Wikimedia vs. Reiss-Engelhorn-Museum: Können Digitalisate gemeinfreier Werke urheberrechtlich geschützt werden?

18. Juli 2016
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Mann hält ein Smartphone in einem Museum und fotografiert ein Gemälde

Die bloße fotografische Reproduktion eines bereits gemeinfrei gewordenen Gemäldes kann seinerseits die urheberrechtliche Schöpfungshöhe erreichen und als Lichtbild geschützt werden. Das hat das Landgericht Berlin entschieden und damit den Mannheimer Reiss-Engelhorn-Museen Recht gegeben. Wikimedia Deutschland will gegen das Urteil nun Rechtsmittel einlegen, die Entscheidung schädige langfristig die Gemeinfreiheit.

In dem Rechtsstreit ging es um 17 Gemälde, die das Reiss-Engelhorn-Museum Mannheim in einem Sammelband veröffentlicht hatte. Ein Wikipedia-Autor hatte die Abbildungen eingescannt und auf der Wikimedia Commons Seite veröffentlicht. Einige Unternehmen nutzten die Fotografien daraufhin kommerziell und verließen sich dabei auf die Gemeinfreiheit der Originale. Das Museum erhob jedoch gegen die Wikimedia Foundation und Wikimedia Deutschland Klage und berief sich auf den Urheberrechtsschutz der eigens angefertigten Digitalisate.

Ein Werk im Sinne des Urheberrechts muss zwar grundsätzlich eine gewisse Schöpfungshöhe, das heißt einen gewissen Grad an Individualität, aufweisen. Dies gilt auch für Lichtbildwerke. Anders verhält es sich jedoch mit einfachen Lichtbildern, an die nur sehr geringe Anforderungen zu stellen sind. Zwar erhalten diese weniger individuellen Werke ab Aufnahme nur 50 Jahre Schutz, statt 70 Jahre ab Tod des Urhebers. Dennoch sieht Wikimedia im Urteil des LG Berlin einen schweren Eingriff in die Gemeinfreiheit.

Einerseits vertritt Wikimedia die Auffassung, das Museum könne sich nicht auf Bilderrechte berufen, die eigentlich der Allgemeinheit zustünden. Durch ein solches Vorgehen würde der 70-jährige Urheberrechtsschutz faktisch verlängert und die gesetzliche Regelung ausgehöhlt. Andererseits habe das LG Berlin in seiner Entscheidung nicht berücksichtigt, dass die Gesellschaft Kultur heutzutage weitestgehend digital erlebe. Daher müsse der Gemeinfreiheit ein besonderes Gewicht zukommen.

Ob es im Laufe des Verfahrens zu einer Grundsatzentscheidung des BGH kommen wird, ist bisher noch unklar, die wichtige Fragestellung könnte jedoch einer höchstrichterlichen Entscheidung bedürfen.

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