Technische Schutzmaßnahmen für Videospiele können urheberrechtlich geschützt sein

28. November 2014
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Pressemitteilung des BGH zum Urteil vom 27.11.2014, Az.: I ZR 124/11

Vorrichtungen, die zur Umgehung von technischen Schutzmaßnahmen für Videospiele hergestellt werden, können einen Verstoß gegen Urheberrecht darstellen. Demnach ist der Vertrieb von Adaptern, die hauptsächlich dazu konzipiert sind, raubkopierte Spiele auf die Originalspeicherkarte der Konsole Nintendo DS zu übertragen, eine Urheberrechtsverletzung. Dies ergibt sich auch daraus, dass der Kaufanreiz für den Adapter fast nur auf der illegalen Verwendungsmöglichkeit beruht.

Bundesgerichtshof

Pressemitteilung Nr. 175/2014 zum Urteil vom 27.11.2014

Az.: I ZR 124/11

Der u.a. für das Urheberrecht zuständige I. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat heute entschieden, unter welchen Voraussetzungen technische Maßnahmen zum Schutz urheberrechtlich geschützter Videospiele ihrerseits Schutz genießen.

Die Klägerin produziert und vertreibt Videospiele und Videospiel-Konsolen, darunter die Konsole „Nintendo DS“ und zahlreiche dafür passende Spiele. Sie ist Inhaberin der urheberrechtlichen Schutzrechte an den Computerprogrammen, Sprach-, Musik-, Lichtbild- und Filmwerken, die Bestandteil der Videospiele sind. Die Videospiele werden ausschließlich auf besonderen, nur für die Nintendo-DS-Konsole passenden Speicherkarten angeboten, die in den Kartenschacht der Konsole eingesteckt werden.

Die frühere Beklagte zu 1, deren Geschäftsführer die Beklagten zu 2 und 3 waren und über deren Vermögen im Laufe des Revisionsverfahrens das Insolvenzverfahren eröffnet und der jetzige Beklagte zu 1 zum Insolvenzverwalter bestellt worden ist, bot im Internet Adapter für die Nintendo-DS-Konsole an. Diese Adapter sind den originalen Speicherkarten in Form und Größe genau nachgebildet, damit sie in den Kartenschacht der Konsole passen. Sie verfügen über einen Einschub für eine Micro-SD-Karte oder über einen eingebauten Speicherbaustein („Flash-Speicher“). Nutzer der Konsole können mit Hilfe dieser Adapter im Internet angebotene Raubkopien der Spiele auf der Konsole verwenden. Dazu laden sie solche Kopien der Spiele aus dem Internet herunter und übertragen diese sodann entweder auf eine Micro-SD-Karte, die anschließend in den Adapter eingesteckt wird, oder unmittelbar auf den eingebauten Speicherbaustein des Adapters.

Die Klägerin sieht in dem Vertrieb der Adapter einen Verstoß gegen § 95a Abs. 3 UrhG. Diese Bestimmung regelt den Schutz wirksamer technischer Maßnahmen, die ihrerseits dem Schutz urheberrechtlich geschützter Werke dienen. Die Klägerin hat die Beklagten auf Unterlassung und Schadensersatz in Anspruch genommen.

Das Landgericht hat der Klage stattgegeben. Die Berufung der Beklagten ist erfolglos geblieben. Auf die Revision der Beklagten hat der Bundesgerichtshof das Berufungsurteil weitgehend aufgehoben und die Sache an das Berufungsgericht zurückverwiesen.

Nach § 95a Abs. 3 Nr. 3 UrhG ist (unter anderem) der Verkauf von Vorrichtungen verboten, die hauptsächlich hergestellt werden, um die Umgehung wirksamer technischer Maßnahmen zu ermöglichen. Diese Vorschrift schützt – so der BGH – auch technische Maßnahmen zum Schutz für Videospiele. Bei der konkreten Ausgestaltung der von der Klägerin hergestellten Karten und Konsolen handelt es sich um eine solche Schutzmaßnahme. Dadurch, dass Karten und Konsolen in ihren Abmessungen so aufeinander abgestimmt sind, dass ausschließlich Nintendo-DS-Karten in die Nintendo-DS-Konsolen passen, wird verhindert, dass Raubkopien von Videospielen der Klägerin auf den Konsolen abgespielt und damit unbefugt vervielfältigt werden können. Die von der Beklagten zu 1 vertriebenen Adapterkarten sind auch hauptsächlich zur Umgehung dieser Schutzvorrichtung hergestellt worden. Die Möglichkeit des Abspielens von Raubkopien bildet den maßgeblichen wirtschaftlichen Anreiz zum Kauf der Adapter; die legalen Einsatzmöglichkeiten der Adapter treten demgegenüber eindeutig in den Hintergrund. Das Berufungsgericht hat allerdings nicht geprüft, ob der Einsatz der technischen Schutzmaßnahme den Grundsatz der Verhältnismäßigkeit wahrt und legale Nutzungsmöglichkeiten nicht in übermäßiger Weise beschränkt werden.

Die vom Berufungsgericht bislang getroffenen Feststellungen rechtfertigen nach Ansicht des Bundesgerichtshofs auch nicht die Annahme, dass der jetzige Beklagte zu 1 als Insolvenzverwalter und die Beklagten zu 2 und 3 als Geschäftsführer wegen des rechtswidrigen Vertriebs der Adapterkarten durch die frühere Beklagte zu 1 auf Unterlassung haften. Auch der von der Klägerin erhobene Schadensersatzanspruch konnte auf der Grundlage der Feststellungen des Berufungsgerichts nicht bejaht werden. Der Bundesgerichtshof hat die Sache daher insoweit an das Berufungsgericht zurückverwiesen, das die erforderlichen Feststellungen nachzuholen hat.

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