0137 – Anrufe: Die Rechtslage – Betrug in besonders schwerem Fall

26. Januar 2003
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Die Rechtslage ist klar. Durch den Anruf aufs Handy werden die Angerufenen darin getäuscht, dass jemand mit diesen ein Telefongespräch führen wolle, bzw. versucht habe diese telefonisch zu erreichen. Die eigene Handyrufnummer wird in der Regel nur an bestimmte Personen weitergegeben für die man auch auf dem Handy jederzeit erreichbar sein will. Der Angerufene rechnet hingegen nicht damit, dass er von einem Computersystem angerufen wird. Er rechnet auch nicht damit, dass durch den Rückruf höhere, als die üblichen Handy-Telefongebühren entstehen.

Tausende Menschen bundesweit erhielten in den letzten Tagen einen Anruf mit einer 0137 – Nummer auf ihr Handy. Diese Anrufe wurden mittels eines Computers generiert. Nach einmal Läuten wurde aufgelegt. Wer die Nummer zurückrief, hörte nur ein Rauschen in der Leitung oder eine Computerstimme, dass der Anruf gezählt worden sei. Die Masche ist geschickt angelegt. Welcher Handybesitzer wird nicht zurückrufen, wenn sein Handy angeklingelt wird. Nicht viele werden sich vorher die Mühe machen, herauszufinden, wer der vermeintliche Anrufer ist. Kaum einer wird bemerkt haben, dass es sich bei der 0137 – Telefonnummer um eine sog. Voting – Nummer handelt. Diese wird meist für Gewinnspiele oder Abstimmungen verwendet. Ein normaler Anruf ist von diesen Nummern aus gar nicht möglich. Die Anrufe hatten deshalb nur einen Zweck, der Angerufene sollte zu einem Rückruf verleitet werden. Zwar ist für den Einzelnen durch den Rückruf mit bis 1,12 € je Rückruf kein großer Schaden entstanden, bei der Masse der Anrufe dürfte es sich jedoch um ein Millionengeschäft handeln. Dialerschutz.de hat am 21.01.2003 Anzeige erstattet, die Augsburger Polizei ermittelt bereits.

Einzelheiten finden Sie unter:

Abzocke mit Rückrufen: Jetzt sind die 0137-Nummern dran

Betrug mit 0137-Nummern, jetzt ermittelt die Kripo gegen Unbekannt

sowie bei dialerschutz.de

Dort finden Sie auch einen aktuellen Zwischenstand über die Geschädigten und können sich im Forum austauschen. Dialerschutz wird Sie auch zukünftig über den aktuellen Verlauf informiert halten.
(Quelle: dialerschutz.de)

Strafbarkeit

Die Rechtslage ist klar. Durch den Anruf aufs Handy werden die Angerufenen darin getäuscht, dass jemand mit diesen ein Telefongespräch führen wolle, bzw. versucht habe diese telefonisch zu erreichen. Die eigene Handyrufnummer wird in der Regel nur an bestimmte Personen weitergegeben für die man auch auf dem Handy jederzeit erreichbar sein will. Ruft der Angerufener die Nummer auf seinem Display zurückruft, so tut er dies in der Absicht eine individuelle Kommunikation mit dem Anrufer zu führen. Der Angerufene rechnet hingegen nicht damit, dass er von einem Computersystem angerufen wurde. Er rechnet auch nicht damit, dass durch den Rückruf höhere, als die üblichen Handy-Telefongebühren entstehen.

Ein versuchter – strafbarer – Betrug ist bereits dann verwirklicht, wenn lediglich die Nummer auf dem Handy des Angerufenen erscheint. Hier hat der /die Täter bereits seinen Tatentschluss umgesetzt und nach seiner Vorstellung alles für die Tatbestandsverwirklichung eines Betrugs Erforderliche getan. Die Vollendung der Tat hängt lediglich davon ab, ob der Angerufene zurückruft oder nicht.

Ein vollendeter Betrug liegt vor, sobald der Angerufene die Nummer auf dem Display zurückruft und durch den Anruf Kosten entstehen.

Ob es sich auch um einen Betrug in einem besonders schweren Fall vorliegt, dürfte streitig sein, ist meines Erachtens jedoch gegeben.

Nach der Rechtsprechung handelt gewerbsmäßig, wer sich aus wiederholter Tatbegehung eine nicht nur vorübergehende Einnahmequelle von einigem Umfang verschaffen möchte. Dies ist vorliegend der Fall. Damit liegt im Grundsatz ein besonders schwerer Fall des Betrugs vor, der mit Freiheitsstrafe zwischen 6 Monaten und 10 Jahren bestraft wird. Jedoch liegt beim Einzelnen nur ein geringer Schaden vor, so dass man mit der Rechtsprechung von einem Bagatellbetrug ausgehen könnte, der wiederum einen besonders schweren Fall ausschließt. Zu einem anderen Ergebnis kommt man jedoch, wenn man die Tatausführung betrachtet. Hier hat man es nicht mit einem Täter zu tun, der einzelne Handys anruft und sodann nach einmaligem Läuten wieder auflegt. Stattdessen werden die Geschädigten mit Hilfe einer eigens programmierten Software von einem Computer aufgrund eines zuvor gefassten Tatentschlusses des Täters angerufen. Sobald der Täter das Programm startet, beginnt die Tatausführung. Man muss hier davon ausgehen, dass Tausende Handys gleichzeitig bzw. nacheinander automatisiert angerufen werden. Betrachtet man die Tat in diesem Zusammenhang liegt der Gesamtschaden deutlich über der Bagatellgrenze. Somit muss es meines Erachtens bei einem Betrug in besonders schwerem Fall verbleiben.

Uns ist zu Ohren gekommen, dass einzelne Staatsanwaltschaften bei solchen Anrufen keinen Betrugstatbestand verwirklicht sehen, schließlich hätten die Geschädigten selbst zurückgerufen. Wie die Staatsanwaltschaft zu dieser Einschätzung kommt, ist für uns nicht nachvollziehbar. Nach dem Tatbestand liegt eindeutig Betrug vor. Die Masche mit den Anrufen funktioniert übrigens auch mit 0190-0 Rufnummern. Diese sind bekanntlich frei tarifierbar. Fälle bei Dialern mit bis zu 900 € pro Einwahl sind bekannt. Es wäre interessant, ob die Staatsanwaltschaft bei einem 900 € – Rückruf Ihre Argumentation aufrecht erhält und einen Betrug weiterhin verneint.

Zivilrechtliche Lage

Ungünstig für die Geschädigten ist, dass die Kosten des 0137-Anrufs durch den Netzbetreiber des Anschlusses (z.B. Telekom) geltend gemacht werden. Da die Anrufe von den Geschädigten bewusst angewählt wurden, sind die Telefongebühren im Verhältnis zu diesem entstanden. Dass diese nur durch Täuschung zum Rückruf veranlasst wurden, spielt in diesem Verhältnis Handybesitzer – Mobilfunkbetreiber keine Rolle. Die Geschädigten können allenfalls auf Kulanz des Netzbetreibers hoffen.

Zwar können die Geschädigten Schadensersatz- und Unterlassungsansprüche gegen die Täter geltend machen (§§ 823, 1004 BGB), die Schwierigkeit besteht jedoch darin, die Täter überhaupt ausfindig zu machen. Gewöhnlich sind diese nur schwer zu ermitteln, da in der Regel eine Kette von Personen und Unternehmen – meist mit Sitz im Ausland – beteiligt sind. Die Ansprüche sind daher aus praktischen Gründen kaum durchsetzbar. Hinzu kommt, dass die wenigsten Geschädigten angesichts einer Schadenssumme im Cent-Bereich Regress bei den Tätern nehmen werden.

Was können Geschädigte tun?

Als erstes ist zu empfehlen bei einem 0137-Anruf – übriges ebenso bei 0190-, 0900- oder anderen sog. Mehrwertdiensterufnummern – Anzeige bei der Polizei zu erstatten. Die Polizei muss in diesem Fall ermitteln! Es wird im Regelfall immer Betrug vorliegen.

Zweitens ist der Betreiber der sog. Mehrwertdiensterufnummer zu ermitteln und dieser aufzufordern gegen den Missbrauch der Rufnummer vorzugehen. Der Mehrwertdiensterufnummernbetreiber kann über die Regulierungsbehörde für Telekommunikation und Post [www.regtp.de] ausfindig gemacht werden. Der Mehrwertdiensterufnumernbetreiber ist gem. § 13a TKV (Telekommunikations-Kundenschutzverordnung) verpflichtet geeignete Maßnahmen zur Unterbindung des Rechtsverstoßes zu ergreifen. Nach erfolgloser Mahnung hat der Mehrwertdiensterufnummerbetreiber bei gesicherter Kenntnis von einer wiederholten Zuwiderhandlung die Rufnummer zu sperren. Da in der vorliegenden Konstellation immer Betrug vorliegt, handelt es sich um einen solchen schwerwiegenden Verstoß, so dass der Mehrwertdiensterufnummernbetreiber die Rufnummer sofort zu sperren hat. Reagiert der Mehrwertdiensterufnummernbetreiber nicht, hat der einzelne Geschädigte sogar gegen diesen Ansprüche auf Unterlassung- und Schadensersatz (§ 40 TKG – Telekommunikationsgesetz) und kann diesen somit zur Sperrung zwingen.

Oftmals kommen Geschädigte nicht weiter, weil Telekommunikationsunternehmen oder die Post Auskünfte verweigern und z.B. keine Auskunft über den Inhaber einer Postfachadresse erteilen wollen. In der Regel berufen sich diese auf den Datenschutz. Hier hilft § 13a UKlaG (Unterlassungsklagengesetz) weiter. Der Anruf aufs Handy ist mit der „sonstigen Übermittlung unverlangter Werbung“ gleichzusetzen. Soll der vom Gesetz geschützte Personenkreis schon vor bloßer Zusendung und Übermittlung von Werbung geschützt werden, so gilt dies erst recht, wenn er bereits durch die Übermittlung in Gefahr gerät Zahlungen leisten zu müssen. Abgesehen davon, ist bereits die Anwahl der Nummer aufs Handy eine Werbung zum Rückruf dieser Rufnummer, so dass die Anrufe eindeutig unter den Schutz des Gesetzes fallen. Die Geschädigten können deshalb von Telekommunikationsunternehmen Auskunft verlangen, wer Inhaber oder Nutzer einer Rufnummer ist, von der Post, wer Inhaber der Postfachadresse ist. Dazu muss lediglich versichert werden, dass diese Informationen zur Durchsetzung eines Unterlassungsanspruchs wegen unverlangt zugesendeter Werbung benötigt werden und dass diese Informationen nicht anderweitig beschafft werden können. Die entsprechenden Unternehmen sind verpflichtet diese Auskünfte zu erteilen, können jedoch angemessene Kosten für die Erteilung der Kosten geltend machen.

Kommen die Täter ungeschoren davon?

Es hilft den Tätern nicht, wenn diese im Ausland ihren Wohn- oder Unternehmenssitz haben. Die Taten wurden in Deutschland verübt, weshalb deutsches Strafrecht gilt. In diesem Fall werden die ausländischen Strafverfolgungsbehörden um Rechtshilfe gebeten. Spätestens seit dem Betrug mit Dialern im Internet wissen die Polizei und Strafverfolgungsbehörden um die Dimension des Schadens. Bei Tausenden oder Hunderttausenden von Opfern geht der Schaden in die Millionenhöhe. Die Täter können deshalb nicht darauf hoffen nicht zur Rechenschaft gezogen zu werden.

Bei einer Verurteilung müssen die Täter damit rechnen, dass der Gewinn abgeschöpft wird. Allerdings gilt § 73 StGB, der diesen sog. Verfall regelt, nicht, wenn individuelle Schadensersatzansprüche gegen den Täter bestehen. Dies ist vorliegend der Fall, da die Geschädigten Schadensersatzansprüche gegen den Täter geltend machen können. Nicht entscheidend ist, ob diese ihre Ansprüche tatsächlich geltend machen. Theoretisch besteht auch die Möglichkeit, dass die Geschädigten ihren Schaden ersetzt bekommen, wenn der Täter ermittelt wird. Grundsätzlich hat die Polizei die einzelnen Geschädigten zu ermitteln. Soweit Abrechnungen oder sonstige Daten vorhanden sind, könnten diese auch grundsätzlich entschädigt werden. Allerdings fallen hierfür allein für Porto und Überweisung Kosten an, die wohl in keinem Verhältnis zum Schaden stehen. Es besteht jedoch für das Gericht die Möglichkeit im Falle einer Bewährung durch eine Auflage gem. § 56 Abs. 2 Nr. 2 StGB den Gewinn abzuschöpfen. Noch praktischer wäre vorliegend gem. § 41 StGB neben einer Freiheitsstrafe auf Geldstrafe zu erkennen und so den Gewinn faktisch abzuschöpfen. Dies gerade dann, wenn erkennbar und offensichtlich ist, dass die Geschädigten keinen Regress nehmen werden. Dem Täter/den Tätern dürfte somit keinesfalls ein Gewinn aus der Tat verbleiben.

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