Anbieter von Rabattaktionen müssen zuvor zeitnah die jeweils unrabattierten Preise verlangt haben
Eigener Leitsatz:
Wird mit Preissenkungen im Zuge einer bestimmten Aktion geworben, muss der ursprüngliche Preis zeitnah vor der jeweiligen Aktion verlangt worden sein, da der Verbraucher davon ausgeht, dass er einen finanziellen Vorteil erhält, wenn er im Zeitraum der jeweiligen Aktion ein Produkt kauft. Im Falle einer schon vor der Aktion länger andauernden Preissenkung würde der Verbraucher irregeführt werden, weil es im Vergleich zur beworbenen Aktion keinen Rabatt gäbe.
Oberlandesgericht Köln
Urteil vom 15.02.2008
Az.: 6 U 140/07
Tenor:
Die Berufung der Beklagten gegen das am 10.7.2007 verkündete Urteil der 33. Zivilkammer des Landgerichts Köln – 33 O 35/07 – wird auf ihre Kosten zurückgewiesen.
Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.
Die Beklagte kann die Vollstreckung des Unterlassungsanspruches durch Sicherheitsleistung abwenden, wenn nicht der Kläger vor der Vollstreckung Sicherheit in der gleichen Höhe leistet. Die Sicherheitsleistung beträgt 50.000,00 Euro.
Die Vollstreckung des Kostenerstattungsanspruchs kann die Beklagte durch Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des aufgrund des Urteils vollstreckbaren Betrages abwenden, wenn nicht der Kläger vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe von 110 % des jeweils zu vollstreckenden Betrages leistet.
Die Revision wird nicht zugelassen.
Entscheidungsgründe:
I.
Die Beklagte warb in der Zeit vom 27.09.2006 bis zum Jahresende 2006 mit einem Preisnachlass von "26 % auf alles" im Rahmen von sog. "Jubiläumswochen". Anfang Januar 2007 bis zum 16.01.2007 schlossen sich dann die "Vorteilwochen" an, in deren Rahmen Rabatte zwischen 28 % und 70 % gewährt wurden. Am 10.1.2007 warb die Beklagte mit der nachfolgend wiedergegebenen Werbeanzeige:
pp.
Der Kläger hat hierin ein irreführendes Verhalten der Beklagten gesehen und diese auf Unterlassung in Anspruch genommen. Die Beklagte hat Klageabweisung beantragt. Das Landgericht hat der Klage mit Urteil vom 10.Juli 2007, auf das hinsichtlich der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts sowie der Fassung der Anträge gemäß § 540 Abs. 1 Nr. 1 ZPO Bezug genommen wird, stattgegeben.
Im Berufungsverfahren, in dem die Beklagte ihren Klageabweisungsantrag weiter verfolgt, verteidigt sie sich insbesondere damit, dass ein Verbot der Werbeanzeige letztlich zu einer Sperrfrist zwischen den Rabattaktionen führe, die im Gesetz keinen Rückhalt finde. Der Kläger verteidigt das angefochtene Urteil.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf die zwischen den Parteien gewechselten Schriftsätze nebst Anlagen Bezug genommen, die sämtlich Gegenstand der mündlichen Verhandlung waren.
II.
Die zulässige Berufung hat in der Sache keinen Erfolg. Das Landgericht hat der Klage zu Recht statt gegeben, denn dem Kläger steht gegen die Beklagte ein Unterlassungsanspruch nach § 8 Abs. 1, §§ 5, 3 UWG zu.
Der Senat nimmt die zutreffenden Ausführungen des Landgerichts in der angefochtenen Entscheidung in Bezug und betont im Hinblick auf das Berufungsvorbringen nochmals:
Preisgegenüberstellungen mit eigenen früheren Preisen sind irreführend, wenn der frühere Preis nicht unmittelbar vor der Preisherabsetzung gefordert wurde. Wie lange der Zeitraum zurückliegen darf, in dem der höhere Preis gegolten hat, lässt sich nicht einheitlich beantworten und richtet sich nach der Verkehrsauffassung (Bornkamm in: Hefermehl/Köhler/Bornkamm, UWG, 26. Aufl. 2008, § 5 Rn. 7.83).
Zwar wird hier nicht mit einer Eigenpreisgegenüberstellung, sondern mit einer Preissenkung geworben, doch ist bei einer Werbung mit einem Rabatt gleichermaßen zu fordern, dass der unrabattierte Preis zeitnahe vor der Aktion verlangt wurde. Andernfalls besteht die Gefahr der Irreführung, denn bei einer Werbung mit einer Rabattgewährung geht der Verbraucher davon aus, dass ihm mit dieser Aktion ein gegenüber der vorherigen Situation vorteilhaftes Angebot gemacht wird. Wurde der höhere Preis schon längere Zeit vor der Aktion aber nicht verlangt, wird der Verbraucher irregeführt.
So liegt der Fall hier. Der Adressat der streitgegenständlichen Werbeanzeige, der die früheren Werbeaktionen der Beklagten nicht kennt, gewinnt den Eindruck, dass es sich bei dem XXL-Wochenende um ein ganz besonderes Wochenende handelt. Die Besonderheiten bestehen darin, dass das Wochenende um 3 Tage "verlängert" wird und dass (nur) an diesen fünf Tagen ein Rabatt in Höhe von 26 % gewährt wird. Der Eindruck, die gesamte Aktion sei zeitlich begrenzt, wird insbesondere auch durch die abgebildeten Kalenderblätter hervorgerufen. Dieser Eindruck ist unrichtig, denn die Beklagte gewährte den Rabatt bereits seit über drei Monaten.
Aus dem Urteil des OLG Saarbrücken vom 21.06.2006 (Bl. 71 ff. d. A.) lassen sich keine Anhaltspunkte entnehmen, die gegen das vom LG Köln vertretene Ergebnis sprechen könnten. Abgesehen davon, dass das Gericht die entscheidende Rechtsfrage der Irreführung letztlich offen gelassen hat, da es die Bagatellschwelle für nicht überschritten ansah, wurde der Normalpreis dort bis zu einer Woche vor der Rabattaktion verlangt.
Die Kostenentscheidung folgt aus § 97 Abs. 1 ZPO. Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit beruht auf § 708 Nr. 10, § 711 ZPO.
Die Voraussetzungen für eine Zulassung der Revision liegen nicht vor. Der Rechtssache kommt weder grundsätzliche Bedeutung zu noch erfordert die Rechtsfortbildung oder die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung durch den Bundesgerichtshof. Streitentscheidend ist vielmehr eine über den entschiedenen Fall nicht hinausweisende Subsumtion eines individuellen, auch tatrichterlich zu beurteilenden Sachverhalts unter Normen und Rechtsgrundsätze, die in der höchstrichterlichen Rechtsprechung bereits eine Klärung erfahren haben.