Wettbewerbswidrigkeit von Werbebannern/Hyperlinks für Glücksspielangebote
Eigener Leitsatz:
Die Werbung für ein inernetbasiertes Glücksspielangebot durch Werbebanner oder Hyperlinks kann einen abmahnfähigen Wettbewerbverstoß darstellen.<br/><br/>
Hanseatisches Oberlandesgericht Hamburg
Beschluss vom 21.02.2008
Az.: 5 W 17108
In dem Rechtsstreit
…
gegen
…
beschließt das Hanseatische Oberlandesgericht Hamburg, 5. Zivilsenat, am 21. Februar 2008 durch die Richter…:
Auf die Beschwerde der Antragstellerinnen wird der Beschluss des Landgerichts Hamburg – Kammer 5 für Handelssachen – vom 15.11.2008 (Gz.: 406 0 11108) abgeändert und wie folgt neu gefasst:
Im Wege der einstweiligen Verfügung – der Dringlichkeit wegen ohne vorherige mündliche Verhandlung – wird der Antragsgegnerin bei Vermeidung eines vorn Gericht für jeden Fall der Zuwiderhandlung festzusetzenden Ordnungsgeldes und für den Fall, dass dieses nicht beigetrieben werden kann, einer Ordnungshaft, oder Ordnungshaft bis zu sechs Monaten (Ordnungsgeld im Einzelfall höchstens € 250.000.-; Ordnungshaft insgesamt höchstens 2 Jahre)
verboten,
auf der Internet-Seite … durch Werbebanner und/oder Hyperlinks für das internetbasierte Glücksspielangebot … zu werben, solange im Rahmen des beworbenen Angebots erlaubnispflichtige Glücksspiele, insbesondere Casino-Spiele, deutschen Spielern ohne das Vorliegen einer deutschen Erlaubnis angeboten werden.
Die Kosten des Erlassverfahrens und der Beschwerde trägt die Antragsgegnerin.
Der Streitwert des Beschwerdeverfahrens wird auf € 40.000,- festgesetzt.
Begründung :
Die zulässige Beschwerde der Antragstellerinnen, mit der sie sich gegen den unterbliebenen Erlass ihres Verfügungsantrages vom 14.01.2008 wenden, hat Erfolg.
Der Gegenstand des mit dem Verfügungsantrag geltend gemachten Unterlassungsanspruchs betrifft die Werbung der Antragsgegnerin für den Online-Casinoanbieter … durch das nachstehend wiedergegebane Werbebanner
…
auf der von der Antragsgegnerin betriebenen Internet-Seite …. Das Banner befand sich neben anderen Werbezeichen auf der Kopfleiste der von der Antragsgegnerin unterhaltenen Homepage (vgl. Ani. K 1). Über einen mit dem Banner verknüpften Link gelangte der Nutzer zum deutschsprachigen Angebot der … die Poker und andere Casinospiele über das Internet veranstaltet.
Der Senat teilt die Auffassung des Landgerichts nicht, welches eine Inanspruchnahme der Antragsgegnerin verneint hat. Der Beschluss des Landgerichts war daher abzuändern. Den Antragstellerinnen steht der geltend gemachte Unterlassungsanspruch nach §§ 8 Abs. 1, Abs. 3 Nr. 1, 3, 4 Nr. 11 UWG i.V.m. § 284 Abs. 1 u. 4 StGB zu.
1. Ein Verstoß gegen diese Vorschriften liegt vor.
Gem. § 4 Nr. 11 UWG handelt unlauter i.S. von § 3 UWG, wer einer gesetzlichen Vorschrift zuwiderhandelt, die auch dazu bestimmt ist, im Interesse der Marktteilnehmer das Marktverhalten zu regeln.
§ 284 Abs. 4 StGB ist eine gesetzlichen Vorschrift, die auch dazu bestimmt ist, im Interesse der Marktteilnehmer das Marktverhalten zu regeln (BGH GRUR 2004, 693, 695 – „Schöner Wetten" m.w.N. Hefermehl/Kähler/Bornkamm, UWG, 26. Aufl. 2008, § 4 Rn. 11.178).
Die Antragsgegnerin hat durch das Einstellen des Werbebanners … auf ihrer Homepage Werbung für ein nicht erlaubtes Glücksspiel i.S. des § 284 Abs. 4 StGB gemacht.
Der Senat hält an seiner Rechtsauffassung fest (vgl. Urt. v. 30.04.2004 – 5 U 32/04, B. v. 20.12.2007 – 5 W 164/07), wonach der Betreiber von entgeltlichen öffentlichen Glücksspielen die Genehmigung einer zuständigen deutschen Landesbehörde einzuholen hat. Da nach Angaben der Antragsgegnerin im Schreiben vom 14.01.2008 (MI. K 6) die … AG lediglich eine Casino — und Sportwetten Lizenz des Landes Malta besitzt, liegt durch die im Januar 2008 auf der Homepage platzierte Werbung ein Verstoß gegen die Strafvorschrift vor.
Der Normzweck des § 284 StGB wird auch nicht deshalb in Frage gestellt, well nach dem Urteil des Bundesverfassungsgerichts vom 28.03.2006 (Az.: 1 BvR 1054/01) davon auszugehen ist, dass das staatliche Wettmonopol in seiner Ausgestaltung bis zum 31.12.2007 in einem Bundesland (Bayern) bzw. auch in den anderen Bundesländern wegen der ähnlich gefassten jeweiligen Landeslotteriegesetze einen unverhältnismäßigen Eingriff in die Berufsausübungsfreiheit nach Art. 12 GG darstellt. Denn durch Inkrafttreten des (neuen) Staatsvertrages zum Glücksspielwesen in Deutschland am 01.01.2008 (s. HmbGVOBi 2008, S. 32: Bekanntmachung über das Inkrafttreten) und entsprechender Ausführungsgesetze in den verschiedenen Bundesländern (vgl. Hamburg: Gesetz zur Neuregelung des Glücksspielwesens (GIüStV) vom 14.12.2007, gültig ab 01.01.2008 abgedr. in: HmbGVOBi 2007, S. 441, Schleswig-Holstein: Gesetz zur Ausführung des Staatvertrages zum Glückspielwesen in Deutschland (GIüStVAG) v. 13.12.2007, gültig ab 01.01.2008, zitiert nach juris) hat sich die Rechtslage gegenüber der verfassungsgerichtlichen Entscheidung in wesentlichen Punkten geändert. Die Gesetze enthalten entsprechend der Vorgaben der Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts vom 28.03.2006 neue Reglungen zur Vermeidung und Bekämpfung der Glücksspielsucht (so in GlüStV-SH: § 6 Sozialkonzept, § 11 Suchtforschung). Nach derzeitiger Sach- und Rechtslage bestehen jedenfalls keine Anhaltspunkte dafür, dass die Neuregelung des staatlichen Wettmonopols erneut gegen deutsches Verfassungsrecht und auch gegen europäisches Gemeinschaftsrecht (Art. 43 und 49 EG-Vertrag) verstoßen könnte, weil sie nicht aus zwingenden Gründen des Allgemeininteresses gerechtfertigt wäre (RS C – 243101, Gambelli, Sig. 2003, 113076, Rz. 67, EuGH NJW 2004, 139,140; bestätigt durch: RS C 338/04, Placania, Slg. 2007, 101891, Rz. 53, ZfWG 2007, 125 ff,).
Auch ist nicht ersichtlich, dass der vom Senat zum hier streitgegenständlichen Wettbewerbsverstoß vertretenen Auffassung die jüngsten Entscheidungen des BGH vom 14,02.2008 entgegenstehen könnten (BGH, Urteile vom 14.02.2008, Az.: I ZR 140104, I ZR 187/04, I ZR 207/05, 1 ZR 13/06), wonach das Veranstalten und Anbieten von Sportwetten ohne Vorliegen einer inländischen Erlaubnis nicht wettbewerbswidrig ist. Die Urteile sind zwar bislang nicht veröffentlicht. Der Mitteilung der Pressestelle des BGH (Nr. 29/2008 v. 14.03.2008) ist jedoch zu entnehmen, dass sich die Beurteilung des BGH, dass das Anbieten und Veranstalten von Sportwetten nicht wettbewerbswidrig sei, nur auf Altfälle bezieht, d.h. auf beanstandetes wettbewerbliches Verhalten bis zur o.g. Verfassungsgerichtsentscheidung. Ein sog. „Altfall" liegt dem streitgegenständlichen Verfügungsantrag gerade nicht zugrunde.
2. Für diesen Wettbewerbsverstoß haftet die Antragsgegnerin jedenfalls als Störer. Der Senat braucht daher nicht zu entscheiden, ob die Antragsgegnerin bereits wegen eines täterschaftlichen Verstoßes gegen § 3 UWG auf Unterlassung haftet (vgl. BGH WPP 2007, 1173/Rn. 22 ff. – „Jugendgefährdende Medien bei eBay").
a) Nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofes kann jemand als Störer auf Unterlassung in Anspruch genommen werden, wenn er willentlich und adäquat kausal zu einem Wettverstoß beigetragen hat oder mitwirkt, einen wettbewerbswidrigen Zustand zu erhalten. Die Antragstellerin hat hier durch das Platzieren der beanstandeten Werbung auf ihrer Homepage den Wettbewerbsverstoß eines Dritten unterstützt, weil die … AG nicht über eine inländische Genehmigung zum Veranstalten von Glücksspielen verfügt.
b) Die Haftung als Störer setzt die Verletzung von Prüfpflichten voraus. Der Umfang der Prüfpflichten bestimmt sich danach, ob und inwieweit dem als Störer in Anspruch genommenen nach den konkreten Umständen eine Prüfung zuzumuten ist (BGH, GRUR 1997, 313 –„Architektenwettbewerb"). Hier war – entgegen der vorn Landgericht vertretenen Auffassung – der Antragsgegnerin eine Überprüfung der in ihrer Homepage eingestellten Werbung allemal zumutbar. Die Zumutbarkeit ergibt sich insbesondere aus dem Umstand, dass nur für wenige (acht) Firmen Werbung platziert wurde und sich aus der Bedeutung des Schriftzuges … bereits ein unmissverständlicher Hinweis auf Wettveranstaltungen ergab, deren rechtliche Problematik Gegenstand selbst intensiver öffentlich geführter Diskussion ist und dabei insbesondere Sportwetten betraf, d.h. Wetten in einem Bereich, zu dem gerade die Antragsgegnerin als Betreiberin der Homepage
… einen Bezug hat.
3. Die für den geltend gemachten Unterlassungsanspruch erforderliche Wiederholungsgefahr ergibt sich aus dem Rechtsverstoß der Antragsgegnerin. Diese Wiederholungsgefahr konnte nur durch Abgabe einer hinreichend strafbewehrten Unterlassungserklärung ausgeräumt werden; die indes auf die Abmahnung der Antragstellerin hin unterblieb.
4. Die Dringlichkeitsvermutung aus § 12 Abs. 2 UWG ist nicht widerlegt. die Antragstellerinnen sind zeitnah nach Kenntnisnahme von der beanstandeten Werbung gegen diese außergerichtlich- und gerichtlich vorgegangen.
5. Die Höhe der Wertfestsetzung für das Beschwerdeverfahren mit € 40.000,00 entspricht der Festsetzungspraxis des Hanseatischen Oberlandesgerichts bei vergleichbaren Wettbewerbsverstößen im Zusammenhang mit § 4 Nr. 11 UWG i.V.m. § 284 StGB.
Die Entscheidung über die Kosten beruht auf § 91 Abs. 1.