Keine wirksame Einwilligung in Werbeanrufe durch bloße Teilnahme an Gewinnspiel

03. Mai 2011
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Eigener Leitsatz:

Verbraucher, die ihre Telefonnummern im Rahmen eines Gewinnspiels angeben, willigen damit nicht in darauffolgende Werbeanrufe ein. Dass die Einwilligung in solche Anrufe gesondert abgefragt wurde, ändert daran nichts, denn es kann nicht davon ausgegangen werden, dass sich die Teilnehmer mit richtigen Namen anmelden. Insofern liegt darin keine wirksame Einwilligung. Die Beweislast dafür, dass die Teilnehmer des Gewinnspiels mit den angegeben Namen identisch sind, trägt derjenige, der die Werbeanrufe tätigt. Eine Beweislastumkehr würde nur dann eintreten, wenn es sich nicht um freizugängliche, sondern um höchstpersönliche Daten handeln würde.

Oberlandesgericht Stuttgart

Urteil vom 11.11.2010

Az.: 2 U 29/10

 

Tenor:

1. a) Auf die Berufung der Beklagten wird das Urteil des Vorsitzenden der 1. Kammer für Handelssachen des Landgerichts Ulm vom 05.03.2010 nur in seinem (Unterlassungs-)Ausspruch Tenor 1 a

g e ä n d e r t .

b) Die Beklagte wird verurteilt, es zu unterlassen,

gegenüber potenziellen Kunden ihre Stromprodukte zu bewerben und dabei zu behaupten, dass die Beklagte ein Tochterunternehmen der Klägerin sei.

Im Übrigen wird die Klage in diesem Unterlassungsteil als unzulässig abgewiesen.

c) Die weitergehende Berufung der Beklagten wird

z u r ü c k g e w i e s e n .

2. Von den Kosten des Rechtsstreits tragen:

a) in I. Instanz:

die Klägerin 7/20, die Beklagte 13/20.

b) in II. Instanz:

die Klägerin 1/5, die Beklagte 4/5;

die Klägerin trägt 1/5 der Kosten der beigetretenen Streitverkündete, im Übrigen trägt die Streithelferin ihre Kosten selbst.

3. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.

Die Beklagte kann die Vollstreckung in der Hauptsache durch Sicherheitsleistung in Höhe von 15.000,00 EUR abwenden, wenn nicht die Klägerin vor der Vollstreckung Sicherheit in gleicher Höhe leistet.

Die Beklagte sowie die beigetretene Streitverkündungsempfängerin können die Vollstreckung der Klägerin durch Sicherheitsleistung in Höhe von 120 % des aufgrund des Urteils vollstreckbaren Betrages abwenden, wenn nicht die Klägerin vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe von 120 % des jeweils zu vollstreckenden Betrages leistet.

Die Klägerin kann die Vollstreckung der Beklagten sowie der beigetretenen Streitverkündeten hinsichtlich der Kosten durch Sicherheitsleistung in Höhe von 120 % des aufgrund des Urteils vollstreckbaren Betrages abwenden, wenn nicht die Beklagte sowie die beigetretene Streitverkündete nicht Sicherheit in Höhe von 120 % des jeweils zu vollstreckenden Betrages leisten.

4. Die Revision wird nicht zugelassen.

Gegenstandswert des Berufungsverfahrens: 17.500,00 EUR.

Entscheidungsgründe:

I.
Die Berufung ist zulässig, sie hat der Sache nach in Teilen Erfolg.

A.
Zum einen wird auf die Feststellungen im angefochtenen Urteil Bezug genommen (§ 540 Abs. 1 Nr. 1 ZPO).

Kurz zusammenfassend und ergänzend:

Das vorliegende Verfahren ist die Hauptsacheklage zu einem in I. Instanz abgeschlossenen Verfügungsverfahren (LG Ulm 10 O 137/09 KfH – B. v. 05.10.2009 – dort Bl. 12 bis 14).

Die Parteien sind Wettbewerber auf dem Gebiet von Energiedienstleistungen. Eine wie auch immer geartete gesellschaftsrechtliche Verbindung besteht zwischen ihnen nicht.

Die Beklagte verfügt über keinen eigenen Vertrieb. Sie hat Vertriebsverträge abgeschlossen mit der Firma K. GmbH und einer Firma C. GmbH, welche für sie die Kundenwerbung durchführen, darunter auch durch Telefonvertrieb. Die Beklagte hat diesen Unternehmen in den Verträgen jeweils unter Vereinbarung einer Vertragsstrafe zumindest vorgegeben, die gesetzlichen Vorschriften einzuhalten, so auch die Vorgabe in § 7 Abs. 2 UWG.

Im August 2009 wurde für die Beklagte die Klägerkundin S. angerufen, im Oktober die Kundin St.; ihnen wurde ein Anbieterwechsel zur Beklagten nahe gelegt.

Die Kundin S. soll dazu in einem der mehreren mit ihr geführten Telefonate mit der Angabe umworben worden sein, dass die Beklagte ein Tochterunternehmen der Klägerin sei. Beide Kundinnen sollen ihre Einwilligung zu diesen Telefonanrufen im Zuge eines Gewinnspiels, die Zeugin S. am 08.06.2009 auf k… .de, die Zeugin St. am 11.03.2009 auf d… .com, erteilt haben, und zwar durch Auslösen eines Häkchens (vgl. B 2 = Bl. 63, B 5 bis 7 = Bl. 66 bis 70) und Betätigung des Teilnahme-Buttons auf den bezeichneten Internetplattformen.

Die Klägerin hat im Wesentlichen vorgetragen,

keine der Kundinnen habe je an den bezeichneten Gewinnspielen teilgenommen und danach schon nicht jene, ohnehin nach § 307 BGB unwirksame Einwilligung erteilt. Die Anrufe seien danach jeweils ohne Einwilligung geschehen und stellten damit einen Verstoß gegen § 7 Abs. 2 Nr. 2 UWG dar, in Bezug auf die Zeugin S. sei zudem noch ein solcher gegen § 5 Abs. 1 Nr. 1 UWG erfüllt.

Die Klägerin hat zuletzt (vgl. Bl. 2, 126) beantragt:

[wie zugesprochen, nur mit der Abweichung {Teilabweisung}, dass sie auch in Bezug auf die bezeichnete Handlung 1 a Auskunft und Feststellung der Schadensersatzpflicht {vgl. Tenor 3 und 4 zu 1 b} begehrt hat].

Die Beklagte hat beantragt,

die Klage abzuweisen.

Sie hat hauptsächlich eingewandt,

dass – wie zweitinstanzlich erneut – die Anträge 1 a in Teilen und 1 b insgesamt unbestimmt und damit unzulässig seien, im Übrigen, dass die Kundinnen an den Gewinnspielen sehr wohl teilgenommen und die dort vorgesehenen opt-in-Klauseln, die wirksam ausgestaltet seien, betätigt hätten. Danach seien die Anrufe von einer wirksamen und ausdrücklichen Einwilligung gedeckt gewesen.

Die Beklagte hat zudem ihren beiden Vertriebspartnern den Streit verkündet (Bl. 92, 94); diese sind in I. Instanz jedoch nicht beigetreten.

Das Landgericht hat der Klage überwiegend stattgegeben. Es hat die Anträge nicht als zu unbestimmt angesehen. Der Sache nach hat es einen Verstoß gegen § 5 Abs. 1 S. 1, Abs. 2 Nr. 3 UWG für erwiesen erachtet. Die Vernehmung der Verbraucherin S. sowie der Anruferin T. habe erbracht, dass der Darstellung der Zeugin S. gefolgt werden könne, da es sich für diese um ein einmaliges, besonderes Ereignis mit hohem Erinnerungswert gehandelt habe, das sie auch zur sofortigen Reaktion bei der Klägerin veranlasst habe, während es sich für die Zeugin T. – verständlicherweise – um ein sich nicht einprägendes Dutzendgeschehen gehandelt habe, weshalb sie nur habe beteuern können, nicht von ihrem Gesprächsleitfaden, der eine solche Äußerung nicht beinhaltet habe, nicht abgewichen zu sein. Daneben sei auch ein Verstoß nach § 7 Abs. 2 Nr. 2 1. Alt. UWG erwiesen, da die Vernehmung der Zeuginnen S. und St. zur Überzeugung des Gerichts ergeben habe, dass eine behauptete Einwilligung in die stattgehabten Anrufe nicht erteilt worden sei, da die eine Zeugin (S.) nach technischer Ausstattung und Interesse und die andere Zeugin (St.) im Hinblick auf ihre sichere Ortsabwesenheit und durchgängig andere Beschäftigung zum behaupteten Einwilligungszeitpunkt an solchen Gewinnspielen gar nicht teilgenommen hätten. Selbst wenn, wäre die in keinem näheren Zusammenhang mit dem jeweiligen Gewinnspielgegenstand (Konzertkarten/Kochrezepte) stehende, durch eine sog. opt-in-Klausel abgefragte Einwilligung als Allgemeine Geschäftsbedingung unwirksam. Der Auskunftsanspruch sei nur in Bezug auf die Anrufe von Verbrauchern ohne deren vorhergehende Einwilligung (Unterlassungsantrag 1 b) gemäß §§ 242, 831 BGB begründet. Die Beklagte habe selbst bei einer angenommenen bestehenden rechtlichen Unklarheit fahrlässig gehandelt. Auch in diesem Umfang (Unterlassungsantrag 1 b) sei der Antrag auf Feststellung der Schadensersatzpflicht der Beklagten begründet.

Das Landgericht hat deshalb ausgesprochen:

1. Die Beklagte wird verurteilt, es zu unterlassen,

a) gegenüber potenziellen Kunden ihre Stromprodukte zu bewerben und dabei zu behaupten, dass die Beklagte ein Tochterunternehmen der Klägerin sei bzw. auf sonstige Art gesellschaftsrechtlich mit ihr verbunden sei.

b) zu Zwecken des Wettbewerbs Verbraucher unter deren privaten Telefonanschlüssen anzurufen oder anrufen zu lassen, um das eigene Energiedienstleistungsangebot zu bewerben, sofern eine vorherige Einwilligung des Verbrauchers zu einem derartigen Werbeanruf nicht vorliegt.

2. [Ordnungsmittelandrohung]

3. Die Beklagte wird verurteilt, unverzüglich darüber Auskunft zu erteilen, in welchem Umfang sie die vorstehenden unter Ziff. 1 b) begangenen Handlungen begangen hat.

4. Es wird festgestellt, dass die Beklagte verpflichtet ist, der Klägerin allen Schaden zu ersetzen, der durch die vorstehend unter Ziff. 1 b) genannten Handlungen entstanden ist und möglicherweise noch entsteht.

5. Im übrigen wird die Klage abgewiesen.

Gegen dieses Urteil hat nicht nur die Beklagte Berufung eingelegt, sondern unter gleichzeitigem Beitritt auf Seiten der Beklagten die Streitverkündungsempfängerin Firma K. GmbH , welche ihrerseits ihrer Adressenlieferantin, einer Firma Q. GmbH, den Streit verkündet hat (Bl. 192), und diese in der Folge wiederum einem Herrn P. F. (Bl. 226), der ihr ihrerseits Adressen besorgt haben soll.

Diese weiteren Streitverkündeten sind dem Rechtsstreit nicht beigetreten.

Die Beklagte , welche anders als ihre Streithelferin ihr eingelegtes Rechtsmittel begründet hat, hält – wie schon erstinstanzlich – daran fest, dass beide Unterlassungsaussprüche (der erste in Teilen) zu unbestimmt seien. So müssten beim Ausspruch 1 a) die Wendung „bzw. auf sonstige Art gesellschaftsrechtlich mit der Klägerin verbunden …“ Gesetze zur Bestimmung dieser Verbindung herangezogen und ausgelegt werden, im Übrigen ginge dieser Untersagungsgehalt über das in der behaupteten Verletzungshandlung liegende Charakteristische weit hinaus. Auch 1 b) sei mit seiner nur gesetzeswiederholenden Wendung „sofern ohne eine vorherige Einwilligung“ nicht hinreichend bestimmt, zumal die Frage, ob eine Einwilligung vorliege, jeweils von Details und Einzelumständen abhänge. Tatsächlich habe eine Einwilligung der dann angerufenen Zeuginnen auch vorgelegen, da, wie die Hinterlassung persönlicher Daten zeige, diese Zeuginnen auch die jeweilige Internetseite aufgesucht und dort ihre wirksame Einverständniserklärung ausgelöst hätten. Die zugesprochenen Auskunfts- und Schadensersatzansprüche scheiterten auch am mangelnden Verschulden, wie das Landgericht zu Recht in Bezug auf den Unterlassungsanspruch 1 a schon festgestellt habe. Eine abweichende Beurteilung in Bezug auf die im Ausspruch 1 b ausgewiesene Verletzungshandlung sei nicht gerechtfertigt. Hinsichtlich der Feststellung der Schadensersatzpflicht fehle es schon am Vortrag einer Schadenswahrscheinlichkeit dahin, dass gerade das Fehlen der Einwilligung der Kundinnen bei der Klägerin einen Nachteil bewirkt habe. Jedenfalls diene aber § 7 Abs. 2 UWG nicht dem Mitbewerberschutz. Diese Schutzzweckschranke stehe einem Schadensersatzanspruch entgegen. Und nicht zuletzt greife auch der Auskunftsanspruch zu weit, da nicht nachvollziehbar gemacht sei, weshalb der begehrte Anspruch geeignet und notwendig zur Ermittlung und Bezifferung eines Schadensersatzes sein solle.

Die Beklagte beantragt,

das Urteil des Landgerichts Ulm vom 22. Februar 2010 abzuändern und die auf den Erlass des Urteils gerichteten Anträge insgesamt zurückzuweisen.

Die Klägerin beantragt,

die Berufung gegen das Urteil des LG Ulm vom 22.02.1010, Az. 10 O 162/09 KfH, zurückzuweisen.

Sie verteidigt die angefochtene Entscheidung als richtig.

Hinsichtlich des weiteren Parteivorbringens wird auf die Schriftsätze sowie die Verhandlungsniederschriften verwiesen (§ 313 Abs. 2 S. 2 ZPO).

B.
Die Berufung ist zulässig, auch soweit die Streitverkündungsempfängerin K. GmbH selbst Berufung eingelegt hat.

a) Der Berufungseinlegung steht nicht entgegen, dass diese Streitverkündete in I. Instanz dem Rechtsstreit nicht beigetreten war.

Im Falle des Nichtbeitritts erlangt der Dritte keinerlei Befugnisse und Funktionen innerhalb des laufenden Prozesses (Schultes in MünchKomm-ZPO, 3. Aufl. [2008], § 74, 5; Weth in Musielak, ZPO, 7. Aufl. [2009], § 74, 3; vgl. auch Vollkommer in Zöller, ZPO, 28. Aufl. [2010], § 74, 5). Wenn der Dritte beitritt (vgl. hierzu Vollkommer a.a.O. § 74, 1; Weth a.a.O. § 74, 2; Mansel in Wieczorek/Schütze, ZPO, 3. Aufl. [2008], § 74, 23), so bestimmt sich gemäß § 74 Abs. 1 ZPO sein Verhältnis zu den Parteien nach den Grundsätzen über die Nebenintervention (BGH NJW 1994, 1537 [juris Tz. 11]). Nach § 66 Abs. 2 ZPO kann die Nebenintervention in jeder Lage des Rechtsstreits bis zur rechtskräftigen Entscheidung erfolgen, auch in Verbindung (erst) mit der Einlegung eines Rechtsmittels (BGH NJW 1997, 2385 [II 1]; NJW 1994, 1537 [juris Tz. 6, 7 und 10]; Schultes a.a.O. § 66, 24 und 70, 2 und 4; Vollkommer a.a.O. § 66, 15; Weth a.a.O. § 66, 14) und geschieht etwa durch die Erklärung „namens des Streitverkündeten“ (BGH a.a.O. 2385; a.a.O. 1537 [juris Tz. 10 bis 12]; Vollkommer a.a.O. § 74, 1 i.V.m. § 70, 1). Dann muss die Rechtsmitteleinlegung zugleich § 70 ZPO genügen (BGH NJW 1997, 2385; 1994, 1537 [juris Tz. 16]; Schultes a.a.O. § 70, 5; Vollkommer a.a.O. § 66, 15; vgl. allg. Weth a.a.O. § 74, 2 und § 66, 14).

b) Der Streithelfer kann grundsätzlich alle Prozesshandlungen vornehmen, welche die unterstützte Partei selbst vornehmen könnte, und zwar mit der Wirkung, als wenn sie die Partei selbst vorgenommen hätte (BGH NJW 1984, 2480 [juris Tz. 7]; Hüßtege in Thomas/Putzo, ZPO, 31. Aufl. [2010], § 67, 6). Der Streitverkündete kann auch namens der Partei Rechtsmittel einlegen und begründen (Vollkommer a.a.O. § 67, 5; Schultes a.a.O. § 67, 6; Weth a.a.O. § 67, 4), solange die Rechtsmittelfrist für die Hauptpartei nach Zustellung des Urteils (nur) an diese läuft (BGH NJW 2008, 1889 [Tz. 10]; 1997, 2385 [II 1]; Schultes a.a.O. § 67, 6 und 9; Vollkommer a.a.O. § 67, 5; Weth a.a.O. § 67, 4).

c) Das Rechtsmittel eines Streithelfers ist stets das Rechtsmittel für die Hauptpartei (BGH NJW 1997, 2385, 2386 [II 2]). Haben – wie hier – Hauptpartei und Nebenintervenient – und Gleiches gilt für den Streithelfer – Rechtsmittel eingelegt, so handelt es sich um ein einheitliches Rechtsmittel (BGH NJW-RR 2006, 644 [Tz. 7]; NJW 1993, 2944; 1984, 2480 [juris Tz. 11, 14 und 15]; Vollkommer a.a.O. § 67, 5; Schultes a.a.O. § 67, 6; vgl. dann zur Kostenregelung: Vollkommer a.a.O. § 67, 6; Schultes a.a.O. § 67, 6). Dass der seinerseits Berufung einlegende Streithelfer die Berufung dann – wie hier – nicht (selbst) begründet, ändert, tut dies die Hauptpartei form- und fristgerecht, an der Zulässigkeit des – einen – Rechtsmittels nichts (Mansel a.a.O. § 67, 54; ebenso zum umgekehrten Fall, dass nur der Streithelfer begründet: Vollkommer a.a.O. § 67, 5; BGH NJW 1984, 2480 [juris Tz. 14]).

d) Danach ist durch fristgerechten und formgerechten Beitritt und gleichzeitige Einlegung des Rechtsmittels die von der Streitverkündungsempfängerin gewählte Verfahrensteilhabe zulässig.

C.
1.
Antrag/Ausspruch 1 a

Unzulässigkeit/Unbestimmtheit der Urteilstenor gewordenen Antragsfassung (§ 253 Abs. 2 Nr. 2 ZPO).

a) Antrag/Ausspruch 1 a „… bzw. auf sonstige Art gesellschaftsrechtlich verbunden sei“ begegnet in diesem auch nur insoweit angegriffenen Teil durchgreifenden Bestimmtheitsbedenken.

aa) Nach § 253 Abs. 2 Nr. 2 ZPO darf ein Unterlassungsantrag – und nach § 313 Abs. 1 Nr. 4 ZPO eine darauf beruhende Verurteilung – nicht derart undeutlich gefasst sein, dass der Streitgegenstand und der Umfang der Prüfungs- und Entscheidungsbefugnis des Gerichts nicht mehr klar umrissen sind, der Beklagte sich deshalb nicht erschöpfend verteidigen kann und im Ergebnis dem Vollstreckungsgericht die Entscheidung darüber überlassen bleibt, was dem Beklagten verboten ist (BGH GRURPrax 2010, 338 [Tz. 12] – CCP ; GRUR 2010, 749 [Tz. 21] – Erinnerungswerbung im Internet ; Z 153, 69 [juris Tz. 46] – P-Vermerk ). Insbesondere auslegungsbedürftige Rechtsbegriffe begründen eine solche Unsicherheit (BGHZ a.a.O. [juris Tz. 50: „im Eigentum“] – P-Vermerk ), die nur hinzunehmen ist, wenn sie unvermeidlich und im Interesse eines wirksamen Rechtsschutzes unausweichlich ist (BGHZ a.a.O. [Tz. 50] – P-Vermerk ), sich durch Auslegung unter Heranziehung des Sachvortrags des Klägers das Begehrte eindeutig ergibt und die betreffende tatsächliche Gestaltung zwischen den Parteien nicht in Frage gestellt ist, sondern sich der Streit der Parteien ausschließlich auf die rechtliche Qualifizierung der angegriffenen Verhaltensweise beschränkt (BGH GRUR 2010 a.a.O. [Tz. 21] – Erinnerungswerbung im Internet ). Soweit allerdings auch beanstandet wird, das ausgesprochene Verbot umfasse auch Werbung, die unbedenklich sei, führt dieser Umstand nicht zur Unbestimmtheit des Verbotsausspruchs. Bezieht ein Verbotsantrag auch Handlungen ein, die nicht wettbewerbswidrig sind, hat dies nicht die Unzulässigkeit, sondern allenfalls die (teilweise) Unbegründetheit der Klage zur Folge (BGH GRUR 2009, 73 [Tz. 13] – Telefonieren für 0 Cent! )

bb) Letzteres vermischen beide Parteien gelegentlich mit der Unbestimmtheitsfrage.

cc) Zwar hat die Zeugin S. bei ihrer Vernehmung auch ausgesagt, die Anruferin habe ausgeführt, „dass sie eine Splittergruppe der Klägerin sei und ihr gesellschaftsrechtlich verbunden sei“ (Bl. 128). Wäre dem so, so könnte diese Äußerung als tatsächlich getätigt verboten werden, die Bestimmtheitsproblematik stellte sich dann nicht. Die Zeugin hatte jedoch zeitnah zu jenem Anruf ihre eidesstattliche Versicherung abgegeben und darin nur die Angabe der Anruferin: „ein Tochterunternehmen“ (Beiakte ASt 2 = dort Bl. 11) überliefert. Sie ist im Zuge ihrer Vernehmung denn auch nur zu diesem Erinnerungsinhalt zurückgekehrt (Bl. 128). Anderes hat auch das Landgericht der Vernehmung nicht entnommen und zu Grunde gelegt (US 13).

dd) Der hier nur gebotenen Bestimmtheitsprüfung hält der bezeichnete Antrags-/An-spruchsteil nicht stand. Was „auf sonstige Art gesellschaftsrechtlich mit ihr verbunden“ ist, bleibt unklar. Zwar mögen bloße Kooperationsmodelle ausscheiden, da damit gesellschaftsrechtliche Vorgänge nicht betroffen sind, obgleich je nach deren Ausgestaltung sich darin gerade die Werbebotschaft ausdrücken könnte, welche die Klägerin verboten wissen wollte: Das Produkt verfüge dadurch über „die bereits vertrauten und geschätzten Standards“ , es komme „aus derselben Unternehmens-familie“ (Bl. 241). Zwar mag die Voranstellung „ein Tochterunternehmen der Klägerin sei bzw. …“ ebenso eine Auslegungshilfe abgeben wie die Urteilsgründe insoweit, wonach „sämtliche mögliche gesellschaftsrechtliche Formen der Zusammenarbeit von Unternehmen“ gemeint seien, „die Gestaltungsmöglichkeiten von gesellschaftsrechtlichen Verbindungen von Firmen sind gesetzlich festgelegt …“ (US 11). Ob aber der Kauf nur eines untergeordneten Geschäftsanteils, eines mit Sperrminorität oder eines mit beherrschendem Stimmrecht gemeint ist, bleibt offen, ebenso, ob Gleiches gelten soll, wenn die Beklagte nur Muttergesellschaft geworden ist und bestimmend, also die mit der Klägerin angeblich verbundenen Qualitätsstandards gerade nicht mehr gesichert sind. Dies zeigt, wie unbestimmt dieser Antrags-/Ausspruchsteil ist. Deshalb trägt auch nicht die Erwägung, vorliegend gebe es gar keine wie auch immer geartete Verbindung zwischen den Parteien, weshalb – wie im Zusammenhang mit dem zweiten Antrag (Telefonwerbung) für tragfähig zu erachten ist – die Nennung jeglicher gesellschaftsrechtlichen Verbindung verboten werden könne und immer hinreichend bestimmt sei, da sie in keiner Form bestehe. Die Kerntheorie lässt aber, wie der Klage selbst zu entnehmen ist, insoweit nur eine Erstreckung auf solche gesellschaftsrechtlichen Verflechtungen zu, bei denen die Klägerin weiterhin bestimmend bleibt, weil nur so ihr Qualitätsstandard als auf das angeschlossene und werbende Unternehmen transferiert gelten könne. Diesen allenfalls eröffneten Verbotskern verfehlt diese Antragsformel aber nicht nur – und geht mithin zu weit, was ihre Begründetheit berührte -, vielmehr schafft es diese Formel auch nicht, den Verbotskern zu definieren und für ihn eine klare und damit hinreichend bestimmte Eingrenzung vorzugeben. Auch die Klägerin vermochte, darauf in der mündlichen Verhandlung hingewiesen, mehr als die Verteidigung ihrer bisher schon eingenommenen, vom Senat aber nicht geteilten Ansicht zu bieten.

ee) Zwar kann ein unbestimmter abstrakter Antrag als Minus das Begehren einer Unterlassung der konkreten Verletzungsform einschließen (BGH GRUR 2007, 802 [Tz. 28] – Testfoto III ; WRP 2000, 383, 386 – Ehemalige Herstellerpreisempfehlung ). Der Senat muss diese konkrete Verletzungsform aber nicht selbst finden, da sie die Klägerin mit ihrem ersten Verbotsteil: „dass die Beklagte ein Tochterunternehmen der Klägerin sei“ schon selbst vorgegeben und so auch zugesprochen erhalten hat.

Unbestimmtheitsbedenken werden insoweit nicht geltend gemacht. Sie bestehen auch nicht, zumal die Parteien ein übereinstimmendes Verständnis hinsichtlich dieser Begrifflichkeit besitzen.

b) Danach bleibt nur das Unterlassungsverbot hinsichtlich „Tochterunternehmen“ insoweit Berufungsgegenstand.

Die Berufung führt hinsichtlich der landgerichtlichen Feststellung, nach der Beweisaufnahme sei von einer solchen Äußerung der Zeugin T. auszugehen, keine Angriffe. Ungeachtet dessen kann der Beweiswürdigung des Landgerichts auch beigetreten werden.

c) Da die damit zusammenhängenden Auskunfts- und Schadensersatzansprüche rechtskräftig abgewiesen sind, verbleibt es hinsichtlich dieses Vorgangs beim einzuschränkenden Unterlassungsausspruch.

2.
Antrag/Ausspruch 1 b

es zu unterlassen, … zu Zwecken des Wettbewerbs Verbraucher unter deren privaten Telefonanschlüssen anzurufen oder anrufen zu lassen, um das eigene Energiedienstleistungsangebot zu bewerben, sofern eine vorherige Einwilligung des Verbrauchers zu einem derartigen Werbeanruf nicht vorliegt

und Auskunfts- und Schadensersatzfeststellungsausspruch insoweit.

a) Die Unbestimmtheitsbedenken der Beklagten verfangen hier nicht.

aa) Auch insoweit gelten die unter oben zu 1 a) aa) dargestellten Grundsätze.

bb) Ergänzend und damit zusammenhängend gilt: Unterlassungsanträge, die lediglich den Gesetzeswortlaut wiedergeben, sind in der Regel als zu unbestimmt anzusehen und damit unzulässig (BGH GRUR 2010, 749 [Tz. 21] – Erinnerungswerbung im Internet ; 2009, 977 [Tz. 21] – Brillenversorgung ; 2007, 607 [Tz. 16] – Telefonwerbung für „Individualverträge“ ). Abweichendes kann dann gelten, wenn entweder bereits der gesetzliche Verbotstatbestand selbst entsprechend eindeutig und konkret gefasst ist oder der Anwendungsbereich einer Rechtsnorm durch eine gefestigte Auslegung geklärt ist, sowie auch dann, wenn die Klägerin hinreichend deutlich macht, dass sie nicht ein Verbot im Umfang des Gesetzeswortlauts beansprucht, sondern sich mit ihrem Unterlassungsbegehren an der konkreten Verletzungshandlung orientiert. Die Bejahung der Bestimmtheit setzt in solchen Fällen allerdings grundsätzlich voraus, dass zwischen den Parteien kein Streit besteht, dass das beanstandete Verhalten das fragliche Tatbestandsmerkmal erfüllt. Eine auslegungsbedürftige Antragsformulierung kann jedoch auch dann hinzunehmen sein, wenn dies zur Gewährleistung des Rechtsschutzes im Hinblick auf eine bestimmte Werbemethode erforderlich erscheint (BGH a.a.O. [Tz. 16] – Telefonwerbung für „Individualverträge“ ).

cc) Die Prüfung der Bestimmtheit wird vorliegend nicht noch dadurch überlagert, dass die Antragsform unterschiedliche gesetzliche Fassungen abdecken müsste.

(1)
Zwar kommt es beim Schadensersatzanspruch und dem ihm dienenden Auskunftsanspruch auf das zur Zeit der beanstandeten Handlung geltende Recht an (BGH GRUR 2010, 80 [Tz. 15] – LIKEaBIKE ; 2010, 654 [Tz. 14] – Zweckbetrieb ), beim Unterlassungsanspruch, soweit er auf Wiederholungsgefahr gestützt ist, sowohl auf den Rechtszustand zum Zeitpunkt des beanstandeten Verhaltens wie dem zum Zeitpunkt der Entscheidung (BGH a.a.O. [Tz. 14] – Zweckbetrieb ). War die Einwilligung eines Verbrauchers nach § 7 UWG 2008 auch konkludent erteilbar (vgl. etwa Koch in Ullmann, jurisPK-UWG, 2. Aufl. [2009], § 7, 219; Köhler in Köhler/Bornkamm, UWG, 26. Aufl. [2008], § 7, 53), so untersagte das am 03.08.2009 in Kraft getretene Gesetz zur Bekämpfung unlauterer Telefonwerbung und zur Verbesserung des Verbraucher-schutzes bei besonderen Betriebsformen vom 29.07.2009 die Werbung mit einem Telefonanruf gegenüber einem Verbraucher ohne dessen „vorherige ausdrückliche Erklärung“. Damit sind Werbeanrufe nicht mehr zulässig, wenn sich eine Einwilligung nur schlüssig aus dem Verhalten des Verbrauchers ergibt (Koch a.a.O. § 7, 219.1; Köhler in Köhler/Bornkamm, UWG, 28. Aufl. [2010], § 7, 132).

(2)
Zwar sollen die Einwilligungen am 11.03. bzw. 08.06.2009 und damit vor dieser Gesetzesreform geschehen sein. Die Anrufe waren jedoch danach (ab 06.08.2009 und am 27.10.2009). Sie mussten dann von einer ausdrücklichen Einwilligung gedeckt gewesen sein; eine davor nur konkludent erfolgte konnte nach der Gesetzesänderung zur Rechtfertigung des Anrufes nicht mehr aktiviert werden. Damit kommt es für das Verständnis des Einwilligungsbegriffs im Tenor aber nicht (mehr) auch auf eine konkludente, sondern ausschließlich auf eine ausdrückliche Einwilligung an.

(3)
Danach sind die von der Beklagten herangezogenen BGH-Entscheidungen zur Klärung des vorliegenden Bestimmtheitsproblems allerdings wenig behilflich, da sie den früheren Rechtszustand (auch konkludente Einwilligung möglich) betroffen haben (vgl. BGH GRUR 2007, 607 [Tz. 17] – Telefonwerbung für „Individualverträge“ ) oder eine andere Rechtsnorm (§ 7 Abs. 2 Nr. 3 UWG 2004), für welche das ausdrückliche wie auch das konkludente Einverständnis genügte (BGH CR 2010, 525 [Tz. 1, 8 und 12]). Danach muss die Tenor-Wendung „ohne vorherige Einwilligung“ nicht auch zugleich den Fall der konkludenten Einwilligung aufnehmen, der in hohem Maße als uneindeutig galt (vgl. BGH CR 2010, 525 [Tz. 12]).

dd) Die Antragsformel „ohne vorherige Einwilligung des Verbrauchers“ wird dem Bestimmtheitsgebot jedoch dann gerecht, wenn es zuvor – wie vorliegend – gar keine Kontaktaufnahme mit dem angerufenen Verbraucher gegeben hat, an die eine Einwilligung geknüpft werden könnte. Jedenfalls im Falle eines solchen sog. „Kaltanrufs“ (OLG Hamm K&R 2006, 524 = MD 2006, 1288 [juris Tz. 2]) können die Bestimmtheitszweifel (vgl. zu diesen OLG Hamm VuR 2008, 54 [juris Tz. 4]) schweigen (vgl. auch OLG Hamm MD 2006, 524; so insgesamt Mankowski in Fezer, UWG, 2. Aufl. [2010], § 7, 222), da bei diesem Streitgegenstand Unklarheiten über Einzelaspekte im Verbraucherverhalten, das als Zustimmung zu einem späteren Werbeanruf gedeutet werden könnte und danach überprüft werden müsste, in Bezug auf die Antragswendung „ohne vorherige Einwilligung“ nicht aufkommen können.

ee) Da der Klage schon – wie sogleich auszuführen ist – unter diesem Gesichtspunkt des sog. „Kaltanrufs“ stattgegeben werden kann, muss nach dem Streitgegenstand die mit der weiteren Verteidigungslinie der Beklagten insoweit verbundene Frage, ob die betreffende Einwilligung in Zusammenhang mit der jeweils behaupteten Teilnahme an Gewinnspielen als wirksam erachtet angesehen werden könnte, nicht beantwortet werden. Gleichwohl will der Senat nicht verhehlen, dass er mit der als herrschend anzusehenden Meinung in Rechtsprechung und Literatur (Hamburg OLG-Report 2009, 436 [juris Tz. 15 f; mit im Ergebnis zust. Anm.: Seichter jurisPR-WettbR 7/2009 Anm. 5, C]; Köhler a.a.O. § 7, 141; Koch in Ullmann a.a.O. § 7, 233.1; Ohly in Piper/Ohly/ Sosnitza, UWG, 5. Aufl. [2010], § 7, 54; Mankowski in Fezer a.a.O. § 7, 216; vgl. auch OLG Köln GRUR-RR 2008, 316 [juris Tz. 17; dort AGB in Papierform]; im Ergebnis ebenso Hasselblatt in Gloy/Loschelder/Erdmann, Handbuch des Wettbewerbsrechts, 4. Aufl. [2010], § 61, 128; krit. Leible in MünchKomm, Lauterkeitsrecht [2006], § 7, 113; allg. § 7, 66) auch insoweit dem Landgericht beitreten könnte.

b) Anruf ohne jeglichen Vorkontakt.

Das Landgericht hat auch insoweit sorgfältig hergeleitet und überzeugend begründet, dass die Zeuginnen an den besagten Gewinnspielen schon nicht teilgenommen haben und danach auch nicht über die opt-in-Vorrichtung eine Einwilligungserklärung freigeschaltet haben. Soweit die Berufung dagegen geltend macht, die Zeuginnen müssten selbst am Gewinnspiel teilgenommen haben, da sie sich „mit ihren privaten Daten wie Name, Anschrift und Telefonnummer eingetragen haben“ (Bl. 209), ergibt sich daraus kein beachtliches Beweiswürdigungsargument, da damit nicht höchstper-sönliche Daten betroffen sind, sondern in jedem Telefonverzeichnis frei zugängliche, die jedermann abrufen und insoweit (miss-)brauchen kann. Auch die andere Verteidigung, „ein eindeutiger Beleg dafür, dass die benannten IP-Adressen nicht den Zeugen zugeordnet werden können, liegt nicht vor“ (Bl. 209), verkennt schon die bei der Beklagten liegende Beweislast für die Einwilligung (vgl. hierzu BGH GRUR 2004, 517 [juris Tz. 30] – E-Mail-Werbung ; Köhler a.a.O. § 7, 134; Mankowski in Fezer a.a.O. § 7, 221). Insofern genügt schon nicht das Vermissen eines eindeutigen Belegs, warum es nicht so sein solle. Im Übrigen wäre Voraussetzung für die Beachtlichkeit eines solchen Beweiswürdigungsansatzes, dass eine verlässliche Zuordnung zwischen IP-Adresse und Internetanschlussinhaber gewährleistet, die Authentizität der IP-Adresse also sicher wäre. Dies ist jedoch nicht der Fall (vgl. auch Wikipedia, IP-Adresse/siehe auch: … Identifikation durch die IP-Adresse). Dies weiß der Senat auch aus anderen, vor ihm geführten Verfahren, in denen gerade Telefonmarketingunternehmen sich nachvollziehbar, rechtlich jedoch erfolglos darauf berufen haben, dass IP-Adressen von unseriösen Subaffiliates kurzzeitig für eine Person eröffnet, missbraucht und dann wieder geschlossen würden, ohne dass diese Person von einer vorübergehenden Anmeldung auf sie Kenntnis hätte oder auch nur über einen Internetanschluss verfügen müsste. Diese Kenntnisse hat der Senat in der mündlichen Verhandlung dargestellt. Widerspruch hat er insoweit nicht erfahren.

Danach zeigt die Berufung keine hinlänglichen Zweifel an der landgerichtlichen Beweiswürdigung auf, wonach die Zeuginnen gar nicht an den Gewinnspielen teilgenommen und danach auch dort nichts erklärt haben, zumal die Zeugin S. über keinen Computer und auch keinen Internetanschluss verfügt.

c) Auskunftsbegehren, in welchem Umfang die Beklagte die vorstehend unter Tenor 1 b ausgewiesenen Handlungen begangen hat.

aa) Grundsätzlich erstreckt sich die Auskunftspflicht nur auf Art, Zeitpunkt und Umfang des konkreten Verletzungsfalls, also die konkrete Verletzungshandlung einschließlich im Kern gleichartige Handlungen und nicht auf alle möglichen weiteren oder auch nur ähnlichen Begehungsformen (Köhler a.a.O. § 9, 4.11; Schwippert in Gloy/Loschelder/ Erdmann a.a.O. § 82, 27). Die Auskunft bezieht sich auf die Tatsachen, die zur Durchsetzung des Hauptanspruchs erforderlich und geeignet sind. Dazu gehört die konkrete Verletzungshandlung. Wenn der Hauptanspruch darüber hinausgehende Verallgemeinerungen aufgrund von Zuwiderhandlungen umfasst, werden auch diese in den Auskunftsanspruch einbezogen. Dazu reicht ein einzelner Verstoß im Wettbewerbsrecht jedoch nicht aus. Der Nachweis bestimmter Verletzungshandlungen begründet keinen Auskunftsanspruch für alle möglichen anderen Verletzungshandlungen, weil dieser auf eine unzulässige Ausforschung hinausliefe. Er erstreckt sich nicht auf ähnliche Handlungen (Büscher in Fezer a.a.O. § 8, 326; Schwippert a.a.O. § 82, 27). Damit werden auch im Kern gleichartige Handlungen nicht erfasst, bei denen lediglich Modalitäten wie Zeit, Ort und Art des Mediums variieren, die das Charakteristische der Verletzungshandlung gerade nicht ausmachen (Schwippert a.a.O. 27; anders bei Schutzrechtsverletzungen zuletzt: BGH GRUR 2010, 623 – Restwertbörse ). Die Anträge auf Verurteilung eines Beklagten zur Auskunftserteilung und Feststellung seiner Schadensersatzpflicht können nur insoweit begründet sein, als sie sich auf die konkret beanstandete Handlung beziehen. Ohne Anführung weiterer Verstöße ist die Wahrscheinlichkeit eines weitergehenden Schadenseintritts nicht dargelegt. Ein Anspruch auf Auskunftserteilung darüber, ob ein Verletzter ähnliche Handlungen begangen hat, die weitergehende Schadensersatzansprüche rechtfertigen könnten, besteht nicht (BGHZ 158, 174 [juris Tz. 5 und 43] – Direktansprache am Arbeitsplatz I , dort Anruf bei einer Projektleiterin der Klägerin, Antrag auf Auskunft über alle Abwerbungsanrufe bei Klägermitarbeitern [a.a.O. juris Tz. 2 und 5]).

bb) Zumal hier der kerngleiche Verstoß als mehrfach begangen nachgewiesen ist, steht der Klägerin der auch geltend gemachte Auskunftsanspruch zu. Zwar kann es der Sache nach um Abwerbungsanrufe ohne (wirksame) Einwilligung nur in Bezug auf Klägerkunden gehen. Doch erst die begehrte Benennung der so Angerufenen vermittelt die Erkenntnis, dass es sich um zum damaligen Zeitpunkt Klägerkunden gehandelt hat, die es jetzt ggf. nicht mehr sind und bezüglich deren der Anruf Ursache zum Anbieterwechsel gewesen sein kann. Insofern ist die begehrte Auskunft zur Ermittlung der Schadensfolge notwendig. Die Berufung der Beklagten spricht denn insoweit auch nur allgemeine Unverhältnismäßigkeitserwägungen an, zeigt aber auch nicht auf, wie eine praktische und zugleich ausreichende Eingrenzung sonst geschehen könnte.

cc) Schadensersatz- wie darauf bezogene Auskunftsansprüche sind zwar verschuldensabhängig (BGH GRUR 2010, 623 [Tz. 55] – Restwertbörse ; Büscher in Fezer a.a.O. § 8, 326). Lag überhaupt keine Einwilligung vor, ist das Vorgehen greifbar schuldhaft.

Im Übrigen hätte auch der Einsatz der bezeichneten opt-in-Klauseln einen Fahrlässigkeitsvorwurf begründet, da deren Verwendung auch zum Zeitpunkt der streitbetroffenen Vorgänge als rechtlich zweifelhaft galt (vgl. etwa Köhler a.a.O. 26. Aufl. [2008], § 7, 47; Ohly in Piper/Ohly, UWG, 4. Aufl. [2006], § 7, 51; Seichter/Witzmann WRP 2007, 699, 705). Ein Handeln in erkennbar zweifelhaftem rechtlichem Zulässigkeitsbereich gereicht zum Verschuldensvorwurf, wenn die spätere gerichtliche Beurteilung zur Unzulässigkeitswertung führt (vgl. BGH a.a.O. [juris Tz. 55] – Restwertbörse ).

dd) Dass die Beklagte nicht selbst, sondern andere für sich handeln ließ, vermag sie vorliegend nicht zu exkulpieren.

(1)
Zwar haftet die Beklagte gemäß § 8 Abs. 2 UWG unmittelbar für solche Werbepartner (OLG Köln MMR 2006, 622 [juris Tz. 12 f]; Ohly in Piper/Ohly/Sosnitza a.a.O. § 8, 150; vgl. auch BGH GRUR 2009, 1167 [Tz. 21, 24 bis 27] – Partnerprogramm ; Büscher in Fezer a.a.O. § 8, 223). In einem solchen Fall gilt deren Verhalten als eigenes der Beklagten (BGH a.a.O. [Tz. 21] – Partnerprogramm ). Allerdings gilt diese Zurechnungsvorschrift nicht in Bezug auf Schadensersatz- und sie vorbereitende Auskunftsansprüche (BGH DB 2010, 2104 [Tz. 22] – Espressomaschine ; GRUR 2001, 82 [juris Tz. 30] – Neu in Bielefeld I ; Büscher a.a.O. § 8, 219). Insoweit trifft die Beklagte aber eine Erfolgsabwendungspflicht (BGH a.a.O. [juris Tz. 30] – Neu in Bielefeld I ).

(2)
Das landgerichtliche Argument, spätestens im Zusammenhang mit dem Abschlussschreiben der Klägerin vom 16.11.2009 (K 6 = Bl. 31 bis 32) auf die einstweilige Verfügung vom 05.10.2009 sei der Beklagten das rechtlich zumindest Fragwürdige ihres Tuns vor Augen geführt worden und sie hätte ihre Vertragspartner dazu anhalten müssen, ein entsprechendes Verhalten zu unterlassen (vgl. US 22), ist nur beschränkt tragfähig. Denn der Kontakt auf den Internetportalen soll schon im März bzw. Juni 2009 und der jeweils letzte Anruf gegenüber diesen Kundinnen am 28.08. bzw. 27.10.2009 erfolgt sein. Danach kann weder der Verfügungsbeschluss noch das Abschlussschreiben das Rechtsbewusstsein der Beklagten in den Monaten davor beeinflusst haben.

(3)
Ihrer Erfolgsabwendungspflicht hat die Beklagte aber in vorwerfbarer Weise nicht genügt.

Die Beklagte hat hinsichtlich ihrer Vorsorge- und Kontrollmaßnahmen im Kern ausgeführt: „Hinsichtlich der Gewinnspiele hatte die Beklagte keine Kenntnis. Der Vertriebszweig ist unter den Vertriebspartnern jeweils aufgeteilt. Sie erhalten Vorgaben, die gesetzlichen Vorschriften einzuhalten. Diese werden auch unter Vertragsstrafe sichergestellt. In dem Vertriebsvertrag mit den Vertriebspartnern ist eine Klausel enthalten, die die Einhaltung von § 7 Abs. 2 UWG vorschreibt. Konkrete Formulierungen hinsichtlich einer Opt-in-Lösung für eine vorformulierte Einwilligung in Telefonanrufe für Werbezwecke gibt es nicht … Es bestehen Kontrollen hinsichtlich der Vertriebspartner, u.a. Qualitätskontrollen, die dann von den Vertriebspartnern vorzulegen sind“ (so Beklagte Bl. 125/126; vgl. auch Bl. 48, 211 und 212). Denn damit gab sie ihren Vertriebspartnern nur eine allgemeine Gesetzestreue vor und ist darin ähnlich unbestimmt, wie sie es nun den gesetzeswiederholenden Anträgen der Klägerin vorwirft. Die Beklagte hat nach dem Sachstand jegliche Detailvorgabe vermissen lassen, sich selbst auch nicht ansatzweise um die Herkunft und die Art des Zustandekommens der Einwilligungen gekümmert und die Qualitätskontrollen durch Selbstkontrolle der zu Kontrollierenden vornehmen lassen.

Damit hat sie ihre Erfolgsabwendungspflicht schuldhaft verfehlt.

d)
aa) Die Beklagtenrüge, die Klägerin habe schon nicht vorgetragen, dass eine Schadenswahrscheinlichkeit für die Klägerin aus dem Fehlen einer Einwilligung folge, verfängt nicht. Denn die Klägerin hat schon in der Klage nachvollziehbar gemacht, dass durch die unzulässigen Marketingmaßnahmen die Gefahr eines Kundenwechsels bestanden habe. Soweit die Beklagte weiter ausführt, zu einem solchen Kundenwechsel sei es nicht gekommen, „weil die vorherige Einwilligung für die Telefonwerbung fehlte, sondern weil die von der Beklagten angebotenen Leistungen den Verbraucher überzeugt haben“ (Bl. 213), verkennt sie, dass ohne Einwilligung schon gar kein Anruf hätte erfolgen dürfen und danach auch kein Kundenwechsel hätte angestoßen werden können.

bb) Soweit die Berufung eine Beschränkung des Ausspruchs hinsichtlich der Schadensersatzpflicht einer Schutzzweckschranke unterwerfen will und danach ein Schadensersatzanspruch bei unaufgeforderten Telefonanrufen zu Gunsten der Klägerin gar nicht entstanden sein könne, weil § 7 UWG nicht den Mitbewerber, sondern nur den Verbraucher schütze, verfängt dieser Einwand nicht. Die Frage, ob der Schaden in den Schutzbereich der verletzten Norm fällt, wird ohnehin nur im Zusammenhang mit § 4 Nr. 11 UWG erörtert (vgl. Köhler a.a.O. § 9, 1.15; Ohly in Piper/Ohly/Sosnitza a.a.O. § 9, 5). Der BGH hat aber auch diesem Ansatz eine klare Absage erteilt (BGH GRUR 2010, 754 [Tz. 25] – Golly Telly ).

II.
Die Nebenentscheidungen beruhen auf §§ 97, 92, 101, 708 Nr. 10, 711, 542, 543 i.V.m. § 3 ZPO.

Die landgerichtliche Wertfestsetzung (Bl. 141) beruht auf der übereinstimmenden Einschätzung der Parteien (Bl. 125).

In der II. Instanz sind danach nur angefallen der Klageantrag Ziff. 1 a) und b) (= 2 x 7.500,00 EUR) = 15.000,00 EUR, von den Auskunfts- und Schadensersatzansprüchen nur die, welche auf den Unterlassungsantrag Ziff. 1 b) bezogen sind, damit die Hälfte des insoweit vom Landgericht angesetzten Wertes (Antrag Ziff. 3 a) und b) = 1.250,00 EUR, also nur 625,00 EUR; Antrag Ziff. 4 = 3.750,00 EUR, also nur 1.875,00 EUR), mithin weitere 2.500,00 EUR, was zu einem Gegenstandswert im Berufungsverfahren führt von insgesamt 17.500,00 EUR.

Der Klageantrag Ziff. 1 ist als zur Hälfte unzulässig anzusehen, der Erfolg der Beklagten liegt danach bei einem Wert von 3.750,00 EUR. Die weiteren Aussprüche (Antrag Ziff. 1 b) und die dazu korrespondierenden Folgeanträge) hielten den Angriffen des Rechtsmittels stand.

Der Erfolg der Beklagten/Streithelferin liegt danach bei einer Quote von 1/5, was die Kostenentscheidung für den zweiten Rechtszug bestimmt.

Diese Unterliegensquote der Klägerin ist in die Kostenentscheidung I. Instanz hineinzutragen und der vom Landgericht bereits festgestellten Unterliegensquote von 1/8 zuzuschlagen.

Die Voraussetzungen für die Zulassung der Revision liegen nicht vor, da der Senat nur anerkannten, auch höchstrichterlich gebilligten Rechtsgrundsätzen folgt. Die Sachbehandlung erschöpft sich einzig in deren Umsetzung auf den vorliegenden Einzelfall.

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