„Massage- und Wellnesstherapeut“

21. Oktober 2008
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Eigener Leitsatz:

Werden berufliche Zertifikate angeboten, die im Unterschied zu der ähnlich gelagerten, deutlich länger dauernden Berufsausbildung nur rudimentäre Kenntnisse vermitteln, verstoßen diese nur gegen wettbewerbsrechtliche Vorschriften, wenn der jeweilige Berufstitel der eingetragenen Berufbezeichnung gleicht und ein inhaltlicher Unterschied zwischen den Tätigkeiten nicht auszumachen ist. 

Landgericht Kiel

Beschluss vom 11.09.2008

Az.: 15 O 100/08

Beschluss

In dem einstweiligen Verfügungsverfahren … hat die Kammer für Handelssachen II des Landgerichts Kiel durch … am 11. September 2008

beschlossen:

1. Der Antrag auf Erlass der einstweiligen Verfügung wird zurückgewiesen.

2. Die Kosten des Verfahrens trägt der Antragssteller.

3. Der Streitwert wird auf 15.000,00 € festgesetzt.

Entscheidungsgründe

I.

Der Antragssteller ist ein branchenübergreifender und überregional tätiger Wettbewerbsverband im Sinne von § 1 UKlaV, zu dessen satzungsmäßigen Aufgaben die Wahrung der gewerblichen Interessen seiner Mitglieder, insbesondere die Achtung darauf gehört, dass die Regeln des lauteren Wettbewerbs eingehalten
werden.

Der Antragsgegner ist Physiotherapeut und Inhaber des Unternehmens…, eine Akademie, deren Tätigkeit darauf ausgerichtet ist, ganzheitliches Wissen zur Erhaltung und Förderung der Lebensqualität an interessierte Menschen weiterzugeben.

So beinhaltet das Lehrangebot der … Akademie Kurse für die Bereiche Prävention, Wellness, alternative Therapie und Fitness. Das Dozenten-Team besteht aus Physiotherapeuten, Sozialpädagogen, Heilpraktikern, Masseuren und Erziehern. Bezüglich weiterer Einzelheiten über das Unternehmen wird auf die Anlage A 1 des Antragsgegners (Bl. 12 – 14 d. A.) verwiesen. Unter anderem bietet der Antragsgegner eine Ausbildung zum/zur sogenanten „Wellnessmasseur/in“ bzw.zum/zur sogenannten „Massage- und Wellnesstherapeut/in“ an. Dieses Ausbildungsangebot richtet sich dabei an keinen bestimmten Personenkreis, sondern an jedermann, der entsprechend interessiert ist. Die Lehrinhalte werden in einem 4- bzw. 6-tägigen Kurs vermittelt.

Am Ende des Kurses erhalten die Teilnehmer ein Zertifikat, welches sie als „Wellnessmasseur“ bzw. „Massage- und Wellnesstherapeut“ ausweist. Hinsichtlich des Inhaltes und des Ablaufs der jeweiligen Kurse wird auf die Anlagen A 2 und A 3 des Antragsgegners (Bl. 15-23 d. A.) verwiesen. Der Antragssteller ist der Auffassung, dass der Antragsgegner mit der zuvor beschriebenen Zertifizierung gegen § 5 Abs. 1, Abs. 2 Nr. 3 UWG verstößt und damit unlauter im Sinne von § 3 UWG handelt. Der Antragsgegner täusche das Publikum über die Qualifikation der von ihm im Rahmen von einigen Tagen dauernden Seminaren ausgebildeten Personen. Der Verkehr verstehe unter einem Masseur bzw. einem Therapeuten einen Angehörigen des Heilgewerbes, der eine fundierte und geordnete Ausbildung absolviert habe, die ihn befähige, entsprechende Heilbehandlungen vorzunehmen. Vor dem Hintergrund, dass eine Ausbildung in den Heilhilfsberufen in der Regel mehrere Jahre dauere, könne diese Befähigung unmöglich binnen weniger Tage vermittelt werden .

Der Antragssteller hat den Antragsgegner außergerichtlich vergeblich zur Abgabe einer strafbewehrten Unterlassungserklärung aufgefordert.

Der Antragssteller beantragt daher

den Erlass einer Einstweiligen Verfügung mit dem Inhalt, es dem Antragsgegner bei Vermeidung eines vom Gericht für jeden Fall der künftigen Zuwiderhandlung
festzusetzenden Ordnungsgeldes bis 250.00000 Euro, ersatzweise Ordnungshaft, oder einer Ordnungshaft bis zu sechs Monaten zu untersagen, im geschäftlichen Verkehr demjenigen, der an einem 4-Tage-Seminar teilnimmt, ein Zertifikat als „Wellnessmasseur“ und/oder demjenigen, der an einem 6-Tage-Seminar teilnimmt, ein Zertifikat als „Massage- und Wellnesstherapeut“ zu erteilen.

Der Antragsgegner beantragt,

den Antrag zurückzuweisen. Der Antragsgegner ist der Auffassung, durch Erteilung der fraglichen Zertifikate gegen keine Verbotsnormen oder Wettbewerbsregeln zu verstoßen. Sowohl der Begriff des Masseurs als auch des Therapeuten stellten freie Begriffe dar. Auch fänden sich – unstreitig – weder der Begriff des „Wellnessmasseurs“ noch der des „Massage- und Wellnesstherapeuten“ in der Liste der staatlich anerkannten Ausbildungsberufe. Zudem bestehe kein Verwechslungsgefahr mit den Berufen des „Masseurs und medizinischen Bademeisters“ und des „Physiotherapeuten“. Angehörige letztgenannter Berufe würden im kurativen medizinischen Bereich tätig, wohingegen die Tätigkeit sowohl des „Wellnessmasseurs“ als auch des „Massage- und Wellnesstherapeuten“ gerade nicht in der Heilung und Linderung von Erkrankungen, sondern im Bereich der Erholung, Fitness und Gesundheitspflege anzusiedeln sei. Wegen der weiteren Einzelheiten der Parteivorträge wird auf die Schriftsätze der Parteien nebst Anlagen verwiesen.

II.

Der Antrag auf Erlass einer Einstweiligen Verfügung ist zurückzuweisen, da der Antragsgegner durch die Ausstellung der fraglichen Zertifikate nicht gegen § 5 Abs. 1, Abs. 2 Nr. 3 UWG verstößt und damit nicht unlauter im Sinne von § 3 UWG handelt.

Es besteht daher kein Verfügungsanspruch des Antragsstellers. Nach § 5 Abs. 1 UWG handelt unlauter im Sinne von § 3 UWG, wer irreführend wirbt. Von irreführender Werbung ist gem. § 3 Nr. 3 b HWG (Heilmittelwerbegesetz) insbesondere dann auszugehen, wenn unwahre oder zur Täuschung geeignete Angaben über die Person, Vorbildung, Befähigung oder Erbfolge des Herstellers, Erfinders oder der für sie tätigen oder tätig gewesenen Personen gemacht werden. Mit der Ausstellung der fraglichen Zertifikate über die Ausbildung zum „Wellnessmasseur“ bzw. „Massageund Wellnesstherapeuten“ werden derart unwahre oder zur Täuschung geeignete Angaben nicht gemacht.

1. Bei dem Begriff des Masseurs handelt es sich zum einen um einen freien Begriff. Es existiert kein geschützter Ausbildungsberuf des Masseurs. Zum andere findet sich der Begriff des „Wellnessmasseurs“ auch nicht in der Liste der staatlich anerkannten Ausbildungsberufe. Insoweit wird auf die Anlage A 4
des Antragsgegners (Bl. 24 ff. d. A.) verwiesen. Wie der Antragssteller selbst einräumt, gibt es nur die Berufsbezeichnung des „Masseurs und medizinischen
Bademeisters“, welche im Gesetz über die Berufe in der Physiotherapie (Masseur- und Physiotherapeutengesetz – MPhG) geregelt ist. Von dieser Berufsbezeichnung grenzt sich die Bezeichnung „Wellnessmasseur“ aber schon begrifflich hinreichend ab, so dass der durchschnittlich informierte Verbraucher durchaus erkennt, ob er es mit einer professionell ausgebildeten Person des Heilgewerbes oder aber mit jemanden zu tun hat, der „Wohlfühl-Massagen“, die gerade nicht auf die Heilung und Linderung krankhafter Beschwerden, sondern vielmehr auf die Steigerung des subjektiven Wohlbefindens des Kunden sowie die Herbeiführung eines Erholungsgefühols bei diesem abzielen, vornehmen kann. Es besteht also neben dem begrifflichen Unterschied auch ein erkennbar inhaltlicher Unterschied zwischen den Tätigkeiten eines „Wellnessmasseurs“ auf der andern Seite und einem „Masseur und medizinischen Bademeister“ auf der anderen Seite.

2. Gleiches gilt für die Bezeichnung des „Massage- und Wellnesstherapeuten“. Auch der Begriff des „Massage- und Wellnesstherapeuten“ findet sich nicht in der Liste der staatlich anerkannten Ausbildungsberufe. Insoweit wird auf die Anlage A 4 (Bl. 24 ff. d. A.) des Antragsgegners verwiesen. Der Begriff des Therapeuten ist in Deutschland frei und genießt grundsätzlich keinen besonderen Schutz. Davon ausgenommen ist der Physiotherapeut. Die Bezeichung des „Massage- und Wellnesstherapeuten“ steht daher dem in §§ 8 ff. des Masseur- und Physiotherapeutengesetzes geregelten Ausbildungsberuf
des Physiotherapeuten gegenüber.

Die Bezeichnungen werden vom Verkehr begrifflich unterschieden und inhaltlich als zwei verschiedene Berufe erkannt. Ist die Ausbildung zum Physiotherapeuten gem. § 8 MPhG darauf ausgerichtet, dazu zu befähigen, durch Anwendung geeigneter Verfahren der Physiotherapie in Prävention, kurativer Medizin, Rehabilitation und im Kurwesen Hilfen zur Entwicklung, zum Erhalt oder zur Wiederherstellung aller Funktionen im somatischen und psychischen Bereich zu geben und bei nicht rückbildungsfähigen Körperbehinderungen Ersatzfunktionen zu schulen, so zielt die Tätigkeit des „Wellnessmasseurs“ auf die Steigerung des
Wohlbefindens des gesunden Kunden, hingegen aber nicht auf die Vornahme heilender medizinischer Maßnahmen am erkrankten Kunden ab. Insoweit besteht auch hier ein erkennbarer inhaltlicher Unterschied zwischen beiden Tätigkeiten.

3. Im Ergebnis verstößt der Antragsgegner mit den vom Antragssteller beanstandeten Wettbewerbshandlungen daher weder gegen eine Ausbildungsvorschrift noch gegen eine Verbotsnorm. Der Antrag auf Erlass einer Einstweiligen Verfügung war daher zurückzuweisen.

4. Die Kostenentscheidung beruht auf § 91 ZPO.

5. Der Streitwert wurde gem. § 3 ZPO festgesetzt.

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