen Rahmenbeschluss des EU-Rates neu gefasste 13. Abschnitt des StGB hat am 5. November gravierende Änderungen in das deutsche Sexualstrafrecht eingeführt. Hintergrund der Neuregelung ist der Wunsch, die sexuelle Ausbeutung von Kindern und Jugendlichen sowie die zunehmende Verbreitung von Kinder- und Jugendpornographie stärker als bisher zu bekämpfen. So gut die Idee im Grunde ist: im Detail betrachtet kann die Änderung zu zahlreichen neuen Strafbarkeiten führen, vor allem dort, wo diese gar nicht erwartet werden.

Erweiterung des bisherigen Tatbestands

Zunächst wird durch die Neufassung des § 182 StGB eine Gesetzeslücke geschlossen. Während für den Tatbestand des sexuellen Missbrauchs von Jugendlichen das Opfer bisher unter 16 Jahre alt sein musste und der Täter gleichzeitig älter als 18 Jahre, fallen künftig beide Einschränkungen weg, sofern es sich um die Ausnutzung einer Zwangslage handelt. Im Einzelnen heißt dies, dass als Opfer auch 16- bis 18-Jährige gelten und die Tat von jedem ab Eintritt der Strafbarkeitsgrenze begangen werden kann. Der mögliche Täter- und Opferkreis, der die Strafbarkeit begründet, wird dadurch erweitert. Beim Merkmal der Entgeltlichkeit gilt hingegen auch weiterhin die Strafbarkeitsgrenze ab 18 Jahren.

Auch begrifflich wird die Regelung ergänzt, denn in der neuen Fassung des § 184b StGB ist von „sexuellen Handlungen von, an oder vor Kindern“ die Rede, wogegen früher der enger gefasste Begriff des „sexuellen Missbrauchs“ benutzt wurde. Die neue Terminologie kann auch bestimmte erotische Darstellungen umfassen, wobei der genaue Grenzbereich erst von der Rechtssprechung gefestigt werden wird.

„Jugendpornographie“ als neuer Tatbestand

Mit Freiheitsstrafe bis zu drei Jahren oder mit Geldstrafe belegt sind nach dem neu gefassten § 184c StGB nun Erwerb, Besitz und Verbreitung pornographischer Schriften, „die sexuelle Handlungen von, an oder vor Personen von vierzehn bis achtzehn Jahren zum Gegenstand haben“. Eine Ausnahme besteht für die Fälle, in denen der Täter unter 18 Jahren ist und gleichzeitig das Opfer der Handlung zugestimmt hat. Dieser neue Begriff der „Jugendpornographie“ soll in Abgrenzung zur Kinderpornographie den Unterschied im Unrechtsgehalt herausstellen, erweitert im Ergebnis aber künftig die Strafbarkeit deutlich.

Denn: Ebenfalls strafbar ist künftig, Dritten den Besitz an Schriften zu verschaffen, die ein „tatsächliches oder wirklichkeitsnahes Geschehen wiedergeben“. Das heißt im Klartext, dass zukünftig auch die Darstellung fiktiver Handlungen der Strafbarkeit unterliegt, damit diese nicht als „Vorbild“ für reelle Handlungen genutzt werden.

Folgen für Medienanbieter

Aus dieser geänderten Rechtslage werden sich schnell Folgen für die Anbieter von Medien ergeben, da der Tatbestand wesentlich weiter als früher angelegt ist. Wie schon bisher auch unterfallen dem Tatbestandsmerkmal „Schrift“ zahllose Medien, vor allem auch Filme und Animationen. Insbesondere hier ist Anbietern und Vertreibern dringend anzuraten, ihr Material zu prüfen, um nicht unbedacht in den Bereich der Strafbarkeit zu gelangen.

Gerade in Filmen werden oftmals volljährige Schauspieler eingesetzt, die dann in der Rolle jüngerer Charaktere spielen. Ob und inwieweit das bereits als fiktive Handlung gilt, bleibt abzuwarten. Auch der Bereich der minderjährigen Fotomodels könnte künftig in Richtung der Grauzone rutschen. Ein weiteres Problem besteht bei Privataufnahmen, die Jugendliche im gegenseitigen Einvernehmen anfertigen, denn auch hier könnte bei wörtlicher Auslegung künftig eine deutlich erweiterte Strafbarkeit drohen.

Fazit

Die grundlegende Idee, den Schutz zu erweitern, ist nicht per se schlecht. In der aktuellen Formulierung ist das Gesetz jedoch verantwortlich für zahlreiche offene Fragen und möglicherweise einer Flut von Ermittlungsverfahren und Strafanzeigen. Wünschenswert wäre gewesen, wenn der Gesetzgeber die Grenzen genau abgesteckt hätte. Derzeit ist insbesondere Medienanbietern zu großer Vorsicht zu raten.

Wir beraten Sie gern!

Die Kanzlei Hild & Kollegen ist Ihr Ansprechpartner für das Medienrecht. Wir beraten Sie gerne in allen Fragen, auch zur neuen Rechtslage.

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