Vorsicht bei Mobilfunk-AGBs: Häufig unwirksame Klauseln

30. Dezember 2009
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Eigener Leitsatz:

Allgemeine Geschäftsbedingungen bei Mobilfunkverträgen, die von Resellern mit Verbrauchern abgeschlossen werden, erfüllen nicht immer die gesetzlichen Anforderungen. So sind beispielsweise Klauseln, die das vorzeitige Erlöschen des Widerrufsrechts bei Inanspruchnahme der Mobilfunkdienstleistungen durch den Kunden vor Ablauf der Widerspruchsfrist zum Gegenstand haben, unwirksam.

Landgericht Kiel

Urteil vom 25.03.2009

Az.: 5 O 206/08

Tenor:

A. Die Beklagte wird verurteilt, es bei Vermeidung eines für jeden Fall der Zuwiderhandlung festzusetzenden Ordnungsgeldes bis zu 250.000,00 EUR, ersatzweise Ordnungshaft bis zu sechs Monaten, oder Ordnungshaft bis zu sechs Monaten, zu unterlassen, nachfolgende oder mit diesen inhaltsgleiche Bestimmungen in Mobilfunkverträge mit Verbrauchern einzubeziehen sowie sich auf die Bestimmungen bei der Abwicklung derartiger Verträge, die nach dem 01.04.1977 geschlossen worden sind, zu berufen:

        1. Das Widerrufsrecht des Kunden erlischt vorzeitig, wenn k. mit ausdrücklicher Zustimmung des Kunden vor Ende der Widerspruchsfrist mit der Ausführung der Dienstleistung begonnen hat oder der Kunde selbst diese veranlasst hat, z. B. unter Nutzung der k. SIM-Karte die Mobilfunkdienstleistungen der k. in Anspruch nimmt oder einen Antrag auf Rufnummernmitnahme stellt…;

        2. k. ist zur fristlosen Kündigung des Vertrages berechtigt, wenn der Kunde Leistungen der k. missbräuchlich in Anspruch nimmt…;

        3. k. ist weiterhin berechtigt zur außerordentlichen Kündigung des Vertragsverhältnisses, wenn 1) der Kunde seine Zahlungen nach entsprechender Ankündigung einstellt oder nach Verzugseintritt offene Rechnungsbeträge grundlos nicht begleicht;

        4. Sämtliche Zeichnungen, Abbildungen, technische Daten, Gewichts-, Farb- oder Maßangaben sind unverbindlich;

        5. Der Kunde ist zur Zahlung der Rechnungsbeträge verpflichtet, wie sie sich aus den von k. veröffentlichten Tarifen und Preislisten in der jeweils gültigen Fassung im Einzelnen ergeben;

        6. k. ist berechtigt, Leistungen so lange einzustellen, bis der Kunde fällige Forderungen ausgeglichen hat;

        7. Die Haftung ist bei der Verletzung wesentlicher Vertragspflichten begrenzt auf die vertragstypischen und vorhersehbaren Schäden;

        8. Der Kunde haftet bis zur telefonischen Verlustmeldung bei k. für die bis dahin angefallenen Gebühren und Rechnungsbeträge;

        9. Änderungen dieser Bedingungen oder Preisänderungen sowie Änderungen im Leistungsumfang werden dem Kunden vorab mitgeteilt. Die Änderungen gelten als genehmigt, wenn der Kunde ihnen nicht schriftlich innerhalb von vier Wochen nach Zugang widerspricht. k. wird auf diese Folge hinweisen;

        10. Widerspricht der Kunde, wird der Vertrag nach Wahl von k. zu den bisherigen Bedingungen fortgeführt oder beendet;

        11. Anstelle der unwirksamen oder undurchführbaren Klausel soll nach dem Willen der Parteien einem dem wirtschaftlichen und haftungsrechtlichen Zweck des Vertrages zulässige und rechtmäßige Klausel treten.

B. Die Beklagte wird verurteilt, an den Kläger 200,00 EUR nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 08.10.2008 zu zahlen.

C. Die Kosten des Rechtsstreits trägt die Beklagte.

D. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar. Hinsichtlich des Tenors zu Ziffer I. 1. kann die Beklagte die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des aufgrund des Urteils vollstreckbaren Betrages abwenden, wenn nicht die Klägerin vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe von 110 % des jeweils zu vollstreckenden Betrages leistet.

Tatbestand:

Der Kläger macht als Verbraucherverband gegen die Beklagte Unterlassungsansprüche nach dem Unterlassungsklagegesetz in Bezug auf diverse Klauseln in den Allgemeinen Geschäftsbedingungen der Beklagten geltend.

Der Kläger ist ein in die beim Bundesjustizamt geführte Liste nach § 4 UKlaG eingetragener Verein, der nach seiner Satzung die Interessen der Verbraucher wahrzunehmen, den Verbraucherschutz zu fördern, die Stellung des Verbrauchers in der sozialen Marktwirtschaft zu stärken und zur Verwirklichung einer nachhaltigen Entwicklung beizutragen hat. Er ist der bundesweit tätige Dachverband der 16 Verbraucherzentralen der Bundesländer sowie weiterer verbraucherorientierter Organisationen in Deutschland.

Die Beklagte bietet Mobilfunktelefonleistungen an, wobei sie über kein eigenes Mobilfunknetz verfügt, sondern als sogenannte ReSellerin Leistungen über das Netz der Deutschen Telekom AG vermarktet. Die Beklagte betreibt unter der Adresse www.k..de einen Telemediendienst. Im Zusammenhang mit den von ihr vertriebenen Mobilfunktelefonleistungen verwendet die Beklagte allgemeine Geschäftsbedingungen, die auf der Internetseite der Beklagten hinterlegt und durch Betätigen des Links „AGB“ eingesehen werden können. Unter Ziffer 2. – „Vertragsangebot, Vertragsabschluss“ – heißt es zunächst:

            „Der Kunde beantragt im Internet über die Website www.k..de oder einer anderen Website von k. (Online-Bestellung) oder telefonisch über eine Bestellhotline die Leistungen der k..

            …

            k. behält sich die Annahme des Kundenantrags vor. Der Vertrag kommt erst zustande, wenn k. dem Kunden die Annahme des Antrags schriftlich oder per E-Mail bestätigt.

            …

            3. Widerrufsrecht

            Das nachstehende Widerrufsrecht besteht nur, wenn der Kunde Verbraucher im Sinne von § 13 ist. Der Kunde kann seinen Antrag innerhalb von zwei Wochen ohne Angaben von Gründen oder durch Rücksendung der empfangenen Sachen (SIM-Karte, Handy etc.) widerrufen. Der Lauf der Frist beginnt mit Erhalt einer gesonderten Belehrung über das Widerrufsrecht in Textform (z. B. Brief, Fax oder E-Mail). …“

Der Kläger unterzog die Allgemeinen Geschäftsbedingungen der Beklagten im August 2008 einer Prüfung. In diesem Rahmen mahnte der Kläger die Beklagte wegen der Verwendung der aus dem Tenor ersichtlichen allgemeinen Geschäftsbedingungen mit Schreiben vom 22.07.2008 ab und forderte sie zur Abgabe einer strafbewehrten Unterlassungserklärung betr. die Verwendung dieser Klauseln bis zum 12.08.2008 auf. Mit Schreiben vom 12.08.2008 reagierte die Beklagte, indem sie teilweise Änderungen ihrer Geschäftsbedingungen in Aussicht stellte, ohne jedoch die geforderte Unterlassungserklärung abzugeben.

Nachdem die Klägerin mit Schriftsatz vom 22.09.2008 Klage auf Unterlassung der Verwendung sämtlicher im Tenor aufgeführter Klauseln erhoben hat, hat die Beklagte mit Schriftsatz vom 23.01.2009 die geltend gemachten Ansprüche bezüglich der Klaganträge zu I. Ziffer 2. bis 11. sowie zu II. anerkannt.

Danach streiten die Parteien lediglich noch um die Rechtmäßigkeit der nachfolgenden Klausel (Ziff. 3 AGB der Beklagten):

            „… Das Widerrufsrecht des Kunden erlischt vorzeitig, wenn k. mit ausdrücklicher Zustimmung des Kunden vor Ende der Widerspruchsfrist mit der Ausführung der Dienstleistung begonnen hat oder der Kunde selbst diese veranlasst hat, z. B. unter Nutzung der k. SIM-Karte die Mobilfunkdienstleistungen der k. in Anspruch nimmt oder einen Antrag auf Rufnummernmitnahme stellt (vgl. Ziffer 11.).“

Die Klägerin ist der Ansicht, die vorgenannten Klausel halte einer Inhaltskontrolle nach § 307 Abs. 1 BGB nicht stand, da sie gegen das Transparenzgebot verstoße. Zunächst sei die Ausnahmevorschrift des § 312 d Ziff. 2 BGB auf die von der Beklagten angebotenen Leistungen nicht anwendbar, v.a., wenn sich die Klausel auf einen Vertrag mit fester Laufzeit beziehe. Zudem werde das Widerrufsrecht des Kunden unzulässig verkürzt, wenn bereits der Antrag eines Kunden auf Rufnummernmitnahme zum Erlöschen des Widerrufsrechts führe. Denn allein dieser Antrag erfülle nicht die Voraussetzungen der Inanspruchnahme einer Leistung im Sinne des § 312 d Abs. 3 Nr. 2 BGB, vielmehr müsse in diesem Fall zumindest der Beginn der Leistungserfüllung durch die Beklagte hinzukommen. Da ein anderer Fall des Verlustes des Widerrufsrechts als die aktive Inanspruchnahme der SIM-Karte nicht denkbar sei, sei die enumerative Aufzählung im Rahmen der Widerrufsbelehrung zudem falsch, da sie weitergehende potenzielle Tatbestände des Wegfalls eines Widerrufsrechts suggeriere.

Zudem stelle die Übernahme einer Rufnummer nicht die eigentliche Leistung der Beklagten dar, da diese als reine Vorbereitungshandlung für den eigentlichen Leistungsaustausch, nämlich die Übermittlung von Daten für die Sprachkommunikation anzusehen sei. Insofern liege auch in der Portierung der Rufnummer noch nicht der Beginn der Leistung durch die Beklagte.

Der Kläger beantragt:

            A. Die Beklagte zu verurteilen, es bei Vermeidung eines für jeden Fall der Zuwiderhandlung festzusetzenden Ordnungsgeldes bis zu 250.000,00 EUR, ersatzweise Ordnungshaft bis zu sechs Monaten, oder Ordnungshaft bis zu sechs Monaten zu unterlassen, nachfolgende oder mit diesen inhaltsgleiche Bestimmungen in Mobilfunkverträge mit Verbrauchern einzubeziehen sowie sich auf die Bestimmungen bei der Abwicklung derartiger Verträge, die nach dem 01.04.1977 geschlossen worden sind, zu berufen:

                1. Das Widerrufsrecht des Kunden erlischt vorzeitig, wenn k. mit ausdrücklicher Zustimmung des Kunden vor Ende der Widerspruchsfrist mit der Ausführung der Dienstleistung begonnen hat oder der Kunde selbst diese veranlasst hat, z. B. unter Nutzung der k. SIM-Karte die Mobilfunkdienstleistungen der k. in Anspruch nimmt oder einen Antrag auf Rufnummernmitnahme stellt.

                2. k. ist zur fristlosen Kündigung des Vertrages berechtigt, wenn der Kunde Leistungen der k. missbräuchlich in Anspruch nimmt.

                3. k. ist weiterhin berechtigt zur außerordentlichen Kündigung des Vertragsverhältnisses, wenn 1) der Kunde seine Zahlungen nach entsprechender Ankündigung einstellt oder nach Verzugseintritt offene Rechnungsbeträge grundlos nicht begleicht.

                4. Sämtliche Zeichnungen, Abbildungen, technische Daten, Gewichts-, Farb- oder Maßangaben sind unverbindlich.

                5. Der Kunde ist zur Zahlung der Rechnungsbeträge verpflichtet, wie sie sich aus den von k. veröffentlichten Tarifen und Preislisten in der jeweils gültigen Fassung im Einzelnen ergeben.

                6. k. ist berechtigt, Leistungen so lange einzustellen, bis der Kunde fällige Forderungen ausgeglichen hat.

                7. Die Haftung ist bei der Verletzung wesentlicher Vertragspflichten begrenzt auf die vertragstypischen und vorhersehbaren Schäden.

                8. Der Kunde haftet bis zur telefonischen Verlustmeldung bei k. für die bis dahin angefallenen Gebühren und Rechnungsbeträge.

                9. Änderungen dieser Bedingungen oder Preisänderungen sowie Änderungen im Leistungsumfang werden dem Kunden vorab mitgeteilt. Die Änderungen gelten als genehmigt, wenn der Kunde ihnen nicht schriftlich innerhalb von vier Wochen nach Zugang widerspricht. k. wird auf diese Folge hinweisen.

                10. Widerspricht der Kunde, wird der Vertrag nach Wahl von k. zu den bisherigen Bedingungen fortgeführt oder beendet.

                11. Anstelle der unwirksamen oder undurchführbaren Klausel soll nach dem Willen der Parteien einem dem wirtschaftlichen und haftungsrechtlichen Zweck des Vertrages zulässige und rechtmäßige Klausel treten.

            B. Der Beklagte wird verurteilt, an den Kläger 200,00 EUR nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 08.10.2008 zu zahlen.

Die Beklagte erkennt die Klaganträge zu I. 2. bis 11. und zu II. an und beantragt,

            die Klage im übrigen abzuweisen.

Die Beklagte ist der Ansicht, die Durchführung der Rufnummernmitnahme stelle bereits eine Dienstleistung der Beklagten dar.

Sie behauptet, der Antrag des Kunden auf Rufnummernmitnahme setze einen aufwändigen und kostenintensiven Prozess – die sog. Rufnummerportierung – in Gang, welcher weitgehend manuell durchgeführt werden müsse und der umfangreiche Absprachen zwischen altem und neuem Mobilfunkanbieter erfordere. Nach einer Portierungsbestätigung sei es nur noch möglich, den Prozess bis fünf Werktage vor der Portierung in Absprache mit dem bisherigen Anbieter zu stornieren, zu einem späteren Zeitpunkt sei die Rufnummernportierung nicht mehr zu stoppen. Falle ein Widerruf in ein laufendes Portierungsverfahren, müsse die Portierung zunächst beendet und anschließend aufwendig rückgängig gemacht werden. Bei Unterbrechung eines laufenden Portierungsprozesses bestehe die Gefahr, dass die zu übertragende Rufnummer für den Kunden unwiederbringlich verloren gehe. Zudem sei bei einem Widerruf während des laufenden Prozesses unklar, wohin eine bereits übertragene Mobilfunknummer dann übertragen werden könne, da der alte Mobilfunkvertrag des Verbrauchers im Regelfall bereits beendet sei. Da Verbraucher in der Regel an einer zügigen Abwicklung interessiert seien, sei es nicht sachegerecht, den Ablauf der Widerrufsfrist abzuwarten, bevor mit der Rufnummerportierung begonnen werde,

Die Beklagte ist weiter der Auffassung, die streitige AGB-Klausel gebe nur die gesetzliche Regelung des § 312 d Abs. 3 BGB wieder. Damit handele es sich dabei lediglich um eine deklaratorische Klausel, die einer Inhaltskontrolle nach § 307 Abs. 7 BGB nicht unterliege. Zudem sei § 312 d Abs. 3 Nr. 2 BGB auch bei Verträgen mit fester Laufzeit anwendbar.

Die Klage ist der Beklagten am 07.10.2008 zugestellt worden.

Entscheidungsgründe:

Die Klage ist zulässig und hat auch in der Sache Erfolg.

Der Kläger ist gem. §§ 3, 4 UKlaG anspruchsberechtigt, da er in die beim Bundesjustizamt geführte Liste eingetragen ist.

Hinsichtlich der Klaganträge zu I Ziff. 2-11 sowie zu Ziff. II war die Beklagte ihrem Anerkenntnis gemäß zu verurteilen, § 307 ZPO.

Hinsichtlich der im Klagantrag unter I Ziff. 1 aufgeführten Klausel betreffend das vorzeitige Erlöschen des Widerrufsrechts des Kunden bei Inanspruchnahme von Mobilfunkdienstleistungen der Beklagten unter Nutzung der k. SIM-Karte oder bei Stellung eines Antrages auf Rufnummernmitnahme durch den Kunden steht dem Kläger ein Unterlassungsanspruch nach § 1 UKlaG iVm. §§ 307, 312 d Abs. 3 Nr. 2 BGB zu. Diese Klausel verstößt gegen § 307 Abs. 1 iVm Abs. 2 Nr. 1, § 355, § 312 d Abs. 2 BGB.

Zunächst fällt die beanstandete Klausel nicht unter die Privilegierung der Anlage 2 zu § 14 BGB Info-V. Gemäß § 14 Abs. 1 BGB-InfoV genügt eine Belehrung über das Widerrufsrecht den Anforderungen des § 355 Abs. 2 BGB und den diesen ergänzenden Vorschriften des BGB, wenn das Muster der Anlage 2 in Textform verwendet wird. Vorliegend hat die Beklagte das Muster jedoch nur teilweise verwendet, da sie zwar den Gestaltungshinweis unter Ziff. 9 der Anlage 2 zur BGB-InfoV übernommen, diesen jedoch um die beiden oben genannten Beispiele ergänzt hat. Abweichungen und Zusätze von § 14 BGB Info-V sind jedoch nur in begrenztem Umfang möglich, wie Abs. 3 und 4 dieser Vorschrift zeigen (vgl. auch LG Stuttgart, MMR 2006, 342). Bei den von der Beklagten aufgeführten Beispielsfällen handelt es sich nicht um eine der in § 14 Ab. 3 und 4 BGB Info-V ausdrücklich zugelassenen Abweichungen.

Die von der Beklagten im Rahmen ihrer Widerrufsbelehrung formulierten Beispielsfälle für ein vorzeitiges Erlöschen des Widerrufsrechts genügen den Anforderungen der §§ 355 Abs. 2, 312 d Abs. 3 Nr. 2 BGB nicht. Gemäß § 312 d Abs. 3 Nr. 2 BGB erlischt bei einer Dienstleistung im Rahmen eines Fernabsatzvertrages das Widerrufsrecht vorzeitig, wenn der Unternehmer mit der Ausführung der Dienstleistung mit ausdrücklicher Zustimmung des Verbrauchers vor dem Ende der Widerrufsfrist begonnen hat oder der Verbraucher diese selbst veranlasst hat.

Der Antrag des Kunden auf Rufnummermitnahme stellt noch nicht den Beginn der Ausführung der Dienstleistung im Sinne dieser Vorschrift dar. Grundsätzlich wird als Beginn der Ausführung der Dienstleistung durch den Unternehmer angesehen, wenn der Unternehmer eine nicht nur vorbereitende Handlung vorgenommen hat, die den Kunden bereits unmittelbar in den Genuss der Vorteile kommen lässt, um derentwillen er den Vertrag abgeschlossen hat (MüKo-Wendehorst, § 312 d Rn. 57; Staudinger/ Thüsing, § 312 d Rn. 37). Ob eine solche nicht nur vorbereitende Handlung in der Einleitung der Rufnummerportierung liegt, kann vorliegend offen bleiben. Denn die Beklagte hat nicht diese Tätigkeit – die tatsächliche Ingangsetzung des Portierungsprozesses – als Anknüpfungspunkt für das vorzeitige Erlöschen des Widerrufsrechts gewählt, sondern eine zeitlich bereits davor liegende Handlung des Kunden, nämlich die bloße Stellung des Antrages auf Rufnummermitnahme. Allein das Stellen eines solchen Antrages durch den Kunden bewirkt jedoch – auch nach dem Vortrag der Beklagten – nicht automatisch das Ingangsetzen des Portierungsprozesses. Vielmehr muss hierfür zumindest eine Handlung seitens der Beklagten hinzutreten. Denn die Einleitung des Portierungsprozesses erfolgt nach dem Vortrag der Beklagten manuell, so dass erst in der diesen Prozess tatsächlich in Gang setzenden Handlung durch einen Mitarbeiter der Beklagten der frühestmögliche Beginn der Ausführung der Dienstleistung liegen kann. Die derzeit von der Beklagten in Nr. 3 ihrer AGB verwendete Formulierung lässt jedoch die Möglichkeit zu, dass auch bei noch nicht begonnener Bearbeitung dieses Antrages durch die Beklagte ein Widerruf des Kunden bereits nicht mehr möglich ist. Damit wird der Verlust des Widerrufsrechts in einer Weise vorverlagert, die mit der gesetzlichen Regelung des § 312 d Abs. 3 Nr. 2 BGB nicht mehr vereinbar ist.

Auch die Inanspruchnahme von Mobilfunktelefonleistungen durch die Nutzung der k. SIM-Karte durch den Kunden führt nicht unmittelbar zum Erlöschen des Widerrufsrechts. Zwar veranlasst der Kunde durch die Nutzung der SIM-Karte aktiv das Erbringen von Telefondienstleistungen durch den Unternehmer. Denn diese Nutzung geht unmittelbar auf eine eigene Handlung des Kunden zurück und führt dazu, dass der Unternehmer – nach entsprechender Freischaltung des Anschlusses – Mobilfunktelefonleistungen zur Verfügung stellt, welche der Kunde tatsächlich in Anspruch nimmt. Ob diese Konstellation von der Ausnahmevorschrift des § 312 d Abs. 3 Nr. 2 BGB erfasst wird und das Widerrufsrecht des Kunden in solchen Fällen erlischt, ist in Rechtsprechung und Literatur streitig. Denn nach verbreiteter Ansicht wird eine Differenzierung zwischen der Inanspruchnahme einer teilbaren und derjenigen einer nicht teilbaren Dienstleistung für erforderlich gehalten.

Nach einer Auffassung soll das Widerrufsrecht des Kunden – wie in § 312 d Abs. 3 Nr. 2 BGB ausdrücklich vorgesehen – erlöschen, wenn der Unternehmer mit Zustimmung des Verbrauchers mit der Ausführung der Dienstleistung begonnen oder der Verbraucher die Ausführung selbst veranlasst habe, ohne dass eine Unterscheidung zwischen unteilbaren und teilbaren Dienstleistungen – wie z.B. Dauerschuldverhältnissen – vorzunehmen sei (Palandt/ Grüneberg, 68. Aufl. 2009, § 312 d Rn. 7a).

Nach der Gegenansicht ist zwischen teilbaren und unteilbaren Dienstleistungen zu differenzieren. Dabei wird eine Dienstleistung für unteilbar gehalten, wenn unter Berücksichtigung aller Umstände, insbesondere der berechtigten Interessen des Unternehmers und seiner bereits getroffenen Dispositionen der Ausschluss des Widerrufsrechts nur den Vertrag im Ganzen erfassen könne (Staudinger/ Thüsing, 2005, § 312 d BGB Rn. 36; MüKo-Wendehorst, 5. Aufl. 2007, § 312 d BGB Rn. 56). Dies ist jedenfalls dann der Fall, wenn der Kunde durch eigenen Handlung die sofortige Erbringung der gesamten Dienstleistung veranlasst, z.B. bei Inanspruchnahme von Online-Diensten (vgl. BGH NJW 2006, 1974). Als teilbar gelten dagegen z.B. Dauerschuldverhältnisse, welche durch Widerruf ex nunc beendet werden können, ohne dass dem Unternehmer dadurch unzumutbare Nachteile entstünden (Staudinger, aaO; MüKo, aaO.). Dementsprechend sei die Vorschrift des § 312 d Abs. 3 Nr. 2 BGB teleologisch dahingehend zu reduzieren, dass der Ausschluss des Widerrufsrechts nur bei unteilbaren Dienstleistungen gelte. Denn unter Berücksichtigung des Schutzzwecks der Norm – der Schwierigkeit, Dienstleistungen im Unterschied zu Warenlieferungen in natura rückabzuwickeln einerseits und der fehlende Möglichkeit des Verbrauchers, die Qualität der Leistung des Unternehmers vor deren Erbringung einschätzen zu können, andererseits – dürfe das Widerrufsrecht nicht auch für die Fälle faktisch stark eingeschränkt werden, in denen eine Vertragsbeendigung ohne weiteres durchführbar und zumutbar sei.

Dieser letztgenannten Ansicht schließt sich das Gericht an. Grundsätzlich sind Ausnahmevorschriften sehr restriktiv und unter besonderer Berücksichtigung ihres Schutzzweckes anzuwenden. Für den Fall der Inanspruchnahme einer teilbaren Leistung während der noch laufenden Widerrufsfrist besteht kein Schutzbedürfnis des Unternehmers, sofern er in der Lage ist, die bereits erbrachten Teilleistungen abzurechnen. Dies ist bei Inanspruchnahme von Mobilfunktelefonleistungen unproblematisch der Fall (so ausdrücklich MüKo-Wendehorst, § 312 d BGB Rn. 56, Staudinger/Thüsing, § 312 d BGB Rn. 36; vgl. auch AG Montabaur, NJW-RR 2009, 281). Es ist ohne weiteres möglich, dem Kunden die bereits erbrachten Leistungen in Rechnung zu stellen. Dem Verbraucher, der die Qualität der erbrachten Dienstleistungen auch in diesem Fall oftmals erst nach erstmaliger Erbringung tatsächlich wird beurteilen können, verbleibt danach die Möglichkeit, sich für die Zukunft aus dem – in der Regel für eine Mindestlaufzeit von 24 Monaten geschlossenen – Vertragsverhältnis zu lösen.

Dieser Auffassung steht auch nicht das Urteil des BGH vom 16.3.2006 entgegen (NJW 2006, 1971), da es sich in dem dort zu entscheidenden Fall gerade nicht um eine teilbare, sondern um eine unteilbare Dienstleistung (Annahme eines R-Gesprächs) handelte.

Der Zinsanspruch in Bezug auf den Klagantrag zu Ziff. II ergibt sich aus §§ 288 Abs. 1, 291 BGB.

Die Kostenentscheidung folgt aus § 91 Abs. 1 ZPO; die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit beruht auf §§ 708 Nr. 1, 708 Nr. 11, 711 ZPO.

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