Preisvergleich keine unlautere vergleichende Werbung
Eigener Leitsatz:
Vergleichende Werbung ist ein zulässiges Mittel zur Unterrichtung der Verbraucher über die Vorteile des beworbenen Produkts, wobei die Bezugnahme auf Unterscheidungszeichen eines Mitbewerbers, wie etwa ein Preisvergleich zulässig ist, sofern die sich aus den Tatsachenbehauptungen ergebende Schlussfolgerung objektiv nachvollziehbar und die Möglichkeit zur Nachprüfung der Angaben gegeben ist.
Landgericht Hamburg
Urteil vom 04.08.2009
Az.: 312 O 365/09
Tenor:
I. Der Antrag auf Erlass einer einstweiligen Verfügung wird zurückgewiesen.
II. Die Antragstellerin trägt die Kosten des Verfahrens.
III. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar. Die Antragstellerin darf die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung oder Hinterlegung in Höhe von 110 % des auf Grund des Urteils vollstreckbaren Betrages abwenden, wenn nicht die Antragsgegnerin vor Vollstreckung Sicherheit in Höhe von 110 % des jeweils zu vollstreckenden Betrages leistet.
Tatbestand:
Die Antragstellerin macht gegen die Antragsgegnerin einen wettbewerbsrechtlichen Unterlassungsanspruch wegen behaupteter unlauterer vergleichender und irreführender Werbung geltend.
Die Parteien sind Verlage für den Bereich der Apotheken-Kundenzeitschriften. Das Produkt der Antragstellerin ist die “A..U..", das Produkt der Antragsgegnerin die "N..A..I.." "N..A..I.." Beide Zeitschriften werden kostenpflichtig von den Apotheken erworben und dann kostenlos an die Apothekenkunden verteilt.
Die "A..U.." hat einen durchschnittlichen Heftumfang von rund 89 Seiten (Juli 2008 bis Juni 2009) und ist das auflagenstärkste Gesundheitsmagazin in Deutschland. Die verkaufte Auflage sieht jeweils im 1. Quartal 2009 wie folgt aus (vgl. Anl. AST 1):
"A..U.." Ausgabe A 4.609.042 Exemplare
"A..U.." Ausgabe B 4.797.058 Exemplare
"A..U.." Kombi A + B 9.487.100 Exemplare
Fast jeder dritte Bundesbürger ab 14 Jahre liest pro Monat die "A..U..". Die Reichweite 2008 sieht wie folgt aus (vgl. auch Anl. AST 2):
"A..U.." Ausgabe A 13,79 Mio. Leser (=21,3 %)
"A..U.." Ausgabe B 13.46 Mio. Leser (=20,8 %)
"A..U.." Kombi A + B 19,53 Mio. Leser (=30,1 %)
Mehr als 90 % der Apotheken, d. h. mehr als 19.400 von rund 21.500 Apotheken beziehen die "A..U..". Bei einer Abnahme von 100 Exemplaren kostet ein Heft der "A..U.." ohne den Rätselteil S. I bis XII € 0,436. Bei unbefristeten Neuaufträgen wird ein Einführungsrabatt von 30 % für die ersten 6 Ausgaben (3 Monate) gewährt, sodass bei einer Abnahmemenge von 100 Heften der Einführungspreis € 0,352 beträgt. Je nach Anzahl der bezogenen Zeitschriftenexemplare reduzieren sich die Heftpreise. Wegen der Einzelheiten wird auf die Preisliste entsprechend Anl. AST 3 verwiesen.
Die "N..A..I.." erscheint ebenfalls zweimal monatlich mit einer monatlichen Gesamtauflage im 1. Quartal 2009 von 985.733 Exemplaren (vgl. Anl. AST 4) und erreichte 2008 2,54 Mio. Leser im Monat (= 3,9 %), also 13 % der Leserschaft der "A..U..". Das Heft bestand im Zeitraum Juli 2008 bis Juni 2009 aus durchschnittlich rund 50 Seiten. Ein Heft der "N..A..I.." kostet für Neukunden € 0,13. Dieser Preis gilt nur für die Dauer des ersten Bezugsjahres. Danach erhöht sich der Preis auf € 0,21 für ein Jahr Vertragsdauer bei der Abnahme von 100 Stück (vgl. Anl. AST 5).
Die Antragsgegnerin bewarb ihre Zeitschrift u. a. am 12. März, 9. April und 7. Mai 2009 bundesweit mit Anzeigen in der Pharmazeutischen Zeitung, einer Fachzeitschrift für Apotheker. Diese Werbung ist Gegenstand von parallelen Rechtsstreitigkeiten (312 O 177/09; 312 O 264/09 und 312 O 297/09).
Am 28. Mai 2009 warb die Antragsgegnerin erneut in der Pharmazeutischen Zeitung für ihre Zeitschrift mit der folgenden Anzeige:
…
Die Antragstellerin hält diese Art der Darstellung für wettbewerbsrechtlich unzulässig, denn die Anzeige erfülle den Tatbestand der unlauteren vergleichenden Werbung (§ 6 UWG). Darüber hinaus sei die Werbung irreführend (§§ 5, 5a UWG).
Es handele sich schon um keinen objektiven Vergleich i. S. v. § 6 Abs. 2 Nr. 2 UWG, denn die Antragsgegnerin lasse offen, auf welche Preise sich ihre vergleichende Werbung beziehe, nämlich ob auf die normalen Preise oder auf die Einführungspreise. Der Grundpreis von € 0,21 werde in der Anzeige nicht erwähnt. Ebenso werde verschwiegen, ob die Bezugszeit nur 12 Monate betrage oder sich das Abonnement automatisch verlängere und insoweit werde lediglich auf die AGB verwiesen. Der Sternchenhinweis auf der zweiten Seite sei ohnehin leicht zu übersehen. Wenn die Antragsgegnerin behaupte, „Für weniger Geld können sie also gleich viel Kunden erreichen“, sei dies nicht objektiv. Es werde auch Ungleiches verglichen, da die Frage des Kaufpreises nichts mit der Frage zu tun habe, ob der angesprochene Apotheker mehr Kunden erreiche oder eine höhere Kundenbindung aufbauen könne. Die "A..U.." erreiche mit ihrer großen Verbreitung und ihrer weit überlegenen Qualität viel mehr Kunden. Schon wegen des größeren Heftumfangs, des größeren redaktionellen Teils, des umfangreicheren Anzeigenteils, des größeren Redaktionsteams und der großen Beliebtheit der "A..U.." sei der Vergleich nicht objektiv. Deshalb sei die Anzeige zugleich irreführend i. S. d. §§ 5, 5a UWG, da den Kunden versprochen werde, dass sie für gleiches Geld eine vergleichbare Kundenzeitschrift erhielten. Dies sei jedoch falsch, weil die Antragsgegnerin die wesentlichen Unterschiede verschweige.
Der Preisvergleich sei auch nicht objektiv bzw. nachprüfbar, weil der Preis der "A..U.." nicht genannt werde. Es könne den Apothekern nicht zugemutet werden, die Preise aus ihren eigenen Unterlagen zu ermitteln. Der Einführungspreis der "A..U.." werde in dem Preisblatt der Antragstellerin nicht erwähnt, sodass der Apotheker sich diesen auch gar nicht ausrechnen könne. Es bestehe schließlich die Gefahr, dass der Apotheker die falschen Preise gegenüberstelle, bspw. den Einführungspreis mit dem Basispreis vergleiche. Bezogen auf die Seitenzahl koste die "A..U.." bei einer Bezugsmenge von 200 Stück im regulären Preis sogar weniger. Der Begriff „günstig“ enthalte zudem eine nicht objektive Qualitätskomponente.
Die Antragstellerin beantragt,
der Antragsgegnerin im Wege der einstweiligen Verfügung unter Androhung der gesetzlichen Ordnungsmittel zu verbieten,
im geschäftlichen Verkehr zu Zwecken des Wettbewerbs für die "N..A..I.." wie in der Anlage zu diesem Beschluss zu werben.
Die Antragsgegnerin beantragt,
den Antrag auf Erlass einer einstweiligen Verfügung vom 25. Juni 2009 zurückzuweisen.
Die Antragsgegnerin ist der Ansicht, dass die von ihr verwendete Werbeunterlage unter keinem rechtlichen Gesichtspunkt untersagt werden könne. Die Zeitschriften seien vergleichbar, denn sie seien aus der Sicht des Verkehrs in ihrer Funktion austauschbar. Angaben zu Preis, Umfang und Qualität der Zeitschriften seien nicht erforderlich, um einen objektiven Produktvergleich zu gewährleisten. Die Preisangabe für die "A..U.." sei bereits deshalb nicht erforderlich, weil dem angesprochenen Verkehr die Preise bestens bekannt seien, bzw. er sich diese mit Leichtigkeit verschaffen könne. Die Aussage der Antragsgegnerin sei immer richtig, denn gleich nach welcher Berechnungsgrundlage, die "N..A..I.." sei stets günstiger. Eine Angabe der Seitenzahl sei weder üblich noch erforderlich, nicht einmal gegenüber Verbraucher-Endkunden. Dies sei auch gar nicht möglich, denn die Seitenzahlen könnten jederzeit aus unterschiedlichen Gründen schwanken. Der Sternchenhinweis weise ausreichend darauf hin, dass es sich um ein zeitlich begrenztes Angebot für Neukunden handele.
Dem Antrag fehle es auch an der Eilbedürftigkeit soweit die Antragstellerin Elemente, die bereits in einer früheren Werbung enthalten gewesen seien, erstmals moniere. Die "A..U.." werde durch die Werbung nicht herabgesetzt.
Wegen des weiteren Sach- und Streitstandes wird auf die zwischen den Parteien gewechselten Schriftsätze nebst Anlagen und das Protokoll der mündlichen Verhandlung vom 04.08.2009 Bezug genommen.
Entscheidungsgründe:
I.
Der zulässige Antrag auf Erlass einer einstweiligen Verfügung ist unbegründet. Die Antragstellerin kann aus keinem rechtlichen Gesichtspunkt Unterlassung der angegriffenen Werbung verlangen.
Gegenstand der mit dem Verfügungsantrag angegriffenen Werbung ist die konkrete Anzeige in der Pharmazeutischen Zeitung vom 28. Mai 2009.
1.
Die Antragstellerin hat keinen Unterlassungsanspruch gem. §§ 3, 6 Abs. 2 Nr. 2, 8 Abs. 1, Abs. 3 Nr. 1 UWG. Die Tatbestandvoraussetzungen einer unlauteren vergleichenden Werbung liegen nicht vor.
Mit den am 30.12.2008 in Kraft getretenen Änderungen des UWG ist die Richtlinie 2005/29/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 11. Mai 2005 über unlautere Geschäftspraktiken im binnenmarktinternen Geschäftsverkehr zwischen Unternehmen und Verbrauchern und zur Änderung der Richtlinie 84/450/EWG des Rates, der Richtlinien 97/7/EG, 98/27/EG und 2002/65/EG des Europäischen Parlaments und des Rates sowie der Verordnung (EG) Nr. 2006/2004 des Europäischen Parlaments und des Rates (Richtlinie über unlautere Geschäftspraktiken) in das deutsche Recht umgesetzt worden. Mit der Richtlinie 2006/114/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 12. Dezember 2006 über irreführende und vergleichende Werbung ist die Richtlinie über irreführende und vergleichende Werbung kodifiziert worden. Da das in Umsetzung von Richtlinienrecht geschaffene nationale Recht nur richtlinienkonform angewendet und ausgelegt werden kann, ist von den Legaldefinitionen der Richtlinie in der kodifizierten Fassung auszugehen. Auch deren Erwägungsgründe sind zur Auslegung der Vorschriften über irreführende und vergleichende Werbung heranzuziehen.
Nach der Richtlinie 2006/114/EG soll die vergleichende Werbung dazu beitragen, die Vorteile der vergleichbaren Erzeugnisse objektiv herauszustellen und sie kann den Wettbewerb zwischen den Anbietern von Waren und Dienstleistungen im Interesse der Verbraucher fördern (Erwägungsgründe Abs. 6). Die vergleichende Werbung ist danach, unter bestimmten Voraussetzungen, ein zulässiges Mittel zur Unterrichtung der Verbraucher über ihre Vorteile (Erwägungsgründe Abs. 7). Für eine wirksame vergleichende Werbung kann es auch unerlässlich sein, den Mitbewerber durch Bezugnahme auf seine Marke oder seinen Handelsnamen erkennbar zu machen (Erwägungsgründe Abs. 14). Solange nur eine Unterscheidung bezweckt wird, verletzt die Benutzung von Marken, Handelsnamen oder anderen Unterscheidungszeichen eines Mitbewerbers nicht die Ausschließlichkeitsrechte Dritter (Erwägungsgründe Abs. 15).
Ein zulässiger Vergleich verlangt nach Art. 4 der Richtlinie die Erfüllung der folgenden Bedingungen:
a) die vergleichende Werbung ist nicht irreführend im Sinne der Artikel 2 Buchstabe b, Artikel 3 und Artikel 8 Absatz 1 der vorliegenden Richtlinie oder im Sinne der Artikel 6 und 7 der Richtlinie 2005/29/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 11. Mai 2005 über unlautere Geschäftspraktiken im binnenmarktinternen Geschäftsverkehr zwischen Unternehmen und Verbrauchern (Richtlinie über unlautere Geschäftspraktiken);
b) sie vergleicht Waren oder Dienstleistungen für den gleichen Bedarf oder dieselbe Zweckbestimmung;
c) sie vergleicht objektiv eine oder mehrere wesentliche, relevante, nachprüfbare und typischen Eigenschaften, zu denen auch der Preis gehören kann;
d) durch sie werden weder die Marken, die Handelsnamen oder andere Unterscheidungszeichen noch die Waren, die Dienstleistungen, die Tätigkeiten oder die Verhältnisse eines Mitbewerbers herabgesetzt oder verunglimpft;
e) […]
f) sie nutzt den Ruf einer Marke, eines Handelsnamens oder anderer Unterscheidungszeichen eines Mitbewerbers oder der Ursprungsbezeichnung von Konkurrenzerzeugnissen nicht in unlauterer Weise aus;
[…]
Danach ist ein Vergleich also u. a. unlauter, wenn er nicht objektiv wesentliche, relevante, nachprüfbare und typische Eigenschaften, zu denen auch der Preis gehören kann, vergleicht. Die Eigenschaften (und der Preis), auf die sich der Vergleich bezieht, müssen mithin den genannten vier Kriterien genügen und außerdem objektiv verglichen werden (EuGH GRUR 2007, 69, 73 Rz. 45 – LIDL Belgium/Colruyt). Das Objektivitätserfordernis zielt nach Auffassung des EuGH im Wesentlichen darauf ab, Vergleiche auszuschließen, die sich aus einer subjektiven Wertung des Urhebers und nicht aus einer objektiven Feststellung ergeben (Rz. 46).
Da eine Vergleichsaussage notwendig wertend ist, ist die Grenzziehung zwischen objektiver Feststellung und subjektiver Wertung oft fließend. Maßgebend sollte sein, ob die Schlussfolgerung von den zu Grunde liegenden Tatsachenbehauptungen gedeckt und somit objektiv nachvollziehbar ist. Daher stellt z. B. die Aussage, ein Produkt sei billiger als das andere oder funktionell gleichwertig mit ihm, eine zulässige objektive Feststellung dar (Hefermehl/Köhler/Bornkamm, Unlauterer Wettbewerb-Gesetz, 27. Aufl. 2009, § 6 Rn. 53 b).
a) Unter Anlegung dieser Maßstäbe verletzt die angegriffene Werbung nicht das Gebot der Objektivität.
Für die Beurteilung, wie die beanstandete Werbung verstanden wird, ist auf den Erkenntnishorizont eines durchschnittlich informierten und durchschnittlich verständigen Apothekers abzustellen, der die Werbeangaben mit dem Maß an Aufmerksamkeit zur Kenntnis nimmt, mit dem er solcher Werbung üblicherweise begegnet. Der Verkehr wird die einzelnen Begriffe dabei nicht einer zergliedernden Betrachtung unterziehen und aus dieser isolierten Betrachtung ggf. falsche Schlüsse ziehen. Der Verkehr nimmt die Werbung vielmehr mit der situationsadäquaten Aufmerksamkeit mit allen ihren Bestandteilen wahr.
Aus der Sicht der angesprochenen Apotheker handelt es sich bei Begriffen wie „Preiswert“ (vgl. S. 1 der Anzeige) oder „günstiges Angebot“ (vgl. S. 2 der Anzeige) um eine objektiv nachvollziehbare Schlussfolgerung, da sie nach der Gesamtaussage auf die Tatsachenbehauptung eines Preises von „nur 13 Cent** pro Exemplar“ bezogen sind.
Auch der Satz „Für weniger Geld können Sie also gleich viele Kunden erreichen“, ist aus der Sicht des angesprochenen Verkehrs eine eindeutig auf den Preis bezogene Schlussfolgerung und insoweit ebenfalls objektiv nachvollziehbar. Für ein Verständnis der Formulierung dahin, dass die "N..A..I.." eine größere Reichweite habe oder mehr Exemplare verkaufe, hat der Verkehr in Ansehung der Werbung keinerlei Anhaltspunkte.
Dass die Antragsgegnerin ihr Einführungsangebot für den Preisvergleich ausgewählt hat, ist ebenfalls unbedenklich. Das Objektivitätserfordernis ist nicht verletzt, wenn der Werbende gerade die Produkte für den Vergleich auswählt, bei denen eine für ihn günstige Preisdifferenz besteht (Hefermehl/Köhler/Bornkamm, a. a. O., § 6 Rz. 55). Es besteht auch keine Gefahr, dass der Apotheker die „falschen“ Preise gegenüberstellt, bspw. den Einführungspreis mit dem Basispreis vergleicht. Entweder vergleicht der Apotheker den beworbenen Preis damit, was ihn die "A..U.." derzeit tatsächlich kostet und errechnet so die für ihn zutreffende Differenz. Oder er verschafft sich sämtliche Preisinformationen bei seinem Vertragspartner – der Antragstellerin – bzw. unter den in der Werbung angegebenen Kontaktdaten bei der Antragsgegnerin und stellt selbst einen umfassenden Preisvergleich an. Das Objektivitätserfordernis ist hierdurch nicht berührt.
b) Die Werbung ist auch nicht mangels Nachprüfbarkeit unlauter, weil sie nicht die Preise der Antragstellerin nennt bzw. einen Hinweis gibt, wo genau der Verkehr diese Preise erfahren kann.
Nach Auffassung der Kammer ist die angegriffene Werbung gem. § 6 Abs. 2 Nr. 2 UWG bzw. Art. 4 lit. c) der Richtlinie2006/114/EG ohne weiteres nachprüfbar. Das Erfordernis der Angabe der Preise des Konkurrenzerzeugnisses oder die ausdrückliche Nennung einer entsprechenden Quelle, lässt sich weder der Richtlinie noch § 6 UWG in der Fassung ab dem 30.12.2008 entnehmen. Erforderlich ist lediglich die Nachprüfbarkeit, also die Möglichkeit, dass sich der angesprochene Verkehr zumindest über die genannten Eigenschaften oder Preise die nötige Klarheit verschaffen kann (BGH, Urt. 23.04.1998, GRUR 1999, 69, 71 – Preisvergleichsliste II ).
Die Auffassung, dass die Werbung den Verkehr stets über den zum Vergleich anstehenden Einzelpreis oder eine entsprechende Quelle zu informieren hat, auch wenn der angesprochene Verkehr über diese Informationen verfügt (so wohl: Schleswig-Holsteinisches Oberlandesgericht, Beschl. vom 1. Juli 2008, 6 U 40/07), überspannt nach Auffassung der Kammer die Voraussetzungen der Nachprüfbarkeit der zulässigen vergleichenden Werbung. Auch nach Auffassung des BGH (GRUR 1999, 69, 71 – Preisvergleichsliste II ) ist für einen zulässigen Vergleich nicht erforderlich, dass der Verkehr die Überprüfung ohne weiteres und ohne jeden Aufwand vornehmen kann.
Nach der Rspr. des EuGH (a. a. O., S. 69, 75 – LIDL Belgium/Colruyt) verlangt die Richtlinie vom Werbenden nicht, dass er entsprechende Nachweise jedem vorab an der Formulierung seiner Werbeaussage Interessierten zur Verfügung stellt (Rz. 70). Der Werbende hat jedoch die Verpflichtung, für die Adressaten der Aussage anzugeben, wo und wie sie die Bestandteile leicht in Erfahrung bringen können, um die Richtigkeit der Aussage nachzuprüfen oder nachprüfen zu lassen (Rz. 74). Der Adressat einer derartigen Aussage soll nach dem Ziel der Richtlinie nämlich in der Lage sein, sich darüber zu vergewissern, dass er richtig informiert worden ist (Rz. 73). Es genügt allerdings, dass die eine Nachprüfung ermöglichenden Bestandteile für den Adressaten so zugänglich sind, dass er sie selbst oder durch einen Dritten nachprüfen lassen kann (Rz. 73).
Bei Anlegung dieser Maßstäbe ist der Preisvergleich im vorliegenden Fall für die angesprochenen Fachkreise ohne weiteres nachprüfbar. Es werden zunächst zwei individuelle und einmalige Produkte miteinander verglichen. Es gibt nur eine "A..U.." von einem Verleger und nur eine "N..A..I.." von dem anderen Verleger. Schon durch die Nennung des konkreten Produkts der Antragstellerin verfügt der angesprochene Verkehr über alle Informationen, um die Richtigkeit der Aussage nachzuprüfen oder nachprüfen zu lassen. Über 90 Prozent der Apotheken beziehen die "A..U..", d. h. sie wissen oder können leicht in Erfahrung bringen, was sie dafür bezahlen. An sie richtet sich die Werbung, denn sie sind diejenigen, die „Für einen Teil des Preises, den Sie jetzt wahrscheinlich für ihr Kundenmagazin bezahlen“ das Produkt der Antragsgegnerin erhalten können, mithin “für weniger Geld“. Dahinstehen kann daher, dass auch der nicht ins Gewicht fallende Rest die "A..U.." ebenfalls kennen dürfte und sich entsprechende Informationen ohne jede Mühe verschaffen könnte. Die Mitglieder der Kammer haben bei eingeschaltetem Computer jedenfalls ca. 3 Sekunden gebraucht, Kontaktdaten der Antragstellerin wie Telefonnummer und Emailadresse zu erhalten. Dass die Antragstellerin ihre Preise bei einer Anfrage nicht mitteilt, ist nicht zu erwarten.
2.
Durch die Verwendung von Titel und Slogan der Antragstellerin ist die Schwelle des § 6 Abs. 2 Nr. 4 UWG bzw. Art. 4 lit. f) der Richtlinie2006/114/EG noch nicht überschritten. Die Richtlinie weist – wie eingangs ausgeführt – darauf hin, dass es bei einer vergleichenden Werbung unerlässlich sein kann, den Mitbewerber erkennbar zu machen. Die Benutzung von Marken, Handelsnamen oder anderen Unterscheidungszeichen – hier ein Titel und ein Slogan – verletzt nicht das Ausschließlichkeitsrecht der Antragstellerin, da sie unter den zuvor wiedergegebenen Bedingungen erfolgt und nur eine Unterscheidung bezweckt, durch die Unterschiede objektiv herausgestellt werden sollen.
3.
Der angegriffene Vergleich ist auch nicht gem. § 6 Abs. 2 Nr. 1 UWG bzw. Art. 4 lit. b) der Richtlinie2006/114/EG unlauter. Die Begriffe des „gleichen Bedarfs“ und „derselben Zweckbestimmung“ dürfen nicht zu eng verstanden werden, da sonst der Anwendungsbereich der vergleichenden Werbung übermäßig eingeschränkt würde. Daher braucht keine völlige Funktionsidentität vorzuliegen. Es genügt, wenn aus Sicht der angesprochenen Verkehrskreise bei verständiger Würdigung die verglichenen Waren oder Dienstleistungen für den Verbraucher einen „hinreichenden Grad an Austauschbarkeit“ aufweisen (EuGH GRUR 2007, 69 Rz 26 – LIDL Belgium/Colruyt; BGHZ 139, 378, 383 = GRUR 1999, 501, 502 – Vergleichen Sie ) und damit – wie im kartellrechtlichen Sinne – dem gleichen sachlich relevanten Markt angehören. Dies ist bei den sich gegenüberstehenden Kundenzeitschriften ohne weiteres der Fall. Dass die verglichenen Produkte nach Auffassung der Antragstellerin von unterschiedlicher Qualität sind, ist hier nicht erheblich. Auch ein Vergleich nicht qualitätsgleicher Produkte – dies hier lediglich unterstellt – kann eine für den Verbraucher nützliche Information sein, insbesondere bei einem beschränktem Budget. Die Produkte sind ohne weiteres substituierbar. Der verständige Apotheker geht in Ansehung der Werbung auch nicht davon aus, dass die verglichenen Produkte identische Produkteigenschaften in Seitenzahlen, Auflagenstärke, Distributionsdichte oder ihrem Inhalt haben. Hierfür bietet ihm die Werbung keine ausreichenden Anhaltspunkte.
4.
Die Antragstellerin hat des Weiteren keinen Unterlassungsanspruch gem. §§ 3, 5, 5 a, 8 Abs. 1, Abs. 3 Nr. 1 UWG. Die Tatbestandvoraussetzungen einer unlauteren irreführenden Werbung liegen nicht vor.
Eine Irreführung scheidet zunächst im Hinblick darauf aus, dass Antragsgegnerin nicht auf die geringere Seitenzahl, die viel kleinere Auflage, die geringere Distributionsdichte und den kleineren redaktionellen Teil sowie Anzeigenteil hinweist. Die Regelung in § 5 a Abs. 1 und 2 UWG begründet kein generelles Informationsgebot (BGH GRUR 1996, 367 – Umweltfreundliches Bauen zu § 3 UWG 1909). Zur Offenlegung aller, insbesondere auch der weniger vorteilhaften oder gar negativen Eigenschaften des eigenen Angebots ist der Kaufmann nur verpflichtet, wenn und soweit dies zum Schutz des Verbrauchers auch unter Berücksichtigung der berechtigten Interessen des Werbenden unerlässlich ist (BGH GRUR 1989, 682, 683 – Konkursvermerk; BGH GRUR 1999, 757, 758 – Auslaufmodelle I; BGH GRUR 1999, 760, 761 – Auslaufmodelle II; BGH GRUR 1999, 1122 – EG-Neuwagen I; GK/ Lindacher § 3 Rdn 199 f; HdbWettbR/ Helm § 53 Rdn 49).
In einer unterlassenen Aufklärung liegt nur dann eine Irreführung, wenn das Publikum beim Unterbleiben des Hinweises in einem wesentlichen Punkt, der den Kaufentschluss zu beeinflussen geeignet ist, getäuscht wird (Hefermehl/Köhler/Bornkamm, a. a. O., § 5a Rn. 9 m. w. Nachw.).
Um derartige wesentliche Punkte handelt es sich vorliegend aber nicht. Aus der Sicht des Verkehrs spielen die Seitenzahl, die Auflage, die Distributionsdichte und der Umfang von redaktionellem Teil sowie Anzeigenteil – die ohnehin Schwankungen unterliegen – keine derart wesentliche Rolle, dass ihr Verschweigen einen falschen Gesamteindruck hervorriefe, der die Preiswerbung insgesamt irreführend machte.
Die Antragsgegnerin weist schließlich ausreichend deutlich auf die Preisbestandteile hin. Der Preis von „nur 13 Cent**“ ist mit deutlichem Sternchen versehen. In der lesbaren Sternchenauflösung auf derselben Seite wird erläutert, dass es sich um ein Angebot für Neukunden mit einer Laufzeit von 12 Monaten handele. Die Tatsache, dass die Antragsgegnerin nicht ausdrücklich darauf hinweist, was nach Ablauf der 12 Monate geschieht, stellt unter Berücksichtigung der Gesamtumstände nicht das Verschweigen einer für den Vertragsschluss wesentlichen Tatsache dar. Die Werbung richtet sich an Unternehmer, die mit den Gepflogenheiten im geschäftlichen Verkehr vertraut sind. Die Auslobung eines befristeten Einführungsangebots – auch die Antragstellerin gibt insoweit 30 % Rabatt – ist nicht ungewöhnlich. Auch die automatische Verlängerung nach Ablauf der Vertragslaufzeit ist ebenfalls nicht so ungewöhnlich, dass ihr Verschweigen bei den angesprochenen Unternehmern geeignet wäre, eine Fehlvorstellung hervorzurufen. Dass sich die Bedingungen nach Fristablauf verändern werden, ergibt sich ohne weiteres aus dem Hinweis auf die beschränkte Gültigkeit.
II.
Die Kostenentscheidung folgt aus § 91 ZPO. Die Entscheidung hinsichtlich der vorläufigen Vollstreckbarkeit beruht auf §§ 708 Nr. 6, 711 ZPO.