Landgericht Berlin erklärt Freundefinder und Geschäftsbedingungen von Facebook für rechtswidrig

12. März 2012
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Einen wichtigen Sieg für Verbraucher hat die Verbraucherzentrale Bundesverband (vzbv) gegen den Internetriesen Facebook erstritten. Danach muss der Nutzer klar und deutlich darüber informiert werden, dass durch den Freundefinder das gesamte Adressbuch zu Facebook importiert und für Freundeseinladungen genutzt wird. Auch das umfassende Nutzungsrecht, dass sich Facebook in den Allgemeinen Geschäftsbedingungen an allen Inhalten der Nutzer einräumen lässt, hielt das Gericht für rechtswidrig. Bereits seit Jahren hatte Rechtsanwalt und Fachanwalt Hagen Hild in zahlreichen Interviews auf diese Verstöße hingewiesen.

Verstöße bei Facebook sind bereits seit Jahren bekannt

Obwohl schon seit Jahren bekannt ist, dass Facebook Datenschutzverstöße begeht und rechtswidrige AGB-Klauseln verwendet, wurde bisher nicht gegen Facebook vorgegangen.

Schon im AGB-Check, den Chip im August 2010 zusammen mit unserer Kanzlei durchführte, vertraten die Rechtsanwälte und Fachanwälte unserer Kanzlei die Auffassung, dass Facebook gegen Datenschutzbestimmungen verstößt. Darüber hinaus haben die Anwälte von kanzlei.biz – Anwaltskanzlei Hild & Kollegen in zahlreichen weiteren Interviews und Artikeln zu diversen datenschutzrechtlichen Problemen und weiteren Verstößen von Facebook Stellung genommen.

Freundefinder

er Freundefinder ist eine der zahlreichen Funktionen von Facebook. Nach Eingabe der Nutzerdaten (E-Mail, Passwort) von E-Mailanbietern, wie u.a. Yahoo, T-Online, AOL oder web.de greift Facebook auf die Online-Adressbücher des Users zu. Sodann wird der User von Facebook benachrichtigt, welche von seinen Kontakten bereits bei Facebook registriert und welche noch nicht registriert sind. Daraufhin können diejenigen, welche bereits bei Facebook registriert sind, als Facebookfreund/in hinzugefügt werden und diejenigen, welche noch nicht bei Facebook registriert sind, per E-Mail eine Einladung erhalten.

Wie die Verbraucherzentrale Bundesverband (vzbv) nun berichtet, hält das LG Berlin diese Funktion für rechtswidrig. User von Facebook würden dazu verleitet werden, Namen und E-Mail-Adressen von Freunden zu importieren, die selbst nicht bei Facebook registriert seien. Sie erhielten daraufhin eine Einladung, ohne dazu eine Einwilligung erteilt zu haben. Außerdem kritisierte das LG Berlin, dass die User nicht klar und deutlich darüber informiert würden, dass durch den Freundefinder ihr gesamtes Adressbuch zu Facebook importiert und für Freundeseinladungen genutzt würde. Dies fände bislang nicht statt, so berichtet die vzbv.

Die Verbraucherzentrale erklärte, dass Facebook zwar die Anwendung inzwischen leicht modifiziert habe, aber nicht im ausreichendem Umfang. Herr Gerd Billen (Vorstand des vzbv) beanstandete: „Dass man Facebook sein komplettes Adressbuch überlässt, ist nach wie vor nicht ohne Weiteres erkennbar“.

Bereits im Januar 2011 wies Rechts- und Fachanwalt Hagen Hild im Interview mit CHIP und Focus online explizit darauf hin, dass Facebook mit dem Abgleich und der Speicherung der E-Mail Adressen gegen Datenschutzrecht verstößt.

IP-Inhalte

Facebook verwendet in seinen Nutzungsbedingungen in Ziffer 2.1. folgende Klausel:

Für Inhalte wie Fotos und Videos („IP-Inhalte“), die unter die Rechte an geistigem Eigentum fallen, erteilst du uns durch deine Privatsphäre- und Anwendungseinstellungen die folgende Erlaubnis: Du gibst uns eine nicht-exklusive, übertragbare, unterlizenzierbare, gebührenfreie, weltweite Lizenz für die Nutzung jeglicher IP-Inhalte, die du auf oder im Zusammenhang mit Facebook postest („IP-Lizenz“). Diese IP-Lizenz endet, wenn du deine IP-Inhalte oder dein Konto löschst, außer deine Inhalte wurden mit anderen Nutzern geteilt und diese haben die Inhalte nicht gelöscht.

Das LG Berlin strafte diese Klausel ab. Danach darf Facebook sich in seinen Allgemeinen Geschäftsbedingungen nicht ein umfassendes weltweites und kostenloses Nutzungsrecht an Inhalten einräumen lassen, die Facebook-Mitglieder in ihr Profil einstellen. Vielmehr blieben die Mitglieder Urheber ihrer selbst komponierten Musiktitel oder eigenen Bilder. Facebook dürfe diese Werke nur nach Zustimmung der Nutzer verwenden.

Einwilligungserklärung Datenverarbeitung

Facebook verwendet in seinen Nutzungsbedingungen in Ziffer 10 folgende Klausel:

Unser Ziel ist es, Werbeanzeigen nicht nur für Werbetreibende sondern auch für dich wertvoll zu gestalten. Damit dies möglich ist, erklärst du dich mit Folgendem einverstanden:

Du kannst über deine Privatsphäre-Einstellungen einschränken, inwiefern dein Name und dein Profilbild mit kommerziellen, gesponserten oder verwandten Inhalten (wie z. B. der Marke, die dir gefällt) verbunden werden können, die von uns zur Verfügung gestellt oder aufgewertet werden. Du erteilst uns die Erlaubnis, vorbehaltlich der von dir festgelegten Einschränkungen, deinen Namen und dein Profilbild in Verbindung mit diesen Inhalten zu verwenden.

Wir geben deine Inhalte und Informationen nicht ohne deine Zustimmung an Werbetreibende weiter.

Du verstehst, dass wir bezahlte Dienstleistungen und Kommunikationen möglicherweise nicht immer als solche kennzeichnen.

Das Landgericht erklärte, dass die Einwilligungserklärung, mit der die Nutzer der Datenverarbeitung zu Werbezwecken zustimmen, rechtswidrig sei, so berichtet das vzbv.

Im September 2011 erklärte Rechts- und Fachanwalt Hagen Hild im Interview gegenüber Focus, dass die AGB-Klausel mit der sich Facebook die Nutzungsrechte einräumen lasse überraschend und damit unwirksam sei. Erst im März-Heft beschäftigte sich auch die Computerzeitschrift CHIP mit der AGB-Klausel von Facebook zur Einräumung der Nutzungsrechte. Auch dort vertrat Rechts- und Fachanwalt Hagen Hild die Auffassung, dass die Klausel zur Nutzungseinräumung bei Facebook unwirksam ist.

Facebooks Reaktion auf die Entscheidung lautet, dass man sich an das europäische Datenschutzrecht halte und sich die Entscheidung genau anschauen werde. Die Verbraucherzentrale Bundesverband (vzbv) fordert Facebook auf, seinen Bekundungen nun Taten folgen zu lassen und den Verbraucher- und Datenschutz in Europa zu akzeptieren. Herr Gerd Billen (Vorstand des vzbv) erklärte: „Wir werden Facebook sehr genau auf die Finger schauen, ob es das Urteil umsetzt, sobald es rechtskräftig ist“ und weiter „Das Urteil ist ein Meilenstein. Facebook und Co. müssen den Datenschutz in Europa respektieren“.

Erfreulich ist daher, dass es im Fall von Facebook nicht bei einer theoretischen Einschätzung bleiben musste, sondern dass die Verbraucherzentrale Bundesverband ihre Stellung genutzt hat um aktiv gegen die Ignoranz und Arroganz von Facebook vorzugehen. Es bleibt daher zu hoffen, dass die Medien weiterhin Ihren Einfluss wahrnehmen, um Nutzer für Verstöße zu sensibilisieren. Ebenso bleibt zu hoffen, dass Verbraucherzentralen ihre Befugnisse ausschöpfen und wie die Verbraucherzentrale Bundeszentrale gegen Facebook vorgehen.

Nun auch hat die Verbraucherzentrale Bundesverband Google wegen seiner neuen Nutzungs- und Datenschutzbestimmungen abgemahnt (http://www.vzbv.de/8963.htm).

Schutz für Verbraucher kann auch die neue EU-Datenschutz-Verordnung bringen. Diese ist derzeit noch im Entwurfsstadium. Jedoch sind dort Bußgelder bis zu 1 Millionen Euro, darüber hinaus bis zu 2 % des Welt-Jahresumsatzes eines Unternehmens vorgesehen, wenn beispielsweise personenbezogene Daten unberechtigt verarbeitet werden. Spätestens dann dürfte Facebook sensibilisiert werden, zukünftig Datenschutzbestimmungen ernst zu nehmen und Nutzerdaten nur gemäß den gesetzlichen Datenschutzbestimmungen zu erheben, verarbeiten und zu nutzen.

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