Übertragung der Domain dekra.tv auf die Dekra e.V.

08. Oktober 2008
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Eigener Leitsatz:

Ein Unternehmen welches bei der Registrierung einer Domain durch Verwendung eines bekannten Begriffes willentlich und in Gewinnerzielungsabsicht versucht, Internetbenutzer zu ihrer Website oder zu einer anderen Online-Präsenz zu lenken, indem es eine Verwechslungsgefahr mit dem Zeichen eines anderen bekannten Unternehmes hinsichtlich Quelle, Urheberschaft, Zugehörigkeit oder Unterstützung ihrer Website oder Online-Präsenz oder von auf ihrer Website oder Online-Präsenz angebotenen Produkten oder Dienstleistungen schafft, handelt in bösgläubiger Absicht und muss im Streitfall die registrierte Domain übertragen.

WIPO Arbitration and Mediation Center

Entscheidung des Beschwerdepanels vom 30.09.2008

Dekra e.V. v. Screenteams GmbH

Verfahren Nr. DTV2008-0011

1. Die Parteien

Beschwerdeführer ist Dekra e.V. aus Stuttgart, Deutschland, vertreten durch Uexküll & Stolberg, Deutschland.

Beschwerdegegnerin ist Screenteams GmbH aus Otterbach, Deutschland.

2. Domainname und Domainvergabestelle

Der streitgegenständliche Domainname (der „Domainname”) ist bei der Key-Systems GmbH handelnd als domaindiscount24.com aus Zweibrücken, Deutschland (die „Domainvergabestelle”), registriert.

3. Verfahrensablauf

Die Beschwerde ging beim WIPO Arbitration and Mediation Center (dem „Zentrum”) am 21. Juli 2008 per E-Mail und am 24. Juli 2008 per Post ein. Am 22. Juli 2008 bat das Zentrum die Key-Systems GmbH handelnd als domaindiscount24.com um Bestätigung der Registrierungsdaten betreffend den streitgegenständlichen Domainnamen. Am 23. Juli 2008 teilte die Key-Systems GmbH handelnd als domaindiscount24.com dem Zentrum mit, dass nicht die ursprünglich in der Beschwerde als Beschwerdegegnerin benannte natürliche Person, sondern die Screenteams GmbH Inhaberin des Domainnamens und administrative Kontaktperson sei. Das Zentrum teilte dem Beschwerdeführer daraufhin mit, dass die Beschwerde formale Mängel aufweise. Als Antwort ergänzte der Beschwerdeführer am 06. August 2008 die Beschwerde. Das Zentrum stellte fest, dass die Beschwerde und die Beschwerdeergänzung den formellen Anforderungen der Uniform Domain Name Dispute Resolution Policy (der „Richtlinie”), der Rules for Uniform Domain Name Dispute Resolution Policy (der „Verfahrensordnung”) und der WIPO Supplemental Rules for Uniform Domain Name Dispute Resolution Policy (der „Ergänzenden Verfahrensregeln”) genügt.

Gemäß Paragrafen 2(a) und 4(a) der Verfahrensordnung wurde die Beschwerde der Beschwerdegegnerin am 11. August 2008 förmlich zugestellt und damit das Beschwerdeverfahren eingeleitet. Gemäß Paragraf 5(a) der Verfahrensordnung endete die Frist für die Beschwerdeerwiderung am 31. August 2008. Die Beschwerdegegnerin hat keine Beschwerdeerwiderung eingereicht. Am 10. September 2008 teilte das Zentrum demzufolge dem Beschwerdeführer die Säumnis der Beschwerdegegnerin mit.

Das Zentrum bestellte Brigitte Joppich am 16. September 2008 als Einzelpanelmitglied. Das Beschwerdepanel stellt fest, dass es ordnungsgemäß bestellt wurde. Das Beschwerdepanel hat eine Annahmeerklärung und Erklärung der Unbefangenheit und Unabhängigkeit gemäß Paragraf 7 der Verfahrensordnung abgegeben.

4. Sachverhalt

Der Beschwerdeführer ist ein eingetragener Verein mit annähernd 30.000 Mitgliedern, der sich schwerpunktmäßig mit der Prüfung von Kraftfahrzeugen und technischen Anlagen befasst. Das operative Geschäft wird von der Dekra AG geführt, die sich vollständig im Besitz des Beschwerdeführers befindet.

Der Beschwerdeführer wurde 1925 gegründet. Er beschäftigt heute rund 18.000 Mitarbeiter, unterhält in Deutschland 480 Niederlassungen, führt regelmäßige Fahrzeuguntersuchungen in 38.500 Prüfstützpunkten durch und hatte zuletzt einen Jahresumsatz von über 1 Mrd. Euro. Er verfügt über 141 Tochtergesellschaften und Beteiligungen in 34 Ländern.

Der Beschwerdeführer ist Inhaber zahlreicher deutscher und internationaler Marken mit dem Zeichenbestandteil „dekra”, unter anderem:

– Deutsche Wortmarke Nr. 307 54 168 DEKRA mit Priorität vom 17 08 2007;

– Deutsche Wortmarke Nr. 301 46 145 DEKRA mit Priorität vom 31. 07. 2001;

– Deutsche Wortmarke Nr. 1035512 DEKRA mit Priorität vom 29. 12. 1981;

– Europäische Wortmarke Nr. 2386597 DEKRA mit Priorität vom 25. 09. 2001; und

– Internationale Registrierung Nr. 782309 DEKRA mit Registrierungsdatum 31.01.2002 (die DEKRA-Marken).

Die Marken des Beschwerdeführers beanspruchen Schutz in zahlreichen Waren- und Dienstleistungsklassen und werden mit erheblichem Aufwand beworben.

Der streitgegenständliche Domainname wurde am 08. August 2006 registriert. Auf der unter dem Domainnamen abrufbaren Webseite sind Werbelinks direkter Konkurrenten des Beschwerdeführers platziert. Die unter dem Domainnamen abrufbare Webseite wurde von der United Domains AG, dem Registrar des streitgegenständlichen Domainnamens, betrieben.

5. Parteivorbringen

A. Beschwerdeführer

Der Beschwerdeführer macht geltend, dass im vorliegenden Fall alle drei Elemente gemäß Paragraf 4(a) der Richtlinie gegeben seien:

(i) Der Domainname sei mit seinen DEKRA-Marken identisch bzw. Verwechslungsfähig ähnlich, da der Domainname die Marken des Beschwerdeführers vollumfänglich beinhalte. Die TLD „.tv” bleibe bei der Beurteilung der Verwechslungsgefahr außer Betracht, da deren rein technisch-funktionale Bedeutung vom Nutzer erkannt werde.

(ii) Die Beschwerdegegnerin habe keine Rechte oder berechtigte Interessen an dem streitgegenständlichen Domainnamen. Die Beschwerdegegnerin nutze den Domainnamen nicht gutgläubig, um Waren und Dienstleistungen anzubieten und sei auch nicht allgemein unter oder DEKRA bekannt. Vielmehr benutze die Beschwerdegegnerin den streitgegenständlichen Domainnamen zu kommerziellen Zwecken und führe die Verbraucher in die Irre.

(iii) Der Domainname sei schließlich auch bösgläubig registriert und verwendet worden. Es gäbe keinen Zweifel, dass die Beschwerdegegnerin bei der Registrierung des Domainnamens Kenntnis von den Marken des Beschwerdeführers hatte, da unter dem Domainnamen mit den DEKRA-Marken geworben würde. Eine bösgläubige Nutzung des Domainnamens liege vor, weil der Domainname registriert worden sei und benutzt wurde, um den Geschäftsbetrieb eines Wettbewerbers zu behindern. Darüber hinaus versuche die Beschwerdegegnerin in kommerzieller Absicht, Internetnutzer auf ihre Webseite zu lenken, indem sie eine Verwechslungsgefahr mit der Marke und Firma des Beschwerdeführers schaffe.

B. Beschwerdegegnerin

Die Beschwerdegegnerin hat keine Beschwerdeerwiderung eingereicht.

6. Entscheidungsgründe

Paragraf 4(a) der Richtlinie nennt drei Elemente, welche ein Beschwerdeführer nachweisen muss, damit der Domainname von dem Beschwerdegegner auf ihn übertragen wird:

(i) der Domainname ist mit einer Marke, aus welcher der Beschwerdeführer Rechte herleitet, identisch oder verwechslungsfähig ähnlich,

(ii) der Beschwerdegegner hat weder ein Recht noch ein berechtigtes Interesse an dem Domainnamen, und

(iii) der Domainname wurde bösgläubig registriert und wird bösgläubig verwendet.

A. Identisch oder verwechslungsfähig ähnlich

Es ist anerkannt, dass die Beurteilung der Verwechslungsgefahr zwischen einem Domainnamen und einer Marke nach den Grundsätzen der Richtlinie unabhängig von den Waren und Dienstleistungen erfolgt, die unter den einander gegenüberstehenden Zeichen angeboten werden.

Der streitgegenständliche Domainname enthält die bekannten DEKRA-Marken des Beschwerdeführers vollständig.

Die Top-Level-Domain „.tv” bleibt bei der Beurteilung der verwechslungsfähigen Ähnlichkeit der gegenüberstehenden Zeichen außer Betracht, da ihr lediglich eine technisch-funktionale Bedeutung zukommt, die vom Verkehr auch erkannt wird (siehe Magnum Piering, Inc. v. The Mudjackers and Garwood S. Wilson, Sr., WIPO Verfahren Nr. D2000-1525; Rollerblade, Inc. v. Chris McCrady, WIPO Verfahren Nr. D2000-0429; Phenomedia AG v. Meta Verzeichnis Com, WIPO Verfahren Nr. D2001-0374; Teradyne, Inc v. 4Tel Technology, WIPO Verfahren Nr. D2000-0026).

Nach alledem ist der streitgegenständliche Domainname identisch mit den DEKRA-Marken des Beschwerdeführers.

B. Rechte oder berechtigte Interessen an dem Domainnamen

Die Beweislast dafür, dass dem Beschwerdegegner kein Recht oder berechtigtes Interesse an einem Domainnamen zusteht, liegt gemäß Paragraf 4(a)(ii) der Richtlinie grundsätzlich bei dem Beschwerdeführer. Wenn dieser allerdings Tatsachen vorträgt, aus denen sich dem ersten Anschein nach ergibt, dass dem Beschwerdegegner keine Rechte oder berechtigte Interessen an einem Domainnamen zustehen, liegt es wiederum bei dem Beschwerdegegner, Umstände darzulegen, aus denen sich seine Rechte oder berechtigte Interessen an dem Domainnamen ergeben.

Da keine Beschwerdeerwiderung vorliegt, kann das Panel aus den vorliegenden Umständen kein legitimes Interesse der Beschwerdegegnerin in Bezug auf den Domainnamen erkennen. Es folgt daher den schlüssigen Behauptungen des Beschwerdeführers, dass der Beschwerdegegnerin keine Rechte oder berechtigte Interessen an dem Domainnamen zustehen.

C. Bösgläubige Registrierung und Verwendung des Domainnamens

Paragraf 4(a)(iii) der Richtlinie fordert, dass der Domainname bösgläubig registriert wurde und verwendet wird, und ihr Paragraf 4(b) nennt insbesondere die folgenden Umstände, die, sofern ihr Vorliegen von dem Panel festgestellt wird, den Nachweis der bösgläubigen Registrierung und Verwendung erbringen:

(i) Umstände, die darauf hindeuten, dass der Beschwerdegegner den Domainnamen vorrangig in der Absicht registriert oder erworben hat, ihn gegen ein Entgelt, welches seine nachgewiesenen, unmittelbar mit dem Domainnamen verbundenen Aufwendungen übersteigt, an den Beschwerdeführer, der Inhaber der Marke ist, oder an einen seiner Wettbewerber zu veräußern, zu lizenzieren oder auf andere Weise zu übertragen;

(ii) der Beschwerdegegner hat den Domainnamen in der Absicht registriert, den Inhaber der Marke an deren Wiedergabe in einem seinem Zeichen entsprechenden Domainnamen zu hindern, sofern sein Verhalten einem entsprechenden Muster folgt,

(iii) der Beschwerdegegner hat den Domainnamen vorrangig in der Absicht registriert, den Geschäftsbetrieb eines Wettbewerbers zu behindern, oder

(iv) der Beschwerdegegner hat willentlich und in Gewinnerzielungsabsicht versucht, durch die Verwendung des Domainnamens Internetbenutzer zu seiner Website oder zu einer anderen Online-Präsenz zu lenken, indem er eine Verwechslungsgefahr mit dem Zeichen des Beschwerdeführers hinsichtlich Quelle, Urheberschaft, Zugehörigkeit oder Unterstützung seiner Website oder Online-Präsenz oder von auf seiner Website oder Online-Präsenz angebotenen Produkten oder Dienstleistungen geschaffen hat.

Die Umstände gemäß Paragraf 4(b) der Richtlinie sind nicht abschließend, allerdings müssen die Voraussetzung der bösgläubigen Registrierung und Verwendung kumulativ vorliegen.

Das Panel geht angesichts der Bekanntheit des Beschwerdeführers und der ihm zugeordneten Bezeichnung DEKRA am Sitz der Beschwerdegegnerin in Deutschland davon aus, dass die Beschwerdegegnerin die DEKRA-Marken zum Zeitpunkt der Registrierung des Domainnamens gekannt hat und somit die Registrierung bösgläubig erfolgte.

Die von dem Beschwerdeführer behauptete bösgläubige Benutzung des Domainnamens nach Paragraf 4(b)(iii) der Richtlinie vermag das Panel mangels eines Wettbewerbsverhältnisses zwischen den Parteien nicht zu erkennen. Das Panel ist jedoch überzeugt, dass der Domainname im Sinne von Paragraf 4(b)(iv) der Richtlinie auch bösgläubig genutzt wurde. Die Beschwerdegegnerin hat unter dem streitgegenständlichen Domainnamen Produkte und Dienstleistungen von direkten Wettbewerbern des Beschwerdeführers in Gewinnerzielungsabsicht beworben und hierdurch die Markenrechte des Beschwerdeführers verletzt. Der Umstand, dass der Inhalt der betroffenen Webseite möglicherweise nicht von der Beschwerdegegnerin selbst, sondern von ihrem Internet-Service-Provider generiert und abrufbar gehalten wurde führt zu keiner anderen Beurteilung, da die Beschwerdegegnerin ohne Weiteres dafür hätte sorgen können, dass die Webseiten mit Links zu Konkurrenten des Beschwerdeführers entfernt werden und sie sich die Handlungen ihres ISP insoweit zurechnen lassen muss (siehe auch Bayer AG v. Ronald Wells, WIPO Verfahren Nr. D2008-1011; MasterCard International Incorporated v. Paul Barbell, WIPO Verfahren Nr. D2007-1139; Perfetti Van Melle Benelux BV v. Amit Sharma, WIPO Verfahren Nr. D2007-1484).

Folglich kommt das Panel zu dem Ergebnis, dass der Domainname durch die Beschwerdegegnerin gemäß Paragraf 4(a)(iii) der Richtlinie bösgläubig registriert und bösgläubig verwendet wird.

7. Entscheidung

Aus den vorgenannten Gründen ordnet das Beschwerdepanel gemäß Paragrafen 4(i) der Richtlinie und 15 der Verfahrensordnung an, dass der Domainname auf den Beschwerdeführer übertragen wird.

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